Oh Mann, Ryoga! – Eine schamlose Parodie. von Deepdream ================================================================================ Kapitel 17: Absolut bombig! --------------------------- Mousse krabbelte aus der Mülltonne hervor. Etwas wackelig zuerst, dann jedoch zielsicher lief er gegen die linke Mauer. Verdattert taumelte er zurück, drehte sich in die andere Richtung und stolperte mit Enthusiasmus in die rechte Mauer. Der Amazone unterdrückte ein Seufzen – das entwickelte sich so allmählich zur Angewohnheit. Aus den Tiefen der Flickenrobe förderte er eine Brille hervor und platzierte diese auf der Nase. Sofort erhielt die Welt ein paar mehr Geraden und Ecken, verschwommen blieb sie nichtsdestotrotz. „Warum? Warum nur muss ich so gequält werden? Gebt mir ein Zeichen ihr Götter!“ Es knautschte in seiner Hand, als er diese gen Himmel stieß und ballte. „Huh?“ Verblüfft hielt er sich das Papier vor Augen. Warte mal, war das nicht der Zettel, wegen dem er aus Happosais Dachkammer geflogen war? Es gehörte sich ja nicht, in fremde Leute Angelegenheiten zu spähen – wie gut, dass der Knacker längst kein Fremder mehr war. Neugierig rollte Mousse die Schriftrolle auf und begutachtete das vergilbte Papier für eine Weile. Zehn Sekunden später legte er den Kopf schief. Weitere zehn Sekunden später drehte er den Fetzen um 180 Grad. Bingo! Was sich zuerst als wüste Kinderkritzelei ausnahm, machte jetzt Sinn. Okay, wofür lügen? Er verstand noch immer nicht wirklich, worauf das Geschmiere hindeuten sollte. Vielleicht sollte er sich die Schriftrolle einfach später in seiner Kammer zu Gemüte führen, sozusagen bei Licht unter die Lupe nehmen? Das bisschen gelbe Farbe am schwarzen Himmel erhellte weder den Inhalt einer Mülltonne, noch seine Stimmung. Im Augenblick stank er, sah aus wie ein Landstreicher – ohne Pinsel oder Kübel – und fühlte sich überhaupt nicht in der Stimmung zum Herumrätseln. Behände ließ er die Rolle übern Unterarm rollen und im Ärmel verschwinden. Nun musste er zurück zum Neko Hanten. Hoffentlich entdeckte Shampoo ihn nicht, noch dazu in diesem Aufzug. Er wirkte so ungepflegt, man könnte ihn ja für einen anderen Menschen halt – Hey, warte mal! Ein konzentrierter Ausdruck beschlich Mousses Gesicht, als er im rechten Ärmel kramte. Nach wenigen Momenten wurde er fündig und förderte eine japanische Maske hervor. Es war dieselbe, die er beim Unterwäscheraub in der Mädchenumkleide verwendet hatte. Sie war von einem unauffälligen Weiß und trug den kindlichen Anstrich einer Maneki Neko. Zwei geschlitzte Augen, eine Schnute und drei krude Striche auf jeder Wange. Das Ding hatte er damals aus Verlegenheit gekauft, nachdem sein Vorrat an eigenen Masken erschöpft war. Er zuckte mit den Achseln und setzte die Maske auf. Verblüffenderweise fand seine Brille genug Hohlraum unter der Keramikverkleidung, ohne ihm das Blut aus den Wangen zu pressen. Das Ding sah dumm aus, zugegeben, aber nicht mal er selbst würde sich damit erkennen. Und nein, auch nicht MIT Brille. Die Legende der Klauenden Katze war geboren. … <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Oh Mann, Ryoga! II – Einfach nur göttlich. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Kapitel 17 – Absolut bombig. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Die Charaktere gehören mir nicht, sie gehören Rumiko Takahashi. Da ich weder weiblich noch kleinwüchsig bin, schließe ich, dass sie mir auch nie gehören werden. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> … Shampoo verengte die Augen, der miserablen Lichtverhältnisse wegen und weil sie geradewegs umkippen könnte. Sie war erschöpft, sie war verärgert und sie war ein klein wenig besorgt. Die ersten zwei Sachen konnte sie sich leicht erklären. Warum war sie erschöpft? Mehrere Ausliefertermine durchzuführen, nebenbei die Gäste im Restaurant zu bedienen und dem blinden Trottel auf die Finger zu schauen, kostete einiges an Kraft. Sie hatte sich nach dem Training im Amazonendorf für alles gewappnet gefühlt. Urgroßmutter brachte sie schnell runter vom hohen Ross. Das Gastronomiegewerbe fraß alles an Kraft und Ausdauer, was sie sich in jahrelangem Training angearbeitet hatte und legte noch eins drauf. Warum war sie verärgert? Diese Frage ließ sich schnell erklären und dass sogar völlig wortlos. Hierfür musste sie nur an sich herabsehen, denn mit jedem Ausatmen hüpfte ihre nicht unerhebliche Oberweite unter der Bluse. Ihr einziger Büstenhalter hatte entweder Füße bekommen und war weggelaufen oder ein Paar anderer Füße war mit ihm weggelaufen. Sie wusste nicht recht, welche Version sie bevorzugte. Und warum sie besorgt war? Das Mädchen seufzte und beleckte sich die Lippen. Sie hatte keine Ahnung. War sie besorgt um Ranma? Die Amazone probierte sich ihren Ver – Ranma vorzustellen, aber es gelang ihr nicht so recht. Ständig überlagerte eine zweite Gestalt die des bezopften Kampfsportlers. Leider war die Person so unklar wie die Wegbeschreibungen des Schweinejungen. Unter ihr rumpelte es. Verblüfft spähte sie in die Gasse herab und entdeckte dort eine Person in weiter Robe. Für einen Augenblick hätte sie den Unbekannten beinahe mit Mousse verwechselt, doch die Robe des Fremden besaß den Charme von tausend und einer Schlacht – war also zerrissen, genäht, abermals zerrissen und anschließend geflickt. Das Kleidungsstück ein Kleidungsstück zu nennen, grenzte an Unverschämtheit. Sollte sie ihn stellen oder gehen lassen? Bevor sie sich zu einem Entschluss durchringen konnte, wurde ihr die Entscheidung abgenommen. Das Phantom holte Anlauf, federte in den Beinen und katapultierte sich in die Höhe. Grazil wie eine Ente – eh, Schwan setzte die Gestalt auf dem gegenüberliegenden Dach auf. Von ihrer Präsenz hatte der Unbekannte scheinbar nichts mitbekommen, da er ihr unwissentlich den Rücken zuwandte. Dann sprang er davon. „Siehst was Interessantes?“ Die Amazone fuhr zusammen und hieb mit einem Bonbori nach der Stimme. Einen Wimpernschlag später saß Happosai auf dem Bonbori, statt darunter begraben zu sein. Seine verrunzelten Lippen zogen an der Pfeife und die großen Augen glitzern schelmisch. „Du Shampoo bestohlen. Geben zurück!“ Der Gnom machte ein betroffenes Gesicht. „Du bist ja so gemei-hein! Dabei hab’ ich doch gar nix getan“, jammerte der Knacker und wich – ohne hinzusehen – dem nachfolgenden Schlag mit der zweiten Eisenkugel aus. Nach einem mühelosen Salto landete er hinter ihr. Das Mädchen bekam keine Zeit zum Reagieren. Sofort klebte sich der perverse Großmeister an ihr Hinterteil und rieb sich zur Wiedergutmachung an ihr. Die Amazone fauchte, schlug ziellos nach hinten und traf. Der Alte kam wie ein Hüpfball auf und landete auf den Füßen. Er erwiderte mit seiner gefürchteten Spezialtechnik: Schimmernde Krokodilsaugen. „Shampoo wollen BH zurück! Jetzt!“, befahl die Kriegerin hitzig. Spöttisch hüpfte der Zwerg aus ihrer Reichweite und stellte sein Geschick unter Beweis. Jeder ihrer Schläge rüttelte die müde Abendluft wach, streifte den Alten aber nicht im Geringsten. Dieser zeigte sich stattdessen so frech, dass er mitten im Gefecht in ihre Verteidigung brach und sich im Klammergriff an sie heftete. Für die lange Dauer von zehn Schlägen hielt sich der Greis fest und wich erst, als das Mädchen alle Kraft in einen Hieb setzte. Besagter Hieb bohrte sich ins Dach und brachte die Schindeln wie Frösche zum Hüpfen. „Du bist ja so lieb Shampoo. Nimmst dir Zeit, um mit ’nem alten Mann zu spielen. Wie kann ich dir nur danken?“, wimmerte der Knacker pathetisch und schluchzte hinter vorgehaltenem Arm. Das Attentat auf sein Leben ignorierte er geflissentlich. „BH“, knurrte das Mädchen pointiert. Wie verwundert war sie, als sie genau das bekam was sie verlangte. Nun, sicherlich nicht verwunderter, als wie wenn der Greis den Büstenhalter zur Waffe umfunktionierte. Ihre Faust band er ein und über die Handkante setzte er hinweg, schlang sich mit dem BH um den zweiten Arm herum und verknotete ihre Hände zur menschlichen Brezel. Sprachlos blinzelte sie das Unterwäscheknäuel an. „Bye-Bye“, frohlockte der Alte, klapste ihr zum Abschied auf den Hintern und schoss davon. Shampoo blieb mit hochrotem Kopf zurück. Sie zog, doch das Mieder saß stramm. Sie hatte zwei Optionen: 1. Heiler BH und verletzter Stolz. 2. Getretener Stolz und kaputter BH. Das Mädchen schmollte und trampelte mit den Füßen auf. „Happosai!“ Ihr Fluch hallte weithin über die Dächer und weckte Frauen in ganz Nerima, denen der Name ein Begriff oder Gräuel – nur zu häufig beides – war. Ukyo warf sich herum und kam auf dem Bauch zu ruhen. Falls man in ihrer Lage von Ruhe sprechen konnte. Tatsächlich war sie viel zu unruhig, um ein Auge zuzubekommen. Ständig huschten ihre Gedanken zu einem bestimmten jungen Mann. Zu ihrer Scham musste sie sich eingestehen, dass besagter Jugendlicher nicht viel von langen Haaren und flapsigen Sprüchen hielt. Außerdem war sie nicht mit ihm verlobt. „Ukyo?“ Die Kampfköchin schielte über den Rand der Schublade und zu Akane. Im Vollmondlicht war die Verlobte ihres Verlobten – Gott, war das kompliziert! – gar nicht so unhübsch, wie Ranma allen Glauben machen wollte. Klar, ihr Typ wäre die junge Tendo nicht. Dafür fehlte es an Biss. Vielleicht ein wenig vampirmäßig… Ukyos Wangen setzten einen Rotschimmer an. Es stand wirklich übel um sie. Dieser orientierungslose, unbedarfte Trottel hatte sie an der Nase herumgeführt. Dabei entkam er ohne Hilfe kaum den Fängen des Badezimmers! Noch dazu war er völlig deplatziert für den Job einer Göttin, denn wie besagt, konnte er sich nicht mal selbst helfen. Ukyo gab ein Nicht-Seufzen von sich. „Ukyo?“ Zur Bestätigung klopfte die Puppe gegen den Holzschrank. „Hast du auch so ein ungutes Gefühl?“ Kuonji nickte. In der nächsten Sekunde besann sie sich und klopfte einmal für JA. Akane verstand die Antwort und ihr Gesicht wurde nachdenklich. Das einfallende Licht und die Tatsache, dass sich die Küchenmörderin ihr zugewandt hatte, vereinfachte diese Beobachtung. In der nachfolgenden Stille kaute sich Akane auf der Unterlippe und drückte ein übergroßes, schwarzes Stoffschwein an die Brust. Ukyo konnte sich nicht helfen, dieses monströse Ferkel kam ihr verdächtig bekannt vor. Beinahe so, als wäre sie ihm schon mal irgendwo begegnet. „Ich freue mich für dich.“ Wie meinen? Kuonji blinzelte ungläubig. „Ryoga ist ein wirklich lieber Kerl - “ Und die Hälfte der Zeit ein Mädchen, besser ausgestattet, als sie selbst. „ – er ist sanftmütig und freundlich - “ Und bedroht das Leben unseres Verlobten eins ums andre Mal. „ – und geht für dich durch die Hölle.“ Und – dazu fiel ihr jetzt kein schnippischer Kommentar ein. Ukyo beäugte Akane und setzte sich im Schneidersitz auf. Ganz unrecht hatte die junge Tendo ja nicht. Sicherlich, Akanes Bild der Welt war arg dichotom. Für sie gab es nur Tag und Nacht, Mann oder Frau, Perverser oder – Perverser. Hm, dummes Beispiel… Akane kannte auf jeden Fall nur eine Seite Hibikis, aber diese Seite kannte sie gut. Letztlich hatte Ukyo diesen Charakterzug an der Göttin ebenfalls bemerken dürfen und ganz im Ernst, Ryoga war zu dämlich zum Schauspielern. Dieser Dummkopf war wirklich so wie er sich gab. Er könnte nicht lügen, wenn man ihm mit Erschießung drohen würde. Hätte wahrscheinlich eh keinen Effekt. „Ob’s den beiden gut geht? Ranma ärgert Ryoga ständig und Ryoga kann sich auch nicht immer kontrollieren.“ Nicht immer kontrollieren? Die Kampfköchin enthielt sich eines Kommentars; ihre Stummheit gestaltete das glücklicherweise sehr einfach. Akanes Seufzen war laut genug, um Kuonjis Gedankenwirbel zu durchbrechen. Der cholerischen Kampfschulerbin schien noch etwas andres auf dem Herzen zu liegen. Wahrscheinlich waren es nicht ihre kulinarischen Misserfolge, denn sie zeigte sich in diesem Bereich auffallend lernresistent. Die Okonomiyaki-Bäckerin klopfte fragend. Daraufhin schenkte ihre Rivalin ihr ein krampfhaftes Lächeln und wandte den Blick zur Zimmerdecke hoch. „Meine Mutter wäre stinksauer.“ Ukyo merkte auf. Warum erzählte Akane ihr das? Seit wann waren sie beide überhaupt Freundinnen? Der alte Status Quo – Mir nix, dir erst recht nix! – gefiel ihr im Grunde ganz gut. Ungeachtet Kuonjis Unwillen erzählte die jüngste Tendo weiter. „Sie war eine Miko. Papa lernte sie auf einer Trainingsreise in einem Tempel kennen, konnte aber nur wenige Tage dort bleiben - “ Ukyo konnte sich den Grund dafür bestens ausmalen. Dieser war klein, seine Haut ledern und man konnte ihn gut kicken. Nein, die Rede ist von keinem Fußball. Es ist vielmehr ein frecher Gnom, der sich Meister einer Kampfschule schimpft. „Bald darauf verließ meine Mutter den Tempel und folgte ihm.“ Ukyo kannte diese Geschichte zur Genüge. Man sah sie im Kitschkino oder hörte sie in tränenkitzelnden Chansons. Herrgott, der Großteil ihres Lebens entsprach diesem einfallslosen Plot! Besagter Plot lässt sich meist so resümieren: Nachdem der edle Ritter fortgezogen war, brach die holde Maid die Zelte ab und folgte ihrem Angebeteten, um - „ – ihn einen Kopf kürzer zu machen.“ Ganz genau, um ihn einen Kopf kürzer zu machen. W-Wie bitte? Die Puppe starrte in unverholener Bestürzung zu Akane, die nur versonnen lächelte. „Letzten Endes machte sie Happosai, Onkel Genma und meinen Vater dingfest. Am nächsten Tag forderte sie seinen Kopf oder die Heirat. Papa entschied sich für letzteres.“ Ukyo schluckte. Das kam ihr jetzt doch erschreckend bekannt vor. Andererseits wurden Akanes Anwandlungen damit ein wenig verständlicher. „Und jetzt ist mein Verlobter eine Dämonin“, es klang ein Lächeln in der Stimme der Kampfschulerbin mit und bewies, dass Akane doch einen Sinn für Humor besaß. Die Köchin fuhr sich durchs Haar. Immerhin blieb ihr ein solches Problem erspart. Ryoga mochte ein Trottel sein, doch seine Arbeitsmoral war himmlisch. Okay, es konnte dran liegen, dass ihm sein Boss sonst die Hölle – oder war es den Himmel? – heiß machte. „Denkst du den beiden geht’s gut?“ Ukyo klopfte zaghaft gegen das dicke Holz des Kleiderschranks. Sie wüsste nur selbst zu gern, was die beiden Chaoten anstellten. Bestimmt ging’s ihnen blendend und ihre Möchtegernbedienung hatte sich nur wieder heillos verlaufen. Und wenn Ranma ihn kritisierte, flogen nur wieder die Fetzen. Ryoga schleuderte das Stirnband in die Luft. Keine zwei Sekunden später rieselten die Überreste als feiner Staub herab und wurden von einer Böe weggetragen. Die zornige Stimme Herbs hallte übers Schlachtfeld, begleitet von donnernden Explosionen. Hibiki machte sich keine Illusionen. Sobald Herb sie aufspürte, waren er und Saotome Toast und zwar verkohlter. Ryoga hasste verkohlten Toast. Der Drachenprinz wirkte nicht wirklich wie der Typ, der mit sich reden ließ. Und Diplomatie kannte er bestimmt nur auf dem Papier, das er feixend im Kamin verfeuerte. Eine mächtige Erschütterung brachte den Fels links seiner Position zum Einsturz. Die Trümmer dreier weiterer Felsen lagen bereits übers Plateau verteilt und die Staubwolken schwebten noch immer unheilverkündend umher. Die männliche Göttin starrte auf die Dämonin zu seinen Füßen. Ranma war fern der Wirklichkeit und träumte wahrscheinlich vom Essen und von Verlobten, mit denen er Akane betrügen konnte. Der heraushängende Speichelfaden deutete allerdings eher auf ersteres hin. Unsanft schüttelte er den Rotschopf, der nur murmelte und ansonsten die Augen geschlossen hielt. Ryoga näherte sich dem Ohr des Mädchens, holte tief Luft und raunte ihr dann ins Ohr. Der Effekt war unverkennbar und resultierte in einer rigiden Ranma mit weitoffenen Augen. „Wo sind sie? Wo sind die behaarten Bieste - “ Hibikis Faust stoppte die Anflüge einer Panik. Schmollend rieb sich Saotome den Kopf, bevor sie sich beschweren konnte, hielt ihr Ryoga bereits die Hand vor den Mund. Er schüttelte in einer Weise den Kopf, die seine Halswirbel an vier Stellen zum Knacken brachte. Die Nachricht kam an. Ranma Saotome hielt eine der wenigen Male in ihrem Leben die Klappe. Die nahe Explosion eines weiteren Felsens half dabei nicht unwesentlich. „Wir haben ’n Problem, nich’?“ Ryoga nickte dazu. „Haste ’ne Idee?“ Ryoga schüttelte den Kopf. „Bist’n Trottel.“ Ryoga nickte, fing sich und verpasste Ranma eine Kopfnuss. Der absehbare Streit kam nicht einmal zum Keimen, als eine weitere Erschütterung durch den Untergrund jagte. Steinsplitter flogen als grauer Fächer über den Felsen hinweg, der ihnen als Schild vor den Augen des Drachenprinzen diente. „Hat Herb irgendwelche Schwachstellen? Irgendwas das wir gegen ihn verwenden können?“ Saotomes Gesicht blieb für einige Sekunden blank; dann leuchtete es in einem Gedankenblitz auf. „Brüste!“, konstatierte Ranma enthusiastisch. Ryoga fielen fast die Augen raus. „Du Mistkerl, wie kannst du ausgerechnet jetzt über so was fantasieren!“ „Doch nich’ so du Depp! Ich mein’, Herb wird ganz irre. Sieht der Brüste, könnt’ der nich’ mal mehr ’n Scheunentor treffen.“ Hibiki rieb sich die Nase. Er hasste es zwar Ratschläge von seinem Rivalen anzunehmen, aber das war eindeutig Saotomes Sparte. Hinterhältigkeit und Feigheit lagen den Saotomes einfach im Blut. „Und wie nutzen wir dir Schwäche aus?“ Die Lippen der Teufelsbrut verzogen sich zu einem unsicheren Lächeln und ihre Hand wanderte zum Hinterkopf. Als sie auch noch nervös zu kichern begann, rieb sich Ryoga bereits die Schläfen. Er war ja so was von geliefert. Verlass’ dich auf einen Saotome und du bist verlassen. Er hätte es wissen müssen. „Kommt heraus! Ich werde euch Gewürm zerstampfen!“ Als ob er oder Ranma darauf reagieren würden, für wie blöd hielt der Prinz sie eigentlich? Ryoga tauschte einen finsteren Blick mit Ranma. Die Dämonin schloss beleidigt den Mund und schmollte. Er hätte es besser wissen müssen. „Denk’ dir lieber einen guten Plan aus, als lauter Dummheiten anzustellen!“ „Pah, hab’ ich schon. Hältste mich für doof?“ „Als ob ich darauf antworten müsste“, repondierte Ryoga und zog – für ihn uncharakteristisch – die Nase hoch. Offensichtlich war er klüger als Saotome. Und sei es auch nur, weil er mitsamt seiner Beförderung mehrere Lexika hinter die Stirn gestopft bekam. Manchmal hatte er immer noch Kopfschmerzen von der Prozedur. „Warte mal, du hast schon einen Plan?“, hakte die männliche Göttin irritiert nach und erntete ein überlegenes Grinsen Ranmas. „Jupp“, grinste die Dämonin und streckte den Daumen hoch. Die Geste erfüllte ihren Zweck. Das unheilvolle Gefühl in Ryogas Bauch nahm zu – und das beträchtlich. Die Luft durchzog noch der Geschmack von Stein und Staub, als drei Bandana auf Herb zusteuerten. Ohne mit der Wimper zu zucken, holte der Musk die Projektile aus der Luft. Alle drei wurden von einer Chi-Kugel verschluckt, durchgekaut und ausgespuckt. Es blieb nicht wirklich viel von ihnen übrig. Doch kaum das die Projektile flogen, folgte bereits Ryoga. Halsbrecherisch sprintete er auf den Monarchen zu, die Faust zum Schlag erhoben. Herb schenkte dem Versuch nur ein kaltes Lächeln, ehe er Energie in der freien Hand sammelte. Die Situation glich einem Showdown aus einem alten, angestaubten Western. Es fehlte nur an Kugeln, Revolvern und schlechtsitzenden Hosen, die nach Pferderücken mieften. Unmittelbar vor Herb stolperte Hibiki plötzlich und sein Indexfinger landete im Fels, der sogleich zu allen Seiten detonierte. Noch bevor der Drachenprinz seinem Unmut Luft machen konnte, stürzte aus der Staubwolke ein teuflisch grinsender Rotschopf hervor. Der Hito Ryu-Zahn Han durchschnitt den Raum unterhalb der Dämonin, deren Grinsen Millimeter für Millimeter breiter wurde. Höhnisch tanzte ihre freie Brust vor Herbs Nase, die merklich anschwoll. So betrachtet kam es dem Prinzen zu Gute, dass Ranma lediglich wenige Sekunden in seinem Blickfeld verbrachte. Ihr Sprung trug sie nämlich über den Kopf des Drachenerben hinweg und in dessen blinden Winkel – seinen ungeschützten Rücken. „Haku Dato Shin Shô!“ Herb brüllte in Rage, als hunderte, kleine Schläge in seinem Rücken landeten. Ein heißer Schmerz zuckte von Muskel zu Muskel und unterband jede Reaktion seinerseits. Ohne den Rotschopf zu sehen, wusste er dennoch, dass sie wie eine Katze grinste. Der Effekt ihrer Hiebe war vergleichbar mit einem Überspannungsschaden, der jedem Nerv den Strom abdrehte. Im nächsten Moment brach auch schon der Stirnbandträger aus dem Staub hervor, Faust voran und ein Funkeln in den Augen. Und das war der Augenblick, in dem der Schmerz in Herbs Rücken nachließ und der in seinem Gesicht begann. Eine Umarmung mit einem Pkw bei 80 Km/h hätte nicht unsanfter sein können. Unter dem vollen Drall des Hiebes peitschte der Körper des Kriegers über den Boden, überschlug sich und rammte mit ungeminderter Wucht in den kesselförmigen Felsen. Es mochte an den vorherigen Erschütterungen gelegen haben, vielleicht war es der Felsen auch nur leid für einen Kessel gehalten zu werden – das Resultat war dasselbe; er zerbröckelte und begrub den Prinzen mitleidlos unter sich. Dort wo der Felsen gestanden hatte, erhob sich nun die glühende Form eines Portals. Unpassend wie ein Scheich im Fast-Food-Lokal nahm sich das Tor in der Einöde aus, völlig unbekümmert von dem tobenden Wind. „Ranma Saotome verliert nie!“, posaunte der kleine Rotschopf und lachte zum Nebel hinauf, Zeige- und Mittelfinger in einer Siegespose gespreizt. Ryoga begnügte sich mit einem kleinen Reißzahngrinsen und einem Schulterzucken. Wieder waren er und Ranma um eine bedeutende Erfahrung reicher. Je höher deine Gegner fliegen, desto tiefer fallen sie. Und wenn sie fallen, dann lehn’ dich zurück und genieße den Aufprall. Mousse saß im Schneiderschnitz und begutachtete seine neueste Errungenschaft. Er musste feststellen, dass eine vergilbte, mottenzerfressene Schriftrolle auch unter Licht wie eine vergilbte, mottenzerfressene Schriftrolle aussah. Ein chinesischer Fluch verließ die Lippen des Amazonen. Hier und da ließen sich schon ein paar Schriftzeichen entschlüsseln und es befanden sich außerdem ein paar Skizzen auf dem Papier. Für einen kreativen Menschen wären das gewiss nützliche Hinweise gewesen, um auf irgendetwas Wichtiges zu schließen. Mousse seufzte. Leider gehörte er scheinbar nicht zu dieser erlesenen Gruppe kreativer Menschen. Das seine Angebetete wie verrückt im Nebenzimmer stampfte und ordentlich Frust abließ, vereinfachte das Entschlüsseln nicht unbedingt. Bei diesem Lärm nachzudenken, glich dem Anschwimmen gegen einen Strom, gespeist von einem Wasserfall und um das ganze interessanter zu machen, kamen noch ein paar Einsschollen dazu. Er brauchte irgendeinen Anhaltspunkt. Die Schriftzeichen waren zu krakelig und die Zeichnungen könnten einer Kinderhand mit Gicht entsprungen sein. Immerhin bewies das deren Echtheitsgrad. Happosai war schließlich alles – nur kein Künstler. Ein lautes Poltern schreckte ihn auf. Fuhr Shampoo jetzt die großen Geschütze auf? Der ganze Krach kam ja einer Explosion gleich - Mousse stutze und beäugte die Schriftrolle nochmals. Bingo! Da kam tatsächlich das Zeichen für Explosion vor und daneben stand etwas von Geschütz. Obwohl bei genauerem Hinsehen hieß das nicht Geschütz, sondern Geschoss. So allmählich wurde die Sache klarer und dass trotz seiner Sehschwäche. Der Tellerwäscher hielt das Schriftstück etwas höher, damit die Funzel ein klein wenig mehr Licht drauf werfen konnte. Wer weiß, möglicherweise enthüllte sich ihm ja das Geheimnis? „Happy? Happo? Happoda? Happodi?“ Mousse legte den Kopf schief. Das klang wie ein dummer Kinderreim. Nichtsdestotrotz begriff er so allmählich. Das Ganze war eine Art Bauplan; aber wofür? Aufmerksam sondierte er das bräunliche Papier. Undeutlich fanden sich darauf noch ein paar Bleistiftskizzen. Kein Wunder, dass er sie erst nicht erkennen konnte. Sie waren völlig ausgebleicht! Der aufgezeichnete Gegenstand war rund. Er bestand des Weiteren aus mehreren Schichten, die aufeinander gelegt wurden. Und durch die Schichten hindurch wurde eine Lunte gezogen, die in den Kern und das Schießpulvergemisch führte. „Happodi? Happodai? Happodaiki?“ Verbissen starrte er den Fetzen an und versuchte das letzte Schriftzeichen herauszubekommen. Es nagte an seinem Bewusstsein, denn der Begriff kam ihm bekannt vor. Ein besonders heftiges Rumsen ließ ihn zusammenfahren. Diesmal war es allerdings nicht aus Shampoos Zimmer gedrungen, sondern von draußen und einem guten Stück Entfernung her. Nicht ohne Neugier blinzelte Mousse aus dem kümmerlichen Loch hervor, das er Fenster nennen durfte. Im Nachthimmel über Nerima flackerte die Gestalt eines Panda, kredenzt von dem schwindenden Leuchten einer Detonation. Dasselbe Leuchten reflektierte sich in den Augen des Amazonen, der betont langsam auf die Schriftrolle in seinen Händen herabsah. Es hatte zwar ein paar Anläufe gebraucht, aber die Einsicht hatte soeben die Tür zu seinem Bewusstsein durchbrochen und war ihm auf den Schoß gesprungen. Jetzt wollte die Einsicht ausgiebig gekrault und gepflegt werden. „Happo-Daikarin“, skandierte der junge Mann und lachte düster. Es sah ganz so aus, als ob das Training unter Happosai unerwartete Früchte trug – und beileibe, dass waren keine KnallERBSEN. Die kleine Schatulle wurde behutsam geöffnet. Ihr Inhalt war seit Generationen ein gutbehütetes Geheimnis, das innerhalb weniger Tage zum zweiten Mal gelüftet werden sollte. Zumindest stimmte diesmal das Ambiente, mit Kerzenschein und abgestandener Dunkelheit in einem viel zu kleinen Raum. Mehrere schlanke Finger legten sich um das Pergament. Mit einem Knistern wurde das gerollte Schriftstück ausgebreitet und danach begutachtet. Es raschelte, als das Phantom den Zeigefinger darüber gleiten ließ. „Der Himmel – isst Fisch?“ Die Person zog die Stirn kraus und rieb sich den Nasenrücken. Welcher kranke Geist hatte diesen völlig sinnlosen Satz erdacht? „Die Sandale kneift. Man nehme Salz, wenn die Alte keift?“ Das Phantom schnaufte ärgerlich und lehnte sich im Stuhl zurück. Auf diese Weise gab’s kein Weiterkommen. Es bedurfte eines Experten in dieser Angelegenheit, eines Gelehrten der thaumaturgischen Künste, eines Aspiranten der Magie – kurzum: eines Versagers mit zu viel Zeit und eigenartigen Hobbys. Doch woher sollte man einen solchen kümmerlichen Wurm nehmen und nicht stehlen? Die zwielichtige Gestalt stierte in das hilflose Flämmchen der Kerze, räkelte sich im Stuhl und nippte an ihrem Tee. Ein böses Lächeln streichelte blasse Lippen. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Halli-Hallo liebe Leserinnen, liebe Leser, ein neues Kapitel ist fertig und ich muss gestehen, ich bin ein wenig unzufrieden. Die Qualität ist okay, der Kontext ist auf Witze abgepocht und auch sonst habe ich in diesem Kapitel alles ungebracht, was erzählt werden sollte. Genau hier haben wir das Problem – das Kapitel ist zu kurz. Ich bin kein Autor, der seine Geschichten unnütz streckt und dadurch verwässert. Das wäre euch und der Idee gegenüber unfair. Daher fange ich gar nicht erst damit an. Es ist nur, dass ich selbst davon überrascht bin, dass der Kampf gegen Herb ein so rasantes Ende nahm. Es scheint, als hätte ich Ranma und Ryoga gehörig unterschätzt, eh? Na ja, kann ich mir mit Herb wohl die Klinke in die Hand geben.^^° Ich hoffe, ihr hattet trotzdem euren Spaß und freut euch bereits auf die nächsten drei Kapitel, mit denen der zweite Band der Oh Mann, Ryoga!-Reihe voraussichtlich abschließen wird.^^ Ein kleiner Glossar zum besseren Verständnis: Maneki Neko: Die Maneki Neko ist ein Glücksbringer in Japan, den man – erstaunlicherweise – auch häufig in chinesischen Restaurants antrifft. Es handelt sich dabei um Katzenfiguren, die auf ihren Hinterläufen sitzen und eine Pfote heben. Je nachdem welche Pfote oben ist, winkt dem Besitzer Glück oder finanzieller Gewinn. Außerdem werden auf Festen oft Maneki-Neko-Masken verkauft. Sie erfüllen dieselbe Glückswirkung und werden meist von Kindern getragen. Miko: Eine Miko ist die japanische Variante einer Nonne. Ihr Arbeitsplatz ist ein Shinto-Schrein, in dem sie typische Arbeiten verrichtet und dem Priester in Ritualen assistiert. Hito Ryu-Zahn Han: (siehe Kapitel 6) Haku Dato Shin Shô: Hierbei handelt es sich um eine Angriffsequenz der berüchtigten Umisenken. Der Anwender greift hierbei den ungeschützten Rücken des Gegners an und entlädt dabei einen Schlaghagel in diesen. Die Schläge sind so präzise, dass Nervenbündel gezielt attackiert und überlastet werden. Die Umisenken und Yamasenken wurden von Genma Saotome erfunden und versiegelt. Später lehrte Genma seinem Sohn Ranma die Umisenken, um gegen Ryu Kumons Yamasenken bestehen zu können. Für den Interessierten empfehle ich Band 28 des Mangas, in dem die Herkunft und die restlichen Bestandteile der Umisenken erklärt werden. Happo-Daikarin: Die legendäre Bombe, kreiert vom kleinen Großmeister des Musabetsu Kakuto Ryu. Eine einzige Bombe besitzt genug Sprengkraft, um einen Kampfkünstler von Ranmas oder Ryogas Kaliber auszuknocken. Ähnlich erging es sogar Nylonstrumpf-Taro und dass obwohl seine Monsterform mindestens dreimal so viel wie Ryoga einzustecken vermag. Sie zählt eindeutig zu einer der mächtigsten Techniken, die je erfunden und angewandt wurde. Schöne Grüße und einen schönen Samstag, euer Deepdream Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)