FFVII: Blue Wanderer - In the lines von Ich_eben ================================================================================ Kapitel 18: Flammenhölle ------------------------ „Cutter?“ fragte Sephiroth abermals, sanft, jedoch darauf gefasst, den Teenager im nächsten Moment daran zu hindern, sich auf irgendeine Art und Weise abermals zu verletzen. Auch, wenn ein positives Ende den Worten der Dschungelfrau nach möglich wäre, es fiel ihm schwer, daran zu glauben. Der Wahnsinn besaß so viele unterschiedliche Varianten und Stärken... Der General hatte von Fällen gehört, in denen eine Heilung – angeblich - geglückt sei, aber in seine Hände waren niemals glaubhafte Schriftlichkeiten gelangt. Andererseits... es war ihm nicht möglich zu beurteilen, was innerhalb des Zeltes vorgegangen war. Cutters Verhalten nach Verlassen desselbigen war zwar ruhiger und nachvollziehbarer gewesen, aber... Nein. Die Zeit für Gedankenspiele war vorbei. Die nächste Reaktion würde über alles Klarheit bringen. Eben wandte Cutter langsam den Kopf in seine Richtung. Verwunderung beherrschte ihren Blick, wuchs an, verblasste schließlich und... brachte ein noch halb schlafendes lächeln zur Welt. „Hallo...“ Die Stimme war nur ein flüstern. „... Sephiroth.“ Diesmal gelang es dem General nur mit Mühe, seine Überraschung zu verbergen. Seine Betonung jedoch verriet nichts davon. „Du erinnerst dich an mich.“ Kaum hörbares lachen, wie weit aus der Ferne. „Wie könnte ich dich vergessen?“ Sie blinzelte mühsam. „Krankenstation im HQ?“ Als er nickte, fuhr sie auf dieselbe Art und Weise zu sprechen fort. „Azrael!“ Sephiroth lehnte höflich aber bestimmt ab. Der Teenager war eben erst aus dem Koma erwacht, das Gespräch würde mit Sicherheit schwierig werden, und er wollte sie nicht überfordern. Für einen Moment sah es aus, als wolle Cutter protestieren. Dann jedoch sah sie ein, dass er Recht hatte und nickte. Ihr Kopf fühlte sich immer noch ein wenig an, als sei er mit rosafarbener Zuckerwatte gefüllt, und was die Schnelligkeit ihrer Gedanken anging... Zuckerwatte konnte überhaupt nicht denken. Mit Sicherheit würde das Gespräch mit Azrael zu einem anderen Zeitpunkt mehr Sinn ergeben. Eine Frage allerdings musste sie einfach stellen. „Was ist passiert? Ich... kann mich nur lückenhaft erinnern.“ Da waren... Scherben und Splitter in ihrem Kopf gewesen, Schmerz, das Gefühl unaufhaltsam zu fallen... und eine Stimme so sanft wie niedersinkende Federn, umgeben von einem seltsam beruhigenden, sachte auffangenden Licht... „Du wurdest gerettet“, lautete die schlichte, unkomplizierte Antwort. Cutter nickte schweigend. Noch gelang es ihr nicht, alle langsam in ihrem Kopf erscheinenden Puzzlestücke der Vergangenheit richtig zusammenzufügen, aber das würde sich bestimmt bald ändern. Müdigkeit begann erneut in ihr aufzusteigen, und das Mädchen kämpfte dagegen an, den Blick unverwandt auf Sephiroth gerichtet. Ich hätte niemals damit gerechnet, irgendwann aufzuwachen und als erstes dich zu sehen... Das ist... Ich bin so... Danke. Sephiroth wartete bis sie wieder eingeschlafen war, ehe er das Zimmer verließ um die für diese Station zuständigen Person über den aktuellen Stand der Dinge zu informieren, und (da er dem Frieden nicht traute, schließlich war Cutter kurz bevor der Wahnsinn zugeschlagen hatte, auch völlig klar gewesen) gab Anweisung, stündlich nach ihr zu sehen. Auf dem Weg zu einem weiteren Termin informierte er den sich zur Zeit auf einer Mission befindenden Zack via SMS, wissend, dass dieser ihm ansonsten bis ans Ende seiner Dienstzeit Vorwürfe machen würde, und Sephiroth war nicht nach noch mehr sinnlosen Diskussionen. Seine Nachricht war kurz, aber verständlich, und er löschte die daraufhin folgenden 6 SMS von Zack ohne sie gelesen oder gar geantwortet zu haben. Azrael ebenfalls zu informieren erschien ihm noch zu früh. Der eben entwickelte Plan sah vor, den Lehrer der Blue Wanderer kurzfristig über die Entwicklung der Dinge zu informieren, und das von Cutter erbetene Gespräch unmittelbar danach durchzuführen. Selbiges geschah schon am nächsten Tag. Sephiroth blieb währenddessen anwesend und verglich die Antworten Gerylls mit den bereits von ihm erhaltenen. Sie stimmten überein. Cutter indessen erwähnte weder ihre seltsame Retterin, noch, was im Inneren des Zeltes vorgefallen war, und Sephiroth beschloss, sie nicht danach zu fragen. Ganz offensichtlich sollte es ein persönliches Blue Wanderer Geheimnis bleiben – und das respektierte er. Es dauerte fast zwei Stunden, ehe er und Geryll das Krankenzimmer wieder verließen. „Ich fass es nicht!“ Azrael gab sich nicht einmal Mühe, Erleichterung und Verblüffung zu unterdrücken. „Sie scheint völlig in Ordnung zu sein. Sie erinnert sich... an alles!“ „Nicht Ihr Verdienst“, dämpfte Sephiroth, fügte in Gedanken hinzu `Ebenso wenig wie meiner´ und dachte abermals an die Frau im Dschungel, auf deren Konto Cutters Rettung ganz einwandfrei ging. Wer war sie? Woher war sie gekommen? Und wohin gegangen? War ihr auftauchen wirklich nur Zufall gewesen? Der General glaubte nicht an Zufälle. Aber er war auch nicht bereit, sich auf wilde Spekulationen einzulassen. „Wie hoch ist die Gefahr eines Rückfalls?“ „Ich weiß es nicht.“ Azrael schüttelte den Kopf. „General, diese ganze Situation hier ist absolut einmalig. Niemals zuvor hat es jemand geschafft, die 2nd Lines mit klarem Bewusstsein zu verlassen.“ Sephiroth verschwendete keine Sekunde an die Überlegung, seine vorher getroffene Meinung bezüglich dieses Geheimnisses zu ändern. Cutters schweigen war mehr als deutlich gewesen. Sieht so aus, als teilen wir uns schon wieder ein Geheimnis, BW Kadettin Tzimmek... Warum nur habe ich das Gefühl, als würden dem weiter folgen? Langsam setzte er sich in Bewegung und Azrael folgte ihm. „General, Sir, Sie haben mir noch nicht mitgeteilt, welche Konsequenzen mich erwarten.“ Jetzt, wo Cutter aufgewacht war, musste er sich seinem Fehler stellen, und Sephiroth hatte noch nicht mit ihm darüber gesprochen. Mit dem Schlimmsten rechnend wartete er auf die Entscheidung. Selbige fiel erwartungsgemäß sachlich aus. „Wäre... wäre das alles, Sir?“ erkundigte sich Azrael. Der General hatte ihn nicht wie befürchtet entlassen, sondern lediglich angeordnet, Cutter bei der zu erwartenden Recherche mit voller Kraft zu unterstützen, in aller Deutlichkeit auf die Gefahren der schwarzen Line hinzuweisen, sollte er je wieder von einer der ihm anvertrauten Personen darauf angesprochen werden, und des weiteren auch in allen zukünftigen Büchern von „Lerya Zelgral“ Stillschweigen über dieses gefährliche Phänomen zu wahren. „Von meiner Seit aus, ja“, beantwortete Sephiroth die Frage. Lautlos fügte er hinzu: denn auch ich habe die Situation unterschätzt. Und ich kann andere unmöglich für denselben Fehler schwerer bestrafen als mich selbst. Was Cutter anging... Es war nicht ihre Art, mit Wissen zu prahlen. Sie würde dieses Abenteuer für sich behalten. Gemeinsam mit Geryll bog er um eine Kurve, und der sich ihnen dahinter bietende, höchst amüsante Anblick bewog beide Männer dazu, augenblicklich stehen zu bleiben. 1st Class SOLDIER Zack Fair kam strahlend über den Flur in Richtung Krankenhausübergang gestiefelt. In seinen Händen hielt er den größten Eisbecher, den Sephiroth jemals gesehen hatte. Ganz offensichtlich bekam Cutter Besuch. Zur großen Erleichterung aller in den Fall involvierten gab es keinen Rückfall in den Wahnsinn. Die Anspannung legte sich, und als Cutter nach wenigen weiteren Tagen entlassen wurde und unter Azraels Aufsicht vorsichtig wieder in die Lines ging, taten sich keine Probleme auf. Es schien, als hätte die Begegnung mit der schwarzen Line nie stattgefunden. Jetzt setzte der Teenager alles daran, den versäumten Stoff nachzuholen – und zu recherchieren. Irgendwo musste es doch mehr Informationen über die schwarze Line und 2nd Lines geben! Aber auch Azraels volle Unterstützung brachte sie nicht weiter. Alles Wissen hätte auch nach intensivster Recherche auf eine halbe DIN A 4 Seite gepasst, und Cutter wusste nicht, ob sie enttäuscht oder entsetzt sein sollte. „Vergiss es einfach“, versuchte Zack als einer der wenigen Eingeweihten zu trösten und knuddelte den Teenager. „Sei froh, dass du heil zurückgekommen bist.“ Aber trotz ihrer großen Dankbarkeit dafür - Cutter konnte nicht. Die hinter ihr liegenden Erlebnisse trieben sie ruhelos vorwärts, aber sie waren Nichts im Vergleich zu allem, was bis zu den Prüfungen noch vor ihr liegen sollte. Es hatte als abendliche Routinepatrouille in den Slums begonnen und endete in einem Feuer, dessen überwältigende Hitze atmen selbst in Hundert Metern Entfernung kaum möglich machte. Das prasseln der Flammen erfüllte die Luft wie Hohngelächter auf die wirkungslosen Löschversuche. Cutter stand in einigermaßen sicherer Distanz zu all der Hitze, die Hände zu Fäusten geballt, und starrte in den rotglühenden Eingang. Ein Waffendepot unter einem Kinderheim anzulegen war schon unverzeihlich, aber dieses Depot in die Luft zu jagen während SOLDIER die Kellerräume untersuchten und sich in den oberen Räumen friedlich schlafende Kinder und Aufsichtspersonal befanden, war absolut gewissenlos von den Rebellen gewesen. Sephiroth hatte sofort neue Befehle erteilt, und jetzt versuchten die SOLDIER aus der Flammenhölle so viele Leben zu retten wie möglich. Dank des Makos kamen sie mit Rauch und Hitze wesentlich besser zurecht, als es je ein Zivilist vermocht hätte, aber langsam näherten auch sie sich ihren Grenzen. Eben tauchte wieder eine große Gestalt aus den Flammen auf, und Cutter erkannte mit Erleichterung, dass es Sephiroth war. Der General setzte zwei kleine verängstigte Kinder bei den schon geretteten ab und wandte sich an eine der Erzieherinnen. „Wie viele fehlen noch?“ Er musste förmlich schreien um das fauchen des Feuers zu übertönen. „Ein Mädchen. Jilly!“ In den Augen der Frau standen Tränen, während sie die beiden Neuankömmlinge an sich drückte. „Etwa diese Größe, zierlich mit blonden Haaren... Sie ist erst 2 Jahre alt, Sir...“ Cutters Atem stockte vor Entsetzen. Noch so klein... Vielleicht wäre ich in der Lage, sie zu finden. Wenn ich nur... „Wir finden sie.“ Sephiroth aktivierte sein Headphone und gab die Nachricht an alle Missionsteilnehmer weiter, ehe er Cutter mittels eines einzigen scharfen Blickes instinktiv jegliche Einmischung untersagte und sich entschlossen wieder dem brennenden Gebäude näherte. Urplötzlich erfüllte ein neues, den Boden erzittern lassendes Geräusch die Luft. Flammen schossen meterweit aus dem Eingang wie eine gierig leckende Zunge. Ein SOLDIER taumelte aus der rotglühenden Hölle und fiel nach Atem ringend neben Sephiroth auf alle viere. „Die Treppe ist zusammengestürzt, Sir. Die oberen Stockwerke sind somit absolut unerreichbar, es...“ Irgendetwas krachte polternd nach unten und versperrte den Eingang in das tobende Inferno unwiderruflich. „Sir“, röchelte der SOLDIER, „Zack ist noch drin!“ Sephiroth half dem Mann wieder auf die Beine und trat auf den Eingang zu, griff nach Masamune, entschlossen, sich einen Weg zu bahnen... und ließ die Waffe wieder sinken. Er wusste nicht, wo genau Zack war, das Gebäude brannte und stand, den Geräuschen zufolge kurz davor, endgültig einzustürzen. Jede unüberlegte Bewegung konnte den Vorgang beschleunigen... Der General aktivierte sein Headphone und versuchte, Kontakt mit dem 1st aufzunehmen, aber nur Stille antwortete ihm, erforderte eine sofortige Strategieänderung. „Cutter!“ „Ich bin dran, ich bin dran! Aber dieses Feuer ist so stark, dass es alle anderen Lines überdeckt, ich... ich kann Zack nicht orten, weder mit der Schwertline, noch mit der des Headphones oder der Kleidung... Ich habe nur die Feuerline vor mir!“ Und die schwarze Line. Knapp unterhalb der des Feuers. Ihr Puls dumpf und dunkel, beherrschend und lockend zeitgleich. Sie wartete. Unter ihr zeichneten sich verschwommen und unscharf die Welt der 2nd Lines ab. Irgendwo dort war auch Zacks Line. Die einzig mögliche Rettung. Aber der dazu führende Weg... Die sanfte Stimme ihrer Retterin erklang in Cutters Erinnerung. „Du benötigst einen mentalen Fokus in der normalen Welt. Nur ein mentaler Fokus ist in der Lage, deinen Geist sicher aus den Lines der Menschen zurück in deinen Körper zu bringen. Er ist der Anker deiner Seele.“ Der Anker meiner Seele, dachte Cutter. Die bedeutungsvollste Sache meiner Welt... Aber meine Welt ist so klein und hat kaum Beständigkeiten! Was, wenn mir dieser mentale Fokus noch nicht begegnet ist? Und wenn es ihn schon gibt... Woher soll ich wissen, was stark genug ist, um mich zu beschützen? Oder wer? Beschützen... dieses Wort erzeugte ein heftiges Echo, weckte eine Erinnerung. „Wir sind ein Team. Wir helfen und beschützen uns gegenseitig, wenn die Situation es erfordert...“ Ja. So waren Sephiroths Worte gewesen. Das und noch so vieles mehr hatte aus den tanzenden Schatten im Herzen des Teenagers etwas neues, noch nie da gewesenes geformt. Vertrauen. In sich selbst. In andere. Und Sephiroth selbst war... War er, trotz all der Kühle und Distanziertheit, die nur in seltenen, flüchtigen Momenten dünne Risse aufwiesen, nicht wie ein starker Anker? Cutter mochte ihn. Sehr. Sei ehrlich, dachte sie. Du bist in ihn verliebt. Aber reichte das aus? Eine wilde Mischung aus Verzweiflung und Hoffnung in sich tragend, sah sie zu dem mittlerweile neben ihr stehenden und vom Licht des tanzenden Feuers überströmten Sephiroth auf. Kann es wirklich sein, dass du... „Ich weiß es nicht!“ stieß sie verzweifelt hervor. „Ob ich alles richtig verstanden habe. Und ich... ich fürchte, es hat mit Ihnen zu tun, Sir, und... und... ich will Sie nicht mit reinziehen, und ich weiß nicht, ob es funktioniert, wenn ich falsch liege, mache ich alles nur noch schlimmer, ich...“ „Cutter.“ Sephiroths Stimme wurde eins mit dem prasseln der Flammen ohne den vertrauten Kern der tief unter der Kälte liegende Ruhe zu verlieren. „Wenn du die Konsequenzen ertragen kannst - tu es!“ Die Konsequenzen... War der Preis, bei einem Irrtum erneut dem Wahnsinn zu verfallen, zu hoch, um Zack zu retten? Jemand, der Cutters Einsamkeit beendet und sie davon überzeugt hatte, ein liebenswerter Mensch zu sein... Dessen Kampf für sie immer furchtlos gewesen, und bei dem sie sicher gewesen... der zu einem Freund geworden war... Nein, dachte Cutter. Und sogar wenn ich mich irre... ich muss es wenigstens versuchen. Ich muss! Die Frau im Dschungel hatte kein Wort darüber verloren, wie man etwas zu einem mentalen Fokus machte. Vermutlich gab es tausend Möglichkeiten. Oder mehr. Aber jetzt gab es nur einen Wunsch, dessen Erfüllung vielleicht der Schlüssel zu Rettung war. Ein letztes zögern. Dann streckte Cutter die Hand nach den silberfarbenen, zu ihr herunterwehenden Haarsträhnen aus. Sephiroths Kopf folgte dem kaum wahrnehmbaren Zug, bis er sich auf der richtigen Höhe befand. Cutter bewegte sich vorsichtig nach vorne und schloss die Augen. Bitte, dachte sie, bitte... In all dem aus so vielen unterschiedlichen Einzelheiten bestehenden, perfekten Chaos fiel niemandem der Kuss auf. Es war Cutters erster Kuss. Sie hatte in schlaflosen Nächten davon geträumt, wie es alle Teenager taten die sich noch nicht wirklich vorstellen konnten, von jemand anderem so sehr gemocht zu werden... selbst jemand anderen so sehr zu mögen... sie war sich albern und glücklich, schwer und leicht gleichzeitig vorgekommen... Aber niemals hätte sie sich träumen lassen, dass es so sein würde. Sephiroths Lippen waren voll und weich. Warm. Weder erwiderten sie den sanften Kuss, noch sträubten sie sich. Das Gefühl war unvergleichbar, auch, wenn die Berührung nur wenige Sekunden dauerte. Als Cutter die Augen langsam wieder öffnete, sah sie direkt in unergründliches, eisiges grün, tief und geheimnisvoll, durchbrochen nur durch einzelnen Haarsträhnen... Sephiroth wusste nicht was er fühlen oder denken sollte. Er war der „silberne Dämon“, wie sie ihn auf dem Schlachtfeld nannten, gefürchtet, gemieden, verehrt, eine lebende Legende, ein Held, respektiert, ja verdammt, ein Idol, General von SOLDIER, die ganze Welt kannte seinen Namen... ... und dieser Teenager erdreistete sich... „Was hast du getan...?“ Obwohl er nur flüsterte wohnte der Frage eine drängend scharfe Betonung inne, die zur Beantwortung innerhalb der nächsten 3 Sekunden riet. Cutter ließ die sachte gefassten Haarsträhnen los und lauschte angespannt in sich hinein. „Ich weiß es nicht“, flüsterte sie. Alles fühlte sich an wie immer. Aber andererseits... wusste sie nicht, wie es sich anfühlen musste! So eindringlich wie die Dschungelfrau jedoch gesprochen hatte... Cutter war sich ziemlich sicher, dass sich der Fund seines mentalen Fokus definitiv irgendwie hätte bemerkbar machen müssen... Oder? Ein unheilvolles knirschen aus der Richtung des brennenden Hauses setzte schlagartig neue Prioritäten. Und Cutter begriff, dass es nur eine Möglichkeit gab, herauszufinden, was der Kuss wirklich ausgelöst hatte. „Sir, egal wie es für mich ausgeht – ich werde Zack finden und Ihnen seine Position mitteilen.“ Ihre Stimme klang ruhig, gefasst. „Wenn ich nicht zurückkomme, könnten Sie ihm etwas ausrichten, Sir? Sagen Sie ihm bitte Danke schön für alles. Und ich hoffe, dass Sie mir all den Ärger, den Sie meinetwegen hatten und vielleicht noch haben werden, verzeihen können.“ Sie lächelte schüchtern. „Und Ihnen auch vielen Dank, Sir. Sie... sind großartig!“ Dann schloss sie die Augen. „Cut...“ Er verstummte, wissend, dass es ihm nicht gelingen würde, den Teenager zurückzuholen. Sie war zu gut mit den Lines geworden. Und verdammt schnell. Sephiroth richtete sich wieder auf und sah hinüber zu dem immer noch fast gleißend hell brennenden Haus. Zack... Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Cutter zu, deren Gesichtsausdruck höchste Konzentration verriet. Er konnte ihr nicht helfen, musste sie einmal mehr das Risiko alleine tragen lassen. Wenn sie sich irrte – bei was auch immer -, das war völlig klar, würde sie erneut dem Wahnsinn verfallen. Neben ihm fiel der Teenager unvermittelt auf die Knie. Und Sephiroth wusste, dass innerhalb der nächsten Sekunden eine unwiderrufliche Entscheidung fallen würde. Das Maul einer verdammten feuerspuckenden Bestie! Flammen wohin das Auge sah. Luft? Nichts als beißende Hitze. Jeder Atemzug schmerzte in den Lungen. Aber Zack wollte, musste atmen. Durchhalten. Und das längst nicht mehr für sich allein. Das kleine Mädchen in seinen Armen war längst ohnmächtig geworden, und Zack hoffte inständig auf einen starken Überlebenswillen. Vorsichtig bewegte er sich weiter vorwärts. Die verdammte Treppe war genau vor ihm zusammengebrochen, die heraufschießenden Flammen hatten jeden Sprung unmöglich gemacht, und die trotz aller Schwierigkeiten durchgeführte Suche nach einem alternativen Fluchtweg, war erfolglos geblieben. Sein ausgesprochen guter und auch in diesem Backofen einwandfrei funktionierender Orientierungssinn informierte, dass sich der 1st, anderer Möglichkeiten beraubt, im Kreis bewegte. Ein Kreis, der immer kleiner und kleiner wurde, ihm nur noch eine einzigen Ausweg ließ. „Hilft alles nichts, meine Süße... Wir müssen zurück zur Treppe und springen. Aber hab keine Angst, ich passe auf dich auf!“ Entschlossen kämpfte er sich seinen Weg zurück. Cutter verließ die schwarze Line, deren Durchquerung sich diesmal wesentlich kürzer angefühlt hatte, und fand sich in der bunten Welt der 2nd Lines wieder. Alles war genau wie bei ihrem ersten Besuch. Und dieses Mal musste sie keine kostbare Zeit mit Überlegungen verschwenden. Ein einziger Gedanke an den 1st mit den wilden schwarzen Haaren und dem frechen grinsen reichte aus, und eine Line löste sich aus dem bunten auf und ab ihrer Geschwister, trat klar sichtbar in den Vordergrund. Die normalen Lines sickerten dazu und verrieten binnen Sekunden Zacks genauen Standort. Eine von unten nach oben wachsende, jegliche Sicht nehmende Wand aus Feuer begrüßte ihn dort, wo einst die Treppe gewesen war, und Zack wusste, es würden die vielleicht schlimmsten Schmerzen seines bisherigen Lebens werden. Aber das Kind in seinen Armen verdiente eine Rettung, eine Zukunft... „Versprich mir, dass du nett heiratest und glücklich wirst. Deal? Ok!“ Er holte tief Luft und machte sich bereit zum Sprung in die Flammen. Überglücklich darüber, den 1st gefunden zu haben, trat Cutter so schnell es ging den Rückweg an. Diesmal gelang es ihr, bei Bewusstsein zu bleiben, und dank dieses Bonus konnte sie am äußersten Rand der schwarzen Line anhalten... Um auf das sie Erwartende zu sehen. So..., dachte der Teenager und war erstaunt über die erfüllende und im Grunde völlig fehlplatzierte Ruhe. Wahnsinn fühlt sich also nicht nur an wie Splitter, er ähnelt ihnen auch optisch ein wenig. Es hat nicht geklappt. Ich habe mich geirrt. Und werde zerbrechen. Diesmal endgültig. Aber ich muss dem General sagen, wo Zack ist. Er wird ihn retten können. Und das war´ s wohl wert. Seltsam. Ich bin... nicht mal traurig. Nur... erleichtert, dass Zack nicht sterben wird. Ruhig und unverwandt auf den sich langsam näher schiebenden und unausweichlichen Wahnsinn sehend, gab Cutter die nötigen Informationen weiter und verfolgte mit Hilfe der Lines den Verlauf der Rettungsaktion. Flirren und knistern in der Luft. Zack kannte dieses Geräusch. Das war kein Feuer, sondern... Materia! Irgendwo aktivierte jemand Materia! Die Feuerwand vor ihm begann zu flackern und in sich zusammen zu sinken, bäumte sich auf... wieder dieses flirren... das Feuer wurde schwächer... Irgendjemand hilft mir, dachte Zack verblüfft, aber woher weiß er, wo ich bin und was ich vorhabe? Vor ihm wurde das Feuer von erschreckend schnell schmelzendem Eis gedämpft, aber wer auch immer die Materia benutzte, er tat es immer und immer wieder, bis Zack einen Punkt zum landen anvisieren konnte. Der 1st zögerte keine Sekunde, sprang und landete sicher auf der angepeilten Stelle. Urplötzlich tat sich vor ihm die Möglichkeit auf, diese Gluthölle zu verlassen, und Zack zögerte keine Sekunde, drückte das Kind eng an sich, rannte los und legte alle Kraft in den befreienden Sprung. Hitze und Feuer schlugen über ihm zusammen raubten ihm für einen Moment alle überlebensnotwendigen Eigenschaften... Dann empfing ihn erneute Hitze, aber es war nicht die aufgestaute des Hauses. Hinter ihm setzte ein ohrenbetäubendes Krachen und Bersten ein, und Zack legte alle übriggebliebenen Energiereserven in einen letzten Sprint, schuf sichere Distanz zu dem in sich zusammenbrechenden, funkenstiebenden Gebäude. Eine Frau, die definitiv nicht zu ShinRa gehörte, kam ihm entgegengelaufen. Zack drückte ihr seine kostbare Fracht einfach in den Arm und ließ sich hustend zu Boden fallen. Langsam verblasste das Gefühl, immer noch Gefangener des Feuers zu sein. Er reckte den Kopf, wollte nach dem Mädchen sehen, kam aber nicht dazu. Jemand fiel ihm noch im liegen um den Hals. „Sie sind ein Held, Sir! Jilly geht es gut... Wie kann ich Ihnen das nur danken??“ Zack blinzelte. Oh... Er grinste. „Wie wäre es mit einem Abendessen, schöne Frau?“ Sephiroth sah mit grimmiger Miene zu dem 1st hinüber. Und schon flirtet er wieder mit irgendwelchen Frauen... Um den muss ich mir keine Gedanken machen. Cutter hingegen... Der Teenager saß immer noch neben ihm auf den Knien, in sich zusammengesunken, bewegungslos, und der General hatte kein gutes Gefühl. Es hat Spaß gemacht, dachte Cutter. Ab einem gewissen Punkt war es fast ausschließlich... absolut genial! Wahnsinn näherte sich ihr langsam, begann, sie von allen Seiten einzukreisen. Ich habe so viel gelernt. Über mich, andere, die Welt... Wie es ist, Freunde zu haben. Wärme zu spüren. Und, vielleicht das Wichtigste – wie es ist, sich zu verlieben. Das hat wirklich Spaß gemacht. Auch, wenn er es nie erfahren wird... Erste Ausläufer des unaufhaltsamen Schicksals überschatteten die Ränder ihres Bewusstseins während Cutters Gedanken weiterhin bei Sephiroth weilten. . Du warst nie sauer, dabei war ich so oft nicht mehr als... ein begeistertes Schussel... und mit Sicherheit kein Paradebeispiel für einen guten Kadetten. Es macht nichts, dass du nicht mein mentaler Fokus bist. Dass du da warst, reicht aus. Es schlug über ihr zusammen. Erste feine Risse, Vorläufer eines mentalen Scherbenmeeres, begannen sich in ihrem Bewusstsein zu zeigen und wurden schnell zahlreicher, tiefer, begleitet von rein spürbarem, unheilvollen knistern... Erinnerungen die Sephiroth betrafen flammten in rasanter Reihenfolge in Cutters Kopf auf und erloschen ebenso plötzlich wieder, ließen den Teenager lächeln. Eine letzte Erinnerung schob sich in ihr flackerndes Bewusstsein: der Moment, in dem ihr schon so lang zurückliegender Sturz vom Dach eines der ShinRa Gebäude völlig unverhofft in den Armen des legendären Generals und Schwertkämpfers geendet hatte. Sephiroth... SEPHIROTH!!! Irgendetwas zerbrach. Aber es war nicht Cutters Bewusstsein. Sondern die schützende Hülle um etwas tief in ihr, sogar noch tiefer als die mentale Ebene, etwas, das vielleicht schon immer oder erst seit kurzer Zeit existierte... Es zerbrach unwiderruflich. Setzte den wohl gehüteten Kern frei, ließ ihn erwachen mit der Intensität einer Naturkatastrophe und der Sanftheit des ersten Sonnenstrahls nach einer besonders dunklen Nacht. Der Cutter umgebende Wahnsinn schmolz binnen eines Sekundenbruchteils dahin, als habe es ihn nie gegeben. Bewusstseinsrisse heilten innerhalb weniger Augenblicke. Klarheit durchströmte den Teenager. Ruhe. Und die sichere Gewissheit, dass ihr keine Gefahr mehr drohte. Völlig unvermittelt erfasste heftiger Schwindel Sephiroths Gedanken, verschwand aber genauso plötzlich, wie er aufgetaucht war. Unmittelbar neben ihm atmete Cutter hörbar ein und aus, dann öffneten sich ihre Augen wieder... mehrfaches, ungläubiges blinzeln... Ein weiterer Moment völliger Bewegungslosigkeit... Dann sah der Teenager langsam auf. Sephiroth begegnete dem Blick unerschrocken, auf alles gefasst... Einen kurzen Moment lang starrten sich SOLDIER Legende und Teenager an... „Blue Wanderer Kadettin Cutter Tzimmek meldet sich zurück, Sir!“ Ihre Stimme war nur ein flüstern, wurde aber stärker als jähe Begeisterung darin erwachte. „Es hat geklappt! Es hat funktioniert!! Ich bin... Es hat geklappt!!!“ Dann wandte sie sich, nach Zack suchend, um – und musste unwillkürlich lachen. Der 1st war dabei, sich von einer jungen, gut aussehenden Frau aufhelfen zu lassen, aber das grinsen in seinen Augen verriet, dass er es problemlos auch allein geschafft hätte. Cutter kam wieder auf die Beine und sah Sephiroth an. „Es hat geklappt...“ Zweifellos. Sephiroth parierte das begeisterte funkeln ihrer klaren Augen mit der üblichen Kälte, verschränkte die Arme vor dem Brustkorb und forderte mit einem harten: „Also?!“ eine Antwort auf die vor der Rettungsaktion gestellte Frage ein. Seine Distanziertheit bewirkte, dass sich der Teenager wieder zusammenriss. Um die wesentlichen Punkte bemüht, begann sie zu erklären was im Inneren des Zeltes vor sich gegangen und was sie gerade getan hatte – aber es dauerte trotzdem mehrere Minuten, ehe sie zu einem Ende kam. „Mentaler Fokus!“ wiederholte der General mit undefinierbarer Betonung, während er das gehörte verarbeitete. „So hat sie´ s genannt“, bestätigte der Teenager relativ kleinlaut und wich seinem Blick aus. Jetzt, wo der Adrenalinspiegel ihres Blutes sich wieder normalisierte, wurde ihr erst wirklich bewusst, was sie getan hatte. Und ihre Gedanken rasten. Ich habe ihn geküsst, ich habe General Sephiroth Crescent geküsst, 2nd Lines hin oder her, aber, verdammt, ichhabegeneralcrescentgeküsst! Ist er sauer? Natürlich ist er sauer, er zeigt es nur nicht. Ich bin so gut wie tot. Glaube ich. Was soll ich jetzt machen? Was wird er jetzt machen?? „Das heißt, die 2nd Lines sind ab jetzt dauerhaft und gefahrlos für dich erreichbar?“ „Ich glaube... Ja, Sir!“ Soll ich ihn fragen, ob er sauer ist? Und wenn er „ja“ sagt? Was dann? Aber er würde nie zugeben, wenn er es wäre, er... Oh Shiva, ich habe... Was soll ich nur machen? Ihr Blick tastete sich über all das schwarze Leder vorsichtig wieder hinauf zu seinem Gesicht (über seine Lippen) hinauf zu den Augen, kauerte sich vor der Mauer aus Kälte zusammen. Sephiroth sah hinunter zu dem sichtlich verlegenen Teenager, schweigend, erhaben, und wusste immer noch nicht, wie er sich verhalten sollte. Der Glaube, nichts könne ihn mehr überraschen... Ein Irrtum. Nun gut. Im Grunde war er es gewohnt, dass sein Körper von anderen benutzt wurde, um an Informationen zu gelangen. Cutter war... nur einer mehr. „Dann hast du ja jetzt, was du wolltest.“ Seine Stimme war so eisig, dass sie schmerzte. Er wandte sich um, und so entging ihm der entsetzte Aufschrei, der durch die Augen des Teenagers raste. Nein, dachte Cutter verzweifelt. Nicht so... Ich wollte dich nicht benutzen... dich mit meiner Zukunft belasten... Ich... Sephiroth war schon einige Schritte gegangen als das leise „Sir?“ hinter ihm erklang. Im Grunde wollte er nicht, hielt aber trotzdem an. Sie befanden sich schließlich immer noch auf einer Mission. Gut möglich, dass der Teenager noch eine Meldung vorzutragen hatte. Ihre Stimme änderte sich nicht, blieb weich und erweckte den Anschein von endloser Zerbrechlichkeit. „Das... das war mein erster Kuss, Sir. Ich bekomme ihn nie wieder zurück, er gehört für alle Ewigkeiten Ihnen. Aber... ich... ich will ihn auch gar nicht zurück. Ich hoffe... nein, ich... weiß, dass er bei Ihnen gut aufgehoben ist. General Crescent, Sir.“ Der erste Kuss... oder der letzte... Sephiroth konnte dem nichts abgewinnen. Es besaß keine Schwere, keinen Tiefgang für ihn. Es war eine Berührung. Der Kadettin ohne vorherige Kenntnis der Details die Erlaubnis zu geben, irgendetwas zu tun, war... dumm gewesen. Aber nun ließ es sich nicht mehr rückgängig machen. Auf den Gedanken, Liebe könne eine Rolle spielen, kam er nicht für eine Sekunde. Mentaler Fokus, dachte Sephiroth, mir scheint, nicht nur sie hat Konsequenzen zu tragen. „Cutter“, seine Stimme klang völlig normal, verriet nichts von seinen kritischen Gedanken, „erinnere bitte Zack daran, dass wir uns immer noch auf einer Mission befinden.“ „Ja, Sir!“ Gehorsam, aber sichtlich unglücklich befolgte sie den Befehl. Es wurde spät, ehe sie sich auf den Rückweg ins HQ machten. Zack verließ den bisherigen Platz neben seinem Lieblingsteenager, schob sich etliche Meter weiter vorne neben Sephiroth und warf einen kurzen Blick in dessen Richtung. „Danke für die Rettung.“ Er grinste. „Offensichtlich bin ich dir immer noch nicht genug auf die Nerven gefallen.“ Dann wurde er schlagartig etwas ernster. „Cutter hat die 2nd Lines geknackt.“ Er lächelte. „Das ist großartig. Ich freu mich für sie. Und werde auch nach keinen Details fragen.“ Stille. Dann: „Wow. Azrael wird einen Herzinfarkt kriegen vor lauter Freude, wenn er das erfährt.“ Dann verstärkte sich sein lächeln. „Ich wusste immer, dass sie etwas ganz besonderes ist. He?“ Er warf dem großen Schwertkämpfer neben sich einen irritierten Blick zu. „Du sagst mir gar nicht, dass ich still sein soll.“ Weil ich dir nicht zuhöre, Zackary, dachte Sephiroth ohne sichtbar zu reagieren. Cutters Worte ließen ihn nicht mehr los. Das Mädchen hatte die Wahrheit gesagt, das wusste er mit Sicherheit. Aber diesmal konnte er damit nichts anfangen. Es musste... mehr dahinter stecken. Viel mehr. Und er wollte es verstehen, wie der Teenager es verstand. Aber dazu, so sehr es ihm missfiel, würde er Hilfe brauchen... Hilfe, die sich dessen nicht bewusst sein durfte. Glücklicherweise befand sich die Lösung genau neben ihm. „Zack, melde dich auf der Krankenstation, wenn wir zurück sind.“ „Nicht nötig, ich bin topfit.“ „Das war ein Befehl, SOLDIER.“ „Sir, bei allem Respekt, ich bin zu müde für Endloswartezeiten auf der Krankenstation. Ich habe keinerlei körperlichen oder geistigen Verletzungen.“ Eine Sekunde später kollidierte das gedankenschnell gezogene Busterschwert mit der legendären Waffe des Generals. „Körperliche Fähigkeiten sind ok“, kommentierte Sephiroth sachlich während er das Katana nach dem erfolgreich durchgeführten Überraschungsangriff wieder griffbereit verstaute. „Das“, jappste Zack, beide Hände noch am Griff seines Busterschwertes, „war hinterhältig von dir!“ „Und erst der Anfang. Wie lautet Paragraph 143c des SOLDIER Kodex?“ „Wenn bei Feierlichkeiten Kuchen und Schlagsahne gereicht wird, lass immer genug Sahne für deinen General übrig?“ Er rollte ungeachtet Sephiroths Blick mit den Augen. „Was weiß ich? Diesen Kram konnte ich mir noch nie merken. Frag mich, was ich weiß.“ „Zum Beispiel über Frauen, was?“ „Wäre ein guter Anfang. Hast du diese Erzieherin gesehen? Genau mein Typ!“ Er grinste vergnügt. „Sie ist mir um den Hals gefallen. Und morgen Abend gehen wir essen!“ Er hatte Zack schon auf der richtigen Spur. Jetzt galt es, ihn unbemerkt weiter zu treiben. „Du lässt keine Gelegenheit aus.“ „Nein, Sir!“ Dann lachte er vergnügt. „Die Frauen lieben mich. Da kann man nichts machen.“ „Und das neuste Zielobjekt ist schon in Sicht.“ Er gab sich große Mühe, gelangweilt zu klingen. „Du wirst sie ausführen, das Essen bezahlen...“ „Das mit Sicherheit.“ „Sie zu ihrer Wohnung bringen...“ Immerhin erzählte Zack ständig von diesen Dingen. „Ich lasse kein Mädchen alleine nachhause gehen.“ Diesmal klang er ernst. „Das hier ist Midgar.“ „... und den ersten Kuss ihres Lebens für dich beanspruchen. Sofern es noch einen gibt.“ Er hätte mit einem nicken gerechnet, begleitet von Zacks typischem, frechen grinsen. Aber diesmal... „Hey, stopp! So gemein bin ich nicht.“ „Es ist nur ein Kuss.“ Zack schüttelte den Kopf. „Der allererste Kuss nicht.“ Sephiroths spöttischen Blick ignorierend fuhr er etwas leiser fort: „Dieser Kuss ist – wenn man sich bewusst darüber ist, was man tut, und ihn nicht aus Spaß verschwendet – ein Geschenk.“ „Du solltest dich doch auf der Krankenstation melden.“ Ein Geschenk? Die Erklärung... reicht nicht aus. Es deckte sich einfach nicht mit dem Ausdruck in Cutters Augen. Und als hätte Zack das geahnt... „Spotte nur. Aber ich könnte mir ohne weiteres vorstellen, dass zum Beispiel unsere Cutter...“ „Es ist nicht unsere Cutter“, sagte Sephiroth automatisch, aber bestimmt. Seiner Überzeugung nach konnten Menschen niemals anderen Menschen gehören. Man konnte ihnen Befehle erteilen, sie unterwerfen, brechen, gefangen halten, sogar töten... aber letztendlich blieb jeder Mensch das Eigentum seiner selbst. Ein schwer zu berechnendes Wesen mit einem freien Willen. „... sich dessen völlig bewusst ist“, fuhr Zack unbeeindruckt fort, „und ihren ersten Kuss nur jemandem gibt, den sie wirklich mag. Ich wäre es ja nur zu gerne selbst, aber... das habe ich nicht verdient.“ Er seufzte leise und lächelte versonnen. „Wer auch immer es sein wird, ich hoffe für ihn, dass er es zu schätzen weiß. Ansonsten mach ich ihn nämlich platt!“ Sephiroth reagierte nicht. Schweigend und aufmerksam lauschte er dem langsam einsetzenden Begreifen tief in sich. Zacks Worte synchronisierten sich völlig problemlos mit dem Ausdruck in Cutters Augen. Als sei das eine die Übersetzung des anderen... „Du redest noch wirrer als sonst“, unterbrach er den Redestrom des SOLDIERs neben sich. „Also befolge meinen Befehl! Und jetzt nimm Cutters Platz ein und schick sie zu mir.“ „Ja, Sir“, seufzte Zack geschlagen. Nur Sekunden später tauchte der Teenager an seiner Stelle auf. „Sie wollten mich sprechen, Sir?“ „Vor allem wollte ich dich im Augen haben. Wie wir beide wissen neigst du dazu, dich in dir über den Kopf wachsende Situationen zu verstricken.“ Einen Moment lang gingen sie nebeneinander her, schweigend, jeder seinen Gedanken nachhängend. Die Sephiroths drehten sich hauptsächlich um die Tatsache, ab jetzt der mentale Fokus eines Blue Wanderers zu sein – und nicht einschätzen zu können, ob dies mehr bedeutete als den sicheren Rückweg aus den 2nd Lines zu gewährleisten. Cutter danach zu fragen war sinnlos, denn woher hätte sie es wissen sollen? Und laut ihren Aussagen hatte auch die Frau im Dschungel (mit der ein erneutes Gespräch höchst hilfreich gewesen wäre) kein Wort darüber verloren. Im Grunde hatte sie nur neue Fragen hinterlassen. Und, natürlich, eine intakte Cutter. Aber ich, dachte der General, fühle mich nicht anders als vorher. Vielleicht beschränkt sich meine Rolle wirklich nur auf den sicheren Rückweg. Er warf dem neben ihm gehenden Teenager einen kurzen Blick zu. Auch ihrem Gesichtsausdruck war zu entnehmen, dass sie intensiv nachdachte. Vermutlich über genau dasselbe Thema. Sie... bemerkte seinen Blick und sah auf. „General Crescent, Sir? Sind Sie sauer auf mich?“ Um ein Haar hätte sich Sephiroth zu einem „Was?“ hinreißen lassen, bekam seine Verblüffung aber noch rechtzeitig unter Kontrolle. Während ich versuche, mir über diese mentale Fokus Geschichte klar zu werden, ist es ihre größte Sorge, ob ich auf sie... sauer bin? Es gibt momentan wichtigere Themen! Abgesehen davon... Welchen Unterschied würde ein `Ja´ oder `Nein´ machen? „Ich hab´s wirklich nicht böse gemeint, Sir“, fuhr der Teenager so leise, dass nur Sephiroth sie verstehen konnte, fort. „Aber...“ Eine entscheidende Handbewegung ließ sie verstummen. „Kreative Probleme erfordern kreative Lösungen. Abgesehen davon... hattest du meine Zustimmung. Irgendwie. Aber in deinem eigenen Interesse würde ich von einer Wiederholung abraten.“ „Ja, Sir. Sir? Ich möchte nicht in Ihrer Haut stecken.“ Sephiroth, eine neue Absurdität ahnend, wandte den Kopf in Richtung des Teenagers, ging in Gedanken alle möglichen Gründe durch, kam zu dem Entschluss, dass es zu viele waren um mit Sicherheit sagen zu können, welchen Cutter meinte, und erkundigte sich schließlich danach. „Na ja...“ Ein kurzes, verschmitztes grinsen. „Sie müssen den Bericht hierzu schreiben, Sir.“ Seht sie euch an, dachte Sephiroth. Sie hätte sich vorhin verlieren können, diesmal für immer. Und jetzt? Läuft sie neben mir her, als sei dies ihr vom Universum vorbestimmter Platz und sorgt sich um meinen Gemütszustand und den Papierkram. Es ist... einfach nicht zu fassen. Dann huschte ein lächeln über sein Gesicht. „Hast du eine Ahnung, was ich in einem Bericht alles unter dem Oberbegriff `Blue Wanderer Unterstützung´ unterbringen kann!“ Er wusste, dass sie lachen würde, und irrte sich nicht. Dieses lachen... ohne die seltsame Frau im Dschungel wäre es nie wieder erklungen. Und obwohl Sephiroth etliche Fragen hatte, wusste er doch, dass die Chancen Cutters Retterin wieder zu sehen und Antworten zu erhalten, praktisch nicht vorhanden waren. Es fehlte einfach der entsprechende Grund. Sephiroth hakte das Thema ab. Wenn der Teenager die Prüfungen bestand, würden die verstreichende Zeit mit Sicherheit einige Rätsel lösen. Wenn... Seine nächsten Gedanken jedoch galten schon wieder den künftigen Geschehnissen. Außer dem zu schreibenden Bericht musste auch Azrael informiert werden, und da er mit Sicherheit Fragen haben würde, die zu beantworten Sephiroth außerstande war, lag die zweite Dreierkonferenz mit Cutter schon zum greifen nahe. Sephiroth seufzte unhörbar. Rebellen, Flammenfallen, mentaler Fokus, uneingeplante Küsse, bevorstehende Meetings... Alles, wonach der General sich jetzt sehnte, war eine heiße Dusche, etwas zu essen und ein paar Stunden ungestörten Schlafes. Und als sei selbst das unberechenbare ShinRa Universum müde, bekam er alles. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)