Wolf's End von Uke_unser (About a Wolf-life) ================================================================================ Kapitel 1: ~1~ -------------- Stille lag über der Lichtung. Kein Windhauch verfing sich den Ästen des Waldes. Und doch hörte man einen Zweig zerbrechen. Der Rehbock hob ruckartig den Kopf, lauschte und versuchte das Geräusch zuzuordnen. Ein zerbrechender Zweig konnte nichts bedeuten oder alles. Für den Bock bedeutete er das Ende. Plötzlich hörte er ein Jaulen, das Jaulen seines Todes. Er versuchte gar nicht erst sich zu verteidigen sondern dachte nur an Flucht. Er rannte und spürte bereits wie sich der Hunger seiner Verfolger wie Zähne in seine Flanke bohrte. Er ahnte viel mehr die weichen Pfoten, die ihm hinterherrannten, als das er sie hörte. Er wusste er hatte nur noch wenig Zeit und dann wäre es vorbei. [Und trotzdem rennen sie wie von der Tollheit gepackt davon!] Haru hatte das brechen des Zweiges ebenfalls gehört und das Zeichen zum Angriff gegeben. Nachdem die Beute aufgeschreckt war, mussten die Wölfe schnell handeln. Sie hatten den Rehbock schon vorher eingekreist und seine Chancen standen schlecht. Haru und Tamaska hetzten ihn auf Okome und Schwarzfeuer zu. Die beiden lauerten, die Muskeln zum Sprung angespannt. Doch der Bock erkannte Schwarzfeuer zu früh, der Jungwolf war nicht rechtzeitig in den Schatten des alten Ahorns gekommen. Sein rotes Nackenfell veriet ihn und der Rehbock drehte ab. [Verdammt!] Nun rannte der Jagdtrupp hinter der Beute her. Tamaska war nicht schnell genug und fiel langsam zurück. Schwarzfeuer verpatzte ebenfalls seinen Hieb nach dem Opfer und stolperte, stürtzte aber nicht und lief weiter. Nur noch Okome und Haru waren nah genug an der Beute um Erfolg zu haben. Sie waren zu beiden Seiten des Beutetieres. Haru schätzte in Sekunden ihre Chancen ab, den Bock noch zu erwischen und sprang. [Komm schon...!] Im nächsten Moment hatte sie ihre Zähne schon in seinem Hinterteil und die Krallen im Oberschenkel versenkt. Er stürzte und riss sie mit sich. Sie überschlugen sich und der Rehbock versuchte nach ihr zu treten. Versuch es nur weiter, für dich ist es zu spät!] Mit einem dumpfen Aufprall blieben sie nebeneinander liegen. Haru rappelte sich auf. Der Bock lag auf der Seite und Haru sprang auf seinen Kopf zu. [Gleich ist es vorbei!] Der Rehbock versuchte noch einmal verzweifelt nach ihr zu treten. Kurz sah sie die vom Schock geweiteten Augen, als sie ihre Kiefer in das weiche Fleich am Hals grub, um ihr Opfer zu erdrosseln. Sie war kein Freund von langen, qualvollen Todeskämpfen. Sie biss kraftvoll zu und sah wie er noch ein letztes Mal die Augen aufriss. Ein kurzes Zittern ging durch seinen braunen Leib, dann wurden seine Augen trüb, sein Körper erschlaffte und sein Blick verlor sich in der Ferne. [Finde deinen Platz in der Welt der Toten.] Okome war an ihrer Seite und stupste sie von der erlegten Beute. Endlich waren auch Tamaska uns Schwarzfeuer zu ihnen aufgeschlossen und standen japsend vor den großen Wölfen. „Ihr müsst noch um einiges schneller werden, wenn ihr große Beute fangen wollt.“ Haru spürte, wie sie kurz zornig wurde, was dem Adrenalin zuzuschreiben war. Das Gefühl verebbte genauso schnell wie es gekommen war. Die Jungwölfe konnten nichts dafür, dennoch führte mangelnde Schnelligkeit leicht zu einem tödlichen Ende. [Genauso wie ein zerbrechender Zweig.] Durch das jagen und töten ihrer frischen Beute hatte sie den Zweig fast vergessen. Sie blickte an den Jungwölfen vorbei und sah, wie Nigel langsam zu ihnen trottete. Er war auch ein Jungwolf, jedoch zwei Jahre älter als Tamaska und Schwarzfeuer. Als er sie endlich erreicht hatte, vermied er Blickkontakt mit Haru. „Du weist um deinen Fehler?“ Haru musterte ihn. Jede Bewegung war mehr Antwort als, alles was Nigel nun entgegnen konnte. Er senkte seinen Kopf und seine Rute, mehr musste er nicht tun. Haru gestattete sich ein Lächeln, er begriff schnell. Allein die Tatsache, das er ihnen nicht sofort gefogt war, zeigte das. Sie ging auf ihn zu und leckte ihm über das Gesicht. Er war viel sensibler als andere in seinem Alter. „Lerne“, sagte sie schlicht. Dann wandte sie sich zu den anderen beiden Jungwölfen und berührte auch ihre Schnauzen. Sie drehte sich um und blickte auf den toten Rehbock hinab. Niemand würde ihn anrühren, bevor sie nicht als erste gefressen hatte, egal wie viel Hunger sie hatten. [Die Vorteile eines Leitwolfes.] Sie konnte sich die besten Stücke raussuchen. Sich dieser Tatsache bewusst, nahm sie jedoch nur ein Hinterbein ins Maul und zog heftig daran, bis sie es gelöst hatte. Das Bein im Maul haltend blickte sie Okome an. Diese hob ihre Schnauze und rief nach dem restlichen Rudel. Da Haru keinen Partner hatte, war Okome diese Stelle im Rudel zugewiesen worden. Ein einzelner Leitwolf konnte kein Rudel führen. Außerdem hatte Okome die kräftigste Stimme. Bald würden die anderen Wölfe eintreffen. Haru legte das Rehbein ein wenig abseits ab und began zu fressen. Als sie den ersten Happen Fleisch schluckte benebelte der Geschmack förmlich ihre Sinne. Sie bemerkte nicht wie vereinzelt ihr Rudel eintraf um an der Beute zu fressen. Hätte sich einer von ihnen gewagt zu ihr zu kommen, sie hätte ihn angefallen. Sie riss und zerrte an dem Bein bis nur noch Knochen übrig waren. Diese spaltete sie mit ihren scharfen Zähnen um an das schmackhafte Mark zu kommen. Als nur noch unverdauliche Reste übrig waren, trabte Okome zu ihr. Ihr Maul und vereinzelte Stellen in Okomes Fell waren klebrig rot vom Blut. Sie nickten sich zu und Okome senkte leicht den Kopf. "Es sind alle da... Außer Benerbus." sagte sie. Haru schaute die Wölfin an und dankte ihr stumm für diese Nachricht. Benerbus, ihr Onkel und der alte Führer des Rudels, fehlte sonst nie bei einer Mahlzeit. Haru wandte sich vom fressenden Rudel ab und ging in den dichteren Wald um nach ihrem alten Alpha zu suchen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)