Schattentänzer von LimonenBaum (zwischen Dunkelheit und Licht wandeln sie im Schatten) ================================================================================ Kapitel 1: Begegnung -------------------- Mit einem letzten Sprung trat er auf die Lichtung, baute sich zu seiner vollen Größe auf, die nicht furchteinflößend oder bedrohlich wirkte, sondern vielmehr ein Zeichen der Ehrerbietung und der inneren Kraft war, die er ausstrahlte wie eine sichtbare Aura. Ja, die Schatten tanzen um ihn, hielten ihn gefangen, beteten ihn an, wie ihren Meister. Und doch wirkte diese Nachtgestallt einsam, so eingefügt in den dunklen Wald wie ein verlorenes Blatt. Anders als sie war er ein Teil dieser Welt, anders und doch auf merkwürdige Weise vergleichbar. Und war dies nicht Teil ihrer Verbundenheit? War sie nicht, wie eine kleine Schwester, mit der er das gleiche Schicksal teilte? Nein, vielmehr war sie ein Gegensatz zu ihm. Aber wer konnte wirklich erklären, weshalb diese beiden Wesen sich immer wieder fanden, im Strudel der Jahunderte ein ums andere mal auf einander trafen und Vertrautheit spürten wie zu einer genau gekannten Person? Nicht einmal er konnte es und sie vermutlich auch nicht. Zu feingliedrig und schmeichelhaft war seine Statur, als dass dieser galante Mann eine wahre, tierische Bedrohung darstellen konnte und doch hatte das Blitzen seiner Augen etwas wildes, ungestümes. Unruhig waren diese Seelenspiegel, als wäre das Wesen schon lange auf einer Suche ohne Ziel. Beiläufig streifte der Blick des Mädchens diesen Suchenden und blieb fast unabsichtlich ein wenig länger an ihm hängen. Sogleich legte sich der Ausdruck ehrlichster Freude in die makellos sanften Züge. Furchtlos trotz seines erhabenen Auftretens streckte sie die Hände unaufdringlich nach ihm aus und machte ein paar Schritte auf ihn zu, die so tänzerisch wirkten, als hätte sie eh in diese Richtung gewollt, als wolle sie garnicht zu ihm. Und dann verharrte sie in dieser Bewegung, ließ die Arme wieder sinken und neigte den Kopf ein wenig zur Seite um diesen alten Vertrauten zu mustern. Es drängte sie zu ihm, seine Züge zu streicheln und ihnen den Kummer zu nehmen, der so tief unter dem kalten Stein seiner blassen Haut verborgen war. Es drängte das Licht zum Dunkeln, es zu erhalten und erlösen. Und doch durften sie einander nie gehören. "Lange ist es her..." hauchte sie, ihren Gesang beendet und etwas überaus zärtliches hatte sich ihres Blickes bemächtigt, während ihre ruhig gewordenen Seelenspiegel an ihm hingen. Nichts weltfremdes mehr lag in ihnen, zuviel Sehnsucht hatte sich in die Safire genistet, als könnten sie noch länger entrückt wirkten. Doch gerade diese Sehnsucht erschien, als wäre sie ein Stern, den man bewundern und lieben, aber nie erreichen durfte. Welch menschliches Wesen konnte denn auch zu so tiefer Liebe fähig sein, dass jedes Gefühl sich in den klaren Zügen Ausdruck zu verschaffen schien? Sie war ein offenes Buch, wann immer sie ihm gegenüber stand. All die Geheimnisse, in Jahren und Jahrhunderten angesammelt, all die Schatten und Schemen, die ihre Lieblichkeit nur noch reizvoller gemacht hätten, alles war nichtig und vergessen, solange er nur an ihrer Seite war. "und die Abstände werden immer länger..." erwiederte der Schatten leise. Weich war seine Stimme und dunkel wie das raabenschwarze Haar, dass sich in seinem Nacken kräuselte. Verführung und stumme Angebote lagen in dieser Stimme, wie es ein Schatten stets zu benützen pflegte. Doch hatte er nicht vor seine alte Freundin zu verraten oder zu betören. Nein, dafür war der zaghafte Schritt in ihre Richtung zu unbeholfen und ungewohnt hilflos. Sie war für ihn wie ein Reh, dass bei dem kleinsten Geräusch davon rennen würde. Und er wollte sie doch halten, wollte sich an ihrem Zauber ergötzen und das Lichtbild in sich einbrennen um nie wieder dannach dürsten zu müssen. So stand er da, seinen Blick tief in das Farbspiel ihrer Seelenspiegel getaucht. Es war, als wäre der Wind ein Bote für sie. Zärtlich strich er durch ihr Haar und streifte im selben Atemzug seine Wange, trug die stumme Botschaft zwischen diesen beiden Wesen umher, als bräuchten sie keine Worte, als genüge allein ihre Anwesenheit, der Blick in ihre Augen, um für immer beieinander zu sein. "aber das schürrt nur die Freude auf ein nächstes Wiedersehen..." flüsterte sie leise, fast zaghaft und das herzerweichend offene Lächeln, dass so unbgefangen und frei wirkte, wurde ein wenig zaghafter, kurz schlugen sich die tiefen Wimpern schüchtern über ihren Blick und dann verminderte sie mit einer einzigen Bewegung ihrer zierlichen Beine die Distanz zwischen ihnen, legte die Arme um seinen Hals und schmiegte sich in einer Umarmung an ihn. Nun, diesen Schritt getan, war die Befangenheit so schnell verflogen wie sie gekommen war. Betört von ihrem Duft nach wilden Rosen und Wald, betört von der Wärme ihrer Haut, schloß er die Augen, legte seine Hände ebenso sorglos und freundschaftlich auf ihren Rücken und schmiegte die Glaspuppe an sich. Auch sie hatte ihre Augen geschloßen und lächelte sachte, der Betrachter dieses Bildes müsste atemlos bangen, wann der Schmerz zurück kehren würde, in die Augen dieser Liebenden. Er war ein Teil von ihnen, wie die Nacht und der Tag ein Teil von ihnen war. Nach einigen Momenten der erneuten Stille, die gefüllt war mit stummen Worten, sachten berührungen, dem erstasten des gegenseitigen Empfindens, löste er sich aus ihrer Berührung, hielt jedoch ihren weichen Körper ein wenig an sich geschmiegt. Nekisch legte sie das Haupt zur Seite und die goldenen Locken kräuselten sich um ihre nackte Schulter. Der Funke des kindlichen Feuers kehrte zurück in ihre Augen, nur die Züge, nur das Lächeln blieb ernst und zärtlich. Ein Hauch von Wehmut umwehte sie so fassbar, wie das Schlichte Tuch ihrer Kleidung. "wie ist es dir ergangen?" fragte sie leise und ihre behutsame Stimme, die unergründliche Sorge in der weichen Melodie, schmeichelte sich in sein Ohr und legte sich auf seine Haut, als wäre sie das Schattenwesen, das zu betören verstand. Nur waren ihre Gesten ehrlich und es schien ihm unmöglich, jemals erneut einer solch selbstverständlichen Ehrlichkeit zu begegnen. Sachte ließ er einen Finger über ihre makellosen Züge streifen, fuhr die jugendliche Haut nach, als müsse er sich alles genau einprägen. Dann seufzte er leicht und bei dieser Geste schmiegte sie sich ein wenig fester an ihn. Ja, sie war sein Halt. So sehr verboten wie geliebt. "die Zeit hinterlässt auch in mir Spuren. Die selben, wie ich sie bei dir finden kann..." erwiederte er ebenso sachte und leise, neigte das Haupt zur anderen Seite und ein kurzer Funke der selben nekischen Freude erhellte seine Augen, flüchtig und schon erloschen, bevor das schwarz sich wirklich aufhellen konnte. Das Mädchen nahm seine Hand in die ihre, barg seine suchenden Finger in ihrer Wärme und lächelte noch immer sachte, als wäre diese Geste das einzig beständige an ihrer wechselhaftigkeit, an ihrem Wandel von Freude zu Trauer. "und dabei sollte man meinen seien wir die einzigen Wesen, denen die Zeit nichts anhaben kann..." ein leises Lachen begleitete ihre Worte und im Walde stimmten ein paar Vögel, erfreut und begeistert durch diesen wundervollen Ton, mit in ihr Lied ein. Die Stille der Nacht sollte anfällig sein für solche Geräusche, aber ihr Lachen passte so perfekt in die Ruhe, in die vom Mondlicht geküsste Trance des Waldes, dass er für einen Moment die Augen schloß, um ihr nicht zu zeigen, wie sehr ihn dies schmerzte. Er war ein Meister darin, seine Gefühle zu verbergen, aber dieses Wesen schaute direkt durch die Spiegel seiner schwarzen Irise hindurch in seine Seele und was ihr Lachen in ihm auslöste, wollte er vor ihr verbergen. Als hätte sie auch dies erahnt legte sie nun ihrerseits eine Hand an seine Wange, zog die Züge seines Mundes nach, als wolle sie ein Lächeln auf dieses herbe, schöne Gesicht zaubern. Für einen kurzen Moment vergass sie ihr Lächeln, ließ auch ihr Lachen verebben. Denn sie wusste genau,was er vor ihr verbergen wollte. Wie konnte sie dies auch nicht wissen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)