yaadein ya bhawishya...? von elfogadunk ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Nachdem Radha sich wieder an den Tisch gesetzt hatte, meinte Sunder lachend: „Hat deine Familie etwa schon Angst, dass ich dir was angetan habe?“ Sie lächelte daraufhin nur gequält und machte sich dann daran, ihren Teller zu leeren. Sunder bereute sofort, was er gesagt hatte, als er ihre Reaktion sah. Sie hatte noch kein einziges Wort mit ihm gewechselt und er wusste nicht, wie er es schaffen sollte, sie ein wenig aufzutauen. Er räusperte sich und meinte dann: „Also wie ich vorhin schon sagte, habe ich heute frei. Wenn du also willst, kann ich dir die Stadt zeigen und wir können uns ein bisschen unterhalten. Sie schien kurz darüber nachzudenken. Dann schaute sie ihn an und wackelte zustimmend mit dem Kopf. Nachdem sie aufgegessen hatten, räumte Sunder den Tisch ab und meinte: „Wollen wir dann gleich los? Du kannst dich ja schon mal anziehen.“ Radha verließ die Küche und ging ins Schlafzimmer, um ihre Tasche zu holen und sich dann im Flur ihre Schuhe anzuziehen. Sunder kam gerade um die Ecke, als er sah, dass Radha aus Versehen auf ihrem Dupatta stand, als sie sich aufrichten wollte und somit im Begriff war, zu fallen. In Windeseile war er bei ihr und fing sie auf. Als er ihr beim Aufstehen half, spürte er, wie schnell ihr Herz schlug. Sie trat einen Schritt zurück und strich sich ihr Haar hinters Ohr. „Shukriya...“, sagte sie unsicher. Sunder glaubte, sich verhört zu haben. Das war das erste Mal, dass er ihre Stimme gehört hatte und er sah das als ersten kleinen Sieg an. „Gerne doch... Also wollen wir dann?“ Sunder zeigte Radha alle wichtigen Gebäude und Plätze in der Nähe der Wohnung, damit sie wusste, wo sie einkaufen gehen oder sich die Zeit etwas vertreiben konnte, wenn er auf Arbeit war. Als sie gerade die Straße lang spazierten, fragte Radha unvermittelt: „Gibt es denn hier in der Nähe auch eine Bibliothek?“ Diese plötzliche Frage irritierte Sunder kurz, doch er freute sich, dass sie langsam aufzutauen schien und antwortete: „Ja, nur fünf Minuten von hier. Chalo, ich zeig es dir. Liest du gern?“ „Ji.“, gab sie nur als Antwort. Als sie kurz darauf vor dem großen Bibliotheksgebäude standen, meinte Sunder: „Ein Freund von mir arbeitet hier. Ich sag ihm Bescheid, damit er dich ein wenig herumführt, wenn du dich anmelden willst.“ Radha wackelte zum Einverständnis leicht mit dem Kopf, doch sie wendete ihren Blick nicht vom Gebäude ab. Sie schien fasziniert von dem, was sie sah. Sunder lächelte und meinte dann: „Was meinst du, wollen wir etwas essen gehen? Ich hab einen Bärenhunger.“ Sie hatten sich in ein kleines Restaurant gesetzt und aßen schweigend ihr bestelltes Essen. Sunder fasste im Kopf nochmal zusammen, was er über Radha erfahren hatte, doch er bemerkte, dass es immer noch sehr wenig war. Dass sie gern las und was sie anscheinend gerne aß, war zwar gut zu wissen, doch er wollte mehr über sie wissen. Doch er hatte das Gefühl, dass sie abblocken würde, wenn er sie mit Fragen überhäufte, also beschloss er, sich noch etwas in Geduld zu üben. Was ihn jedoch wunderte, war, dass sie anscheinend gar nichts über ihn wissen wollte. Sie stellte ihm keine Fragen und begann auch nicht von alleine zu reden. Da kam ihm die Frage in den Sinn, ob sie der Hochzeit mit ihm überhaupt freiwillig zugestimmt hatte. Er wusste, dass sein Vater hellauf von ihr begeistert gewesen war und er in die Hochzeit eingewilligt hatte, weil er glaubte, dass die große Liebe nicht an Bäumen wuchs. Eine arrangierte Heirat schien ihm unkompliziert und er vertraute der Meinung seines Vaters, doch im Moment zweifelte er etwas, denn Radhas Verhalten schien ihm nicht natürlich. So, als würde sie etwas zurückhalten. Während er sie scheinbar unbemerkt dabei beobachtete, wie sie ihren Nachtisch aß, beschloss er, dass er möglichst bald herausfinden wollte, was mit Radha wirklich vor sich ging. „Arre wah! Da ist ja unser frischgebackener Ehemann! Erzähl schon, wie ist sie so, deine liebe Radha?“, empfingen ihn seine Kollegen als Sunder am nächsten Tag zur Arbeit erschien. Er grinste daraufhin nur und verschwand schleunigst in seinem Büro. Seine Kollegen hatten kaum Schamgefühl und tratschten was das Zeug hielt. Er kam zwar gut mit ihnen aus, jedoch nur, so lange alles schön oberflächlich blieb. Er würde sich hüten, ihnen Details über seine Ehe zu erzählen. Nachdem er seine Tasche abgestellt hatte, machte er sich erst einmal einen Kaffee, um wach zu werden und ließ sich dann in seinen Schreibtischstuhl fallen. Sein Rücken und sein Nacken waren vom auf der Couch schlafen völlig verspannt, also versuchte er sie ein wenig zu lockern, doch das klappte nicht so recht. Sunder arbeitete als technischer Bauzeichner in einem Architekturbüro und hatte die nächsten zwei Tage eigentlich mehr als genug zu tun, da noch dringend ein Auftrag beendet werden musste, doch konnte er sich kaum auf seine Arbeit konzentrieren. Seine Gedanken glitten immer wieder zu Radha ab. Er hatte ihr für den Notfall die Telefonnummer zu seinem Büro dagelassen und hoffte, dass sie den Tag einigermaßen rum bekam, ohne sich allzu sehr zu langweilen. Am liebsten hätte Sunder sich noch länger frei genommen, doch das war im Moment nicht möglich und somit mussten auch die Flitterwochen verschoben werden. Die Flitterwochen... Beim Gedanken daran formten sich seine Lippen zu einem kleinen Lächeln. Ob sie sich dann wohl näher kommen würden? Radha übte eine unbestreitbare Faszination auf ihn aus. Sie versprühte trotz oder gerade wegen ihrer Verschlossenheit eine Art Charisma, das ihn anzog und dem er sich schwer widersetzen konnte. Sein Kampfgeist war geweckt und er würde Radha für sich erweichen. Da war er sich sicher. Nach dem Aufstehen frühstückte Radha eine Kleinigkeit und sah sich dann in der Wohnung um. Sunder hatte einen guten Geschmack, das musste sie zugeben. Alles war hell und freundlich eingerichtet und ein paar Pflanzen verschönerten den Anblick noch. Sie wusste nicht viel über Sunder, außer dass er in einem Architekturbüro arbeitete und ein paar Jahre älter war als sie. Allerdings musste sie zugeben, dass man diesen Altersunterschied kaum bemerkte. Sunder schien zwar besonnen, doch man merkte, dass auch ein Schelm in ihm wohnte. Radha ging auf den Balkon und ließ ihren Blick über die Stadt (1) schweifen, die ihr so vertraut und doch so fremd schien. Seit zehn Jahren war sie nun nicht mehr hier gewesen. Vieles hatte sich verändert und sie erkannte einiges nicht wieder, deswegen war sie über Sunders kleine Stadtführung froh gewesen, doch ihr Herz hatte Delhi nie verlassen, ihn nie verlassen... Endlich wieder hier zu sein, freute sie, doch die Umstände hätten schlimmer kaum sein können. Sie war mit einem Mann verheiratet, den sie nicht kannte und sie wusste nicht, wo er war. Ihr war durchaus bewusst, dass ihr Verhalten Sunder gegenüber falsch war. Er konnte nichts dafür, doch sie konnte im Moment einfach nicht aus ihrer Haut. Es war alles so fremd, irreal und sie fühlte sich nicht wohl. Sie bemerkte, wie sehr Sunder sich bemühte, aber er wusste schließlich auch nicht, dass sie diese Ehe nicht freiwillig eingegangen war. Sie hatte sich dem Willen ihrer Eltern beugen müssen, da sie es leid gewesen waren, dass sie nur an ihn dachte und sich für niemand anderes interessierte. Um es sich zu erleichtern und ihr die Flausen aus dem Kopf zu treiben, haben sie schließlich die Hochzeit mit Sunder arrangiert. Objektiv gesehen war er zweifelsohne eine gute Partie, doch sie konnte sich ihm nicht öffnen. Nicht solange ihre Sehnsucht jemand anderem galt. (1) http://2.bp.blogspot.com/_9UtlYBsWMRI/SEWu7chZFjI/AAAAAAAAAeo/NSgmUpfWUxU/s320/delhi%2Bskyline.jpg Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)