Hide from the Sun von TheLoneWolf ================================================================================ Die zweite Nacht ---------------- Die zweite Nacht Der junge Firmenchef hatte einen langen und stressigen Arbeitstag hinter sich. Draußen dämmerte es bereits und der Schein der untergehenden Sonne tauchte die ganze Stadt in ein angenehm warmes Orangerot. Der letzte Termin, der heute noch anstand, war ein Meeting mit dem Leiter einer kleinen Corporation. Ein unbedeutender Kerl, genau wie seine Firma. Doch ständig hatte er irgendwelche Probleme und Beschwerden. Seto hatte keine Geduld für so etwas. Dieser Mann ging ihm einfach nur auf die Nerven. Wie Seto im Laufe des Gesprächs mit ihm erfuhr, war die Firma dieses Mannes nun Pleite gegangen und er machte den 19-Jährigen dafür verantwortlich. Doch Seto wusste genau, dass es an der Inkompetenz seines Gesprächspartners lag, dass dessen Firma nicht mit anderen konkurrieren konnte. Auch ohne die Kaiba- Corporation wäre er irgendwann unter gegangen und das machte Seto seinem Gegenüber unmissverständlich klar. Auch wenn dieser sich darüber sehr aufregte, der Brünette fühlte sich als Überlegener. Letztendlich beendete Seto das Gespräch, als er bemerkte, wie sein Geduldsfaden immer dünner wurde und kurz vor dem Reißen stand. Wütend ballte sein Gesprächspartner die Fäuste und rief dem jungen Firmenchef irgendetwas wie, dass es Kaiba noch eines Tages leid tun würde, was er getan hatte, hinterher. Dann führte ihn das Sicherheitspersonal zum Ausgang. Seto schenkte seinen Worten keinerlei Beachtung. Wie konnte eine einzelne Person nur so anstrengend sein? Doch er machte sich keine Gedanken darüber, was dieser Kerl ihm angedroht hatte. Solche Sätze hörte er öfters. Nichts als heiße Luft. >Endlich kann ich nach Hause fahren. Es nervt mich, dass diese Typen mich immer für ihr Versagen verantwortlich machen wollen<, dachte sich der 19-Jährige, als er sein Büro verließ, >es ist wirklich lächerlich, wie sich manche Leute aufführen. Als ob ich etwas für ihre Unfähigkeit könnte, oder ihnen Mitleid und Verständnis entgegenbringen müsste<. Der junge Firmenchef wollte einfach nur noch Heim. Heftig hämmerten Kopfschmerzen in seinem Schädel. Was hätte er jetzt für ein starkes Mittel gegen Migräne gegeben. Zum Glück musste er nicht selbst fahren. Aber der Fahrer wurde für seine Arbeit schließlich auch gut genug bezahlt. Noch in der Limousine schaltete Seto ein letztes Mal seinen Laptop ein. Sein Terminkalender war schon wieder reichlich voll. Meetings mit lauter Leuten, die er verachtete. Alles Schmeichler und Speichellecker, die nur an seinem Erfolg teilhaben wollten, weil sie es selbst zu nichts gebracht hatten. Doch was war das? Eine E-Mail! Um diese Zeit? Wer konnte denn jetzt noch etwas von ihm wollen? Es war bestimmt nichts Wichtiges. Irgendwelche Werbung vielleicht. Trotzdem beschloss er sie zu öffnen. Schnell huschten die blauen Augen des 19-Jährigen über den grell leuchtenden Bildschirm, als er die Nachricht las. „Sehr geehrter Kaiba-Sama, ich möchte Ihnen ein Angebot machen, das sie bestimmt interessieren dürfte. Sie sind ein Mann, der bekommen sollte, was er verdient. Treffen Sie mich morgen um Mitternacht am Hintereingang der Kaiba- Corporation. Hochachtungsvoll A.N.“ Was zum Teufel sollte das? Seto fragte sich, was er von diesem zwielichtigen Angebot halten sollte. Es war nicht so, dass er Angst hatte. Nein, ein Seto Kaiba kannte keine Angst! Angst war etwas für kleine Kinder und Frauen. Aber er war doch nicht dumm. Er konnte sich genau vorstellen, was dieser Fremde wollte. Hielt er ihn denn wirklich für so naiv. Dieser Kerl hatte es nicht einmal verdient, dass man ihm auf seine Nachricht antwortete. Zumindest nahm der junge Firmenchef an, dass es ein Mann war, der ihm da geschrieben hatte. Frauen schrieben anders. Die bekündeten ihm oftmals höchstens tausendfach ihre Liebe. Doch der Brünette wusste, dass diese Weiber nur sein Geld liebten. Sie kannten ihn doch alle überhaupt nicht. Wie konnten sie da behaupten, ihn zu lieben? Er benötigte keine Partnerin, die ihn ausnutzte und ihm auf die Nerven ging. Alles, was er wollte, hatte er sowieso bereits. Seto brauchte niemanden. Niemanden…außer vielleicht…Mokuba… Ja, was wäre er ohne seinen kleinen Bruder? Er kannte die Antwort ganz genau. Er wäre nichts. Gar nichts, außer einsam. Nur deshalb freute er sich überhaupt, in das Haus seines verhassten Stiefvaters zurückzukehren. Denn er wusste, dass Mokuba ihn dort erwartete. Nur er und sein kleiner Bruder. Ihr Stiefvater war ja zum Glück nicht mehr da. Mokuba…Der 14-Jährige musste heilende Kräfte besitzen, denn sobald Seto ihn im Arm hielt, waren seine Kopfschmerzen immer sofort verschwunden. Egal wie stark sie auch gewesen waren. Das war seltsam, aber es stimmte. Der Junge hatte ihn immer unterstützt bei allem, was er tat. Er hatte ihn aufgebaut, wenn er kurz davor gewesen war, aufzugeben und er hatte ihn auch schon des Öfteren davor bewahrt, Fehler zu machen, die er vielleicht später sehr bereut hätte. Das wusste Seto zu schätzen. Mokuba war für ihn ein Teil seines Lebens, den er niemals verlieren wollte. Er war seine Vergangenheit und seine Zukunft. Die Limousine hielt vor der Kaiba-Villa. Seto stieg aus und begab sich ins Haus. Laut hallten seine Schritte wider, als er den langen Flur durchquerte. Das gesamte Gebäude war finster, nirgends brannte Licht. Ob sein kleiner Bruder schon zu Bett gegangen war? Vorsichtig öffnete der 19-Jährige die Tür von Mokubas Zimmer und schlich sich leise hinein, denn er wollte den Jungen auf keinen Fall wecken. Tatsächlich: Sein Bruder schlief bereits. Er sah aus wie ein kleiner Engel. Bei diesem Anblick huschte Seto ein zaghaftes Lächeln über die Lippen. Manchmal fragte sich der junge Firmenchef wirklich, wie ein so reines und unschuldiges Wesen es schaffen konnte, nicht an dieser grausamen Welt zu zerbrechen. Aber er wusste auch, dass Mokuba stark war. Vorsichtig schlich sich der Brünette aus dem Zimmer. Müde ließ er sich auf sein eigenes Bett fallen und versuchte sich die Ereignisse der letzten Tage ins Gedächtnis zu rufen. Er hatte wirklich viel zu tun gehabt in letzter Zeit, und das würde sich wohl auch in den nächsten Wochen nicht ändern. Zum Glück hatte er seinen Abschluss bereits vor einem halben Jahr gemacht und musste sich nicht noch neben der Arbeit mit der Schule beschäftigen. Doch egal wie viel Zeit er auch haben mochte, er hatte immer genügend zu tun. Ruckartig setzte sich Seto auf. Erst jetzt fiel ihm auf, dass seine Kopfschmerzen wirklich verschwunden waren. Mokuba wirkte besser als eine ganze Packung Tabletten und dabei hatte er ihn nur angesehen. Der 19-Jährige griff nach dem Anhänger, der ihm an einer Kette um seinen Hals baumelte und der Mokubas Bild beinhaltete. Wie könnte er jemals ohne ihn sein? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)