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Untold

Was abseits der Handlung geschah...
von

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Erstes Treffen

"Ihr seid unfähige Idioten! Alle miteinander!!"

Zornig schlug Baal mit der Faust auf den Schreibtisch, so das die Papiere darauf erzitterten. Viele segelten dabei auch zu Boden. Im Moment hatte jedoch keiner der Anwesenden einen Blick dafür. Weder die drei Soldaten, die zusammen mit einer alten Krankenschwester in der Tür standen, noch der Regionalkommandant Baal. Dieser war so außer sich, das die übrigen vier vor Angst erstarrt kein Wort herrausbrachten.

"Ich habe euch den Auftrag gegeben, euch um sie zu kümmern! Sie war der Schlüssel für unsere Informationen! Und was macht ihr? Ihr lasst sie STERBEN! An einer verdammten Krankheit!"

"Kommandant...", begann die Krankenschwester zögernd "es gab keine Möglichkeit, die Krankheit aufzuhalten. Ihre Frau hatte den Kampf schon lange aufgegeben. Ich verstehe, das sie traurig sind, aber..."

"SIE verstehen GARNICHTS!" Pure Wut funkelte in Baals Augen. "Rea war unersetzlich! Kein Mensch der Welt kann ihren Platz einnehmen! Sie vier haben versagt!"

Der Offizier ließ sich in seinen Stuhl sinken und schloss die Augen. Das durfte einfach nicht wahr sein. Wie viel Glück hatte er gehabt, das er Rea getroffen hatte. Sie, die letzte ihres Volkes. Es wäre möglich gewesen. Mit ihrer Hilfe wäre die ideale Welt möglich gewesen. Und jetzt? Rea war tot. Die Arbeit der letzten sieben Jahre. Alles umsonst. Sein Traum, sein Ziel. Unerreichbar. Und das kurz vor seiner Beförderung! Das durfte doch alles nicht wahr sein!! So viel hatte er schon erreicht, aber wofür? Nach all den Opfern, die er gebracht hatte! Er hatte sein rechtes Auge dafür geopfert! Er hatte sein halbes Leben auf sein Ziel ausgerichtet! So viel war leichter geworden, seid er Rea gefunden hatte.

Er hätte ihre Hilfe noch weitaus länger gebraucht! Er wusste noch lange nicht alles, was er wissen musste! Und wie sollte er ohne ihre Fähigkeiten je weiterkommen?

Ob es Absicht von ihr gewesen war? Nur, um ihn zum verzweifeln zu bringen? Sie hatte sich von mal zu mal mehr geweigert, ihm zu helfen. Dieses dumme Gerede. Rea war stur gewesen. Sie hatte einfach das große Ziel nicht gesehen. Alles, wovon sie immer wieder geredet hatte, war ihr Land. Die Natur, die Welt um sie herum. Und jetzt war sie tot, ohne das er alles erfahren hatte. Nun gut. Dann blieb ihm nichts anderes übrig, als die Spuren zu beseitigen.

"Hebt ein Grab aus, in dem Wald, in dem ihre Hütte war. Dort werdet ihr sie begraben. Und bringt mir all ihre Sachen. Hört ihr? Ihr werdet nichts zurück lassen!"

Vielleicht konnte er ja doch noch ein paar Hinweise finden. Viel Hoffnung hatte er nicht. Aber er konnte auch nicht aufgeben. Vielleicht würde es ihm irgendwann gelingen, die Rätsel zu entschlüsseln.

"Wollen...sie sie nicht sehen?", fragte einer der Soldaten vorsichtig. Seid fast sieben Jahren war er dieser geheimen Operation zugeteilt. Dem Schutz von Rea, der Frau des Kommandanten. Das ganze wurde geheim gehalten, denn Rea war kein normaler Mensch gewesen. Sie war eine Humanoide. Außer den Personen hier im Raum wusste niemand, das der Kommandant überhaupt verheiratet war. Dieser hatte seine Frau in den Jahren nie besuchen können, aber er hatte sie hin und wieder heimlich hier in den Stützpunkt Garlyles geholt um sich mit ihr zu treffen. Und einen Tag später war sie in ein Haus zurückgekehrt, das gut verborgen im Wald lag. Rea war fremdartig gewesen, aber in gewisser Weise auch schön. Auch wenn sie immer sehr traurig gewirkt hatte. Sie vermisste ihren Mann, da war er sich sicher. Vielleicht war diese Trennung der Grund dafür, das sie aufgehört hatte, gegen ihre Krankheit zu kämpfen.

Und er war traurig über den Verlust. Wie musste es erst dem Mann gehen, der hier vor ihm saß, und seine Trauer hinter Wut verbarg? Ein Offizier zeigte selten Gefühle. Und er verstand auch, das sein Kommandant wütend war. Immerhin hatte er gerade seine Frau verloren.

Baal schüttelte auf die Frage, ob er Rea sehen wolle, nur den Kopf. "Wozu soll ich sie mir ansehen? Tut, was ich gesagt habe, und beerdigt sie in dem Wald, der ihr Zuhause war. Soll sie glücklich dort werden."

Die Vier nickten.

"Dann soll ich ihn jetzt herreinholen?"

"Wen?", antwortete Baal verwirrt auf die Frage der Alten.

"Ihren Sohn"

Sein Sohn. Den hatte er völlig vergessen. Aber es stimmte, Rea hatte ihm vor Jahren einen Sohn geboren. Interessiert hatte er sich nie wirklich dafür. Was sollte er denn auf einmal mit dem Kind? Er konnte ja schlecht in die Öffentlichkeit treten und sagen 'das ist mein Sohn', wenn er ja offiziell nie verheiratet war. Und Kinder machten nur Ärger. Er war doch bereits mit Reas Tod genug gestraft, und nun auch noch das Kind? Besten Dank!

"Ich kann mich nicht um ein Kind kümmern. Geben sie ihn in eine Pflegefamilie, oder etwas in der Richtung."

"Sir, er ist ihr Sohn!"

"Und Rea war meine Frau!!"

Baal hielt inne. Was, wenn man an dem Äußeren erkennen konnte, das dieser Junge nicht normal war? Fragen und Nachforschungen waren das Letzte, was er gebrauchen konnte.

"Holt ihn rein, ich will ihn mir ansehen"

Erleichtert verschwand einer der Soldaten, nur um kurz darauf in begleitung eines Kindes von fünf oder sechs Jahren wieder einzutreten.

"Das ist der Kommandant, kleiner. Dein Papa"

Baal musterte den blonden Jungen kritisch, welcher sich halb hinter dem Soldaten versteckte und ihn vorsichtig betrachtete. Was für ein Feigling. Für so einen hatte er wirklich keine Verwendung.

"Wir lassen sie einen Moment mit ihrem Jungen allein", sagte die Krankenschwester. Dann hockte sie sich zu dem Jungen hinunter, sagte etwas und strich ihm einmal über den Kopf. Anschließend verließ sie mit den Soldaten den Raum und schloss die Tür. Vater und Sohn sollten einen Moment allein miteinander verbringen. Immerhin war das das erste mal, das sie sich sahen.
 

Baal sah den Jungen an. Dieser sah zurück.

"Na wenigstens siehst du normal aus", meinte der Ältere nach einer Weile.

"Also pass auf..." Baal zögerte. Wie hieß er überhaupt?

"Pass auf, Junge! Falls du hoffst, das ich mich nach Reas Tod, um dich kümmern werde, irrst du dich."

Der Junge antwortete nicht, sondern sah Baal einfach nur weiter an. Also fuhr dieser fort.

"Mag sein, das die Hälfte deines Blutes von mir ist, aber ich kann hier kein Kind gebrauchen. Ich habe einen wichtigen Posten in der Armee. Du kommst in in irgendeine Familie, oder ein Weisenhaus. Irgendwer wird sich schon um dich kümmern."

Der Junge sagte immernoch nichts, und Baal begann sich langsam zu wundern, ob er überhaupt sprechen konnte.

"Hör zu! Deine Mutter ist Tod, und ich kann kein nerviges Gör gebrauchen! Ist ja nett, das wir uns mal getroffen haben, aber mehr wird auch nicht passieren! Und jetzt sieh zu, das du aus meinem Zimmer rauskommst, sonst werfe ich dich eigenhändig raus! Ich habe wichtigeres zu tun, als mich mit einem Schisser wie dir zu beschäftigen!"

Ächtzend lehnte Baal sich zurück und schloss die Augen. Das war geklärt. Jetzt musste er sich überlegen, wie er in Zukunft vorgehen wollte. War das überhaupt noch möglich?

Ein plötzliches Gewicht auf seinem Schoss ließ ihn überrascht die Augen öffnen. Der Junge! Er hatte sich einach auf seinen Schoss gesetzt!

"Ich hab dir doch gesagt...!"

Weiter kam er nicht. Denn der blonde Junge streckte seine kleinen Arme nach Baal aus und legte sie auf dessen Wangen.

"Ich weiß, das du traurig bist, weil du Mama verloren hast. Und darum bist du wütend. Und darum willst du mich auch nicht haben. Weil du denkst, das du in deiner Trauer allein bist. Weil Mama dir wichtig war. Weil du sie gebraucht hast."

Der Junge konnte also doch sprechen.

Was Baal jedoch verwirrte, waren die Worte, die er sagte. Das Kind meinte es bestimmt anders, als er selbst, aber trotzdem hatte er irgendwie recht. Nun war es Baal, der schwieg und einfach nur zuhörte.

"Mama hat gesagt, das sie dir nützlich war. Und jetzt ist sie fort, und kann es nicht mehr sein. Du musst aber nicht alleine traurig sein. Mich hast du noch. Und ich kann dir auch nützlich sein. Du musst mir nur sagen wie."

"Sprichst du die Sprache deiner Mutter?", fragte Baal aus seiner Verwirrung herraus.

"¡ɹɐ1ʞ ɐu", meinte der Junge lachend.

Baal hatte zwar nicht verstanden, was der Junge gesagt hatte, aber das war eindeutig jene Sprache gewesen. Sein Herz begann schneller zu schlagen. Vielleicht war ja dieser Junge sein neuer Schlüssel.

"Du willst mir also...hm...nützlich sein, und mir helfen?"

"Ja, Kommandant. Ich bin doch dein Sohn."

Ein Lächeln stahl sich auf Baals Gesicht. Wenn er es richtig machte, wäre das die Chance...

"Gut, also dann...wie ist dein Name?"

"Mullen", antwortete der Junge sofort.

"Also, Mullen. Wie ich im Moment sagte: ich kann hier kein Kind gebrauchen. Aber wenn du eine Ausbildung zum Soldat machst, kannst du mir helfen, wenn du älter bist. Und bis es soweit ist, besuchst du mich manchmal. Und dann reden wir über deine Mutter, über dich, mich und...eben alles, was uns so einfällt. Du bist ja ein starker Junge, ich denke, das bekommst du auch hin. Was meinst du?"

"Ich glaube, das ich Soldat werden kann, Kommandant."

"Gut. Aber wenn keine Soldaten in der Nähe sind, brauchst du nicht Kommandant zu sagen. Sag dann einfach....Vater zu mir."

"Vater", wiederholte der Junge.

Ein komisches Gefühl, fand Baal. Nun gut, dann würde er eben jetzt ein Vater werden. Die Erziehung würden andere übernehmen, den Rest bekam er schon irgendwie hin. Und für die Öffentlichkeit würde er sich schon etwas einfallen lassen können, woher dieser Sohn plötzlich kam.

"Dann erzähl mir doch mal ein bisschen, Mullen. Wie war es denn bei deiner Mutter?"

"Schön. Sie war gut zu mir. Und sie hat mir immer Geschichten erzählt?"

"Aha? Und was für Geschichten waren das?"

"Viele. Über Geister und Ikarier"

"So so...denkst du, du kannst mir die Geschichten auch erzählen?"

Mullen bemerkte das Interesse seines Vaters. Und wenn ihn Geschichten von seiner Trauer um seine Mutter ablenken würden, dann würde er sie erzählen. Vielleicht halfen sie ihm selbst auch? Er hatte nicht um seine Mutter geweint, weil sie gesagt hatte, er solle stark sein, aber sie fehlte ihm. Aber nun war er bei seinem Vater. Der Junge freute sich, schon jetzt etwas tun zu können und holte tief Luft, um mit der ersten Geschichte anzufangen.
 


 


 


 


 

Anmerkungen:

Diese Geschichte basiert auf folgenden Fakten aus dem Game:

Mullens Mutter war eine Humanoide, von einem alten Volk und ist mittlerweile nicht mehr am Leben.

Der Name Rea wurde von mir erfunden.

Dieser Geschichte liegen eine Idee von mir aus einer anderen FanFiction und ein Bild der Animexxuserin Yae-chan zugrunde. Das Bild findet ihr hier:

http://animexx.onlinewelten.com/fanarts/output/?fa=1145283&sort=zeichner&ordner=-1

Forderung

Anmerkungen:

Da sich in der letzten Geschichte einige darüber gewundert haben,

warum Mullen so verständnisvoll für sein Alter war, habe ich in diesem

Abschnitt eine Andeutung darauf eingebaut. Ansonsten können beide "Kapitel"

sowohl als eigenständig, als auch als zusammengehörig betrachtet werden.
 

Unsicher betrachtete Mullen sein Spiegelbild. Er trug die Uniform eines Soldaten niederen Ranges, um seinen linken Arm war das Rot-Weiße Band befestigt, der einen erfolgreichen Akademieabsolventen auswies. Er dachte an den Nachmittag zurück, die Ehrung der neuen Mitglieder der Garlyletruppen. Nun war er also offiziell ein Soldat Garlyles. Kein Schüler mehr, kein Rekrut, sondern ein richtiger Soldat.

Sein Blick streife die Schachtel, die auf seinem Bett lag. Er hatte sich geschworen, den Inhalt erst dann wieder herrauszunehmen, wenn er im Dienste Garlyles stand. Nun gut, seinen Verpflichtungen musste er erst ab morgen Mittag nachgehen, der heutige Abend war ihnen freigegeben worden. Doch das, was ihn dazu brachte, nervös auf die Uhr zu sehen, das, was ihn die Schachtel nicht öffnen ließ, war etwas anderes.

Wie wird er reagieren?, fragte er sich zum wiederholten Male.

Ob er verstehen wird, das ich als einfacher Soldat anfangen wollte, obwohl mein Abschluss mir einen weit höheren Rang ermöglicht hätte?

Der Blonde setzte sich seufzend. Diese Entscheidung war ihm nicht leicht gefallen. Aber er war sicher, das sie richtig gewesen war. Wenn er wirklich die Fähigkeiten hatte, die man als hochrangiger Offizier brauchte, wenn er wirklich wie geschaffen für das Führungskommando war, wie viele der Ausbilder und Mitrekruten immer wieder behauptet hatten, dann würde er das auch auf diesem Wege beweisen und erreichen.

Er wollte nicht von Anfang an Offizier sein, das wäre nicht richtig. Er wollte lernen, was es hieß, ein Soldat zu sein und unter Offizieren zu arbeiten. Wenn man selbst keinerlei Befehlsgewalt hatte. Wenn man nicht den Luxus des Befehlshabers besaß. Er war sich sicher, das man dieses Wissen brauchte, um ein guter Vorgesetzter zu sein und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Aber das war nicht der einzige Grund. Es sollte niemand glauben, das er diese Position nur dadurch erhalten hatte, weil sein Vater Major in der Armee war. Er würde sich einen solchen Aufstieg selbst erarbeiten!

Die Frage war, ob sein Vater dies verstand...

Sein Vater beurteilte Menschen danach, wie nützlich sie für ihn waren. Das hatte er inzwischen begriffen. Er hatte es immer gewusst, schon als Kind, als seine Mutter ihm dies immer wieder erklärt hatte. Wirklich verstanden hatte er es erst in den letzten Jahren.

Er dachte an den Tag zurück, an dem er seinen Vater das erste mal gesehen hatte. Wie Oma Sara, die Krankenschwester, die ihn und seine Mutter hin und wieder besucht hatte, sich mit ihm darüber unterhalten hatte. Einer ihrer Sätze war vermutlich der Grund, das er heute überhaupt hier war.
 

'Er wird einsam sein, nach dem Tod seiner Frau, Mullen, und traurig über den Verlust. Du musst ihn daran erinnern, das er immernoch dich hat, das er nicht alleine ist, hörst du?'

'Mama hat immer sie gesagt, sie war nützlich für Papa. Wenn ich im sage, das ich das auch sein kann, meinst du, ich darf dann bei ihm bleiben?'

Daraufhin hatte sie ihn angesehen. Lange angesehen. Damals hatte er es nicht verstanden.

'Weist du, was es bedeutet, für jemanden nützlich zu sein?', hatte sie ihn gefragt.

'...Das man jemandem helfen kann?'

Und dann hatte sie ihn wieder so angesehen.

'Sag es ihm. Wenn es nicht reicht, das du sein Sohn bist, sag es ihm. Du schaffst das schon. Du bist ein sehr tapferer Junge'

Dann hatte sie ihm über den Kopf gestrichen und war mit den Anderen in das Zimmer gegangen, in dem sein Vater gearbeitet hatte.
 

Mullen erinnerte sich gut an diesen Tag. Auch wenn es inzwischen fast zehn Jahre her war. Zu viel war geschehen, als das er ihn je vergessen könnte. Der Tod seiner Mutter, das Treffen mit seinem Vater...

Der Mann, den er seinen Vater nannte, er war nicht unbedingt der Warmherzigste, auch das wusste er inzwischen. Aber Baal war eben ein hochrangiger Offizier. Als solcher musste man hart sein, streng sein. Man musste sich Respekt verschaffen können. Darin war er gut. Und er war gut im Reden. Sein Vater gewann immer mehr Einfluss auf die Joulestiftung. Er hatte ihn zwar lange nicht gesehen, aber Gerüchte und Zeitungen informierten gut. Außerdem engagierte Baal sich stark in der Archäologie. Vor allem in dem, was die Legende der Ikarier betraf, die er selbst als Kind von seiner Mutter gehört hatte. Um diese Legenden ging es auch oft, wenn sie sich sahen. Treffen dieser Art waren selten, sehr selten. Ein, oder zwei mal im Jahr hatten sie sich gesehen.

Dennoch...obwohl sein Vater nicht gerade dem entsprach, was man einen "Bilderbuch Vater" nennen konnte, er war immernoch sein Vater. Baal hatte ihn damals nicht aufgegeben, sondern ihm deutlich gemacht, das er, wenn er Soldat war, ihm helfen konnte. Er hatte ihn nicht selbst erzogen, aber Mullen war klar, das es für einen Offizier in leitender Position auch völlig unmöglich gewesen wäre. Aber er hatte ihn nicht sich selbst überlassen. Er hatte ihn keiner fremden Familie anvertraut und vergessen, sondern ihm einen Weg gewiesen. Einen Weg, den er gehen musste, um ihn zu erreichen, ihm nahe kommen zu können.

Werde Soldat und hilf mir.

Er war dieser Forderung nachgekommen und Soldat geworden. Jetzt hoffte er, der Soldat geworden zu sein, den sein Vater sich gewünscht hatte. Er würde ihn sehen. Heute Abend würde er seinen Vater sehen und dann würde sich herrausstellen, ob er - Mullen - würdig war, an der Seite seines Vaters zu sein, und ihm zu helfen. Ob er nützlich genug geworden war.

Wieder wanderte sein Blick zur Uhr. Es wurde Zeit. Die vereinbarte Stunde war fast erreicht. Er warf noch einen letzten Blick auf die Schachtel. Er würde sie später öffnen. Heute nicht mehr. Die Aufzeichnungen, die seine Mutter ihm hinterlassen hatte, er würde sie lesen, aber ein anderes mal. Heute Abend ging es nur um ihn und seinen Vater. Er musste wissen, ob er ihn erreicht hatte. Er war einer der jüngsten Absolventen der Militärakademie, das allein sollte seinen Vater schon stolz machen können. Und er würde sich noch weiter anstrengen. Sein Vater sollte sehen, das auf ihn Verlass war. Aber jetzt musste er ihn ersteinmal treffen. Der Blonde stand auf und verließ das Zimmer. Er würde sich nichts von seiner Unsicherheit anmerken lassen. Er hatte über die Hälfte seines Lebens in militärischer Umgebung verbracht und war daran gewachsen, körperlich und seelisch. Da würde er doch nun keine Angst zeigen, nur weil er sich mit seinem Vater traf.

Seine Schritte hallten in dem Gang wieder. Der Major, sein Vater, war anlässlich der neuen Absolventen zusamen mit einigen Leuten der Joulestiftung hergekommen und sein Zimmer lag in einem gesonderten Bereich, am anderen Ende. Als Mullen die Tür schließlich erreicht hatte, atmete er noch einmal tief durch.

Er wird es verstehen. Er wird verstehen, das ich diesen längeren Weg gewählt habe. Er muss es einfach verstehen!

Der Blonde klopfte entschlossen an.

Ein Nachmittag in Neu Parm

„Nein.“

„Warum nicht? Es wird dir Spaß machen!“

„Ich sagte nein.“

„Stell dich nicht so an. Du wirst sehen, wenn du erst einmal da bist, willst du nie wieder weg!“

Mullen seufzte. Fjun konnte wirklich anstrengend sein. Sobald er eine Idee hatte, ließ er nicht mehr so leicht locker. Elis war da viel umgänglicher. Er hatte nichts gegen seine beiden Zimmerkameraden. Wirklich nicht. Er verstand sich sogar sehr gut mit ihnen.

„Pass auf: schau es dir wenigstens einmal an. Das kann doch nicht zu viel verlangt sein.“

Meistens zumindest.

„Ich sage es dir zum letzte mal: ich habe einen Auftrag hier, und nicht Ausgang, so wie ihr beide. Ihr könnt euch gerne... amüsieren gehen, wie du es nennst, aber ohne mich.“

Das war doch nun hoffentlich deutlich genug.

„Du bist nur gebeten worden, den Umschlag heute abzugeben. Niemand hat verlangt, dass du es sofort tun... - Okay, okay, ich bin schon still.“

Der Schwarzhaarige hob abwehrend die Hände, als Mullen ihm einen finsteren Blick zu warf.

„Du hättest wissen müssen, das Mullen nicht mitkommen würde, Fjun. Im Gegensatz zu dir ist er sehr diszipliniert.“

Dieser Kommentar kam von Elis. Er ging auf Fjuns anderer Seite und seine roten Haare bildeten einen auffälligen Kontrast zu seiner Uniform. Er redete nicht besonders viel, aber die kleinen Provokationen gegen Fjun gehörten zur Tagesordnung, wie Mullen sehr bald festgestellt hatte. Ebenso wie die Tatsache, das Elis es nicht böse meinte und Fjun trotzdem jedes mal an die Decke ging.

„Was soll das nun wieder heißen?“ kam prompt die Antwort. Fjun hatte angebissen. Ein Lächeln huschte über Mullens Lippen. Elis half ihm, das leidige Thema des Nachtclubs ganz abzutun, das Fjun unerwartet angesprochen hatte.

Vielleicht konnte er nun endlich seinen Auftrag erfüllen, immerhin war er nicht zu seinem Vergnügen auf dem Weg nach Neu Parm. Doch er musste schnell feststellen, das er sich zu früh gefreut hatte, den kaum hatten sie das Stadttor passiert, brach Fjun die Neckereien mit Elis ab und wand sich wieder dem Blonden zu.

„Gut, der Nachtclub war vielleicht der falsche Ort für dich, aber ich mein es ja nur gut mit dir. Weist du doch, oder? Du musst mal unter Leute kommen! Ein Mädchen an deiner Seite würde dir gut tun, glaub mir! Du nimmst einfach alles zu ernst.“

Mullen antwortete nicht darauf. Warum fing Fjun immer und immer wieder damit an? Er wollte nicht. Schluss. Das hatte sein Kamerad zu akzeptieren.

Seid der Dunkelhaarige erfahren hatte, das Mullen keine Beziehung führte, hatte er wiederholt seine Hilfe als 'Frauenversteher' angeboten.

Das Mullen jedes Mal ablehnte schien ihn nicht zu stören.

Und er fragte auch nicht nach dem Grund für Mullens Desinteresse, obwohl dieser einiges zu dem Thema hätte sagen können, wenn er gewollte hätte.

Aber er wollte nicht.

Erst recht nicht, seid er die Aufzeichnungen seiner Mutter gelesen hatte. Neben all ihrem Wissen das sie in ihrer Kultur erworben hatte, hatte sie auch ihre eigene Geschichte aufgeschrieben.

Und damit hatte Sie das bestätigt, was er ohnehin schon geahnt hatte.

'Menschen verbinden sich, weil sie Vorteile daraus ziehen. Die Natur hat uns die Regeln vorgegeben und die Menschen halten sich daran, ebenso wie die Tiere und alle anderen lebenden Geschöpfe.'

Als Fjun erkannte, das er keine Antwort erhalten würde, seufzte er.

„Wirklich Mullen. Du solltest mal mit offenen Augen durch die Welt gehen! Es gibt so viele schöne Frauen da draußen!“

Fast hätte der Angesprochene den Kopf geschüttelt. Hatte er das je abgestritten? Aber das änderte nichts daran, der er keine Beziehung wollte. Sein Vater hatte seine Mutter geheiratet, weil er an die Geheimnisse ihre Volkes kommen wollte, seine Mutter war darauf eingegangen um ihren Heimatort verlassen zu können. Fjun flirtete gerne mit hübschen Frauen, weil er an das „Romantische danach“ dachte, wie er es einmal bezeichnet hatte. Er selbst hatte auch schon erlebt wie Frauen ebenso wie Männer sich mit jemandem in einer höheren Position zusammengetan hatten, um selbst weiter zu kommen. Manche Paare heirateten, um sich gegenseitig im Leben zu unterstützen. Wieder andere Ehen wurden aus Finanziellen Gründen geschlossen. -Oder gelöst. Und wieder andere heirateten, weil sie in einander die schönen Dinge sahen und es reizvoll war, eben diesen schönen Menschen als SEINEN Partner bezeichnen zu können, das alleinige Recht auf ihn zu haben.

Das war die Liebe. Das, und nichts anderes. Und der Blonde hatte keinerlei Bedarf dafür.

Am Rande seines Bewusstseins merkte Mullen mit einem mal, das Fjun immer noch erzählte und das er selbst mit seinen Gedanken abgeschweift war. Er begann wieder zuzuhören.

„...jemanden wie dich!“, sagte der Dunkelhaarige gerade. Bevor Mullen nachfragen konnte, was gesagt worden war sprach Fjun weiter.

„Ich sage dir Mullen, wenn du nur mal Einer die Chance geben würdest! Du würdest es nicht bereuen! Das Glück ist unterwegs, mein Freund. Ich wette, wenn du nur hinsiehst, triffst du schon hinter der nächsten Ecke die Liebe deines Lebens! Nein, ich weiß es!“

Da Fjun, um seine Worte zu unterstreichen bedeutungsvoll auf die nächste Häuserecke deutete, wanden Mullen und Elis den Kopf und sahen hinüber.

Kurz bevor sie an besagter Ecke vorbei kamen, rannte plötzlich ein kleines Mädchen von vielleicht sieben Jahren um diese herum und stieß mit Mullen zusammen.

„Uff!“, machte das Mädchen und taumelte zurück. Dann sah sie hoch, in die Augen des Blonden, der überrascht stehen geblieben war.

„Tut mir leid, das ich sie an gerempelt habe“, meinte die Kleine entschuldigend, ehe sie weiter lief. Mullen sah ihr einen Moment hinterher, ehe er sich langsam mit einem spöttischen Ausdruck auf dem Gesicht zu Fjun umdrehte.

„Die Liebe meines Lebens, ja?“

Elis brach in Gelächter aus während Fjun grinsend mit den Schultern zuckte.

„Wie auch immer...“, begann der Dunkelhaarige erneut und legte Mullen eine Hand auf die Schulter.

„Denk einfach mal darüber nach. Solltest du je irgendwelche Fragen in der Richtung an mich haben, ich hör dir zu.“

Mullen nickte. Er würde nicht darauf zurückkommen, aber es abzulehnen wäre unhöflich. Fjun schien nicht mehr erwartet zu haben, denn er verkündete gut gelaunt, das er nun seinen freien Tag genießen wollte. Er und Elis verabschiedeten sich und schlugen eine andere Richtung ein.

Mullen lächelte. Jetzt konnte er endlich seine Aufgabe erfüllen. Er musste nur noch das Haus des Kapitän finden. Das sollte kein allzu großes Problem sein.
 

Dreißig Minuten später sah Mullen sich gezwungen zuzugeben, das es sehr wohl ein Problem war. Er kannte sich in Neu Parm nicht aus, und die Stadt war für sein Empfinden eindeutig zu unsortiert angelegt. Kein Vergleich zu der logischen Aufteilung in einem Militärstützpunkt. Die Stadtbewohner konnten mit der Dienstnummer des Kapitän nichts anfangen und ebenso wenig mit dem Namen. Viele Bekannte schien er nicht zu haben.

Weitere fünfzehn Minuten später lehnte der Blonde sich ratlos an einen Baum. Er musste nachdenken.

„Du~hu?“

Irritiert sah er neben sich.

'Ein Kind? Moment, ist das nicht das Mädchen von vorhin?'

Sie stand neben ihm betrachtete ihn mit einem Ausdruck in den Augen, den der Blonde nicht ganz zuzuordnen wusste.

„Du siehst aus, als hättest du dich verlaufen.“

Mullen grinste schief. War das so offensichtlich?

„Soll ich dir helfen?“

„Ich suche das Haus von Kapitän Jonef“, begann Mullen nach einem kuren Moment des Zögerns. Was hatte er schon zu verlieren?

„Ah, das kenne ich“, antwortete das Mädchen lächelnd. Erleichtert atmete der junge Soldat aus. Endlich etwas Glück an diesem Tag.

„Kannst du mich hinbringen?“

„Wenn ich das mache, spielst du dann mit mir?“

Verdutzt sah der Blonde zurück. Das hatte er jetzt nicht erwartet.

„Spielen?“, wiederholte er. Vielleicht hatte er sich ja verhört? Doch das Mädchen nickte.

„Meine Schwester hat keine Zeit“, fügte sie noch hinzu.

„Haben dir deine Eltern nicht gesagt, das du nicht mit Fremden spielen sollst?“

Dieses mal schüttelte sie nur den Kopf.

„Hätten sie aber tun sollen...“, murmelte Mullen. Das war ja fast schon Erpressung! Aber hatte er eine Wahl?

„Nun?“ Die Kleine blickte interessiert zu ihm hoch.

„Also gut, Einverstanden.“

Das hätte er sich auch nicht träumen lassen. Er würde heute mit einem Kind spielen. Noch dazu mit einem kleinen Mädchen. Wenn er das gewusst hätte... Ein Jubelschrei unterbrach seine Gedanken.

„Oh, das ist wirklich lieb! Komm mit, ich bring dich gleich hin!“

Sofort nahm sie Mullens Hand und zog den überraschten Soldaten hinter sich her. Zielsicher führte sie den Blonden durch mehrere Straßen. Viele Leute betrachteten das eigentümliche Bild. Einige lachten sogar. Mullen war erleichtert als das Mädchen schließlich vor einem alt wirkenden, grün-grauen Haus stehen blieb und ihn los ließ.

„Bitte sehr.“

Der Blonde betrachtete erst das Gebäude skeptisch dann seine kleine Führerin, aber sie schien sich sicher zu sein. Also schritt er zur Tür und klopfte an. Eine junge Frau öffnete. Unwillkürlich dachte Mullen daran, das sie eine ähnliche Ausstrahlung besaß wie jene Frauen die Fjun bevorzugt zu einem Kaffee einlud.

„Sie wünschen? Oh! Diese Uniform... Sie sind sicher vom Militär.“

Prüfend wurde Mullen gemustert.

„Ja, bin ich. Ich möchte zu Kapitän Jonef. Das hier ist doch sein Haus?“

Einen Moment lang zweifelte Mullen noch, doch die Frau nickte.

„Natürlich ist es das. Ich bin seine Frau, Suann. Mein Mann ist gerade nicht da, wissen sie? Ich bin ganz allein zu Hause. Ach ja, er geht immer um diese Zeit weg und kommt erst Stunden später zurück.“

'Warum erzählt sie mir das?', wunderte sich Mullen, während er bereits den Umschlag aus der Tasche holte. Zumindest war er hier richtig.

„Hier, ich bin gebeten worden, diese Unterlagen bei ihm abzugeben, gute Frau.“

„Oh ja, aber es dauert gewiss, bis er zurück kommt. Ach ja, wie immer. Er ist so selten da. Bitte, kommen sie doch rein. Ich mache ihnen einen Tee, während sie warten. Das sie genau dann kommen, wenn er nicht da ist...Und dabei haben sie doch den ganzen Weg auf sich genommen! Aber treten sie nur ein. Es stört mich nicht, wenn sie hier warten. Wirklich nicht. Nicht im geringsten. Wissen sie, im Gegenteil: Ich würde mich sehr freuen.“

Suann machte eine einladende Geste mit der Hand. Einen Moment überlegte der junge Soldat, der Bitte nachzukommen, und hier auf den Kapitän zu warten. Aber zum einen hatte das geklungen, als würde es ziemlich lange dauern. Und all die Zeit in der Gesellschaft von dieser geschwätzigen Dame? Besten Dank! Und zum anderen...

Er hatte dem Mädchen ein Versprechen gegeben und er wollte nicht wortbrüchig werden, auch wenn er keine Lust hatte. Also lehnte er die Einladung höflich ab. Die Frau wirkte sichtlich enttäuscht, als Mullen ihr den Umschlag aushändigte und sich verabschiedete.

Der Blonde trat zurück zu dem Mädchen, das ihn lächelnd erwartete.

„Da bin ich. Und? Was möchtest du spielen?“

'Bitte, lass es nicht Vater-Mutter-Kind sein!', flehte er innerlich.

„Wie wäre es mit Verstecken?“, schlug das Mädchen vor.

'Großartig', dachte Mullen sarkastisch, aber er nickte.
 

Ein Kichern.

„Gefunden!“

Mullen seufzte. Das Mädchen kannte sich hier aus, es war also kein Wunder, das sie ihn immer wieder innerhalb kürzester Zeit aufspürte. Aber sie verlor nicht die Lust daran, wie er gehofft hatte, ganz im Gegenteil.

Wie lange ging das Spiel nun bereits? Es kam ihm wie eine halbe Ewigkeit vor. Musste ihr nicht bald langweilig werden? Sie hatten sicher schon fast jede Straße in der Stadt mehrfach passiert.

„Du bist dran mit suchen“, sagte sie nun und grinste. „Du bist wohl nicht so gut im Verstecken, hm?“

„Wohl nicht“, gab der Blonde genervt zurück. Jetzt wurden auch noch seine Fähigkeiten kritisiert, na wunderbar! Gut, Versteck spielen war nicht unbedingt etwas, das er können musste aber hier ging es um's Prinzip!

„Macht es dir keinen Spaß?“

Den traurigen Unterton in der Stimme der Jüngeren ignorierend zuckte Mullen mit den Schultern.

„Nicht wirklich“, antwortete er ehrlich.

Daraufhin ließ die Kleine den Kopf hängen. Bevor dies jedoch ein schlechtes Gewissen in dem Blonden wachrufen konnte, lächelte sie wieder.

„Dann hören wir auf. Ich hab mich jedenfalls gefreut, das du mit mir gespielt hast.“

„Es war Teil unserer Abmachung.“

„Abmachung?“ Überraschung schwang in der Stimme mit.

„Du führst mich zu dem Haus, wenn ich dafür mit dir spiele. So war es ausgemacht.“

„Ah“ Das Mädchen lachte. „Ich hätte dich auch zu dem Haus gebracht, wenn du nicht mit mir gespielt hättest.“

Nun war es an Mullen überrascht zu sein.

„Aber du hast doch gesagt...“

„Ich habe lediglich gefragt, ob du dann mit mir spielst. Ich hab nie gesagt, das ich dich nur dann hinbringe. Mach's gut!“

Das Mädchen winkte ihm noch einmal zu und lief davon. Mullen sah ihr sprachlos hinterher.

„Sie hat mich reingelegt...“ murmelte er nach einer Weile. Dann schüttelte er lachend den Kopf. Ausgerechnet ein Kind schaffte es, ihn zu überlisten!

Eigentlich sollte er sich ärgern, so getäuscht worden zu sein, aber irgendwie fand er es nur amüsant. Man sollte besser Niemanden nur seines Aussehens wegen unterschätzen, das Mädchen war schlau, obwohl sie noch sehr jung war.

Von einer Sekunde zur Anderen hatte sich seine Laune wieder gebessert.

'Ein interessantes Mädchen', dachte Mullen lächelnd, während er einen Gasthof betrat. In all dem Durcheinander heute war er noch nicht zum essen gekommen, das würde er jetzt nachholen.
 

Einige Zeit später stand der junge Soldat wieder auf den Straßen. Ein rascher Blick zum Himmel verriet ihm, das es bereits reichlich spät geworden war. Er sollte sich besser langsam auf den Rückweg machen wenn er sich keinen Ärger einholen wollte.

Zielstrebig begab sich Mullen zum Ausgang von Neu Parm. Das Versteckspiel hatte ihm zumindest in Sofern geholfen, das er sich nun etwas besser in der Stadt aus kannte.

'Wozu so ein eigentlich recht Sinnloser Zeitvertreib alles gut sein kann', überlege Mullen schmunzelnd, wurde dann aber durch lautes Kindergebrüll in seinen Gedanken unterbrochen. Darauf geschult, bei plötzlichen Veränderungen in der Umgebung sofort nach der Ursache zu suchen drehte Mullen sich um und erkannte nicht weit entfernt eine kleine Gruppe von Jungen im Alter von etwa acht bis zehn Jahren die offenbar um etwas herum standen. Und bei näherem Hinsehen...

„Das ist ja schon wieder dieses Mädchen!“

Einer der Jungen holte etwas hervor und auch von Weitem erkannte Mullen das die Kleine große Augen bekam, zurückwich. Ein weiterer Junge schubste sie unsanft in die Mitte zurück. Erneut versuchte das Mädchen dem Kreis zu entrinnen und wieder wurde sie zurückgestoßen.

Mullen hatte genug gesehen. Schnellen Schrittes näherte er sich der Gruppe von Kindern und ergriff kurzerhand den Arm eines der größeren Jungen als dieser gerade in Begriff war das Mädchen erneut in die Mitte zu stoßen.

Erschrocken sah der Junge auf, ebenso seine Freunde. Das Mädchen hingegen lächelte erleichtert. Mullen warf ihr einen flüchtigen Blick zu, sah dann jedoch zu dem Jungen den er noch immer fest hielt.

„Vier gegen einen...was für eine feige Taktik.“ Er ließ los.

Hastig suchten die Jungen das Weite. Dankbar lächelte die Kleine ihren Retter an.

„Alles in Ordnung?“, erkundigte sich besagter Retter nun und musterte seine Gesprächspartnerin.

„Ja, mir geht's gut.“

„Gab es einen Grund dafür, das dich diese Jungen geärgert haben?“

Das Mädchen zuckte mit den Schultern. „Das machen sie immer, wenn meine Schwester nicht dabei ist.“

„Warum wehrst du dich nicht?“ Eigentlich ging ihn das ganze ja nichts an, aber es störte ihn das ein offenbar recht aufgewecktes Mädchen regelmäßig von einer Gruppe Älterer belästigt wurde.

Das Mädchen sah ihn mit großen Augen an.

„Aber...Sie haben doch eine Kröte!“

„Eine Kröte“, wiederholte Mullen, der mit dieser Antwort nicht viel Anfangen konnte. Das Mädchen nickte heftig. Mullen runzelte die Stirn. Musste er das verstehen?

„Du wehrst dich nicht, weil sie eine Kröte haben?“

„Die ist dick! Und groß!“ Das Mädchen machte eine Geste mit den Händen die wohl die Größe veranschaulichen sollte.

Viel schlauer kam der junge Soldat sich jetzt auch nicht vor und beschloss daher nicht weiter darauf einzugehen.

„Kröte oder nicht...wenn du dich nicht wehrst, werden sie dich nicht in Ruhe lassen.“

Daraufhin ließ das Mädchen den Kopf hängen.

Mullen ließ sich auf ein Knie sinken um mit der Kleinen auf Augenhöhe zu sein. Gleichzeitig legte er ihr beide Hände auf die Schultern. Er konnte sich dunkel erinnern das seine Mutter dies getan hatte wenn es ihm nicht gut ging, vielleicht half es hier ja auch.

„Pass mal auf. Du bist doch ein schlaues Mädchen, darum verrate ich dir jetzt mal was.“ Neugierige blaue Augen musterten ihn. „Die vier haben eigentlich ziemlich viel Angst vor dir.“

Ungläubig sah das Mädchen ihn an.

„Das glaub ich nicht.“

„Sie werden es vielleicht nicht zugeben, aber es stimmt. Sie trauen sich nicht alleine, darum müssen sie gleich zu viert kommen. Ich bin mir ziemlich sicher, wenn du sie einzeln antriffst und ihnen deutlich sagst, das du dir so etwas nicht mehr gefallen lässt, das sie ganz schnell weglaufen. So wie eben, als ich gekommen bin.“

„Meinst du?“ Die Kleine legte den Kopf schief und schien zu überlegen. Unwillkürlich musste Mullen lächeln.

„Bestimmt.“

Nun lächelte auch das Mädchen wieder.

„Okay.“

„Und wenn sie dich dann immer noch ärgern, kannst du ihnen sagen das ich sie mir alle vorknöpfen werde wenn ich das nächste Mal in Neu Parm bin.“

„Ehrlich? Warum?“

Die Frage erwischte Mullen unvorbereitet. Warum bot er diesem Mädchen seine Hilfe an obwohl er sie gerade mal ein paar Stunden kannte? Doch dann hatte er die Antwort.

„Ich bin ein Soldat. Und Soldaten sind dazu da, Andere zu beschützen.“

Er war schließlich nicht nur seinem Vater zuliebe der Garlyle Armee beigetreten.

Diese Aussage rief ein weiteres Lächeln der Jüngeren hervor.

„Schwester!“

Sowohl Mullen als auch das Mädchen drehten sich um. Unweit von ihnen entfernt stand ein weiteres Mädchen, etwa im gleichen Alter wie die jüngste Bekanntschaft des Blonden zu sein.

„Ah! Da ist meine Schwester. Ich muss los. Mach's gut und vielen Dank!“

Mit diesen Worten lief die Kleine los. Bei ihrer Schwester angekommen drehte sie sich noch einmal um und winkte.

Mullen stand auf und nickte den Beiden zu. Dann wand er sich ab und machte sich wieder auf den Weg zum Standtor. Lange Abschiede lagen ihm nicht.

'Hoffentlich kommt sie klar. Vielleicht kann ihre Schwester ihr ja auch helfen.'

„Mullen? Was machst du denn noch hier?“

Überrascht sah der Blonde auf und entdeckte Elis und Fjun, die offenbar ebenfalls gerade die Stadt verlassen wollten. War er wirklich so lange hier geblieben?

„Schau mal einer an. Ich hätte nicht gedacht, das wir dich hier noch antreffen.“ Fjun grinste. „Ich hätte gewettet du erledigst deinen Auftrag und gehst dann sofort zurück. Was hast du denn die ganze Zeit über gemacht?“

Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Blonden.

„Ich habe den Nachmittag mit einer sehr interessanten, jungen Dame verbracht.“

Die Fassungslosen Gesichtsausdrücke von Fjun und Elis würde er sicher nicht so schnell vergessen.
 

Gleichzeitig machten sich auch die beiden Schwestern auf den Weg nach Haus, redeten dabei miteinander.

„Du hast wirklich was verpasst. Ich hab mir die große Wiese angesehen. Da waren heute so viele Blumen! So viele hab ich noch nie auf einmal gesehen! Wir müssen da unbedingt zusammen hin! Da fällt mir ein...warum wolltest du eigentlich das ich heute ohne dich spiele?“

„Na ja...ich hab vorhin diesen Soldaten gesehen, der eben bei mir war. Und er wirkte irgendwie so allein. Wir sind ja eigentlich immer zusammen. Und da hat er mir halt leid getan. Ich dachte, er freut sich vielleicht wenn ich mit ihm spiele.“

Ein leises kichern war zu hören.

„Das ist typisch für dich. Aber lieb von dir. Er hat sich bestimmt gefreut Leen.“

Das Mädchen lächelte.
 

Anmerkung:

Im Vergleich zu den vorherigen Kapiteln ist dieses recht lang geraten. Ursprüngtlich wäre es sogar noch länger geworden...

Aber da sich meine eigentliche Idee nicht so schreiben ließ wie ich wollte, habe ich eine andere Idee aufgegriffen, die ich ebenfalls sehr schön fand ^^

Gewidmet ist dieses Kapitelabgemeldet die heute Geburtstag hat. Herzlichen Glückwunsch =D

Das nächste Kapitel wird sich um Feena und Leen drehen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (10)

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Von:  Susilein
2010-04-04T19:19:52+00:00 04.04.2010 21:19
Also ich fand das Kapitel sehr schön geschrieben, die Handlung war auch schön und interessant.
Tja, Mullens Kollegen können mit ihm echt verzweifeln beim Thema Frauen. ^.~ können einen ja leid tun.
fand die szene wo Mullen mit dem kleinen Mädchen gespielt hat auch voll süß, der große Soldat Mullen mit dem kleinen, verspielten Mädchen, niedlich. :3
Aber schön das er ihr dann gegen die Jungs geholfen hat, wie können die Leen nur mit ihrer größten schwäche ärgern, gemeinheit. -.-

ein wünderschönes Kapitel und ich find deine Ideen echt klasse zu Grandia. ^^ hoffe deine nässten Kapitel und Fanfics dazu werden auch so toll.

Deine Sis
Von: abgemeldet
2008-11-01T22:21:32+00:00 01.11.2008 23:21
Das ist eine schöne Geschichte :)

Hoffe auch, du setzt sie fort, denn außer ein paar Rechtschreib- und Grammatikfehler ist die richtig genial.

Die Idee ist schon richtig spannend und macht Lust auf mehr :D

mfg
Fine
Von: abgemeldet
2008-09-12T05:40:53+00:00 12.09.2008 07:40
oww ich finde das Kapitel is super geschrieben *.*
armer Mullen T.T Baal hat so einen Sohn wie Mullen gar nicht verdient XD ( aber jetzt der alte Baal XD)
aufjedenfall kommen hier alle Emotionen über und man weiß richtig wie Mullen sich fühlt *.* ich bin neugirig wie es weitergeht *.*
Von:  Susilein
2008-09-08T14:44:23+00:00 08.09.2008 16:44
Ein wirklich sehr tolles Kapitel und sehr gelungen beschrieben ^-^
Man konnte Mullens Gedanken richtig verstehen und auch gut die handlungsweise warum er das getahn hat.
Aber er tut einem leid, an so einen miesen Bastard von Vater zu kommen >-<
*Baal erwürg*
Aber nun versteht man endlich wieso Mullen so verständnissvoll ist und so erwagsen und ich finde es sehr interessant ö.ö
aber was ist in der Schachtel drinne? ô.ô *neugirig desu*

weiter so ^o^

Susi

Von: abgemeldet
2008-09-04T17:43:35+00:00 04.09.2008 19:43
Awwwwwwww...
Wieso hab ich nicht eher gemerkt, was ich an einem Sohn wie Mullen habe? Q.Q
Mullen, warum hast du mir nicht gesagt, wie du dich Gefühlt hast? Ich hätte mich mehr um meinen Sohn kümmern sollen T-T

Dein Schreibstiel gefällt mir, wie immer XD
Es ließt sich richtig schön flüssig, es lässt sich gut lesen O^o^O
Aber es lässt sich so gut lesen, das es viel zu schnell vorei ist ^^' Was passiert in dem Zimmer, was was was? Ich will das wissen XD
Von:  Yae-chan
2008-09-04T16:21:13+00:00 04.09.2008 18:21
Ahhhh! Toll! >O<
Mullen tut mir soooo leid... T_____________T *schnief* *rotz* *heul*
Rackert sich da ab um seinen Vater stolz zu machen und in Wirklichkeit ist er ihm völlig egal!
*(den alten XD) Baal verklopp*

Wird das eigentlich fortgesetzt?
Das Endet doch bestimmt nicht da, wo er gerade die Tür öffnet XDDD
Schreeeeeeeeeeeeeeeib! XDDD
*piek*
*an Computer fessel*

deine Yae-chan (aka. Leen~♥)
Von:  Yae-chan
2008-07-03T19:52:44+00:00 03.07.2008 21:52
Wahhhh!! Das ist sooooooo süüüüüüüüüß Q__________Q
Aber Baal ist soein A********!! ÒÓ
Und da, wo Mullen sich einfach so auf seinem Schoß platziert ist einfach zum abknutschen XDDDDD Ist aber auch logisch, sonst würde es nicht mit dem Bild stimmen. Und danke, dass du es verlinkt hast XD
Mullen war echt frühreif für sein Alter o.o
Manche Erwachsene sind nichtmal so XDDD

Die Story ist jedenfalls super *-* Musst dazu mal einen 2. Teil machen XDD
Also mehr kleine Geschichten aus Mullens Kindheit ect. XD
Dann zeichne ich auch mehr Bilder dafür XD

Naja, mach jedenfalls weiterso! ^^

LG
Yae-chan (aka. Leen)


P.S.
(Weißt du noch, wo wir die Zeit zurückgespuhlt haben und Mullen und Leen sich schon getroffen haben? XD Da war Mullen 16 oder so und Leen wollte mit ihm spielen, obwohl er zutun hatte XD
Daraus könnte man auch eine Kurzgeschichte machen, oder? XDD)


Von: abgemeldet
2008-07-02T19:31:44+00:00 02.07.2008 21:31
wow *.* das ist echt mal super zu erfahren was vor all dem Geschehen passiert ist^^so kann man sich alles besser vorstellen^^
Mullen ist so süß *.* so richtige knuffiges benhemen aber ehrlichgesagt hat mich Baals einstellung ganz schön genervt zu mullen -.- ist schließlich sein Sohn XD aber naja wir wissen ja was passiert XD
Das gute ist: trotz das Baal nicht gerade freundlich ist scheint der junge Mullen ganz föhlich zu sein ^^
Wieso muss Baal ihn auch da ausnutzen ? >< Mullen kann doch gar nichts für die gesammte Situation (oder das sein vater herrschsüchtig istXD)
aber aufjedenfall ich finde es super und freu mich wenn es weiter geht^^

~Feena
Von: abgemeldet
2008-07-02T15:43:44+00:00 02.07.2008 17:43
Hehe, ich weis mehr als Susilein :b
(Kein Wunder, ich kenn ja auch die Andere Geschichte XDDDD)
ICH weis, warum der Junge so viel verständniss hat ^-^
MEIN Junge XD
Und Baal (also ich) ist super getroffen. Man merkt schon: außer Gaia hat er nichts im Kopf XD
So, mal sehen, worum es in dem nächsten geht ^^
Von:  Susilein
2008-07-02T15:41:14+00:00 02.07.2008 17:41
ERSTE ^O^

Also ich find den ersten OS wirklich Klasse ^o^
Ein 1A Schreibstiel, gut beschrieben und die gedanken hast du gut formolirt ;3

Oh man war Baal schon damals kalt, kaum zu fassen wie wenig ihm Reas Tod mitnimt O.O *baff sei*
ARSCHLOCH!! >.< *Baal verhau*
Aber dafür ist klein Mullen um so knuffiger <333 *Mullen knuddel*
Ich finde es interessant wieviel verständnis er schon hat, in seinen Alter ö.ö
Und Baal ist gemein das er es ausnutzen will <.<# *knurr*

bin mal gespannt wie der nässte OS ist, ich werde es auf jedenfall weiterlesen ^-^

weiterso

Susi


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