Mein Tischnachbar ist ein Idiot! von Skeru_Seven ================================================================================ Kapitel 2: ----------- „Warum guckst du schon wieder so genervt, Jo?“, fragte Johannes große Schwester Vera und sein Bruder Kevin fügte hinzu: „Ist das nicht sein normaler Gesichtsausdruck?“ „Sehr witzig.“ Seine Geschwister mussten ihn gleich nach der Schule aufziehen, wunderbare Begrüßung. „Ich hab wenigstens einen Grund dazu.“ „Und welchen? Hast du nur eine 1- bekommen oder was?“, fragte Kevin spöttisch und erntete nur einen noch genervteren Blick von Johannes. „Nein, hab ich nicht. Ihr kennt doch Tobi aus meiner Klasse, oder?“ „Dieser berühmt berüchtigte Schlägertyp, der aussieht wie seine eigene Schwester?“ Natürlich kannten Vera und Kevin ihn, das tat fast die ganze Schule. „Ja, genau der. Das ist ab heute mein Tischnachbar“, seufzte Johannes. „Herzliches Beileid, hat er dich schon geschlagen?“ Schadenfroh piekte Kevin seinem jüngeren Bruder in die Seite. „Aua... ja, genau da. Dabei hab ich nur die Wahrheit gesagt, aber das verträgt das launische Vieh ja nicht.“ „Wenn er zu schlimm wird, erzählst du es unseren Eltern und die reden dann mit deinem Lehrer“, schlug Vera vor. „Ich will dich nämlich nicht irgendwann wegen diesem Typen im Krankennhaus besuchen müssen.“ Nach dem Gespräch mit seinen Geschwister machte Johannes seine Hausaufgaben und ließ sich Veras Angebot durch den Kopf gehen. Noch ein paar Tage und er konnte sicher als riesiger blauer Fleck durch die Gegend laufen, wenn Tobi sich nicht anders ausdrücken wollte. Der erste blaue Fleck prangte schon auf seinem Oberkörper. Vielleicht sollte er Tobi ein Antiaggressionstraining zum Geburtstag schenken – obwohl er dann noch ein Vierteljahr weiter wüten würde – denn gleich mit seinen Eltern anzurücken klang einfach nur peinlich und gehörte in die Schublade Kindergarten, aber nicht zu jemanden, der theoretisch schon fast erwachsen war. Was man von Tobi ja leider nicht sagen konnte oder sogar durfte. Während des Abendessens erzählten Johannes Geschwister ihren Eltern groß und breit, neben was für einem gemeingefährlichen Irren ihr jüngster Sohn saß. Natürlich übertrieben sie dabei maßlos, aber entweder wollten sie ihrem Bruder wirklich helfen oder ihre Eltern traumatisieren, in diesem Punkt war Johannes sich nicht sicher. „Wenn er wirklich so gefährlich ist, müssen wir mit deinem Lehrer sprechen“, begann seine Muter und Johannes verdrehte genervt die Augen. Jetzt durfte er sich stundenlang die bekannten mütterlichen Mitleidsturen und zu allem Überfluss und die väterlichen Ratschläge anhören. An beiden hatte er kein Interesse. „Das habt ihr echt toll hinbekommen“, zischte er Vera und Kevin zu, die seinen ironischen Unterton gekonnt überhörten und wie verrückt vor sich hingrinsten. Seine Familie, wie sie leibt und lebte, Katastrophenalarm vorprogrammiert. Nachdem er erfolgreich vom Küchetisch fliehen konnte, setzte sich Johannes auf sein Bett, schnappte sich wahllos ein herumliegendes Buch und begann darin zu lesen, bis er entsetzt feststellte, dass es eins dieser widerlichen Kitschromane war, die seine Schwester überall in der Wohnung liegen ließ, und von denen ihm regelmäßig schlecht wurde. Zuviel Geschnulze, Geflenne und Dummheit in einem kleinen Buch, das hielt doch kein normaler Junge aus. Mit deutlichem Sicherheitsabstand transportierte er das Buch bis vor Veras Zimmertür, warf es aus Versehen auf den Boden und verschwand wieder in seinen eigenen vier Wänden. Das Buch hatte nichts besseres verdient, außerdem hatte es hier nichts zu suchen. Nun musste neue Lektüre her, doch leider fand er nichts Ansprechendes mehr. Also ließ er die Bücher Bücher sein und hockte sich vor seinen PC. Im Internet fand man immer etwas, mit dem man die Zeit totschlagen konnte, egal wie sinnlos es war. Schon nach kurzer Zeit trat dieser Fall ein und Johannes verbracht die nächsten Stunden damit, weltbewegende Rezensionen über klischeehafte Fantasybücher und unterirdische Filme zu lesen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)