Schmerz von Seme (Zur falschen Zeit am falschen Ort) ================================================================================ Schreie in der Nacht -------------------- Der Mond stand bereits hoch am Himmel, die letzten Sonnenstrahlen waren schon vor einigen Stunden verschwunden, und die Wärme des Tages war der beißenden Kälte und dem Frost der Nacht gewichen. Es stürmte unaufhaltsam, Schnee und Hagel fielen gleichzeitig, pochten laut auf den Dächern und tönten auf dem Asphalt. Die Straßen waren verständlicherweise menschenleer, so gab es keine Spuren in der weißen unschuldigen Schicht, die vom Mondlicht beschienen wurde. Doch diese Reinheit wurde beschmutzt. In einer kleinen Seitenstraße, umgeben von Gebäuden mit geschlossenen Fensterläden und ringsum herschender Dunkelheit, gezeugt von den zerstörten Straßenlaternen, war jedoch jemand unterwegs. Zwei noch junge Ribikas lagen im Schnee, durchnässt und zitternd vom kalten Regen, der sich mit dem Hagel abwechselte. Es war eine alte Kleinstadt im späten 19. Jahrhundert, niemand würde sich einmischen, würde seine Wohnung verlassen, wäre auf den Straßen etwas nicht in Ordnung. Man lebte für sich, für sich und seine Familie, sofern sie noch wohlauf war, aber selbst wenn dies nicht der Fall war, Grund zur Freude gab es schon, wenn die zarten Existenzen dieser Zeit noch eine Chance zum überleben hatten, wo soviel Armut und Krankheit herschte. und alleine das war schon gefährlich genug in diesen ruchvollen Zeiten. Und so kam es, dass schmerzerfüllte, gedämpfte Schreie durch die Gassen hallten, die ein jeder, der sie zu hören vermochte, in purer Abwehrhaltung nicht zur Kenntnis nahm. Zwei Brüder, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren, was für sie als Streuner, die keinen festen Platz hatten, weder in der Gesellschaft noch was eine Unterkunft anbelangte, nur zu leicht passieren konnte, waren unverdient in eine brenzlige Situation gekommen. Sie hatten beide ein rasches Mundwerk, und verbunden damit, dass sie einem der schlimmsten Feinde dieser Welt über den Weg gelaufen waren, ergab sich eine durchaus ungesunde Mischung daraus. Doch auch wenn sie still an dem Teufel vorbei gelaufen wären, ihn ausgeblendet hätten, er kannte und erkannte sie. Denn diese Teufel wussten viel. Und sie wussten ebenfalls, dass die Zwillinge eine Bedrohung für eines ihrer Ziele waren, den jungen Ribika namens Konoe zu fangen, den sie suchten. Die beiden jungen Katzen waren ihnen schon einmal fast zuvor gekommen. Somit war die Priorität, die sie auf sich zogen, nicht zu verachten. Froud, der sein Gesicht größtenteils von einer Maske verdeckt hatte und in mehr als hautbetonter Kleidung um die beiden am Boden liegenden herum stolzierte, hatte sichtlich Spaß daran, die beiden immer weiter nach seinen Vorstellungen zurechtzuweisen, um nicht zu sagen zuzurichten. Es hatte keinen wirklichen Sinn, er verfolgte kein bestimmtes Ziel, aber Blut machte ihn wild. Es machte ihn rasend, er war verrückt danach. Und von dieser heißen, ersehnten Flüssigkeit war bereits mehr als auf den ersten Blick ersichtlich geflossen, was angesichts des dunkelrot getränkten Schnees im Umkreis der drei erschreckend war. Ein weiterer Schmerzensschrei zeriss die Nacht, als der Ältere der beiden Betroffenen, er hatte orangefarbenes Haar, den Fuß des Devils in seinen bereits teilweise zerschnittenen Bauch gerammt bekam. Er gab ein erbärmliches Röcheln von sich, während vor seinen Augen der schwarze Nachthimmel verschwamm. Vieles nahm er in diesem Moment merkwürdig klar, und doch wie durch einen Schleier wahr. Die Laternen, von denen nur noch wenige immerhin ein schwaches, milchig getrübtes Schimmern von sich gaben, die dunklen, alten, bedrohlich um ihn herum aufragenden Gemäuer, der auf ihn niederprasselnde Schnee und der wüste Hagel, der wie Nadelstiche auf ihn niederging. Doch das alles rückte in den Hintergrund, denn seine Aufmerksamkeit war mehr denn je auf das gerichtet, was in diesem Moment am meisten Bedeutung für ihn hatte. Der leise Atem seines Bruders, der gequält über dessen Lippen kroch, doch dass er überhaupt noch vorhanden war, musste im Augenblick reichen. Ein erneuter Tritt, diesmal in die Hüfte. Ausweichend rollte sich Kil auf die Seite und krümmte sich hustend. "V..verdammte Höllenbrut..." Kaum ein Flüstern, kein Hauch von Kraft, und doch lag so viel Wut und Hass in diesen Worten. Ihm war schlecht, der rot gefärbte Schnee verschwamm vor seinen roten Augen gleich dem Himmel zuvor, aber er durfte nicht ohnmächtig werden, durfte seinen Bruder nicht alleine lassen! //Ich muss etwas unternehmen... Nur was..?// Hilflos überlegte er, was er für Möglichkeiten hatte, doch ihm wollte einfach nichts einfallen. Denn es gab nichts, was er tun konnte, überhaupt nichts. Sein Messer war ihm vorhin aus der Hand geschlagen worden, und mit seinen verbliebenen, armseligen Kraftreserven konnte er schon gar nichts ausrichten. Unruhig huschte sein Blick herum, zuckten seine Ohren, und verdrehten sich seine Augen immer wieder vor Furcht. Doch er erkannte kaum noch etwas, schmeckte metallisches Blut und das säuerliche nachbrennen von Erbrochenem. Ein übler Geruch lag in der Luft. Und immer diese Schritte. Wie er sie umkreiste! Wie ein Wolf, der mit seiner Beute spielte, Kil wünschte sich ihn umbringen zu können. Er hätte alles dafür gegeben, für die Kraft diesen Kerl zu töten, bevor er Ul noch mehr antun konnte. Aber es half nichts, alles was er tun konnte war gegen die Ohnmacht anzukämpfen, die ihn so verlockend rief. Der Grünhaarige lachte schallend auf, ergötzte sich bis ins Unendliche an den beiden Leibern, denen er weiter übel zuspielte. "Ha! Und ihr wolltet uns etwas anhaben? UNS!? Unsere Macht ist so erhoben, so umwoben und übermächtig, nicht einmal BERÜHREN könntet ihr einen der unseren, wolltet ihr das." Langsam beugte sich der Teufel zu den beiden herunter, die enorm scharfe Klinge der Art Faustwaffe, die vom Handrücken des Teufels ausging, bohrte sich Sekunden danach langsam, scheinbar fast still stehend in den zuvor freigelegten Bauch des jungen Katers, der kurz zuvor noch aufbegehrt hatte. Natürlich konnte das der Teufel des Spiels, dass er mit seinen Gegenübern trieb, der Teufel der Wonne, die er dabei empfand, nicht auf sich sitzen lassen. Und Wonne, Freude, dieses Jauchzen, dass aus seiner Kehle drang, sobald er eine neue Wunde geschaffen hatte, es ließ auf den Charakter des Feindes, und auf seine Absichten schließen. "Ohh... Ihr wollt doch nicht etwa, dass es vorbei ist? Jetzt schon?" Er beugte sich zu dem anderen Leib, schon längere Zeit kamen kaum noch Reaktionen von dem silbrighaarigen, wodurch er Froud begann zu langweilen. Diesen doch zu negativen Umstand änderte er, nachdem er den betäubt erscheinenden am Kragen gepackt, und mit seiner überwältigenden Kraft in die Luft gezogen hatte, worauf sein Opfer nur ein Ächzen von sich gab. Seine schmale, jedoch muskulöse Statur ließ solche Übergriffe kaum vermuten, doch wer ihm dies unterstellte, und war es nur durch einen abfälligen Blick, dem war sein Bereuen versichert, denn es war dem Spieler ein Vergnügen, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Ein kurzer Seitenblick verriet ihm, dass von seinem anderen zugerichteten Objekt keine Bedrohung mehr ausgehen konnte. Doch dessen war er sich schon seid geraumer Zeit bewusst. Genüsslich leckte er sich über die Lippen, während seine Klinge sich eine Spur über Uls Stirn bahnte, genau senkrecht seine Schläfe hinab fuhr, was der Katze nicht nur leise, aber deutlich gepeinigte Schreie entlockte, sondern auch ein stärkeres Zittern über ihn brachte, als es die Kälte je hätte verursachen können. Der Kleine schluckte bereits, befürchtete, dass jetzt der Moment gekommen war, an dem er ihm in die Schläfe stach, vielleicht wünschte er sich dies inzwischen sogar insgeheim, doch die Klinge wanderte geruhsam weiter, während das Blut unaufhörlich aus der Wunde trat und seine Haare sowie seine linke Gesichtshälfte bedeckte. Froud legte den Kopf schief, ihm war eine Idee gekommen, wie er an noch mehr Blut kam, und im Handumdrehen zog er die Klinge genau durch das tränennasse Auge, was den geschwungenen Weg der Klinge kreuzte, ein widerwärtiges Geräusch ertönte, und der Kleinere der Beiden Zwillinge schrie wie am Spieß auf, als hätte man ihn bei lebendigem Leibe gepfählt. Ein Lächeln schlich sich auf die Lippen des Verhüllten, zauberte ihm amüsierte Grübchen auf die sichtbare Hälfte seines Gesichtes. Achtlos warf er den Ribika gegen die Wand vor ihnen, von der er mit einem erschreckenden Geräusch von brechenden Knochen abprallte, zu Boden fiel, und keinen Laut mehr von sich gab. Dieses Spielzeug gefiel ihm nicht. Es hatte seine Zeit verschwendet, er hatte nicht mit dem kleineren sympathieren können und auch sonst hatte ihm der langweilige kleine Zeitgenosse nicht sonderlich zugesagt. Lieber widmete er sich sogleich wieder dem übrig gebliebenen der Brüder, den er in der Zwischenzeit völlig ignoriert hatte. Erneut erhob sich seine bedrohliche, ironisch sanfte und freundliche Stimme. "Gefällt dir das nicht?" Er schob eine Hand unter Kils Kinn, hob es an und leckte über die blutigen Lippen. Dann biss er ihm in den Hals, saugte ein wenig von dem Blut, dass daraufhin heraus strömte, und richtete sich wieder auf, wich einen Schritt zurück. "Dein Bruder ist so verweichlicht... Es muss eine Schande für dich sein, mit jemandem durch die Lande zu ziehen, der dir so ähnelt, dass man eure Blutsverwandtschaft gezwungenermaßen erkennen muss...." Die Abscheu und Ernsthaftigkeit in seiner Stimme war stechend, die Überzeugung die darin mitklang geradezu einschüchternd, so glaubhaft. Geschwind drehte er sich einmal um sich selbst, sein langer, peitschenartiger Schwanz schlug mit voller Wucht gegen den Rücken seines fixierten Ziels, ließ ihn ein ganzes Stück über den Boden rollen. Die getroffene Stelle am Rücken war durch diesen einzigen Hieb bis aufs Fleisch, teilweise bis zur Wirbelsäule aufgeplatzt, der glänzende, strahlend weiße Knochen war sichtbar, sogar in der Dunkelheit erkennbar, im Kontrast zum fast übergangslosen rot der Körper, des Bodens, und der Kleidung, die zum Großteil ohnehin zerfetzt und auf dem Boden verteilt war, und die Brüder in keiner Weise schützen konnte. Der Teufel lachte grollend auf, holte ein anderes Ass hervor. Blitzschnell raste er zwischen den Zwillingen umher, dreschte auf sie ein, so stark er konnte, zermürbte sie bis ins letzte Detail. Doch es war unnütz, sie hätten seine Bewegungen so oder so nicht voraussehen oder gar erahnen können, dämmerten sie doch schon in einer Zwischenwelt, wo die Schmerzen ihnen nicht mehr so viel anhaben konnten, wo sie nur die Furcht in jeglicher Form heimsuchte, was womöglich gar schlimmer war. Sein Vergnügen hatte Froud trotzdem mit seiner Zerstörung. Und dann war er zufrieden, hatte sein Werk vollendet, hatte die beiden soweit zugerichtet, dass sie kaum den Hauch einer Chance hatten, diese Nacht in der Kälte überleben zu können, doch töten würde er sie nicht. Nicht eigenhändig. Denn Spielzeuge warf er einfach weg, wenn sie ihm nicht mehr gefielen. Er verschwand in der Nacht, seine Spuren schneiten zu, ließen die letzten Beweise dafür, dass er überhaupt hier gewesen war, restlos verschwinden. Nur die reglosen Körper erinnerten noch an das Geschehene, doch auch diese wurden langsam aber sicher unter unschuldiger, sanfter Pracht begraben, die so fehl am Platz schien und doch irgendwie auch nicht. Einzig das Blut wollte und wollte nicht aus dem grausamen Bild das sich bot weichen, kämpfte um seine Autorität und untergrub das weiß, war nicht aufzuhalten in seinen zahllosen Rinnsalen, die durch den alten und neuen Schnee sickerten, und dramatisch unterstrich die rote, edle Flüssigkeit das Schicksal zweier Brüder, die, solange sie noch dazu fähig gewesen waren, um ihr Leben gekämpft hatten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)