Oh Mann, Ryoga! – Eine schamlose Parodie. von Deepdream ================================================================================ Kapitel 21: Feste feiern. ------------------------- An manchen Tagen krabbelt man besser nicht aus dem Bett, geschweige denn man denkt daran die Wohnung zu verlassen. Manchmal bleibt einem allerdings auch keine Wahl. Sofern einem eine bliebe, wäre man dann ehrlich so blöd und würde sie nicht wahrnehmen? „Ich will nicht, bitte!“ Ukyo schnaubte und arbeitete daran die Verkrampfung ihrer Finger – dieser Zustand wird oft als „Faust“, in der Mehrzahl „Fäuste“, betitelt - zu lösen. Unter Aufwendung aller erdenklicher Geduld, die sie mal mehr, mal weniger besaß, drehte sie sich zu ihrer Bedienung um. Was sie fühlte und was sie nach außen hin zeigte, hätte keine unterschiedlichere Sprache sprechen können. „Och bitte Ryoga. Ich habe es doch schon versprochen und ich freue mich doch sooooo sehr drauf.“ Eine gestählte beleidigte Schnute™ und ein Paar großer, tränenfeuchter Augen wendeten sich dem Wanderer ohne Ziel zu. Es ist eine nicht selten in Männerkreisen in Frage gestellte Weisheit, dass Frauen die sanfte Gewalt gemeistert hätten. Kurz gesagt: Frauen haben es nicht drauf. Es ist nur so lange eine in Frage gestellte Weisheit wie keine Frau in der Nähe ist, um den Möchtegern-Chauvinisten eines Besseren zu belehren. Kurz gesagt: Wie war das Schatz? „I-I... das is' nich' fair“, brummelte Ryoga und zog seinerseits eine Schnute, die Ukyo völlig unberührt ließ. Grinsend packte die Kampfköchin ihre Bedienung bei der Hand und zog sie aus dem Restaurant. Bevor es sich Ryoga anders überlegen konnte, schlug Kuonji auch schon präventiv die Tür zu. Nicht, dass eine Tür mehr als ein symbolisches Hindernis für einen Hibiki darstellte, aber mitunter genügt das ja bereits. Außerdem würde Ukyo ihm das vom Lohnzettel abziehen, wenn er die Tür demolierte. „Es wird schon nicht so schlimm werden.“ Ryoga schenkte ihr einen ungläubigen Blick. „Ach komm, Ranma freut sich bestimmt dich wiederzusehen.“ Der Ausdruck auf Ryogas Gesicht sprengte die wissenschaftlich anerkannte Ja-klaaaaar-Skala. Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass ganz besonders haltlose Äußerungen eine messbare Reaktion beim Gegenüber auslösen und tauften die Messlatte passenderweise nach der in 9 von 10 Fällen folgenden Antwort. „Außerdem bist du schuld, dass wir zwingend dorthin müssen!“, skandierte die Köchin und linste finster zu ihrer Begleitung. Damit wurde die Göttin des Frohmuts sehr, sehr unglücklich und senkte betreten den Blick. Fast tat es Ukyo leid die Sache erwähnt zu haben, aber es war ja nun einmal so. Natürlich war Ryoga nicht alleine für die Sache zur Rechenschaft zu ziehen. Ranma trug ein nicht minderes Maß an Schuld an ihrer... Situation. Nervös drehte die Köchin ihre Schultern und glaube es fast rascheln zu hören. Selbstverständlich war das nicht mehr als eine Einbildung. Es nervte dennoch. Nur gut, dass sie rechtzeitig eine vorübergehende Lösung gefunden hatten. Sie hoffte nur, dass das Problem bald beseitigt sein würde. Es war schließlich eine Sache, von dem Mann, eh... der Frau... eh, der göttlichen Gestalt, die einen liebt, ein Engel genannt zu werden. Einer zu sein gestaltete sich da ungleich problematischer. … <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Oh Mann, Ryoga! III – Alle guten Dinge sind drei. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Kapitel 21 – Feste feiern. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Die Charaktere gehören mir nicht, sie gehören Rumiko Takahashi. Da ich weder weiblich noch kleinwüchsig bin, schließe ich, dass sie mir auch nie gehören werden. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> … Besagtes Problem begann vor nicht ganz einer Woche. Es begann mit der Rückkehr ihrer Bedienung und ihres Kindheitsfreundes von der Reise ins Jenseits. An diesem Tag war ihr ihr Leben zurückgegeben worden, das ihr durch eine Welle heißer Flammen zumindest zum Großteil geraubt worden war. So heiß war die Feuerwalze gewesen, dass nur die Zuflucht hinter der Spathula ihren Körper erhalten und diesem lediglich das Wasser entzogen hatte. Nach dem Unfall war sie für die Dauer einiger Tage als Püppchen unterwegs gewesen und hatte ihren Hoffnungsbestand auf Lebenszeit für zwei Dinge aufgewendet und dabei wohl völlig aufgebraucht: Einerseits wäre das der Erfolg ihrer Freunde im Nachleben gewesen und andererseits ihr eigener Erfolg dabei Akane beizubringen, dass man Eier nicht in der Mikrowelle kochen sollte. Glücklicherweise war immerhin ersteres von Erfolg gekrönt gewesen. Nach der Willkommensfeier in ihrem Restaurant und einem kurzen, romantischen Moment in trauter Zweisamkeit mit Ryoga hatte sie sich ins Bad aufgemacht. Als sie jedoch im Furo saß und sich von den Strapazen der Woche erholen wollte, meldete sich sogleich eine neue Unannehmlichkeit zu Wort. Flügel. Weiße, zwei Spann weite Flügel, die aus ihren Schulterblättern wuchsen und dreieinhalb Stunden zum Trocknen benötigten. Da rede mal einer davon, dass lange Haare unpraktisch wären. Als ihr dieser Umstand klargeworden war, hatte sie natürlich streng rational und gefasst reagiert. - „RYYYYYYYYOOOOOOGGGGGAAAAAA!“ - Nun gut, vielleicht setzte sich das alles in ihrer Erinnerung ein wenig falsch zusammen. Die Göttin war nicht minder panisch durch die Tür ins Bad gestürmt, bereit allen Heerscharen der Hölle entgegenzutreten, so sie denn etwas von ihrer Herrin wollten. Zum Dank bekam die wackere Heldin ein Shampoo auf die Nase, eine Seifenbuchse an die Stirn und eine Bürste gegen den Hinterkopf, als sie sich wegzudrehen versuchte. Nachdem dieser Reflex aus dem Wege war, konnte man sich der Erörterung des Problems zuwenden. - „Buhuhuhu, ich bin ein Hühnchen! Ich bin ein verdammtes Hühnchen!“ „Eh – a-aber ein sehr hübsches Hühnchen!“ - Nach einer weiteren Tracht Prügel, die diesmal recht kurz ausfiel, nahm man sich des Gefieders ernsthafter an und beschloss das einzig Richtige zu tun, was es in einer solchen Lage zu tun gab. - „Cologne!!!“ - Die alte Frau galt nicht umsonst als eine der weisesten und welterfahrensten Gestalten, die es in Nerima geschweige denn im Weltenrund gab. Das selbst diese angesichts der heiligen Schwingen ihre Pfeife verlor, gab somit Anlass zur Besorgnis. In Ermangelung einer permanenten Lösung, die nicht mit viel roter Körperflüssigkeit und acht Kopfkissen voll frischer Federn auskam, gewährte die steinalte Matriarchin Zugriff auf einen von zwei verzierten Steinkrügen. Das halb Nerima sie für den Besitz und das Verschweigen dieses Besitzes standrechtlich erschossen hätte, schien die alte Vettel nicht wirklich zu bekümmern. Es war somit Colognes Mildtätigkeit zu verdanken, dass Ukyo Kuonji zum Geburtstag ihres Kindheitsfreundes gehen konnte ohne dabei wie ein aufgescheuchtes Huhn von Versteck zu Versteck zu huschen. Auf diese Weise konnten sie und Ryoga sich ganz entspannt dem Tendo-Dojo nähern. Eben so entspannt wie man in der Nähe dieses unheilvollen Ortes sein konnte. Im Lauf der Jahre war hier immerhin nicht wenig vorgefallen. Manches davon war absurd wie die Konfrontation mit Prinz Krillin und der vertauschten Schriftrolle, manches herausfordernd wie die Sache mit Akanes Kampf-Doji, manches beängstigend wie die Angelegenheit mit Ranmas bösartigem Schatten gewesen. Sie hatten hier so viele Dinge erlebt. Und jetzt kehrten sie hierher zurück, doch diesmal um gemeinsam zu lachen, zu feiern und eine gute Zeit zu verbringen. Keiner von beiden glaubte ehrlich daran, dass es so ablaufen würde. Es war wesentlich wahrscheinlicher, dass Streitigkeiten ausbrachen und mehr Essen durch die Luft flog als verzehrt wurde. Auf seine Weise vermittelte allerdings selbst diese Vorstellung ein schönes und familiäres Gefühl. Ryoga und Ukyo tauschten einen Blick und zogen jeder eine Grimasse. Wie armselig war eigentlich ihr beider Leben? Doch ganz in typischer Nerima-Manier würden sie sich auch dieser Herausforderung stellen und allen Unannehmlichkeiten trotzen. Glücklicherweise standen sie dem Wahnsinn nicht mehr solo gegenüber. Kurz lächelten sie einander verschüchtert an, ehe sie sich wieder auf das Wesentliche besannen. Ranmas Geburtstag war nicht der einzige Grund für ihr Hiersein. Der andere Grund war... „Ach herrje, Ryoga, Ukyo, ihr seid ja beide schon da“, sprach Kasumi und klatschte in die Hände. Mit einem freundlichen Wink bedeutete sie dem Pärchen zu folgen und geleitete sie durch den Vorgarten ins Innere des Anwesens. Kaum hatten sie das Gebäude betreten, schlug ihnen ein Schwall verzückender Düfte entgegen. Es war nicht wirklich überraschend, dass diese von der Küche herstammten. Und auf ebendiese Räumlichkeit steuerte Kasumi gerade zu. Leider erreichten sie diese nicht, bevor ihre Anwesenheit wahrgenommen wurde. „Da seid ihr ja endlich!“ Der Blick der Besucher hüpfte nach links und von dort die Treppenstufen einzeln hinauf. Am obersten Treppenabsatz stand breitgrinsend der Star des heutigen Tages und eilte in schnellen Sätzen die Treppe herab. Schwungvoll sprang er auf den kleinen Teppich vor der untersten Treppestufe und rutschte auf diesem bis knapp vor Ukyo und Ryoga – bevor seine Augen groß wurden und er geradewegs vorbeischlitterte und gegen die Wand neben der Tür knallte. Verdattert setzte sich der junge Mann auf und schüttelte den Kopf. Danach drehte er sich um, rieb sich die Augen und deutete auf Ryoga. Sodann lachte er. Laut und hart und schallend. Das tat er solange bis ein gelbschwarzer Schurriken sich über seiner Haarpracht in die Wand bohrte. „Öhm... hehehe... schön euch da zu haben Leute... eh...“ „Spuck's schon aus!“, grollte Ryoga. „Na ja... eh... hübsches Outfit?“ Ryoga knurrte unterdrückt und machte damit klar, was er von dem Kompliment hielt. Er konnte Ranma seine Bestürzung dennoch nicht verdenken. Er selbst war befremdet und hätte er nicht eine so hohe Toleranz gegen peinliche Situationen aufgebaut, würde er genauso wie damals heulend davonlaufen. Zum einen bildete er sich gerade ein, ein „er“ zu sein, was „er“ nicht war. Im Augenblick war „er“ eine „sie“, weshalb „er“ somit fortlaufend als „sie“ bezeichnet werden sollte. Dazu kam, dass „sie“ in gänzlich anderer Garderobe zugegen war, als man es sonst von „ihr“ erwartete. Ukyo hatte ihr ein schwarzes Kleid mit aufgebauschten Ärmeln geliehen. Dazu kamen weiße Kniestrümpfe, schwarze Lackschuhe und ein schwarzer Haarreif neben ihrem typischen Stirnband im Haar. Ryoga hätte heulen können. Halt, warte... sie HATTE geheult. Nicht, dass das etwas an der Situation für sie geändert hätte. Nach eingehender Inspektion ihrer Habe war Ukyo nämlich zu dem Entschluss gelangt, dass sie so nicht mit Ryoga zusammen auf die Party gehen würde. Auf Ryogas Vorschlag hin einfach nicht zu gehen, hatte Ukyo alles andere als herzlich reagiert. Im Anschluss hatte sie der Göttin eine Auswahl unter die Nase gehalten und nicht eher abgelassen, ehe Ryoga sich entschieden hatte. Jetzt stand die Göttin des Frohmuts mit hängenden Schultern und süßem Schmollmund im Eingangsbereich des Tendo-Domizils und forderte Ranma mit bösen Blicken heraus. Bisher beherrschte sich Saotome allerdings noch ganz enorm. „Also... was gibt’s für Geschenke?“, meldete sich der Erbe des Musabetsu Kakuto Ryu zu Wort und lenkte damit ungelenk auf eine anderes – weniger gefährliches - Thema um. Ryoga seufzte und warf einen mürrischen Blick zu Ukyo, die ihm ihrerseits mit erheblichem Aufwand ihrer Augenbrauen und bohrenden Blicken Antwort gab. „Ach, was soll's?“ Noch immer schmollend trat Ryoga auf Ranma zu, wendete beleidigt den Blick ab und förderte etwas hinter ihrem Rücken hervor. Es war ein kleines Päckchen, das denkbar ungeschickt in gelbes Geschenkpapier eingewickelt worden war. Kleine schwarze Schweinchen jagten sich darauf und wiesen eine nicht unerhebliche Ähnlichkeit zu P-chan auf. Auf Ranmas Starren hin deutete Ryoga mit den Augen zu Ukyo, woraufhin Saotome erstaunlich verständnisvoll nickte. Dann öffnete Ranma das Päckchen... Diese Feststellung war natürlich falsch. Ranma Saotome öffnet keine Päckchen. Er zerfetzt jedes Bisschen, das ansatzweise wie Papier aussieht und zerkleinert es dabei auf eine Größe, die es nahezu unmöglich gestaltet, die Überreste des Geschenkpapiers mit bloßem Auge zu erkennen. Vom Wegräumen ganz zu schweigen. Dementsprechend hielt er in weniger als dem Bruchteil einer Sekunde ein schwarzes Paar niegelnagelneuer Slipper in der Hand. Es waren Schuhe, ganz genauso wie jene, die er trug. Aus großen Augen sah er zuerst zu Ryoga, dann zu Ukyo. „Ryoga meinte, dass das was für dich wäre. Ich war da etwas unentschieden.“ Überrascht schaute Ranma zurück zu seinem alten Kindheitsfeind. „Das ist... wow.“ Peinlich berührt scharrte Ryoga mit dem Fuß auf dem Parkett und spielte hinterm Rücken mit den Fingern. „Na ja, ich dachte mir, da du immer die alten Tretter trägst, könntest du mal ein neues Paar gebrauchen oder so...“ „Das ist toll! Seit Oyaji mir die Dinger vor vier Jahren gekla..., eh besorgt hat, hatte ich kein anderes Paar!“, ereiferte sich Ranma und stockte. Kurz räusperte er sich, dann setze er erneut an. „Obwohl's natürlich nur 'n paar Schuhe sind. Sind nich' schlecht. Also, werden schon taugen.“ „Rrrrrranma...!“, grollte das Halbmädchen und würgte sogleich, als Ukyo sie am Kragen ihres Kleides zurückzehrte. „Schön, dass du dich über dein Geschenk freust Ranma. Ich und Ryoga müssen ganz schnell... ähm, Kasumi helfen und dann treffen wir uns im Dojo, okay?“, warf Ukyo eilig ein und entlud somit die angespannte Atmosphäre. „Oh. Geht klar Ucchan. Aber nehm Ryoga an die Leine, sonst verläuft... eh, sie sich noch.“ Ehe sich Ryoga hierzu eine Antwort hätte ausdenken, geschweige denn die Atemluft dafür hätte aufbringen können, wurde sie von Ukyo schon in die Küche abgeschleppt. Kasumi verschloss hinter ihnen die Tür und drehte sich dann mit ernstem Gesicht zu ihnen um. „Wie geht es dir denn?“, als sie dies sagte, lag ihr sanftes Augenpaar ganz auf der Kampfköchin, die unsicher den Blick abwendete. Sie spürte den sanften Druck von Ryogas Hand in ihrer, nickte dem blau angelaufenen Mädchen dankbar zu und schaute wieder zu Kasumi. „Cologne hat uns ja... ausgeholfen, deswegen geht’s. Aber... ich habe keine Ahnung, wieso das passiert und überhaupt“, setzte Ukyo an und ließ dann die Schultern hängen. „Könntest du sie für mich zeigen?“ Stumm nickte Ukyo und näherte sich dem Waschbecken. Es war gut, dass sie zur Feier des Tages ein rückenloses Turtleneck-Top angezogen hatte. In einer geschwinden Bewegung drehte sie den Wasserhahn auf und tauchte ihren Handrücken unter den kalten Wasserstrahl. Sofort spürte sie das zusätzliche Gewicht, das aus ihrem Rücken hervorwuchs wie Frühlingsblumen, die es etwas zu eilig haben. Behutsam drehte sie sich zu Kasumi, bedacht darauf keinen der Töpfe oder der Kuchenplatten von der Theke zu fegen. Das war ihr bereits zu genüge daheim passiert. Aufmerksam musterte die Tendo-Älteste die junge Kuonji, ging einmal nach rechts und einmal nach links, dann nickte sie entschlossen und lächelte. Draußen flog eine Taube vorbei, erhaschte einen Blick auf das Geschehen in der Küche und prallte geräuschvoll gegen den Kirschbaum im Hintergarten. „Du bist ein Engel“, skandierte Kasumi. Es war einer dieser herrlichen Momente, in denen die Schwerkraft scheinbar urplötzlich zunimmt und sich auf einen bestimmten Fleck konzentriert. Das Resultat sieht meist so aus, dass es das Opfer im Einflussgebiet des Schwerkraftfelds zu Boden wirft. Genau das geschah auch diesmal mit Ryoga und Ukyo. Etwas zerrupft aussehend rappelten sich die zwei auf. „Ähm... also, dass haben wir uns schon gedacht. Nur... tja, wieso?“, fragte Ukyo sichtlich erregt und legte die Flügel an, die ob ihrer erstaunlichen Größe nur knapp unter der Decke blieben. „Möchtet ihr vielleicht einen Tee? Es könnte ein klein wenig länger dauern das zu erklären.“ Ryoga und Ukyo warfen sich einen korrespondierenden Blick zu, dann nickten sie und folgten der unausgesprochenen Einladung. Sie setzen sich an den heillos mit Süßigkeiten und Kerzen überladenen Tisch und lauschten. Akane stand vorm Spiegel. Sie drehte sich einmal nach links und einmal nach rechts. Frustriert rubbelte sie sich durchs Haar und stieß einen Stoßseufzer aus. Hinter ihr grinste ihre ältere Schwester Nabiki. „Das ist nicht witzig!“, schnauzte die Jüngste und betrachtete ihre Reflektion. Sie sah aus wie ein Clown. Der Lippenstift klebte scheinbar überall, nur nicht da, wo er haften sollte. Die Wimperntusche hatte es sich auf ihrer Stirn und den Wangen bequem gemacht. Was ihre Haare anging, so erwähnte man diese besser gar nicht. Es war ein Desaster; es war ihr erster Schminkversuch. Hier stand sie und wollte sich einmal schön machen für ihren Verlobten und Freund und dann das! Egal, was sie anstellte, es gelang ihr nicht die Kosmetik so aufzutragen, dass es nach etwas aussähe. Zugegeben, es sah doch nach etwas aus: Und zwar nach einem schlechten Witz! Sie war kurz davor alles einfach hinzuwerfen, sich einen Kartoffelsack überzustülpen und so nach unten zu gehen. Da sie dafür zum einen zu stolz und zum anderen zu stur war, fiel diese Option natürlich grundsätzlich weg. „Jeder Circus würde dich darum beneiden Schwesterchen.“ Akane zog einen Flunsch und stand gebeugt unter der Last ihres Ungeschicks. Nabiki kam nicht umhin zu grinsen. Es war ja auch zu schwer bei diesem Anblick nicht amüsiert zu sein. Damit hier kein Missverständnis auftritt, Nabiki ist kein schadenfroher Mensch. Sie ist geizig, geldgeil und hinterlistig, aber sie ist keineswegs schadenfroh. Sie genießt es lediglich, wenn Trottel in ihr Verderben rennen. Da sie ihre Schwester jedoch als eine der wenigen halbwegs intelligenten Gestalten Nerimas erachtete – wovon es nicht wirklich viele gab - und sie zudem ihre Schwester war, blieb ihr wohl nichts anders übrig, als selbst Hand anzulegen. Mit professionellem Blick und geübter Hand bediente sie sich an Akanes Assortément, drehte das aufgewühlte Mädchen zu sich und schminkte sie schleunigst ab. Dann begann sie Wimperntusche, auf den Wangen etwas Rouge und zuletzt Lippenstift aufzutragen, befeuchtete anschließend den Kamm und ging damit durchs Haar ihrer kleinen Schwester. Innerhalb von zehn Minuten drehte sie Akane zum Spiegel um und präsentierte dieser ein ganz erstaunliches Ergebnis, das nicht weiter vom Clowns-Abbild entfernt sein könnte, als eine Banane von einer Gurke. „D-Danke Nabiki. Das ist toll. Ich - “ Von hinten legte Nabiki ihr eine Hand auf die Schulter und ihr den Zeigefinger der anderen Hand auf die Lippen. „Pscht. Wenn das hier rauskommt, verliere ich meine Reputation.“ Mit einem Grinsen und einem Augenzwinkern wendete sich der mittlere Zögling der Tendos ab und verließ das Bad. Lächelnd blieb Akane zurück und bestaunte sich im Spiegel. Jetzt war sie doch noch bereit für die Party. Mousse schaute in den Spiegel. Erst seufzte. Dann setzte er sich die Brille auf die Nase und seufzte noch lauter. Er hatte es nicht gern, doch heute musste er mit Brille aus dem Haus. Wie sonst sollte er das Veilchen erklären, das um sein rechtes Auge aufgeblüht war? Noch dazu durfte er keine Aufmerksamkeit auf sich lenken; nicht dass er befürchtete, dass Shampoo ihm diese schenken würde. Immerhin waren sie zu Ranma Saotomes Geburtstagsfeier eingeladen. Er wusste nicht recht wie er auf das blaue Einladungskärtchen reagieren sollte. Es war das erste Mal seit Ranmas Besessenheit und Angriff auf sie beide, dass er seiner Nemesis gegenüberstehen würde. Er würde dem Mann begegnen wegen dem er dieses Höllentraining auf sich nahm! Vor allem aber fragte er sich wie wohl Shampoo reagieren würde. Damals hatte Ranma die Hand gegen sie erhoben. So etwas wäre in ihrem Dorf undenkbar! Ein Mann, der seiner Zukünftigen Gewalt antat, wurde von allen geächtet. Es war eine Sache, die Frau, die man liebt, im Kampf zu bezwingen. Sie danach jedoch in einem Streit oder etwas ähnlichem auch nur anzutasten, stellte eines der schlimmsten Vergehen dar. Ironischerweise galt das für den umkehrten Fall nicht... „Mousse bald fertig sein? Wir los müssen!“, quengelte Shampoo vor der Badezimmertür. Mousse grinste gequält und sein Spiegelbild teilte sein Leid. Nochmals fuhr er sich mit den Fingern durchs Haar und rückte die Brille zurecht. Shampoo durfte keinesfalls den blauen Fleck bemerken. Schließlich war sie diejenige, die ihm diese Blessur erst letzte Nacht beigebracht hatte. Als Happosai ihm vor einer Woche befohlen hatte Shampoo im Kampf den BH zu stehlen, hatte er diesen Auftrag noch für einen Witz gehalten. Eigentlich hätte er es besser wissen müssen. Jetzt wusste er es immerhin besser. Seit diesem schicksalshaften Tag war er dreimal mit Shampoo aufeinandergetroffen und bisher hatte jedes Gefecht in einem Rückzug seinerseits geendet. Er wollte seine Shampoo schließlich nicht verletzten. Er wollte nur ihren BH! Aber erkläre ihr das mal... „Mousse!“ „Ich komme Shampoo“, gab er zur Antwort und öffnete die Badezimmertür. Kurz maß Shampoo ihn mit einem Blick unter dem sich seine Gesichtsröte verstärkte und nickte halbwegs zufrieden. Dann ging sie vor und er folgte wortlos. So lief das meistens bei ihnen ab. Shampoo gab den Takt an und er fiel in den Rhythmus ein. Das war schon früher so gewesen und sie hatten diese Regelung beibehalten. Sie hätte ihm ohnehin jeden Gedanken an Widerstand ausgeprügelt, wenn er denn welchen geleistet hätte. Auf diese Weise stahlen sie als Kinder den Reiskuchen, wenn Shampoo diesen unbedingt wollte. Was meist dahingehend endete, dass Shampoo mit der Speise flüchtete und er für eine satte Tracht Prügel zurückblieb. Solche Situationen waren nicht selten vorgekommen. Und wenig erstaunlich ist, dass jede dieser Situationen ganz genauso ablief wie die vorangegangene - und eine jede damit endete, dass er für die nächsten Tage nicht ruhig sitzen konnte. Das Shampoo den Reiskuchen meist aufgegessen hatte, ehe er den Fängen der Erwachsenen entkam, ist hier wohl unnötig zu erwähnen. „Bin wirklich ein Masochist.“ „Mousse was sagen?“ Panisch blickte Mousse auf und wedelte hektisch mit den Armen. „Ahahahaha! Alles in Ordnung. Nix. Was sollte ich schon gesagt haben?“ Shampoo verengte missbilligend die Augen, öffnete kurz den Mund wie als wollte sie etwas anmerken, stolzierte dann aber doch ohne ein weiteres Wort weiter. Mousse für seinen Teil atmete erleichtert auf. War ja gerade nochmal gut gegangen. Was tat er hier eigentlich? Er ging mit seiner Geliebten zu der Geburtstagsfeier des Mannes, der ihm besagte Herzensdame ausgespannt, ihn gedemütigt und besagte Dame sogar noch aus den Latschen gehauen hatte. Das Chaos von Nerima und die etwas anderen Regeln waren ihm durchaus bekannt. Sie waren ihm, genauso wie die Regeln des Amazonendorfs, schmerzhaft eingebläut worden. Doch selbst für seine Verhältnisse stellte Nerima nicht selten ein Pulverfass des Irrsinns dar – und bei Kami, durchgeknallte Geistesblitze gab es genug, um dieses Fass hochgehen zu lassen. Wobei... hochgehen klang gar nicht einmal so schlecht... Gerne würde er Ranma seine neueste Technik zum Geschenk machen und zwar auf nur allzu handfeste Weise. Diese Art des Geschenks wäre sicher ein Kracher. Doch das würde die Überraschung nehmen, die er für Ranma geplant hatte. Noch musste er sich etwas gedulden, bald jedoch würde es soweit sein! Dann würde er als Sieger vom Platz gehen und Shampoo würde ihn endlich als würdigen Partner akzeptieren und sie würden glücklich sein bis an ihr Lebensende... oder eben so glücklich wie man es als männlicher Amazone in der Ehe sein kann. Mousse sondierte seine Umgebung und schnaufte durch. Er musste sich am Riemen reißen! Wenn er sich verriet, bevor die Zeit reif war, konnte alles nach hinten losgehen. Aus diesem Grund musste er mit der manischen Bösewichts-Lache vorerst sparsam umgehen und sich diese für's stille Kämmerlein aufheben. Doch bald, sehr bald schon würde seine Zeit kommen, dann würde Shampoo sich an ihn schmiegen und ihm zärtlich zusäuseln... „Mousse Laterne!“ „Hu-argh!“ Doch bis dahin war ja glücklicherweise noch etwas Zeit... Tatewaki Kuno saß auf der Veranda und starrte auf den Teich hinaus. In den Händen hielt er einen blauen Umschlag. In geschwungenen Kanji stand darauf ein Name, sein Name. Was sollte dort auch sonst stehen? Verträumt beobachtete er einen Spatz, der sich am Rand des Teichs niederließ, auf niedliche Weise den Kopf neigte und etwas Wasser aufschnappte. Apropos Schnappen... „Haps! - Platsch!“ Midori-game hatte heute noch nichts zu sich genommen. Mit Ausnahme des einen oder anderen unvorsichtigen Kleintiers, wobei „Kleintier“ in diesem Fall von Spatz über Katze bis zu Kleinkind rangiert. Er fragte sich ohnehin seit einigen Tagen, wo seine wenig vermisste Schwester hin entschwunden sein könnte. Der gute Sasuke hatte dem Anschein nach nicht viel Freude daran das Krokodil seiner Schwester zu füttern. Irgendwie verständlich, befand Tatewaki. Am Horizont zog eine Wolke vorbei und der Kendo-Kapitän folgte geistesabwesend ihrer Bahn. Zurück zum Thema: Seine Schwester war unauffindbar. Niemand wusste, wo sie sich aufhielt. Niemand hatte eine Ahnung, was ihr zugestoßen sein könnte. Und ehrlich gestanden, niemanden interessierte es. Auch ihm lag nichts ferner als diesem Geheimnis auf den Grund zu gehen, so konnte er doch endlich einmal ausspannen. Was also tun? Nochmals öffnete er das Couvert, förderte den Zettel hervor und las eingehend die Einladung in seinen Händen. Wieso ahnte er nur, dass das keine gute Idee sein würde? Es mochte darauf zurückzuführen sein, dass Nabiki höchstselbst ihm diese Einladung überbracht und dabei gefeixt hatte. Das war nie ein gutes Zeichen. Was erwartete er sich davon in dieses Haus voller Irrer einzukehren? Den Irrsinn hatte er doch hier schon zu genüge. Sollte er sich nicht viel lieber der Meditation und der Suche nach innerer Ruhe widmen? Er könnte den großen Werken des Sun Tsu oder des Miamoto Musashi auf den Zahn fühlen oder einige der Thesen des Konfuzius studieren. Er könnte den herrlichen Nachmittag mit Kendo zubringen. Oder aber er könnte... Sein Blick wanderte unwillig zur Einladung. „Ach Mist!“ Ukyo und Ryoga schauten Kasumi lange an, woraufhin diese zurückschaute – und lächelte. Es fiel einem denkbar schwer, jemandem wie Kasumi ins Gesicht zu sagen, dass sie unglaubwürdig klang. Das grenzte an Frevel. Ein weiterer Grund war, dass Ryoga sowieso keine bessere Erklärung einfiel. Es mochte daran liegen, dass die meisten seiner Lösungsansätze darin mündeten, Ranma Saotome in Grund und Boden zu treten, durch die Luft zu schleudern oder durch übertriebene Gewalteinwirkung frisch einzufärben. Zweifelnd schielte er zu Ukyo, die mit gesenktem Kopf dasaß und eine Fliese zwischen ihren Füßen fixierte. „Bist du dir sicher Kasumi?“ Das Mädchen nickte. „Das bin ich Ryoga. Aus dem, was du mir berichtet hast, kann ich sehr sicher urteilen. Außerdem war Urd so freundlich mich über alles weitere aufzuklären“, meinte die Tendo-Älteste und schmunzelte das Halbmädchen warmherzig an. Ryoga spürte dennoch eine mittelschwere Lawine über ihren Rücken rasen. Eine wütende Urd war nichts, was sie allzu schnell wiedersehen wollte. „Ukyo ist jetzt also ein... Engel?“ „Ganz genau.“ „Und das ist sie, weil Ranma dieser dämliche Idiot...“ „Ryoga, es gehört sich nicht für eine Göttin so zu sprechen.“ „Tschuldige Kasumi.“ „Aber nicht doch. Solange du von nun an darauf Acht gibst.“ Die Göttin des Frohmuts schnaufte durch und sprach weiter. „Und weil Ranma ihr Sterbedatum verrieben und dabei die Zeile völlig verschmiert hat – lässt sich kein neues Datum eintragen?“, Ryoga spürte wie sich bei der Frage eine Gänsehaut über ihren Rücken legte. „Richtig“, lobte Kasumi sie. „Und deshalb hat die höchste Stelle eingegriffen und das Ganze so hingebogen, dass Yggdrasil davon keinen Kurzen bekommt und Ukyo trotzdem auf der Erde verweilen darf?“ Kasumi tippte sich an die Unterlippe. „Ich kenne mich damit nicht so ganz aus. Wir Tendos sind schließlich nur eine ehemalige Miko-Familie, aber ich denke, dass es so sein könnte.“ Ryoga ließ sich im Stuhl zurücksinken und vergrub die Finger in ihrer Mähne. Wer hätte das gedacht? Sie ahnte schon immer, dass etwas mit den Tendos nicht so ganz stimmte. Bereits deswegen, weil sie doch allen Ernstes einen Verbindung mit den Saotomes anstrebten. Wer holt sich schon freiwillig Ratten in die Speisekammer? Cologne hatte sie zum Hintergrund der Tendos schon etwas aufgeklärt, doch die Bestätigung aus Kasumis Mund zu hören, war dann doch etwas anderes. Nicht, dass die Saotomes Ratten waren. Das wusste Ryoga schon vorher. Das mit dem familiären Hintergrund als Tempelwächter war ihr dagegen ziemlich neu. Verdattert starrte sie zur Decke hoch. Kaum war sie zur Göttin geworden, schien sich ihr ganzes Leben zunehmend auf den Kopf zu stellen. Zuerst traf es Ranma, der zu einer Dämonin wurde. Es folgte Ukyo, die ihr Leben verlor und aufgrund eines Aktenfehlers eine neue Existenz als Engel zugesprochen bekam. Und jetzt waren die Tendos auch noch die Schutzherren eines uralten Schreins und auf diese Weise in direkter Verbindung mit den Gottheiten, denen Ryoga direkt unterstellt war. „Und – was geschieht nun mit...“, Hibiki vermied es den Namen der Person auszusprechen, um die es hier ging. Ukyo wirkte bereits geknickt genug. Sie wollte nicht noch Salz in die Wunde streuen. Das überließ sie dann lieber Ranma und Akane, die im Versalzen wesentlich besser waren. Wobei es sich bei Akane aufs Kochen beschränkte. „Urd meinte nur, dass sich Ukyo keine Sorgen machen sollte. Sie würde sich dann direkt bei dir“ - hierbei schaute sie Ryoga an und diese spürte eine zweite Lawine über ihren Rücken abgehen - „melden und alles bereden.“ „B-Bereden?“ „Ich soll mir also keine Sorgen machen, hm?“, warf Ukyo plötzlich ein. Besorgt schaute die Göttin des Frohmuts zu ihrer Chefin und beobachtete verwundert den Wandel von Niedergeschlagenheit zu Starrsinn zu Übereifer. Mit fester Miene ergriff die Kampfköchin Ryogas Hand und zerrte das Halbmädchen mit einem Ruck in die Höhe. „Einverstanden! Hat keinen Sinn die Köpfe in die Erde zu stecken. Wie wär's? Sollen wir dir etwas zur Hand gehen Kasumi?“ „Wir?“ Kasumi lächelte auf ihre ganz eigene Weise und nickte. „Ja. Das wäre wundervoll Ukyo.“ „Wir? „Ganz recht Ryoga – wir!“, grinste Ukyo und zeigte ihr ein übertrieben fröhliches Grinsen. Unnötig zu erwähnen, dass Ryoga mit einem Mal Feuer und Flamme für die Idee war. Man hätte eine Nadel fallen lassen können. Nicht etwa, weil man diese dann gehört hätte. Man verstand schließlich kaum die eigene Stimme, egal wie laut man brüllte. Und es brüllten eine ganze Menge Leute, die unbedingt verstanden werden wollten. So schien es zumindest. Man hätte besagte Nadel fallen lassen können, weil es nichts ausgemacht hätte, wenn jemand draufgetreten wäre. Bei den bereits angefallenen blauen Augen und Beulen, die ein Teil der Besatzung mit sich rumtrug, erübrigte sich jede Vorsichtsmaßnahme. Zu dieser fortgeschrittenen Stunde konnte ohnehin keiner mehr sagen, wer den Streit gestartet hatte. Eines aber war klar und zwar wer der Grund für den Streit war. Zweifelsohne war es das Geburtstagskind selbst, das sich soeben unter einem Wurfmesser wegducken und einen überdimensionierten Knallfrosch per Tritt nach draußen befördern musste. Erstaunlicherweise schien Ranma daran sogar seine Freude zu haben. Wer ihn kannte, war davon nicht verwundert. Verstohlen schielte Ryoga zu der Schlacht, die sich inzwischen in den Hintergarten zum Koi-Teich und dem Sakurra-Baum verlagert hatte. „Nein.“ „Aber ich habe doch gar nicht - “ „Ich sagte nein“, mahnte Ukyo und funkelte ihren Freund... eh, ihre Freundin finster an. Ryoga antwortete besonders männlich, indem sie eine Schnutte zog und schmollte. Beleidigt ließ sie den Blick übers Schlachtfeld gleiten und nahm die Eindrücke in sich auf. Da wäre etwa Kasumi, die sich lebhaft mit Dr. Tofu unterhielt, indes dieser sich lebhaft mit Genma-Panda unterhielt und Versuche unternahm diesen zu umarmen, was Genma wenig zu würdigen wusste. Er war viel zu beschäftigt damit sich den runden Bauch vollzuschlagen und gleichzeitig das Gô-Brett im Auge zu behalten, auf dem Soun und er einmal mehr den grandiosen Kampf bestritten. Nodoka, Ranmas Mutter und so schwer es auch zu glauben war, Genmas Frau, bedachte die Versessenheit ihres Mannes mit einem strengen Blick und tadelte ihn bereits seit Beginn der Feier. Nabiki für ihren Part hatte es sich in einer Ecke des Dojos bequem gemacht, nippte an einem Sektglas und – man höre und staune – tauschte sich interessiert mit Kuno aus, der selbst hauptsächlich weise und mit gesenkten Augenlidern nickte. Man hätte Tatewaki in diesem Augenblick fast mit einem normalen Jugendlichen verwechseln können. Wenn ihn bereits Kuno erstaunte, so fand er Shampoos Verhalten gänzlich unverständlich. Ryogas unruhiger Blick heftete sich an das kobalthaarige Mädchen, das immerzu Seitenblicke hinaus in den Garten warf und Ranmas Interpretation von „Fang mich – (du Depp!)“ mitverfolgte. Den ganzen Abend über hatte sich die Chinesin bedeckt gehalten, war ausgesprochen höflich und zurückhaltend gewesen und hatte bis jetzt die Finger von Saotome gelassen. Ryoga Hibiki vermutete Böses in der Mache. Unvermittelt spürte die Halbgöttin einen sanften Druck in ihrer Handfläche und schielte zu Ukyo, die mit ernstem Blick die Amazone fixierte. Ukyos Augen suchten Shampoos Platz am Tisch, an dem die Amazone still und scheinbar ins Teetrinken vertieft saß. Kuonji kaute sich auf der Unterlippe. Es verhieß nichts gutes, wenn ihre frühere Rivalin sich so ganz und gar un-shampooisch verhielt. Offensichtlich war das auch ihrer Bedienung aufgefallen, die der Öfteren zweifelnd hinüberguckte. „Was denkst du Ryoga?“ Die Göttin neben ihr trommelte sachte mit den Fingern der freien Hand auf dem Tisch, die Stirn nachdenklich gekräuselt. „Keine Ahnung. Habe nur so'n unbestimmtes Gefühl, das heute noch irgendwas passiert. Nix gutes.“ „Ich weiß, was du meinst. Denkst du,“ kurz stockte sie und sprach dann leise weiter, „dass es mit der Sache in Furinkan zusammenhängt?“ Verwirrt musterte die Göttin sie und legte fragend den Kopf schief. „Na ja, du weißt schon. Als Ranma so ausgetickt ist und Shampoo... na ja...“ Verständnis flackerte in Ryogas Augen auf und das himmlische Wesen neben ihr nickte besonnen. „Auszuschließen ist es nicht. Aber so lange wird die Party ja nicht mehr dauern. Außerdem wird Shampoo nix Blödes unternehmen, wenn Ranma Geburtstag hat“, versuchte ihre Bedienung sie zu beruhigen und erzielte einen gänzlich umgekehrten Effekt. Ukyo Kuonji war es gewohnt, dass Shampoo immer gerade das machte, was schlecht für alle Beteiligten außer für die Chinesin selbst war. Das Flittchen war eine waschechte Egoistin und daran würde nichts auch nur im Entferntesten etwas ändern. Fast wie auf Kommando setzte Shampoo ihre Teetasse ab und begegnete Ukyos Blick. Die Kampfköchin schluckte, als sie den Ausdruck in den Augen der Amazone wahrnahm und augenblicklich verstand sie, was Shampoo heute hierher geführt hatte. Die exotische Schönheit erhob sich vom Tisch und wartete bis alle Augen auf sie gerichtet waren. Selbst Ranma stellte seinen Fluss an Beleidigungen ab und hielt Mousse mit einem Tritt ins Gesicht auf Distanz, während er die abgefangene Happo-daikarin schleunigst über die Umgrenzungsmauer warf. „Danke für einladen Shampoo“, sprach das Mädchen und ballte die Hände zu Fäusten. „Ich – Ich haben Wichtiges zu sagen, bitte zuhören.“ Die Stille war so vollkommen, dass man die Grillen im Garten zirpen hören konnte. Ein Koi empfand den Augenblick als ungemein passend und löste sich aus der Umarmung der Fluten, ehe er klatschend ins kalte Wasser zurückkehrte. „Ranma.“ Das bezopfte Kampfsportgenie nickte dumpf, als Shampoo ihn mit einem kleinen, traurigen Lächeln fixierte. „Kein Airen mehr.“ Kurz währte die völlige Stille, ehe ein Sturm an Stimmen losbrach, die wild durcheinander diskutierten. Shampoos Stimme war nicht mit von der Partie. Die Chinesin verließ das Dojo und betrat das Haupthaus, wo sie sich umgehend an der Garderobe zu schaffen machte. Schleunigst schlüpfte sie in ihre hellblaue Jacke. „B-Bist du dir wirklich sicher?“ Shampoo neigte den Kopf nach links und musterte Mousse, der hinter ihr stand. Sein Gesicht war von Emotionen umwölkt wie der Olymp von Blitzen und dementsprechend unruhig tanzte er von einem Bein aufs andere. „Shampoo sicher. Musste sein“, wie im Nachsatz fügte sie an, „Mousse glücklich?“ Mousse biss sich auf die Unterlippe, setzte zum Sprechen an und brach dann ab. „Nicht wirklich. Du kannst dich unmöglich wohl hiernach fühlen. Du...“ Shampoo entließ einen Seufzer und ebnete ihre Faust in seinem Gesicht ein. Mousse verlor augenblicklich das Bewusstsein und machte sich mit dem Parkett vertraut. Lange blieb er dort nicht liegen. Sanft griff eine Hand zu, packte ihn am Kragen seiner Robe und zerrte ihn nach draußen. Die Tür fiel leise und doch ungemein bedeutsam ins Schloss. Zurück im Dojo saßen die Gäste der Party wie versteinert am Tisch und schaute sich über diesen hinweg an. Fragende Blicke wurden ausgetauscht, das eine oder andere Räuspern erklang und letztlich war es die Hauptperson des Abends, die zum Sprechen ansetzte. „Das ist das richtig versteh'... Shampoo hat mit mir Schluss gemacht? Mit mir?“ Die Gäste nickten einmütig zu dieser Feststellung. „Ja aber... wie kann man mich sitzen lassen?“ „Ich wüsste da schon ein paar Gründ-urgh!“, raunte Ryoga und hämmerte im nächsten Augenblick mit der Stirn gegen die Tischplatte, dass die Tassen darauf nur so hüpften. Es mochte auf Ukyos Ellbogen in der Magengegend der Göttin zurückzuführen sein. Nodoka erhob sich vom Tisch und stellte sich zu ihrem Sohn, dem sie beruhigend einen Arm um die Schulter legte. „Ranma, du musst verstehen, dass die Mädchen auch ihre Wege gehen. Und nachdem du dich für Akane entschieden hast, musste Shampoo sich früher oder später zu dieser Entscheidung durchringen.“ Fassungslos starrte Ranma Saotome, größer Kampfsportler seiner Generation und Weiberheld ohne Vergleich seine Mutter an. Verstand sie denn nicht, was das bedeutete? Wenn Shampoo ihn verließ, so musste das auf einen Typen zurückzuführen sein. Da gab es keine andere Möglichkeit! Und wer erdreistete sich attraktiver als Ranma Saotome zu sein? „Aber wieso heute?“ Kuno meldete sich räuspernd zu Wort. „Nicht, dass ich mich über alle Maßen in jene deine Belange einzumischen gedenke. Nichtsdestotrotz fühle ich mich dazu veranlasst dich auf den Fakt hinzuweisen, dass es sich bei deiner Wenigkeit um ebenjene handelte, die in großer Anzahl die amorösen Kontakte zu der liebreizenden Amazone zu vermeiden gedachte und eben dieser Entscheidung seitens der werten Tochter Chinas mit Glückseligkeit begegnen und somit dieses Ereignis als Geschenk höchster Güte auffassen sollte.“ Abermals machte sich Stille breit, in der die Grillen zirpten und ein Windhauch sich im Klangspiel am Türrahmen verfing. „Hö?“, antworten Ranma und Ryoga und kratzten sich synchron am Hinterkopf. „Das was Kuno-Baby hier vom Stappel gelassen hat, ist ganz einfach. Du hattest die Nase voll von Shampoo. Hast das häufig genug jedem gesagt, der's nicht hören wollte. Und jetzt biste sie los. Quasi als Geburtstagsgeschenk. Also freu' dich“, konstatierte Nabiki im professionellen Tonfall. Hierauf ging ein Raunen durch die Gästeschaft begleitet von nachdenklichem Nicken. Der Einzige, der nicht so ganz glücklich wirkte, war das Geburtstagskind. „Ja... aber!“ Alle Augen fixierten ihn und Ranma stutzte. Was sollte er sagen? Sollte er herausposaunen, dass er unglücklich war, nicht mehr länger von Shampoo umklammert zu werden? Dann wäre er ja tatsächlich ein solcher Perverser wie Akane immer sagte. War er das am Ende vielleicht sogar wirklich? Ranma ließ frustriert die Schultern hängen. Für heute musste er klein beigeben. Doch eine verlorene Schlacht machte noch keine Niederlage aus. Er würde der Sache auf den Grund gehen! Konnte ja nicht angehen, dass er an Sexappeal verlor. Wie sollte die Frauenwelt hier in Nerima auskommen, wenn er sein makelloses Äußeres einbüßte? „Rrrrranma?“ Der Besagte schaute zu seiner Verlobten, die gequält grinste und ihren geschätzten Holzhammer griffbereit hielt. Ein rotes Wabbern stieg von ihr auf und ließ ihr gelbes Kleid in einer ungespürten Brise tanzen. Sie sähe richtig niedlich aus, wenn sie nicht so unerträglich wütend wäre. „Öhm – ja?“ „Du fragst dich also wie die Frauenwelt ohne dich auskommen soll, hm?“ Ranma schluckte. Hatte er etwa laut gedacht? Verzweifelt linste er zu Ryoga, die das Gesicht in den Händen vergraben hielt und einfach nur den Kopf schüttelte. Daneben zeigte Ukyo ihm nur ein mitfühlendes Lächeln und drückte symbolisch einen Daumen. „Hehehe, also Akane, ich kann das... ja also...“ „Nun Ranma. Scheint ganz so, als müssten wir – die Frauenwelt – es einfach mal auf einen Versuch drauf ankommen lassen, hm?“ Ranma seufzte auf und feixte. Tja, immerhin endete sein Geburtstag noch mit einem richtig großen Knall. War ja auch was wert. Akane holte mit Schwung aus, den Blick verkniffen und die Lippen gespitzt und eben diesen Moment nutze Ranma, um sich zu ihr vorzubeugen und ihr einen schnellen Kuss aufzudrücken. Dann gesellte er sich zu den anderen Sternen des heutigen Abends. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Anmerkung des Autors: Ich bin zurück... und das selbst für mich arg unerwartet. In den letzten, man muss ja schon fast sagen, Monaten hielt ich mich was das Schreiben anging recht bedeckt. Scheinbar hat sich da ordentlich etwas angestaut. Dieses Kapitel ging mir nämlich erstaunlich locker von der Hand und war innerhalb von zwei Tagen fix und fertig. Tja, somit beginnt Buch III und hoffentlich wird es noch in diesem Jahr fertiggestellt.^^° Ich werde mir auf jeden Fall alle nur erdenkliche Mühe geben. Im Gegenzug zähle ich auf euren Rückhalt und würde mich demzufolge über anregende Kommentare freuen. Als Autor will man schließlich wissen, ob seine Geschichten gelesen werden und wie sie den Lesern gefallen. Betrachtet es als ein „Payback“ im doppelten Sinne. Ihr schenkt mir ein paar Worte und ich schenke euch dafür – hoffentlich^^° - umso bessere Kapitel, in denen eure Anmerkungen und Hilfestellungen Einzug finden werden. Ich bedanke mich für eure Aufmerksamkeit und freue mich euch an Bord von „Oh Mann, Ryoga – Alle guten Dinge sind drei.“ begrüßen zu dürfen. Ein kleiner Glossar zum besseren Verständnis: Prinz Krillin: Ein Movie-only Charakter. Er tritt in dem ersten der beiden (die Phoenix-OVA zähle ich einfach mal nicht als Film) Ranma-1/2-Kinofilme „Nihao my concubine“ auf. Es handelt sich bei ihm um einen Prinzen, auf der Suche nach seiner Braut. Wer die Braut ist, das bestimmt der zweite Teil einer Schriftrolle, auf der ein großes Geheimnis des Königshauses verewigt steht. Versehentlich gelangte Akane in den Besitz der Rolle und der Rest ist... tja, Geschichte.^^ Kampf-Doji: Man nennt ihn auch „Densetsu no Dôgi“ und es heißt, dass sein Besitzer durch ihn zum mächtigsten Kämpfer der Welt würde. Das dieses Gerücht nicht ganz unwahr ist, zeigte sich daran, dass Akane Ranma damit spielerisch in den Boden stampfte... mehrfach... jedes Mal... und ohne Ausblick auf Siegesmöglichkeiten von Seiten Ranmas her. Diese recht interessante Episode findet sich in Band 32 des Manga. Ranmas Schatten: Die Geschichte dazu findet sich in dem gleichnamigen Band des Manga, also Nr. 28. In dieser Geschichte geht es darum, dass Ranma an eine magische Essenz gerät, mit der er sich von seinem Schatten ablösen und daraufhin gegen diesen antreten kann. Anfänglich freut sich Ranma nicht wenig über die Resultate, die er dabei erzielt. Doch der Schatten begnügt sich nicht damit als Ranmas Sandsack herzuhalten, sondern entwickelt alsbald eine eigene Persönlichkeit... Oyaji: Die typische Art und Weise in der Ranma seinen Vater anspricht. Und genau das bedeutet dieser Ausdruck auch, also Vater... oder zumindest wäre es schön, wenn es das bedeuten würde. Stattdessen bedeutet Oyaji vielmehr etwas in Richtung „Paps“ oder „Pa“, ist also wesentlich informeller. Sun Tzu, Miamoto Musashi, Konfuzius: Zu den dreien muss ich wohl nicht viel sagen. Es genügt ohnehin an dieser Stelle darauf zu verweisen, dass jeder von den dreien sich schriftlich verewigt hat. Der eine eloquenter, der andere prägnanter – um es höflich auszudrücken.^^° Yggdrasil: Die berühmte Weltenesche aus der Edda und somit dem altnordischen Glauben. Einigen wird sie vielleicht eher aus dem Manga „Oh! My Goddess“ bekannt sein, aus dem ich hier ja nicht gerade wenige Elemente entleihe. Sie stellt in „Oh! My Goddess“ eine Art Zentralrechner der Realität dar, der beständig gewartet werden muss und das ist nun mal eine der Aufgaben der Göttinnen. Miko: Mikos sind für gewöhnlich diejenigen Frauen im Shintô-Glauben, die die Pflege des Schreines und natürlich auch religiöse Tätigkeiten übernehmen. Auffällig ist ihre rotweiße Uniform, die sehr populär in Manga, Anime und natürlich auch auf Conventions ist. Happo-daikarin: Hierbei handelt es sich um die Trademark-Technik des alten Ekels, auch bekannt als Happosai oder Großmeister des Musabetsu Kakuto Ryu - also der Schule für Schlägereien aller Art oder wie es im Englischen heißt "Anything goes martial arts". Die Technik stellt sich so dar, dass er einen runden Sprengsatz durch Ki-Infusion "füttert" und entzündet. Das Resultat ist dann meist ein ziemlicher Knaller. Airen: Dieser Ausdruck dürfte jedem Ranma-1/2-Fan klar sein. Er bedeutet soviel wie „Ehemann“ und ist die Lieblingsanrede, die Shampoo für Ranma verwendet. Fröhliche Grüße, euer Deepdream Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)