Mein Tischnachbar ist ein Idiot! von Skeru_Seven ================================================================================ Kapitel 9: ----------- „Und, was hast du gestern Tolles mit meiner Schwester gemacht? Muss ja echt unglaublich gewesen sein, so wie sie gegrinst hat, als sie wieder gekommen ist.“ Mit solch einer zweideutigen Begrüßung hatte Johannes nicht gerechnet und blieb zehn Sekunden wie versteinert vor seinem Tisch stehen. „Bei dir hackt es wohl ein bisschen. Deine Schwester scheint von Natur aus ein fröhlicher Mensch zu sein.“ Dass sie sich somit sehr von ihrem Bruder unterschied, ließ er vorsichtshalber weg. „Wahrscheinlich freut sie sich nur, weil sie auf dem besten Weg ist, deine Freundin gegen jemanden anderen zu ersetzen.“ Zumindest hatte es für ihn so geklungen, aber vielleicht war alles nur ein schlechter Scherz. „Was soll das schon wieder bedeuten?“, knurrte Tobi böse, als ob er für die merkwürdigen Pläne seiner Schwester verantwortlich wäre. Konnte er nicht mal jemand anderen zur Schnecke machen? Langsam aber sicher nervte es Johannes, bei jedem Wort dumm angemacht zu werden. „Sie denkt, du stehst auf mich.“ Ein kleiner Schock am Morgen vertrug auch ein Tobi. „Was? Tickt die noch ganz richtig? Nicht auf so einen Vollidioten wie dich.“ Sofort drehten sich alle Klassenkameraden zu ihnen um, falls es wieder eine kleinere Schlägerei zur allgemeinen Unterhaltung gab, doch Tobi machte ihnen nicht diesen Gefallen und tobte stattdessen munter auf seinem Stuhl herum, was gefährlich und dämlich zugleich aussah. „Dann haben wir endlich mal ähnliche Gedanken“, nuschelte Johannes undeutlich und ließ sich auf seinen Stuhl fallen. Musste die anderen sie so ansehen, als kämen sie geradewegs vom Mars? Man kam sich beobachteter vor als ein Eisbär im Schwimmbad. Oder so ähnlich. „Könnt ihr mal wen anderes dumm anglotzen?“, fauchte Tobi in seinem Lieblingstonfall drei Jungs neben uns an und hörte nicht eher auf, bis ihre Mathelehrerin ihn mit ihrem Erscheinen die Arbeit abnahm. „Was habt ihr denn wieder beredet?“, wollte Tanja in der ersten großen Pause unbedingt von Johannes erfahren. Wenn es um Tobi ging konnte sie manchmal richtig neugierig werden, vor allem wenn sie sich danach über ihn aufregen konnte. „Ich hab ihm nur erzählt, was mir seine Schwester gestern gesagt hat.“ „Bist du doof? Du kannst froh sein, dass er nicht zum fünftausendsten mal ausgerastet ist.“ Tanja biss in ihr Nutellabrötchen und ließ den Blick über die Masse an schwätzenden Schüler schweifen. „Irgendwann hätte sie es ihm sowieso gesagt, also ist es egal. Und außerdem ist ja nichts passiert.“ „Glaubst du“, meinte Tanja plötzlich und zog Johannes quer über den Schulhof hinter sich her, bis sie in der Nähe zweier Personen anhielten, die angeregt miteinander kommunizierten. Oder eher stritten. „Man, Nadja, beruhig dich mal.“ „Nein, Tobi, werde ich nicht.“ Seine Freundin strich sich eine Strähne hinters Ohr und gestikulierte ärgerlich weiter vor Tobis Gesicht herum. „Was soll da zwischen dir und diesem Johannes sein?“ „Nichts, man.“ Genervt verdrehte er die Augen. „Glaub nicht jedem Müll, den deine Lästerfreundinnen irgendwo aufgeschnappt haben. Wenn die mal genauer zugehört hätten, wüssten sie vielleicht, dass das krankhaftes Wunschdenken meiner frühreifen Schwester und nicht die Wahrheit ist.“ „Irgendwas Wahres wird schon dran sein, sonst gäbe es solche Gerüchte gar nicht.“ „Hörst du mir nicht zu?“ Tobi war wie immer kurz vorm Explodieren. Kein Wunder, dass seine Freunde sich die Klinke in die Hand gaben. Johannes musste unfreiwillig leicht grinsen, obwohl die Szene für Tobis Freundin alles andere als lustig war, immerhin befürchtete sie betrogen zu werden. Keine angenehme Situation. „Natürlich hör ich dir zu, aber mit dir kann man im Moment überhaupt nicht reden.“ „Dann geh doch, wenn du es nicht kannst.“ Nun zickte Tobi herum, das konnte er fast besser als alle Mädchen, die Johannes kannte. Vielleicht stellte sich eines Tages heraus, zu welchem Geschlecht Tobi tatsächlich gehörte – 100% weiblich –, dann wären viele seiner Überlegungen berechtigt gewesen und er durfte stolz damit angeben. „So viel zum Thema 'nichts passiert’, jetzt gibt es Ehekrach bei Tobi und Nadja. Und du bist dran schuld!“ Gespielt schockiert hüpfte Tanja um ihn herum und zog damit die Aufmerksamkeit des halben Schulhofs auf sich. „Soll ich jetzt weinen?“, brummte Johannes desinteressiert und atmete erleichtert auf, als die Pause vorüber war. Wie auffällig durfte man sich benehmen? Den restlichen Unterricht hockte Tobi schlecht gelaunt neben ihm, kritzelte tote Johannese auf seinen Block und strafte ihn mit eisigem Schweigen, was das Opfer nicht im geringsten bedauerte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)