World of Faerûn - 6. Staffel von Kyle (Awakening) ================================================================================ Kapitel 8: Folge 99: Getrennte Wege ----------------------------------- [Folge 8: Getrennte Wege] Ein angenehmer Duft zog durch Shanes Träume. Es roch nach Heimat, nach freier, unberührter Natur. Wärmende Sonnenstrahlen schienen auf ihn herab und eine sanfte Priese zog über ihn hinweg. Alles was er um sich herum sah erinnerte ein Paradies. Die Bäume, die Tiere und das Plätschern eines Flusses. Sein Atem stockte als er das vertraute Lachen eines Mädchens hörte. Es klang befreiend und glücklich, doch er hatte Problem es zwischen den vereinzelten Bäumen um ihn herum zu orten. Ein vergnügtes Glucksen hinter seinen Rücken ließ ihn schließlich die Position des Mädchens erkennen. Ihr Gesicht war von den Schatten der Baumwipfel verdeckt, doch als sie vortrat erkannte er sie. Sie schenkte ihn ein herzliches Lächeln, fast so als wollte sie seinen sich weiteten Augen entgegen wirken. „K-Kyren …“, stammelte Shane und trat langsam näher. Mit jedem Schritt den er näher kam legte sich eine intensive, aber angenehme Wärme um sein Herz. Sein ganzer Körper begann zu kribbeln als er seine Hand an ihre Wange legte und ihr den Hals hinab strich. Er wusste dass er nur träumte und eigentlich wollte er in diesen Moment auch nichts anderes. Dieses Mal, so betete er, sollte ihm dieser Traum nicht entrissen werden und er mit Schmerzen in der Realität erwachen. Die Zeit schien still zu stehen, noch während er seine Hand an sie gelegt hielt. Dennoch blieb der Moment nicht von Dauer und es schien ein weiteres Mal wie immer zu enden, wenn er diesen Traum hatte. Wimpernschläge später war seine Hand an eine Statue der Elfe gelegt wo sie eben noch in Fleisch und Blut gestanden hatte und alles um ihn herum begann zu verwesen. „Nein … Nein!“, sagte er mit aufgeregter Stimme. Er versuchte seine Gedankenwelt so zu bewegen, das alles wieder so werden würde wie vorher, aber seine Gedanken gehorchten ihm nicht. Bald schon fand er sich in einen Meer aus Asche wieder, einer kalten, toten Ebene in der es nur ihn und den Weißen Falken gab. Gerade zu behäbig saß der Meisterdieb auf einen Stein und fixierte seinen Blick auf den Halbelfen. „Wa-Warum tut Ihr mir das an?! Was wollt Ihr von mir?!“, schrie Shane mit gekränkten Herz. „Ich bin ein Gefangener Eurer Träume, Shane. Weder ich noch Ihr selbst könnt verhindern dass Ihr Eurem Schicksal entkommt.“, sagte er ruhigen Tones. „Was?! Was soll das?“, fragte Shane verwirrt. „Ihr könnt Eurem Schicksal nicht entkommen! Niemand kann das! Es ist vorbestimmt!“, antwortete der Mann in Weiß nun deutlich aggressiver. Wieder traf Shane ein starker Schmerz und riss ihn zu Boden. Dieses Mal sollte er nicht so schnell erwachen. Folge 8: Getrennte Wege Kyren schlief in dieser Nacht äußerst unruhig. Es lag nicht am weichen Waldboden, daran das der Nachthimmel zu hell erleuchtet oder daran das die Tiere des Waldes zu laut waren. Alpträume schienen sie zu plagen, fast so als kamen ihre Sorgen und Gedanken nicht zur Ruhe. Ihre Augen sprangen auf als sich plötzlich eine Hand um ihren Hals legte. Der Griff festigte sich, doch was ihr den Atem raubte, war das Gesicht des Täters. Shanes Augen leuchteten rot auf und ein diabolisches Grinsen lag in seinem Gesicht. Seine kalte Hand drückte immer fester zu und nahm ihr die Luft zum atmen. „Shane … was tust du? Lass los …“, krächzte sie mit schwacher Stimme und ihrer verbliebenen Luft, doch er schüttelte einfach nur verneinend den Kopf. Vergeblich legten sich ihre Hände um seinen Arm und versuchten den Griff zu lockern. Er war zu stark und Kyrens Schock zu groß als das sie Gegenwehr leisten konnte. Noch als ihr schwarz vor Augen wurde, fragte sie sich noch wieso er ihr das antat, wieso er sie tötete. Als am nächsten Morgen die ersten Sonnenstrahlen auf Kyrens Haut trafen, schrak sie laut keuchend auf. Reflexartig ging ihre rechte Hand zu ihrem Hals. Sie atmete laut und tief, aber langsam begann sie zu realisieren das sie lebte. Shane schlief noch auf der anderen Seite des mittlerweile aufgebrauchten Lagerfeuers, ganz so wie sie es in Erinnerung hatte bevor sie zu Bett gegangen war. Judy lag zu ihrer Linken und schnarchte vergnüglich vor sich hin. „War es nur ein Traum?“, fragte sie sich, doch selbst in diesem Moment fühlte sie noch ganz genau die Druckstelle an ihrem Hals. Rasch schlüpfte sie in ihre Stiefel und tappte zum nahe gelegenen See. Dort angekommen kniete sie sich nieder und tunkte ihre Hände ins Wasser. Rasch legte sie ihre Hände mit dem kühlen Nass wieder an ihr Gesicht und wiederholte diese Prozedur ein paar Mal. Sie musste einen klaren Kopf bekommen. Sie kannte Shane doch. Niemals hatte er ihr etwas angetan, geschweige denn je solch ein Verhalten gezeigt. Es erschien ihr unmöglich, undenkbar dass er so etwas mit ihr machen würde. Doch warum spürte sie den Abdruck um ihren Hals noch, wenn es nur ein Traum gewesen war? Immer wieder kehrten ihre Zweifel zurück, doch sie entschloss sich vorerst so zu tun als wäre nichts geschehen. Es war noch etwas mehr als eine Tagesreise, bis zu dem Punkt an dem sich Ashton aufhalten sollte. Vor den Abenteurern lagen nur noch ein kleineres Waldstück in einer recht bergigen Gegend und die dahinter liegende Brachlandebene. Judy war aufgefallen das Kyren im Vergleich zu den Vortagen ungewöhnlich ruhig war. Immer wieder sah sie zu Shane herüber, der ebenfalls etwas teilnahmslos aussah. „Woah … dieses Schweigen ist ja kaum auszuhalten!“, meinte Judy lautstark und raufte sich die Haare. Für den Augenblick hatte sie die volle Aufmerksamkeit ihrer beiden Gefährten und brachte sie somit stehen. „Ich weiß ja das die bevorstehende Schlacht nicht einfach wird, aber müssen wir deshalb Trübsaal blasen?“, fragte sie in die Runde. Kyren wendete ihren Kopf ab und versteifte sich. „Das ist es nicht …“, erwiderte sie beinah Flüsterleise. Shane wirkte nun auch besorgt. Judy, die einige Momente grübelnd an Ort und Stelle verharrte, versuchte aus den Augen der Elfe zu lesen. Schließlich hakte sie sich bei Kyren ein und wendete sich kurz Shane zu. „Ah, einen Moment, Shane. Mädchensache.“, sagte sie und zog die Elfe einige Meter mit sich, so weit weg von Shane wie nötig. Wie eine Puppe setzte sie Kyren auf einen gefallenen Baumstamm ab und stellte sie zur Rede. „Also schön. Lass hören, was dich bedrückt.“, entgegnete sie ihr mit ernster Miene. Der Kopf der Magierin war gen Boden gesenkt und man merkte dass sie immer noch mit sich selbst zu kämpfen hatte. „Ihr habt doch sicher schon schlimmere Situationen als das hier durch gestanden. Also warum so ein Gesicht, Kyren?“, hakte Judy beharrlich nach. „Sag mal, Judy. Was glaubst du warum sich Shane an nichts mehr von früher erinnern kann?“, erwiderte Kyren als Antwort auf ihre Frage. Judy war etwas verblüfft und schien die Zusammenhänge ordnen zu wollen. „Ich gebe zu, ich habe nicht die leiseste Ahnung warum.“, antwortete sie schließlich. „Kam er dir seit du ihm wieder begegnet bist irgendwie fremd vor? Hast du das Gefühl dass das wirklich Shane ist, der dort drüben steht?“, begann Kyren weiter zu fragen. „Eh … ich bin mir nicht sicher. Ich … ich habe ihn ja so viele Jahre nicht mehr gesehen gehabt, aber ich bin mir eigentlich immer sicher gewesen dass das dort Shane ist.“, sagte sie stirnrunzelnd. Eine Träne lief an Kyrens rechter Wange hinab und auch sie begann leicht zu nicken. „Hey, warum weinst du denn jetzt?“, fragte Judy besorgt und legte ihre Hand tröstend auf ihre Schulter. „Weil ich auch geglaubt habe dass das dort Shane ist.“, gab sie weinerlich von sich. „Wa-was ist denn los mit dir?“, wollte Judy wissen. „Shane … Shane hat … versucht mich letzte Nacht zu erwürgen. Ich versuche die ganze Zeit zu glauben dass es nur ein Traum war, aber selbst jetzt spüre ich noch immer die Druckmerkmale.“, gab sie schluchzend von sich. „W-was?“, staunte Judy atemlos. „Warum tut er mir das an?“, schluchzte sie und verlor sogleich ihre Stimme. Judy schenkte ihr so gut es ging Mitgefühl aus, doch langsam reifte auch in ihr die Erkenntnis, dass etwas mit Shane nicht stimmte. „Wir hätten skeptisch werden sollen nachdem die Mannschaft von Rommaths Schiff getötet wurde und es schließlich in Flammen aufging. Selbst Rommath hatte erkannt, das in ihm etwas Böses steckt, das er nicht der ist, der er zu sein vorgibt.“, erzählte sie mit gefasster Stimme. Die Worte trugen nicht gerade dazu bei Kyren zu beruhigen, denn nun kamen all ihre Zweifel wie durch ein offenes Ventil hervor. „Ich war so naiv.“, meinte sie und grub ihren Kopf in ihre Hände. Decan hatte es ihr doch schon nahezu prophezeit dass etwas an Shane merkwürdig war, aber sie hatte nicht hören wollen. Letzte Nacht hatte sie ihr Vertrauen in seine Person beinah mit dem Leben bezahlt. Einen Moment lang schwieg Judy und ließ einen ausdruckslosen Blick auf ihre Gefährtin fallen. „Du hast vielleicht Recht, Kyren. Es ist möglich das er nur ein Teil eines abgekarteten Spiels ist, das wir nicht durchschauen, aber wie willst du ihn enttarnen?“, sagte sie schließlich. Kyren sah auf und noch immer sprach die Trauer aus ihren Augen. „Ich … ich werde ihn heraus fordern.“, antwortete sie und es klang so als ob sie es für eine gute Idee hielt. Shane wirkte derweil schon etwas gelangweilt und stocherte mit seinem linken Fuß im Boden herum Plötzlich schlug ein magisches Geschoss neben ihm ein und verfehlte seinen Fuß nur knapp. Shane erschrak und zog reflexartig sein Schwert, erkannte aber schnell das Kyren auf ihn gefeuert hatte. „Wa-was soll das, Kyren?!“, fragte er sichtlich irritiert. „Es endet hier und jetzt, Shane! Ich habe genug von deinen Lügenspielchen! Wenn du nichts anderes vorhast, dann bringen wir es hier zu Ende.“, entgegnete sie ihm mit zornigen Blick. Shanes Blick fiel auf Judy, die sich in sicherer Entfernung aufhielt. Sie wirkte als ob sie auf Kyrens Seite stand, griff aber nicht ins Geschehen ein. „Kyren? Was geht hier vor? Was ist in dich gefahren?“, fragte er ungläubig. Als Antwort folgten einige Flammenpfeile, die den Boden auf dem er stand, wegsprengten und in Flammen setzten. Nur durch einen Sprung zurück, konnte er dem Angriff rechtzeitig entgehen. „Ich lasse mich nicht länger von dir hinters Licht führen. Wer immer du auch bist – jetzt tragen wir es aus.“, tönte sie ihm entgegen. „Wieso denn hinters Licht führen? Was habe ich dir getan?“, wollte Shane wissen und erhielt seine Antwort nach einem Feuerball, der neben ihn einschlug, nachdem er zur Seite gehechtet war. „Tu nicht so! Du hast versucht mich diese Nacht zu erwürgen! Glaubst du das ich das vergessen würde?!“, fauchte sie ihm verbittert an. Shane war für einen Moment wie erstarrt. „Nein …“, wisperte er leise vor sich hin und erinnerte sich an seinen Traum indem er ihr über Wange und Hals gestreichelt hatte. Schuldgefühle durchstiegen sein Innerstes, denn er hatte nicht gewusst was er getan hatte. Langsam glaubte er zu verstehen und machte sich für alles verantwortlich, was in den letzten Wochen geschehen war. Er konnte kaum glauben wozu er fähig war und versteifte förmlich. Kyren erkannte ihre Chance und beschwor eine Blitzmagie, die Shane traf und ihn weit zurück warf. Sie zuckte zusammen als vor Schmerz aufschrie, wusste aber, dass sie keine Gnade gegen den Betrüger walten lassen konnte. „Es tut mir so Leid, Kyren …“, ächzte er, kaum hörbar nach seinen Treffer als er sich begann an seinem Schwert aufzuraffen. „Deine Ausreden kannst du dir sparen. Ich habe dich längst durchschaut. Und nun kämpfe. Das ist es doch was du wolltest.“, warf sie ihm entgegen, schon in Vorbereitung des nächsten Zaubers. Verzweiflung breitete sich auf Shanes Gesicht aus. Er schüttelte den Kopf, denn selbst jetzt konnte er seine Waffe nicht gegen sie erheben. „Du gibst auf? Fein!“, meinte Kyren und entlud eine mächtige Magie in seine Richtung. Eine heftige Explosion erschütterte die Gegend und dort wo Shane gestanden hatte, war nun noch ein Krater in dem aus der Luft vereinzelte Steinbrocken hinein fielen. Der Wald um den Krater herum war in Mitleidenschaft gezogen worden und etliche Bäume umgeknickt, doch von Shane selbst gab es keine Spur. „Er ist entkommen.“, analisierte Judy das Geschehene. Kyren wirkte mit dem Ausgang des Kampfes unzufrieden, hätte sich gewünscht die Wahrheit von ihren Gegner zu erfahren, aber zumindest hatte sie ihn zurück geschlagen. Die Zeit der Intrigen war nun vorüber und dennoch tat ihr Herz so weh, das sie glaubte es würde bluten. „Was sollen wir nun tun?“, fragte Judy vorsichtig. „Wir bleiben wachsam und gehen weiter. Notfalls nehme ich es auch allein mit Ashton auf.“, erwiderte sie entschlossen. Atrix lechzte nach Luft und rannte so schnell ihn seine kurzen Beine tragen konnten. Nigel, der nur wenige Meter vor ihm lief, gönnte sich selbst und somit Atrix selbst nur selten eine Pause. Er konnte kaum Schritt halten, doch Nigels Eile war berechtigt. Zum Glück für den Elfen hielt Nigel an einem steilen Abhang an, von wo aus er über das vor ihm liegende Waldgebiet blicken konnte. Die Gegend war bergig, mit dichten Waldstücken und Flüssen durchzogen. Es war schier unmöglich Kyren rechtzeitig zu finden, denn diese Suche, war wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Ziemlich außer Atem kam Atrix neben ihn zum stehen. Er hatte nicht alles verstanden was ihm Nigel am Vortag erzählt hatte, aber er wusste das Kyren in höchster Gefahr schwebte. Trotzdem schien Nigel die Sache näher zu gehen als ihm selbst. „Es ist alles meine Schuld. Wie konnte ich nur so dumm sein? Wir müssen sie unbedingt finden, koste es was es wolle.“, sagte er mit entschlossenem Blick. Judy blickte sich noch eine ganze Zeit lang um, in der wagen Hoffnung das Shane zurückkehren könnte. Kyren war seither von ihren Emotionen übermannt und hockte auf dem Baumstamm wie ein Stück Elend. Ständig wischte sie sich Tränen aus dem Gesicht und versuchte sich wieder zusammen zu reißen. Es war ihr nicht leicht gefallen und es wog schwer in ihrem Herzen das sie an Shane geglaubt hatte. Sie wusste dass sie bald weiter musste, zum Treffpunkt, den man Atrix für Nigel mit auf den Weg gegeben hatte. Sie ahnte nicht dass er bereits aufgeregt nach ihr suchte, doch schon sehr bald wurde es ihre einzige Hoffnung. „Ich glaube nicht dass er zurück kommt.“, meinte Judy schulterzuckend und kam langsam näher. Kyren wusste nicht ob das gute oder schlechte Nachrichten für sie waren, aber sie nahm es nickend zur Kenntnis. „Wir sollten langsam weiter, sonst überholen uns Atrix uns Nigel noch.“, antwortete sie etwas gefasster von den kürzlichen Ereignissen, doch Judy schmunzelte nur und schüttelte den Kopf leicht hin und her. „Ahm … nein. Ich glaube das sollten wir nicht.“, meinte sie mit seltsam zwiespältiger Stimme. Kyren wollte gerade etwas erwidern, da bemerkte sie eine seltsame Aura von ihrer Gefährtin ausgehen. „Judy? Ist alles in Ordnung?“, fragte sie vorsichtig. „Oh, ja. Alles ist wirklich bestens.“, gab sie laut lachend zurück. Sie lachte so lange, das es der Magerin unheimlich war, doch dies war nur der Anfang. „Wie lange habe ich auf diesen Augenblick gewartet!“, ergänzte sie mit einem diabolischen Grinsen, das Kyrens Augen weiten ließ. Wütend schlug Nigel mit der Faust gegen einen Baum, der sogleich ein paar Früchte abwarf, die Atrix auf den Kopf fielen. „Ich war so dumm, so ein Narr. Wie konnte ich es nur vergessen? Ich hätte es wissen müssen!“, schimpfte er mit sich selbst. „Was nicht vergessen?“, fragte Atrix, noch etwas mitgenommen von der Frucht die auf seinem Kopf gefallen war. „Imoen hat keine Tochter, die Judy heißt. Imoen hat überhaupt keine Kinder. Ich hatte mich geirrt, war nicht wachsam und nun wird Kyren wegen mir sterben.“, gab er verzweifelt von sich und kniff seine Augen zusammen. Atrix verstand nicht wieso sein Gefährte von vergessen sprach, hatte er ihm bisher nur gesagt, das Judy nicht der ist, der sie vorgab zu sein. Er wusste das Kyrens Leben auf den Spiel stand, sollte man sie nicht rechtzeitig finden. Alles schien vergebens, denn es gab kaum Hoffnung sie noch retten zu können. Atrix erschrak als sich eine Gestalt näherte und verwies Nigel auf diesen. „Sieh doch.“, sagte er und deutet auf einen Mann ganz in Weiß, den er als Weißen Falken kannte. Nigel sah auf und sah ungläubig zu ihm herüber. „Ihr sucht die kleine Elfe? Ich denke, ich kann euch behilflich sein.“, sagte er und streckte seinen Arm nach links aus. Eine eiskalte Hand hatte sich um Kyrens Hals gelegt und sie zu Boden gerissen. Judy lachte immer wieder laut auf, so als genoss sie es die gebrochene Elfe zu quälen. Kyrens Augen waren geweitet und Tränenerfüllt als Judy auf sie herab sah. „Ja, Kleine. Ich war es! Ich war es die ganze Zeit!“, sagte sie mit breiten Grinsen und rot leuchtenden Augen. „Wa-warum?“, ächzte Kyren mit schwacher Stimme hervor. „Ja, ich hätte dich einfach so töten können. Es wäre so einfach gewesen, aber ich wollte meinen Sieg über dich auskosten, so lange und so gut es nur ging. Shane hat mich damals bezwungen und ich habe nie meine Rache dafür bekommen, doch heute ist es endlich soweit. Indem ich dir dein kümmerliches Herz gebrochen und ihn von dir getrennt habe, ist meine Rache perfekt geworden. Dank mir hast du nun alles verloren was dir etwas bedeutet hat, haha.“, sagte Judy mit finsterer Stimme und verformte ihren freien Arm zu einem spitzen Metall. „Jay … goyle …“, krächzte Kyren kaum hörbar hervor, obwohl sie die Transformation nicht sehen hätte müssen um zu wissen, wer ihr das angetan hatte. Sie zerbrach innerlich an dem was geschehen war, hatte nicht einmal mehr die Kraft sich zu wehren. Im Angesicht des Todes lag es ihr so klar vor Augen, das Shane all ihr Vertrauen verdient gehabt hätte, doch Judy hatte sie gezielt manipuliert. „Es wird ein absoluter Hochgenuss sein, dein jämmerliches Leben hier und jetzt zu beenden.“, sagte der Gestaltenwandler auf ihr mit begierigen Blick und hob seinen spitz geformten Arm zum tödlichen Stoß auf ihren Kopf an. Kyren kämpfte bereits mit der Atemluft und wenn er sie nicht erstechen würde, dann würde sie wohl ersticken. Dieses Mal würde er sie nicht davon kommen lassen. Judy holte bereits zum Schlag aus als ein herum wirbelndes Kurzschwert in ihren Kopf traf. Der Treffer saß und brachte den Gestaltenwandler kurzzeitig zu Boden. Kyren atmete laut ein als sich dessen Hand von ihren Hals löste, realisierte aber noch nicht was passiert war. „Kyren!“, rief auf einmal eine vertraute Stimme, die sie Nigel zuordnen konnte. Sie wollte sich schon aufraffen da drückte sie der Fuß des Gestaltenwandlers bereits zu Boden. „Nein!“, fauchte er zornig und nahm die Gestalt an, mit der er unter den Namen John Doyle verkehrte. Fast beiläufig nahm er das Schwert aus seinem Kopf und warf es beiseite. „Nein! Wie konntet Ihr nur so schnell hier sein?!“, ergänzte er in gleicher Stimmlage. Atrix lehnte völlig außer Atem an einem Baum und wank ab. „Moment … gleich … einen Augenblick noch … muss kurz … Luft holen.“, keuchte er, willens die Frage zu beantworten, doch sichtlich außer Atem. Jaygoyle legte es nicht darauf an geduldig zu warten und entgegnete Kyrens Gefährten eine heftige Druckwelle, die mehre Bäume und Atrix mit sich riss. Nigel hingegen wich aus und setzte zum Gegenangriff an. Er brachte den Gestaltenwandler durch einen Schwerthieb dazu, von Kyren abzulassen. Hektisch rappelte sie sich auf und lief einige Meter auf Abstand. John wirkte amüsiert über die Bemühungen des Menschen und verharrte in Kampfhaltung. „Was denn? Glaubst du dein Schwert könnte mir wehtun?“, gab er grinsend von sich. Nigel wirkte konsterniert, als John sich zu vervielfachen begann und er sich auf einmal umzingelt sah. „Was zum Geier seid Ihr für eine Kreatur?“, fragte er mehr aus Angst als aus Neugier. „Ich schätze Ihr habt andere Sorgen als das.“, führte eine der Kopien an, während drei andere zum Angriff übergingen. Nigel wehrte sich nach Kräften, doch auch wenn es ihm gelang, die Angriffe abzuwehren, hinterließ er an seinen Gegnern nicht eine bleibende Wunde. „Nigel! Das schaffst du nicht! Lauf!“, rief ihm Kyren zu, die eine Frostwelle auf Jaygoyle und dessen Duplikate wirkte. Augenblicke später sah er sich von eingefrorenen Gegnern umgeben, doch der Vorteil war nicht von Dauer. Schon Sekunden später begannen die ersten mit dem Eis zu verschmelzen und selbigen Aggregatzustand anzunehmen. Nigel nutzte die Chance und zerschlug so viele er konnte mit seinem Schwert. Wie ein Haufen voll Porzellan zerschellten sie an seinem Schwert und fielen in mehr oder mindergroßen Eisbrocken zu Boden. „Das wird ihn nicht lange aufhalten!“, mahnte ihn Kyren und wank ihn herbei. Nigel nickte und entschloss sich ihrem Rat zu folgen. Ihre einzige Chance war, im Wald Deckung zu suchen, sich zu verstecken und zu hoffen dass er sie nicht finden würde. Enttäuscht trabte Shane an den letzten Bäumen vorbei, bevor ihn der Weg ins Brachland geebnet wurde. Eine Gegend in der kaum etwas wuchs, in der es nur Felsen und Einöde gab. Direkt dahinter erwartete ihn der Stützpunkt von Ashton Scu’l, doch er fragte sich ob er diesen überhaupt noch aufsuchen sollte. Alles hatte sich gegen ihn gestellt. Das Mädchen das er so sehr liebte hatte ihn verstoßen, das Schicksal ihn die ganze Zeit über nur übel mitgespielt. Er fühlte sich allein und verlassen und dennoch gab es jemanden, der ihm seine Aufmerksamkeit zuteil werden ließ. „Warum so ein langes Gesicht?“, tönte es plötzlich hinter ihm aus dem Wald hervor. Als sich Shane umdrehte entdeckte er den Mann in Weiß auf dem Ast eines Baumes hocken. „Ihr?!“, erwiderte Shane mit einen Anflug von Erstaunen und Verachtung zugleich. „Was wollt Ihr?!“, ergänzte er rasch. „Ich habe gesehen was passiert ist und obwohl ich kein Mitgefühl empfinde, so kann ich Euch dennoch helfen.“, erwiderte der Meisterdieb und sprang elegant vom Ast des Baumes herunter. „Mir helfen? Wieso glaubt Ihr mir helfen zu können? Und vor allem wie gedenkt Ihr dies zu tun zu?“, wunderte sich der Halbelf. „Ich muss gestehen ich hatte mir einen anderen Ausgang der Ereignisse erhofft. Deshalb ist es nun an der Zeit alles zu erfahren was Ihr wissen müsst. Erst wenn Ihr erkennt wer Ihr seid, werdet Ihr Euer eigenes Schicksal schmieden können.“, antwortete der Weiße Falke und legte einen bestimmenden Blick auf. „Kommt mit mir und ich zeige Euch was ich meine.“, fuhr er fort und bot seine Hand an. Shane zögerte sie anzunehmen, doch etwas in den Augen seines Gegenübers bannte ihn förmlich an ihn. Schließlich nahm er seine Hand, worauf er mitsamt dem Meisterdieb in einem Teleportzauber verschwand. Kyren, Atrix und Nigel hatten sich in die Tiefen des Waldes zurückgezogen und hielten sich hinter einen größeren Baum versteckt. Immer wieder schaute sich Nigel um, hoffend dass man ihren Verfolger abgeschüttelt hatte. Atrix atmete heftig und machte eine finale Armbewegung. „Is’ mir egal, wer hinter uns her ist - Ich lauf’ keinen Schritt weiter.“, meinte er und ließ sich neben Kyren zu Boden. „Ob wir ihn abgeschüttelt haben?“, fragte diese zögerlich mit Blick auf Nigel. „Ich kann es nur hoffen.“, erwiderte er und wendete sich ihr zu. Sie harrten schon eine Stunde hier aus, ohne das auch nur ein Waldtier in ihre Nähe gekommen war. Der Wald war dicht bewachsen und es fiel schwer die Orientierung zu wahren. Vielleicht hatte es Jaygoyle aufgegeben und wartete an anderer Stelle, dachte er. Auf der einen Seite konnte er sein Glück kaum fassen das er Kyren noch rechtzeitig erreichen konnte, auf der anderen Seite sah man ihr den Kummer ins Gesicht geschrieben. Sie dachte immer wieder daran wie sie Shane angegriffen hatte, dachte daran dass sie ihm nicht vertraut hatte. Sie gab sich die Schuld an allen und als Atrix sie fragte was mit Shane geschehen war, wusste sie es nicht in Worte zu fassen. Atrix versucht sie mit seiner Hand auf ihren Rücken zu trösten als die junge Elfe in sich zusammen sank, aber in diesen Minuten gab es für sie keine Linderung, keine Hoffnung auf Wiedergutmachung. „Shane ist fort …ich habe ihm nicht geglaubt … habe ihm nicht vertraut, habe mich von meinen Zweifeln fehlleiten lassen, obwohl er jederzeit ehrlich zu mir war. Ich bin Schuld … und ich hätte ihn beinah noch getötet. Er wird nie wieder mit mir sprechen wollen, selbst wenn ich ihn wieder finde.“, schluchzte sie verbittert. Nigel wusste was er zu tun hatte, denn auch er fühlte Schuld, hätte er es doch vielleicht verhindern können. Entschlossenheit legte sich in seinen Blick als er vor Kyren trat. „Kyren. Hör zu. Ich weiß nicht wie das alles hier ausgehen wird, aber da ist etwas was du wissen solltest.“, sagte er, worauf Kyren zu ihm auf sah. „Es tut mir Leid. Ich hätte wissen müssen dass Judy nicht die ist, für die sie sich ausgab. Ich hatte mich nicht darauf vorbereitet, doch als mir klar wurde das Shane keine Cousine hat, war es zu spät. Ich hätte es verhindern können. Genau deswegen bin ich hier.“, fuhr er fort, während er in die traurigen Augen des Mädchens blickte. „Ich verstehe nicht ganz …“, meinte Atrix stirnrunzelnd. „Mein Name ist Nigel Kerrigan und ich bin kein Prophet, der das Ende der Welt, wie ihr sie kennt, kommen sieht. Ich bin aus der Welt, wie sie werden wird, wenn Ashton nicht aufgehalten werden kann.“, erklärte er mit bedächtigen Blick. „Du … bist aus der Zukunft?“, gab Kyren erstaunt von sich, was er knapp benickte. „Ich bin in diese Zeit gekommen um all das zu verhindern, zu verhindern das Menschen wie Tiere gejagt werden, wie Ratten in unterirdischen Gemäuern leben und stets und ständig auf der Flucht sind. Ashton Scu’l wird all dies auslösen. Ich werde in eine Zeit des Schreckens geboren werden.“, erzählte er und er merkte wie seine Gefährten ihn mit immer größeren werdenden Augen anstarrten. In beiden rumorte es und es stellte sich die Frage ob und wie Zeitreisen überhaupt möglich waren. Dennoch geriet dies schnell in den Hintergrund als er seine Erzählung fortsetzte. „Doch in meiner Zeit gibt es Widerstandskämpfer. Helden, die sich dem Terror entgegen stellen. Die meisten jedoch sind gefallen oder gelten als vermisst. Es ist ein aussichtsloser Kampf. Einer dieser Heldinnen ist deine Tochter, Kyren.“, fuhr er fort, wobei der letzte Satz den beiden Elfen das Kinnladen nach unten riss. Hoch errötet sprang Kyren auf und fasste sich an die Brust um ihr pochendes Herz zu beruhigen. „W-wa-was?! Ich habe eine Tochter?!“, stotterte sie aufgeregt. Atrix wedelte wie wild mit seiner rechten Hand herum und unterbrach den Moment. „Mo-Moment. Soll das heißen Kyren findet einen Kerl, der sie ins Bett kriegt?“, wollte er wissen, doch sein Blick auf Kyren, die schüchtern ihre Fingerspitzen aneinander tippte, verriet ihm schon an wen sie gerade dachte. „Das heißt ja das ich und … und … wir … miteinander …“, stammelte sie mit hochroten Kopf verlegen vor sich hin, bevor ihr bewusst wurde das die Realität zurzeit ganz anders aussah. „Wer ist der Vater?!“, fragte sie aufgeregt nach und packte Nigel am Kragen. „Unmöglich! Das kann ich dir nicht sagen. Darum geht es ja auch nicht.“, wiegelte er sie ab und löste sich von ihren Griff. Kyren wirkte enttäuscht, aber man sah ihr an das sie kurz davor stand vor Neugier zu platzen. Nigel verstand dass darin eine gewisse Hoffnung begraben lag, eine Hoffnung die sie vermochte aufzumuntern, doch es gab noch etwas, das für diesen Moment wichtiger war. “Hör zu. Ich bin in diese Zeit gekommen um zu verhindern dass diese Welt nicht in solch einer Zukunft endet. Ich konnte nicht immer bei euch sein, weil ich zehn Helden rekrutieren wollte, dir mir helfen sollten Ashton zu stoppen. Menschen, Zwerge und Elfen, die heute noch niemand kennt, aber in 20 Jahren zur letzten Hoffnung unserer Zivilisation gehören. Doch sie sind alle tot und nur du bist übrig.“, erzählte er. „Sie sind tot?“, fragte Atrix erstaunt. „Jemand oder etwas muss mir in diese Zeit gefolgt sein. Jemand muss gewusst haben, was ich vorhatte. Ich erzähle euch das alles erst jetzt, weil ich befürchten musste, dass es negative Auswirkungen auf die Zukunft gehabt hätte, hättet ihr das alles früher gewusst. Doch ich habe feststellen müssen dass jemand die Zukunft bereits so verändert, dass sie auf jeden Fall so geschehen wird, wie ich es in meiner Zeit erlebe. Deswegen ist das nun alles nicht länger von Bedeutung.“, fuhr er fort und sank gedanklich zusammen. „Nur was dieses Wesen betrifft. Ich hatte keine Ahnung … Judy, oder wer immer das ist, existiert weder in meiner Zeit, noch in den historischen Aufzeichnungen.“, ergänzte er von Schuldgefühlen geplagt. Kyren kannte ihren Feind gut und informierte Nigel ausführlich. „John Doyle, auch bekannt als Jaygoyle. Eine Kreatur aus purer negativer Energie. Er ist in der Lage jede Gestalt und jeden Aggregatzustand anzunehmen und wie du sehen konntest, ist das bei weitem noch nicht alles.“, erklärte Kyren mit verachtender Stimme. „Wir hatten bereits früher mit ihm zu tun.“, ergänzte Atrix mit erhobenen Finger. „Shane wäre es vor einigen Jahren beinah gelungen ihn zu vernichten, aber er hat überlebt und sinnt seither nach Rache.“, fuhr Kyren fort, doch all das sagte Nigel nicht viel. „Können wir ihn vernichten? Wir werden uns hier nicht ewig verstecken können, versteht ihr?“, warf er mahnend ein. „Reine, positive, weiße Magie kann ihn Schaden zusetzen. Alles andere ist wirkungslos. Ich könnte dein Schwert mit einem Heilzauber prägen. Vielleicht kannst du ihn dadurch verletzen.“, erwiderte Kyren nachdenklich. „Gut, dann tu das.“, meinte Nigel nickend und reichte ihr sein Schwert. Behutsam legte Kyren ihre Hand auf die Klinge seiner Waffe. Sie schloss die Augen und murmelte ein paar mystische Wort vor sich hin, durch die das Schwert nach und nach selbstständig zu leuchten schien. Kyren war schnell mit der Verzauberung fertig, zögerte aber bei der Rückgabe des Schwertes. „Nigel, sag mir bitte … was ist mit mir? Was wird mit mir in der Zukunft geschehen?“, gab sie mit beinah flehenden Blick zurück. Nigel senkte sein Haupt, wissend das ihr die Antwort nicht gefallen würde und trug stattdessen etwas von ihrer Tochter vor. „Eure Tochter hat mir viel von Euch erzählt. Ihr beide seid euch so ähnlich. Ihr seid beide wunderschön. Leider hatte sie nie die Möglichkeit mich dir vorzustellen.“, begann er zu erzählen, was Kyren wieder etwas röte ins Gesicht trieb. „Ich liebe sie vom ganzen Herzen, weil sie den Menschen so viel Gutes tut und manchmal scheinbar schon mit einem Lächeln jedes Leid zu lindern vermag. Ich würde dich ja fragen ob ich um ihre Hand anhalten darf, aber das würde nichts bringen. Hier in dieser Zeit bin ich nur eine Kopie meines selbst aus der Zukunft. Irgendwann wird die Zeit meine Existenz hier beenden und ich werde mich auflösen. Meine Erinnerungen an diese Zeit, werden nie mein wahres selbst in der Zukunft erreichen.“, erzählte er mit einer beruhigenden Stimme. „Schon gut, du musst nicht mehr erzählen.“, sagte Kyren und legte ihre Hand auf seinen rechten Arm. Schließlich nahm er sein Schwert wieder an sich und schüttelte die Gedanken an die Zukunft ab. „Wir sollten nun gehen.“, meinte er abschließend und schlug einen Weg ein, der sie aus den Wald heraus bringen würde. Nigel kam nicht weit, denn schon nach wenigen Schritten wurde er mit einen heran geschleuderten Kurzschwert konfrontiert. Er wich gerade noch rechtzeitig aus, so dass es sich lediglich in den Stamm des Baumes hinter ihn bohrte, anstatt in seinen Kopf. Atrix Augen weiteten sich erstaunt und beängstigt zugleich. „Mein Schwert?!“, rief er in entsprechender Tonlage und ließ erahnen wer der Absender dieses Geschosses war. „Er hat uns gefunden!“, mahnte Kyren ihre Gefährten, während Atrix sich sein Schwert aneignete, das er zuvor so bereitwillig für Kyrens Rettung hergegeben hatte. Augenblicke später trat John aus dem Schatten eines Baumes hervor. Ein finsteres Grinsen lag auf seinem Gesicht und er schien sich seines Sieges ziemlich sicher. „Habt ihr geglaubt ich würde Euch nicht finden?“, fragte er amüsiert. Nigel zog sein Schwert und stellte sich John entgegen. „Ich werde nicht zulassen dass Ihr Kyren etwas antut!“, entgegnete er mit drohender Stimme, wenn gleich sich sein Gegner wenig imponiert zeigte. „Oh, ich denke die kleine Elfe ist zehnmal eher in der Lage mich aufzuhalten als Ihr selbst, Mensch. Ihr seid nur ein unbedeutendes Hindernis.“, erwiderte er und formte seinen rechten Unterarm zu einer Schwertklinge um. „Unterschätzt mich nicht!“, fauchte Nigel und ging trotz der warnenden Rufe seiner Mitstreiter zum Angriff über. Dennoch war es ein magisches Geschoss der Elfenmagierin, das an Nigel vorbei zischte und John zuerst traf. Der Treffer wirkte an der Oberfläche seines Körpers als ob man einen Stein in einen Teich geworfen hätte und fügte dem Gestaltenwandler keinen größeren Schaden zu. Er hatte nicht einmal versucht auszuweichen, wissend dass es ihn nichts anhaben würde. „Lächerlich!“, schrie er und wehrte den anstürmenden Nigel gerade zu beiläufig ab. Zähneknirschend versuchte Nigel den Schwertarm seines Gegners zu durchbrechen, doch der sah nicht einmal angestrengt aus. Wieder war es Kyren, die mit ihrer Magie den Kampf zu ihren Gunsten entscheiden wollte. Sie wirbelte mit ihren Händen und formte Eispfeile in der Luft herbei, die daraufhin auf John zuschossen. Nigel sprang auf Abstand, doch John wusste sich mit einer Feuermagie zu helfen und ließ die Geschosse mit einem in seiner linken Hand herbei beschworenen Feuerball schmelzen. Der Feuerball mutierte sogleich zum Angriffsgeschoss, dem sich Kyren nur durch einen Sprung zur Seite rechtzeitig entziehen konnte. Atrix duckte sich erschrocken weg und sah zu wie der Feuerball an einem Baum explodierte und mehrere weitere, umstehende Bäume in Flammen aufgehen ließ. Nigel versuchte weiter mit seinem Schwert auf John einzuschlagen, doch der wehrte mühelos alle Attacken ab. „Pah, Kinderkram. Ihr verschwendet Eure Zeit.“, kommentierte er die Versuche des Menschen gelangweilt. Bevor Nigel reagieren konnte schleuderte ihn eine Druckwelle des Gestaltenwandlers davon. Kyren griff bereits mit einer magischen Feuerwelle an, doch John formte seine Armklinge zu einem schützenden Schild um. Der Angriff verpuffte wirkungslos und John konterte mit einer Schattenmagie. Ein finsterer Schleier umschlang Kyren, die sich dem wehrlos ausgesetzt sah. Es schnürte ihr die Luft ab und es fühlte sich so an als ob es ihr das Leben aussaugen würde. Sie wurde schnell schwächer und ging schließlich in die Knie. Verzweifelt versuchte sie noch eine befreiende Magie zu wirken, doch schlussendlich fehlte ihr jegliche Kraft. „Kyren!“, rief Atrix besorgt und eilte ihr zu Hilfe. John grinste zufrieden, genoss es regelrecht sie leiden zu sehen. „Ja, ein langsamer, schmerzvoller Tod. Das ist es was ich mir für dich gewünscht hab, Elfe. Ich werde es genießen dich leiden zu sehen. Sei dir gewiss dass ich dir eine Welt voller Finsternis ersparen werde, wenn du stirbst.“, meinte er zufrieden und kam langsam näher. Kyren ächzte, während Atrix sie versuchte zu halten. Wütend sah er dem Gestaltenwandler entgegen. „Warum nur …?“, fragte er mit verzweifelter Miene. „Leider ist es mir nicht erlaubt an Shane Rache zu nehmen, also nehme ich mir das was ihm am wichtigsten ist.“, entgegnete er breit grinsend. Noch im selben Moment transformierte er seinen linken Unterarm zu einer Klinge um und wehrte den von hinten heran stürmenden Nigel ab. „Zwecklos, du Wurm.“, fauchte er und schlug ihn zurück. Immerhin ließ Johns Konzentration auf den Zauber nach, der Kyren schwächte, so dass sie den Moment nutzen konnte. Ihr blieb nicht einmal die Kraft um zu stehen, doch mit allem was ihr geblieben war, gab sie dem Zauber auf Nigels Schwert den entscheidenden Impuls. Es würde nur ein Leuchtfeuer werden, aber vielleicht reichte es, um Nigel einen Vorteil zu verschaffen. Nigels Schwert glühte hell auf und als er dieses mal zuschlug, durchbrach es den Schild, der Johns Unterarm war. Schwarzer Dampf entstieg der abgetrennten Stelle und Johns Augen weiteten sich erstaunt. „WAS?!“, rief er geschockt und noch bevor er realisierte was passiert war, schlug Nigel erneut zu. Dieses Mal trennte er den Kopf vom Körper. Es folgten weitere Schwerthiebe, die John regelrecht zerteilten. Nur Augenblicke später erlosch das Leuchten des Schwertes und die Reste von Johns Körper verwandelten sich in schwarzen Dampf, der wie Nebel über den Boden schwebte. Kyren atmete wieder auf, doch ihr Gesicht war, obwohl von der Magie befreit, Kreidebleich. Sie war geschwächt und hielt sich nur dank Atrix noch auf den Beinen. „Wir … wir haben es geschafft!“, meinte Nigel erfreut, was auch ihr ein schwaches Lächeln ins Gesicht brachte. Ihr war klar, dass ihnen das nur etwas Zeit verschaffen würde, bis sich John wieder regenerieren konnte. Sie bemerkte dass sich der Rauch am Boden schematisch in eine bestimmte Richtung verzog. In ihren Zustand war sie noch zu schwach um zu realisieren was das zu bedeuten vermochte, doch langsam begann sie zu begreifen. Ihre Augen weiteten sich, doch ihre Stimme versagte als sie Nigel ins Gesicht sah. „Pass auf …“, gab sie flüsternd von sich. „Was sagst du?“, fragte Nigel nach, der nicht ganz verstanden hatte. Sekunden später durchbohrte ein greller, roter Strahl einen Rücken und trat in seinem Brustkorb wieder aus. Er verfehlte Kyren nur knapp, aber Nigel schien schwerer getroffen. „Nigel!“, schrie Atrix aufgeregt, wissend das der Treffer tödlich war. Ein düsteres Lachen ertönte aus einiger Entfernung, dort wo sich der Qualm am Boden hin aufmachte. „Wie ich sehe habt Ihr es geschafft die Prinzessin rechtzeitig zu erreichen. Meinen Respekt, aber es ist ihr nicht bestimmt zu leben, genauso wenig wie es Euch bestimmt ist.“, tönte eine vertraute Stimme. Abermals war es John Doyle, noch immer in der Haltung seines letzten Zaubers verharrend, der als Quelle für diesen Zauber ausgemacht werden konnte. Er harrte aus, bis der schwarze Rauch sich wieder mit seinem Körper vereinigte, atmete ihn gar genüsslich ein. „Wie … wie …?“, ächzte Nigel, dem Blut aus dem Mund heraus lief. Er hielt seine Wunde, doch er wusste dass er die Blutung nicht stoppen konnte. Kyren streckte ihre Hand nach ihm aus, doch ihr wurde schwarz vor Augen, bevor sie auch nur einen Heilzauber hätte wirken können. „Ihr wart ein tapferes kleines Bürschchen, Menschlein. Ihr habt eines meiner höheren Duplikate besiegt, aber zu welchem Preis? Ihr seid ein Narr. Ich bin viel mächtiger als ihr drei zusammen es jemals sein könntet. Wenn ihr nicht einmal gegen mich bestehen wollt, wie glaubt Ihr dann gegen Ashton Scu’l bestehen zu können? Ich werde euch diese Enttäuschung abnehmen und mich euch persönlich annehmen.“, meinte er und feuerte eine heftige Druckwelle auf die drei Gefährten ab. Kyren schlug hart gegen einen Baum während Nigel und Atrix etwas weiter entfernt von ihr landeten. „Ihr könnt nicht immer gewinnen. Dieses mal ist der Sieger ein anderer!“, fuhr er mit strenger Stimme fort und richtete seinen Arm gegen Kyren aus um dort seinen finalen Zauber für Kyrens Ende zu beschwören. Sie verlor einige Tränen und wähnte sich am Ende. Sie nahm nur noch Bruchstückhaft wahr was um sie herum geschah, hörte Johns Worte jedoch deutlich genug um zu wissen was ihr schwante. Sie schloss ihre Augen und horchte ihren letzten Atemzügen zu. Ihr war klar, dass sie nicht immer das Glück haben konnte noch einmal davon zu kommen, doch statt eines tödlichen Zaubers erfüllte sie eine ungewöhnlich stärkende Wärme – eine Wärme, die von ihrem Handschuh ausging, den ihr Zun gegeben hatte. Unkontrolliert, aber genau zur rechten Zeit brach eine fremde Macht aus ihren geschwächten Körper hervor und versprühte regenbogenfarbiges Licht. John wendete sich geblendet ab, während Kyren die Gelegenheit nutzte um einen Teleportationszauber auf sich zu wirken. Es war mehr ein selbst schützender Instinkt als das sie es wirklich gewollt hätte, aber er rettete ihr noch einmal das Leben. John fluchte als das Licht nachließ und er feststellte dass sie entkommen war. Wütend sah er sich um, doch nirgends war etwas von ihr oder ihren Gefährten zu sehen. Er ballte seine Hand zur Faust und wendete sich ab, wissend dass er früher oder später Erfolg haben würde. Atrix hatte Nigel hinter einem Baum in Sicherheit gebracht, konnte aber nichts mehr für ihn tun. Vergeblich war seine Hoffnung dass ihn ein Heiltrank noch zu retten vermochte, denn Nigel begann bereits durchsichtig zu werden. „Meine Form … meine Manifestation in dieser Zeit löst sich auf, Atrix. Ich habe versagt …“, ächzte er mit schwacher Stimme. „Nigel! Nigel! Sagt mir was ich tun kann?“, entgegnete ihm der Elf aufgeregt. „Mein Ende hier bedeutet nichts, denn noch bin ich nicht einmal geboren. Ich sterbe nicht wirklich. Aber da ist noch eine Bitte.“, antwortete er mit schwächer werdender Stimme. „Ja, was immer du willst.“, gab Atrix nickend zurück. „Sag Kyren … sag ihr … ihre Tochter … sag ihr, ihre Tochter … heißt ...“, sagte er mit flüsterleiser Stimme worauf Atrix sein rechtes Ohr an seinen Mund hielt. Augenblicke später, kaum war ihr Name gesprochen, verblasste die Gestalt des Menschen vollends. Nigel hatte aufgehört in dieser Zeit zu existieren und hinterließ ein seltsam leeres Gefühl bei seinem Begleiter. Atrix betete dafür das es kein schlechtes Zeichen war und das die Dinge, so wie sie geschehen waren, noch immer die Möglichkeit offen ließen, eine schreckliche Zukunft zu verhindern. Er wusste nicht wo Kyren war, aber er würde sie finden, egal was es kostete. 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