Am Rande der Nacht von C-Bird ================================================================================ Prolog: Ein folgenschwerer Brief an die Familie Darcy ----------------------------------------------------- Autor: C-Bird (the-court@onlinehome.de) [Ausarbeitung/ Story], Susi T. (Story) Summary: Ein Brief mit Folgen ... KApitel: 1/? Disclaimer: Der Name Georgiana Darcy gehört Jane Austen, dasselbe gilt für (Fitz)William Darcy. Es handelt sich jedoch NICHT um eine Stolz & Vorurteil-FF! Die Geschichten haben nichts gemein. Die Charaktere gehören mir und sind frei erfunden und ich verdiene selbstverständlich kein Geld damit. Kommentar: Ich würde gern Rücksicht auf historische Richtigkeit nehmen, da es sich jedoch eher um eine Spinnerei handelt, bitte ich über Fehler hinwegzusehen. Es existieren bereits 6 Kapitel handgeschrieben, die wesentlich länger sind. Es wird also Nachfolge geben. *** Alles, ja wirklich alles hat mit einem Brief begonnen. Ohne jenen Brief wäre wohl all dies, was ich nun im Begriff bin zu erzählen, niemals geschehen. Nie hätte ich Bekanntschaft mit der Familie Heargraves gemacht, niemals gelernt ehrlich zu sein statt zu schweigen, nie den jungen Mr Gladstone zu meinen Freunden zählen dürfen, nie die Fesseln der Gesellschaft zu lockern gelernt. Vieles würde ich missen, vieles wäre mir erspart geblieben, hätte uns nicht jener Brief ereilt. Alles beginnt an einem sonnigen Aprilnachmittag, einem Samstag und zu viert sitzen wir im Teesalon und genießen einen der wenigen ruhigen Momente. Mein älterer Bruder William führt eine hitzige Diskussion mit einem guten – wenn nicht sogar meinem besten – Freund, der zu meiner Linken sitzt und mit wilden ausladenden Gesten versucht seinen Standpunkt zu untermalen. Welten prallen in diesem Gespräch aufeinander, Welten, die unterschiedlicher kaum sein könnten, begründet in ihren unterschiedlichen Ständen, Charakteren und Abstammungen. Roux Delacourt – wobei ich nicht einmal weiß, ob dies sein tatsächlicher Nachname ist – ist der uneheliche Sohn eines einfachen französischen Dienstmädchens und einem britischen Adligen. Bis zu seinem vierzehnten Lebensjahr lebte er in Paris, dann ließ er seine Heimat hinter sich, folgte einem Hinweis nach Großbritannien und fand einen guten Freund in seinem adligen Halbbruder James. Dies ist bereits zehn Jahre her und wenn er nicht gerade wiedereinmal spurlos verschwunden ist und wie ein Gypsy umherpilgert, so lebt er wie ein fester Bestandteil in unserem Haus. William ist wiederum der beste Freund von Roux’ bereits erwähntem Halbbruder James, welcher vor acht Jahren als Mitglied der Royal Navy in die Kolonien aufgebrochen ist und uns in den regelmäßig eintreffenden Briefen darüber berichtet. Doch zu meinem Bruder: Seit unsere Eltern ums Leben kamen, obliegt ihm die Führung und Verantwortung unserer Familie, er scheint wie gemacht für die Rolle des Familienoberhaupts. Auf Außenstehende kalt und berechnend wirkend, zugleich respektiert und verlässlich, perfekt integriert in die Gesellschaft. An ihm einen Makel zu finden, grenzt bereits an Blasphemie. Er ist hochgewachsen, maskulin, gutaussehend, stets gepflegt, ohne dass ihm jemand Eitelkeit nachsagen könnte. Schwer möglich sich einen besseren Bruder vorzustellen. Oder einen besseren Sohn. Ich blicke auf und beobachte seine beherrschte Art zu argumentieren, die fast gänzlich ohne Gesten und Emotionen auskommt, und wie sooft, wenn ich ihn ansehe, überkommt mich der Gedanke, das er all das ist, was ich niemals sein werde. Dann hebt sich auf einmal seine Stimme, er macht eine wüste Geste und zerbricht so zu meiner Erleichterung das Bild. Roux ist bisher der Einzige, dem gelingt Williams Beherrschung zunichte zu machen – und dies ist einer dieser historischen Augenblicke, in denen die haltlosen Provokationen des Franzosen zu wirken beginnen. So ist es nur das Klopfen an der Salontür, welches Williams Fassung zu Gute kommt. „Ein Bote hat soeben einen Brief abgegeben, Sir.“ Es ist Mrs Lewin, die langjährige Leiterin unserer Dienerschaft. William erhebt sich und nimmt dankend den Brief entgegen, während ich gedankenverloren in meiner Teetasse herumrühre. Erst als er sich wieder gesetzt hat, hebe ich erneut den Blick, um zu beobachten wie seine blauen Augen über das Papier huschen. Neben mir ertönt ein verhaltener französischer Fluch von Roux, welcher auf diese Weise gezwungen ist, eine Niederlage in Kauf zu nehmen. „Und?“, frage ich schließlich und tue, als ob es mich nicht interessieren würde, indem ich mit dem Rühren fortfahre. „Von James?“, erkundigt sich Roux missmutig. William jedoch schüttelt den Kopf, bevor er uns der Reihe nach ansieht, um schließlich auf meiner Schwester Georgiana zu verweilen. „Er ist von Count Heargraves. Er gedenkt in drei Tagen einen Ball stattfinden zu lassen, auf dem er die baldige Vermählung seines Sohnes bekannt geben will. Er hofft auf unser Einverständnis.“ Augenblicklich höre ich auf den Löffel gegen das Oxford-Porzellan zu schlagen und starre – wie es auch meine Schwester in diesem Moment tut – fassungslos William an. Zwar ist es nichts Neues für uns, dass Georgiana schon seit Kindertagen Alexander Heargraves, dem Erben der Grafschaft, versprochen ist, was zwangsläufig auf eine vorteilhafte Vereinigung unserer Häuser hinauslaufen würde, doch da der Kontakt in der Zwischenzeit abriss, hofften wir, dass jenes Versprechen längst als vergessen galt. Das größte Problem dabei ist, dass Georgiana es bisher vermieden hat William zu erzählen, dass sich ein minder erfolgreicher Schriftsteller seit geraumer Zeit um ihre Gunst bemüht. Ihr ist nur allzu klar, dass William solch eine Verbindung niemals zulassen würde, da es zu seinem Verständnis von „Wohl“ gehört, dass unserer Familienruf wenig Schaden erleidet. „Wirst du der Bitte nachkommen?“ Noch während ich die Frage stelle, wird mir bewusst, wie töricht sie ist und als er eine Augenbraue hebt und mich kritisch betrachtet, senke ich den Blick. Seine Antwort jedoch überrascht mich. „Nein, bedauerlicherweise lassen dies meine übrigen Verpflichtungen nicht zu.“ Er macht eine Pause, räuspert sich vernehmlich, um sich der Aufmerksamkeit seiner Zuhörer zu versichern. „Deshalb möchte ich, dass du für mich hingehst und deine Schwester begleitest.“ Ein entschuldigender Blick in meine Richtung folgt seinen Worten, da er um meine Abneigung gegen derlei Veranstaltungen weiß, die Menschenmaßen, der Trubel, der Tratsch... Als er fortfährt, klingt ernste Besorgnis in seiner tiefen, angenehmen Stimme mit. „Dies könnte sich als ein sehr bedeutsamer Abend für Georgiana erweisen und mir wäre wohler dabei, wenn ich wüsste, dass du Master Heargraves ein wenig.. im Auge behältst. Mir sind Gerüchte zu Ohren gekommen, nach welchen er häufig wechselnde Bekanntschaften zu haben pflegt und sollte sich dies als wahr herausstellen...“ William lässt den Satz unvollendet im Raum, betrachtet mich abwartend, bis ich pflichtgemäß nicke. Ich kenne jene Gerüchte, die sich um den Grafen ranken nur zu gut, doch in diesem Moment bereitet mir der Gedanke an meine eigene Verlobte, die sich wohl ebenfalls dort zeigen wird, weitaus mehr Unbehagen. Nur Roux, der immer noch mit der Schmach seiner vorangegangenen Niederlage zu kämpfen hat, gibt sich nicht mit Williams Worten zufrieden. „Er wird wahrlisch beeindruckt sein, Will, wenn Lawrense ihm die Stirn bietet.“ Höhnt er, wobei seine melodische Art die Silben zu betonen, seine Herkunft geradezu herauszuschreien scheint. Bei der Verstümmelung seines Namens ist in Williams Gesicht offenkundige Empörung zu lesen, doch da Roux selbstzufrieden zu lächeln beginnt, hat er wohl eben dies beabsichtigt. Fast bin ich mir sicher, dass er im nächsten Augenblick vorhat eine Prinzipiendiskussion über arrangierte Ehen loszutreten – ein Thema, das zu regelmäßigen Streitigkeiten der beiden führt -, doch er begnügt sich mit einem etwas abfälligen Blick. „Deshalb wird es dir sicherlich nichts ausmachen, deinen Freund zu begleiten und ihm mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, nicht wahr?“ Ein humorloses Lächeln zieht Williams Mundwinkel in die Höhe. „Selbstverständlisch nischt.“ Antwortet Roux großzügig lächelnd und klopft mir freundschaftlich auf die Schulter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)