Wie Sterne in der Finsternis ... von abgemeldet ================================================================================ Prolog: Das Geschenk des Lebens ------------------------------- Er hielt sie fest und gleichzeitig sanft in seinen Armen und genoss die Wärme ihres Körpers, während ihre Lippen drängend und voller Sehnsucht die seinen suchten. Schmunzelnd gab er ihr, was sie wollte und ließ es zu, dass sich das junge Straßenkätzchen stürmisch auf ihn stürtzte. Innerlich betrachtete er das kleine Ding, das ihm so hingebungsvoll vertraute, nur mit Herablassung. Er liebte sie nicht. Er konnte niemanden mehr lieben. Ihre schmalen Pfoten tasteten nach seinen Ohren und umschlossen sie. Obwohl sein Geruch ihr fast die Sinne raubte, beherrschte sie sich. Er war alles, was sie hier in diesem Leben hatte und sie würde alles dafür tun, dass er bei ihr blieb. Alles, was er von ihr verlangte ... Allmählich verließen seine Pfoten ihre Taille und wanderten sehr langsam nach oben. Als er über ihren Bauchnabel fuhr, sog sie hörbar die Luft ein. Das hatte Wirkung auf ihn. Ihr Geruch umströmte ihn förmlich und er nahm ihn tief in sich auf. Er konnte nicht leugnen, dass er sie brauchte. Ohh, sie konnte gar nicht ahnen, wie sehr. Als nächstes zeichnete seine linke Pfote das Tal zwischen ihren noch ziemlich kleinen Brüsten nach und je höher er sie streichelte, umso lauter ging ihr Atem, umso schneller schlug ihr Herz. Wohlig erschauderte das Kätzchen und begann zu schnurren. Sie hörte auf, seine Ohren zu kneten und schaute ihn anschließend an. Das Schnurren verstummte plötzlich. "Gefällt es dir nicht?", fragte sie zaghaft und ließ die Ohren hängen. Nur langsam fanden seine goldbraunen Augen ihre blaugrünen. "Warum fragst du mich das?" Etwas unwirsch erklang seine leise Gegenfrage. "Du weißt doch genau, dass mir alles, was du bist und was du tust, gefällt." Dann drückte er das Kätzchen vorsichtig an seinen Körper während seine Pfote sanft noch weiter noch oben strich, über ihr kurzes, raues Fell. Zärtlich knabberte er an ihrem rechten Ohr und vernahm ihr unterdrücktes Keuchen. Weiter ging seine Berührung den Hals hinauf zu ihrem Kinn und hob es mit sanfter Bestimmtheit an. "Kleines, du hast ja keine Vorstellung davon, welch großes Geschenk dein Leben für mich ist", flüsterte er leise und küsste sie erneut, allerdings nun weniger zurückhaltend. Genau darauf schien die Kleine gewartet zu haben: wie entfesselt erwiderte sie den Kuss, weitaus unbändiger als beim vorherigen und rieb inständig ihren Körper an seinem. Und als wenn das für ihn endlich das Zeichen gewesen wäre, packte er die junge Streunerin plötzlich am Hals und verstärkte den Druck seiner Finger. Mit einem Mal von Panik und Grauen ergriffen begann das Kätzchen sofort sich heftig zu wehren und zu kratzen. Ihre Krallen rissen tiefe Wunden in sein Fell, doch das kümmerte in nicht; das waren für ihn nur läppische Kratzer, die schnell wieder verheilen würden. Unter seinem unbarmherzigen Würgegriff verschleierte sich ihr Blick, nur undeutlich sah sie, wie er sein Maul öffnete und seine Eckzähne zu Fängen heranwuchsen, mehr als doppelt so lang wie ihre Klauen. Ängstlich fing die junge Straßenkatze an zu wimmern, doch es war längst alles zu spät. Ruckartig riss seine Pfote ihren Hals zu sich heran und versenkte seine Fänge mit einem kräftigen Biss in ihrem Hals. Schrill und durchdringend drang ihr Schrei an seine empfindlichen Ohren, doch er war zu beschäftigt um darauf Rücksicht zu nehmen. In mehreren, kräftigen Zügen saugte er das Leben aus ihr heraus, spürte zufrieden, wie ihr zuckender, zappelnder Körper nach und nach erschlaffte und sich schließlich überhaupt nicht mehr regte. Als er seine Mahlzeit beendet hatte, trug er den leblosen Körper in seinen Armen die dunkle Gasse hinaus, in die er das kleine, dumme Ding gelockt hatte. Niemand würde sie vermissen, Eltern und andere Angehörige hatte sie nicht mehr. Nur eines von vielen einsamen Straßenkatzen, die leichtgläubig genug waren, seinen Versprechungen Glauben zu schenken und sich davon einlullen zu lassen ... Der Mond war in dieser Nacht vollständig von großen, schwarzen Wolken verhüllt, die es ihm überhaupt erst ermöglichten, sein Versteck zu verlassen und seinen Hunger zu stillen. Aber er hatte feststellen müssen, dass die Streuner in den Gassen der Stadt zu mager waren um auf Dauer von ihnen leben zu können. Deshalb musste er wohl die Möglichkeit in Betracht ziehen, das nächste Mal eine Hauskatze auf sich aufmerksam zu machen und ihr Vertrauen zu gewinnen. Zwar galten die Geschichten über seine Art als Mythos, trotzdem musste er vorsichtig sein. Und allein die Vorstellung eines wohlgeformten, aber dennoch schlanken Körpers brachte ihn zum Schnurren. Mitten auf der Straße legte er das tote Kätzchen ab. Er kannte die Nachlässigkeit der meisten Autofahrer und wenn ihr Körper unter den Autoreifen völlig zerdrückt und zerzaust wurde, würde niemand die winzige Wunde an ihrem Hals bemerken. Schließlich kehrte er in seinen Unterschlupf zurück und ereichte ihn gerade noch rechtzeitig, bevor die gewaltige Wolkendecke den Mond freigab und das silbrig helle Licht über die Stadt flutete. Kapitel 1: Treffen ------------------ Die Sonne strahlte hell an diesem Nachmittag, fast als wollte sie sogar die dunklen, angenehmen Schatten vertreiben, unter denen die meisten Menschen an diesem ziemlich heißen Tag Zuflucht gesucht hatten. In der Stadt saßen sie entweder in Straßencafés unter riesigen Sonnenschirmen und genossen ein kaltes Vanilleeis mit Sahne oder schwitzten am Stadtrand in den großen Vorgärten beim Sonnenbad während ihre Kinder im Planschbecken das wertvolle Nass umherspritzten. Victoria kauerte im Geäst eines gewaltigen, alten Baumes und drückte sich so in die dicken Zweige, dass die Sonnenstrahlen sie nicht zu fassen bekamen. Stöhnend fächelte sie sich mit der linken Pfote ein wenig Luft ins Gesicht während der buschige Schwanz der Queen träge zwischen den Ästen hin- und herbaumelte. `Bei der Ewigen Katze´, dachte sie und schloss die Augen, `sehr viel heißer kann es gar nicht mehr werden!´ Dabei war der Sommer noch gar nicht wirklich angebrochen. Ganz abgesehen davon konnte Victoria sich nicht erinnern, jemals einen dermaßen heißen Frühling in der sonst so verregneten Stadt London erlebt zu haben. Außerdem hatte Electra sie heute früh darum gebeten, im Garten mit ihr Fangen und Verstecken zu spielen. Und natürlich hatte Victoria der viel jüngeren Freundin diese Bitte nicht abschlagen können und zugesagt. Wenn die junge Katze jetzt daran dachte, den schützenden Schatten zu verlassen und mit der Personifikation eines kleinen Wirbelwindes auf der Wiese zu toben, wurde ihr schlagartig anders. Vielleicht mochte das kleine Kätzchen bei dieser fürchterlichen Hitze ja auch lieber drinnen im Kühlen eine kalte Creme schlecken ... Doch eigentlich machte die schneeweiße Queen sich keine Illusionen; bevor Electra tatsächlich von etwas abließ, was sie vorgehabt hatte, "ist Polen offen und Warschau brennt", wie die um ein paar Jahre ältere Bombalurina manchmal scherzhaft ansetzte. Seufzend überlegte Victoria, wie es ihr vielleicht doch gelingen könnte, Electra wenigstens zum Spielen im Haus zu überreden, denn natürlich mochte sie gern mit der Freundin spielen. Schließlich setzte Victoria sich auf, kletterte mit geschmeidigen Bewegungen aus der Astgabel, in der sie gesessen hatte und sprang leichtfüßig vom Baum herunter. Sofort begannen die warmen Sonnenstrahlen damit, an der jungen Katze emporzukriechen und ganz allmählich mit ruhigen Schritten machte sie sich auf den Weg zu Munkustrap und Electra. Deren Haus stand auf der anderen Straßenseite, nur etwa 50 Schritte von ihrem eigenen Zuhause entfernt. Trotzdem kam Victoria unter der heißen Sonne heftig ins Schwitzen; ihre Kondition konnte sich zwar durchaus sehen lassen, sie war tatsächlich eine der stärksten Tänzerinnen unter den Jellicles, doch dieses Wetter machte ihr zu schaffen. Eben dachte die junge Katze daran, dass sie sich noch glücklich schätzen konnte, ein völlig weißes Fell zu besitzen - der arme Mistofelees mit dem beinahe komplett schwarzen Fell konnte sein Haus heute vermutlich überhaupt nicht verlassen! Schneller als sie dachte, trugen ihre Pfoten die junge Queen den verwinkelten Holzzaun herüber, der das Grundstück umgrenzte und nahezu einen Moment später klopfte Victoria auch schon vorsichtig an die Fensterscheibe, die zur Küche des Hauses gehörte. Vermutlich trieben die Hitze und die Aussicht, ihr bald ein Weilchen zu entkommen, sie zur Eile. Als sie Munkustrap kommen sah, der die Ohren erst etwas ratlos zur Seite gestellt hatte, setzte Victoria die traurigste und mitleidenserregende Miene auf zu der sie imstande war. Da erkannte der graugetigerte Kater sie, öffnete das Fenster mit einiger Mühe und ließ die schneeweiße Queen lächelnd herein. "Hallöchen. Was treibt dich denn bei dieser Hitze hierher?", fragte er einigermaßen überrascht und Victoria glaubte zu wissen, weshalb: sie war schweißgebadet, so als hätte die junge Katze einen Marathon getanzt. "Ohh, danke schön. Ich wollte mich mit Electra treffen", antwortete die schneeweiße Queen daher und fächelte sich etwas lauter atmend, wie bereits im Baum, mit der linken Pfote ins Gesicht. In der freundlich blau gefließten Küche stand die Luft förmlich und bewegte sich überhaupt nicht. Munkustrap runzelte die Stirn. "Electra schläft noch", erwiderte der graugetigerte Tom und zog die Augenbrauen hoch, "zumindest hat sie das getan als ich das letzte Mal im Zimmer war." Victoria begann innerlich zu schmunzeln, sparte sich aber jeglichen Gesichtsausdruck und jeden Kommentar; die junge Katze konnte sich sehr gut vorstellen, dass das kleine Schlitzohr ihren Mittagsschlummer nur vorgab und, sowie der Kater verschwand, anfing, mit ihren bunten Bällen zu spielen. Andererseits hing es vielleicht tatsächlich eher mit der Mittagshitze zusammen ... Die junge Queen zuckte mit den Schultern. "Ich kann doch bestimmt hier auf sie warten, oder?" Fragend legte Victoria den Kopf schräg und lächelte erfreut als Munkustrap nickte. "Natürlich. Möchtest du vielleicht noch ein Schälchen kalte Sahne?" Am liebsten wäre die junge Katze ihm dafür um den Hals gefallen, entschied sich dann aber dagegen. Stattdessen setzte sie sich bequem auf einen der gepolsterten Küchenstühle und schleckte genüsslich die eiskalte, stark gesüßte Sahne von dem bunt bemalten Unterteller, den Munkustrap ihr reichte. Bereits nach einigen Minuten fühlte sich die Queen erheblich besser und schien von innen abzukühlen. Schließlich schob sich die angelehnte Küchentür einen kleinen Spalt breit weiter auf und eine kleine, kunterbunt getigerte Gestalt zwängte sich in den Raum. Müde rieb sich das Kätzchen die Augen und gähnte ausgiebig, bevor sie zu Munkustrap hinüberlief, ihren Kopf an ihm rieb und anschließend Victoria begrüßte. "Hallo", sagte sie und setzte sich neben die Freundin auf das weiche Stuhlkissen. Der entgingen die Stiehlaugen nicht, mit denen sie deren Tellerchen süße Sahne betrachtete. "Schön dich zu sehen, Electra", meinte die schneeweiße Queen daraufhin lächelnd und wollte ihr den Teller eben reichen als der graugetigerte Tom energisch den Kopf schüttelte: "Du hattest für heute schon mehr als genug kalte Sahne, Electra, denk an deine Zähne." Warnend hoben sich seine Augenbrauen abermals nach oben während das Kätzchen eine Jammerschnute zog. "Aber es ist doch so warm", klagte sie deshalb, doch der Kater ließ sich davon nicht erweichen: "Ein Teller Sahne reicht, Kleines." An dieser Stelle machte Munkustrap eine wohl durchdachte Pause, bevor er fortfuhr und Mühe hatte, sich ein Schmunzeln zu verkneifen. Electra hatte nun richtiggehend ein Schmollgesicht aufgesetzt und die verwunderte Victoria war drauf und dran, dem Kätzchen heimlich etwas abzugeben. "Außerdem ist Victoria vorhin so verschwitzt und erschöpft hier angekommen, dass ich ihr die letzte Portion Sahne gegeben habe", meinte er als er von einem Stuhl aus die Kühlschranktür aufzog und versuchte, etwas daraus hervorzuholen, "vielleicht ist ja, wie durch ein Wunder, ..." -und schließlich drehte der Kater sich breit lächelnd zu den beiden um mit einer für menschliche Verhältnisse winzigen Tasse in der linken Pfote- "... noch ein Rest Joghurt im Kühlschrank!" Die noch blauen Augen von Electra wurden vor Erstaunen immer größer und dann jubelte sie laut auf. Der zuckerfreie Naturjoghurt war für sie eine seltene Delikatesse, weder zu süß noch zu übersauert, und wurde eigentlich nur als Belohnung gegeben. Doch in diesem Fall konnte Munkustrap getrost ausnahmsweise ein Auge zudrücken. Glücklich streckte das Kätzchen beide Pfoten nach der kleinen Tasse aus und schnurrte zufrieden. "Dankeschön", sagte sie als Victoria mit einem eigentümlichen Gesichtsausdruck hinzufügte: "Muss ich jetzt neidisch werden?" Doch dann lachte sie mit ihrer Freundin, die sich den erkalteten Joghurt sichtlich schmecken ließ. Noch eine ganze Weile saßen alle Drei zusammen in der Küche, scherzten und lachten als Munkustrap den jungen Jellicles die Herkunft von Joghurt und überhaupt Milch erklärte und Electra fragte, ob eigentlich alle von den großen, gehörnten Vierbeinern lila Flecken tragen würden. "Aber zumindest im Fernsehen sehen sie alle so aus", verteidigte sich das kleine Kätzchen grinsend während Victoria sich bereits vor Lachen den Bauch hielt. Nachdem die junge Queen mehrmals tief Luft geholt hatte um sich zu beruhigen, fragte sie Electra zum ersten Mal nach dem eigentlichen Grund ihres Kommens - obwohl sie gerade jetzt nur zu gerne darauf verzichtete. Allerdings warf das Kätzchen ihr einen Blick zu, der Victoria alles sagte und sie gleichzeitig zum Staunen brachte. "Du, Vici, wärst du sauer, wenn wir das verschieben? Mir ist heute einfach zu warm." Demonstrativ seufzte Electra und sank in sich zusammen, erntete gleich darauf einen missbilligenden Blick von Munkustrap, dessen Bewandniss sich in seinen grünen Augen wiederspiegelte: Denke an deine Haltung! Doch das Kätzchen achtete wenig darauf und sah Victoria entschuldigend und fragend an. Die weiße Queen seufzte innerlich auf vor Erleichterung. "Das ist kein Problem Süße, mir ist das ganz ehrlich heute auch zu anstrengend." Gähnend reckte Victoria sich in die Höhe um sich anschließend an Electra zu schmiegen. "Was hälst du davon, wenn wir uns stattdessen das Fotoalbum anschauen?" Lächelnd schaute sie das Kätzchen an und wusste sofort, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. "Au ja, wir haben ganz neue Fotos von Tuggers letzter Party!" Und eifrig wuselte die kleine, rotgetigerte Tabby aus der Küche ins Wohnzimmer, wo in einer Ecke das große, in Leder gebundene Fotoalbum stand. Schmunzelnd wechselte die junge Katze einen amüsierten Blick mit Munkustrap und verließ ebenfalls die Küche. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)