Fensterschreiben von Technomage (Every day is writing day) ================================================================================ Matter vs. Cyber (31.01.09) --------------------------- Die Elfe saß lange auf dem Stuhl gegenüber der Couch und betrachtete ihn. Miguel hatte schon vor geraumer Zeit bemerkt, dass sie ihn beobachtete, während er schlief. Ober vielmehr, während sie glaubte, er schliefe. Einer der Vorteile an Cyberaugen war, dass sie nichts über den derzeitigen Zustand ihres Trägers verrieten. Es war alles nur noch über Mimik, Gesten und Atmung zu erkennbar. Ginger war aufmerksam, aber auch Miguel war Profi. So saß sie manchmal mehr als eine Stunde dort und musterte ihn skeptisch, manchmal geradezu nachdenklich, und wurde ihrerseits angesehen, ohne es zu wissen. Trotz ihrer Anmut war alles an Ginger zweckmäßig. Miguel könnte ihr eine Kugel in den Bauch schießen und sie würde durch die gepanzerte Alltagskleidung vermutlich nur ein stumpfes Kitzeln spüren. Doch er käme vermutlich auch nicht einmal zum Schuss, weil sie schneller abdrücken würde. Auch sein unscheinbares Hemd war für gewöhnlich so unbeeindruckt von normaler Munition, als wären es Mücken. Ein Teufelskreis von blauen Flecken, den er nicht zu Ende denken wollte. Die beiden schweren Pistolen in ihrem Gürtel waren fast breiter als die Hüfte der zierlichen Elfe. Japanische Elfe, fügte er hinzu. Er hatte immer gehört diese Typkombination würde in Seattle binne Minuten eingefangen und ausgestellt wie ein exotisches Tier, doch Ginger wusste sich zu wehren. Ihr Blick wanderte immer wieder zu den verchromt grauen Wölbungen seiner Augen. „So interessant, Bambina?“ Miguel sprach klar und ließ keinen Zweifel, dass er schon länger wach war. Ihr Blick verfinsterte sich, doch sie war kaum spürbar erschrocken. „Die Dinger machen mich krank. Man kann nicht sehen, was du denkst. Ich kann nicht einmal sehen, ob du schläfst.“ Ginger schwang sich aus dem Stuhl und glitt in die Dunkelheit des Zimmers. Miguel sah sie immer noch klar und deutlich. Restlichtverstärkung. Im Zweifelsfall Infrarot. „Du musst sie ja nisst dauernd ansehen, Chummer.“ „Ich muss mit dir arbeiten.“ Es klang wie eine Berichtigung, als sie sich wieder umwandte und Miguel ansah. „Es ist einfach widernatürlich.“ „Wäre es dir lieber, wenn iss blind wäre?“ Miguel verschränkte die Arme vor dem Körper. „Du stehst doch auf das Chrom!“ Sie schien ernsthaft aufgebracht. „Sí. Und darauf nisst im Dunkel überrasst su werden. Und in eine Flash sehen su können, ohne mit dem Sielen aufsuhören. Aber iss hab' mir nisst ausgesucht, mir die Augen wegssießen su lassen.“ Er drückte sich von der Couch hoch und ließ sie im Raum stehen, bevor sie etwas entgegnen konnte. Miguel war schon halb die Treppe zur Küche runter, als sein Handy klingelte. Das Graue, nicht das für seine Amigos. Ginger erkannte den Ton und stand bald einige Schritte hinter ihm. „Gypsy King. Sie haben Arbeit für mich?“ Ausnahmsweise war sein Englisch akzentfrei. Gehörte zur Professionalität. Er nickte, während die Stimme am anderen Ende der Verbindung eilig erklärte. „Sí … 15%, Sí … in einer halben Stunde. Adíos.“ Während das Handy zuschnappte, war er schon fast den Weg zur Garage hinunter, Ginger ihm auf den Fersen. „Oi, Chummers! Es gibt Arbeit!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)