Brothers In Arms von senthessa ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Darf ich vorstellen... Wir schreiben das Jahr 1303 und befinden uns in Schottland, mitten in einem der Scharmützel des Unabhängigkeitskrieges gegen England. Es ist nicht weltbewegend – ein paar hundert Soldaten sind daran beteiligt, unbedeutendes Menschenmaterial, wenn man bedenkt, welche Massen in den wirklichen Schlachten verheizt werden. Wenn wir dort hinüber sehen, fällt unser Blick auf einen jungen Soldaten, für den diese Schlacht alles andere als ein bloßer Symbolkampf ist. Denn für Raphael Maclachlan geht es hier um das nackte Überleben. Er will nicht so sterben, nicht hier, auf dem Boden, der von Blut und Regen aufgeweicht ist, nicht hier, zwischen den gefallenen, verwundeten, schreienden, weinenden Soldaten. Nur wenig entfernt von ihm ruft ein erwachsender Mann nach seiner Mutter. Tränen der Verzweiflung klingen in der Stimme mit – und der Tod, von dem er weiß, dass er ihn bald holen wird. Raphael wusste nicht mehr wirklich, was er hier tat. Warum stieß er sein Schwert in den armen Teufel vor ihm, der nur das Pech gehabt hatte, in der falschen Uniform zu stecken? Er war immer ein guter, ein geradezu begeisterter Schwertkämpfer gewesen, doch bei dem Anblick des dunklen, klebrigen Blutes auf seiner Waffe und auf seinen Händen drehte sich ihm der Magen um. „Mother! Mother!“ Der verzweifelte, schmerzerfüllte Schrei rief ihn in die grausame Realität zurück. Mother... Ihm schob sich das Bild seiner eigenen Mutter wieder vor Augen, wie sie müde an ihrem Webstuhl saß, mit dreißig schon alt gewesen. Raphael war als ihr zweiter Sohn zur Welt gekommen, da hatte sie gerade einmal fünfzehn Sommer gezählt, und jetzt war er neunzehn, eines von vier noch lebenden Kindern der Familie. „Raphael, pass auf!“ Der Warnruf wäre beinahe zu spät gekommen, doch so konnte er gerade noch zur Seite hechten, ehe die herabsausende Klinge ernsthaft Gefahr lief, ihm den Schädel zu spalten. Als er seinen Gegner gerade entgegenstürzen wollte, ungeachtet aller Bedenken entschlossen, sein Leben zu verteidigen, unterbrach ihn etwas, das er gerade auf einem Schlachtfeld niemals erwartet hätte... „Rafe?“ ...die Stimme seines älteren Bruders, die seinen Kosenamen rief. „Rafe, bist du das?“ Der Soldat in der schmutzstarren englischen Uniform ließ seine Waffe sinken und zum ersten Mal war Raphael bemüht, das zerschundene, ausgezehrte Gesicht zu erkennen. Er weckte Erinnerungen in ihm, Erinnerungen an die Tage vor dem Krieg. „Gordon? Verdammt, was machst du hier?“ „Ja, Rafe“, grinste der um nur ein Jahr Ältere in seiner unveränderlichen guten Laune, „ich freue mich auch, dich nach all den Jahren einmal wieder zu sehen.“ Er schob sein Schwert wieder in die Scheide an seiner Hüfte zurück und legte seinem Bruder den Arm um die Schultern. „Und, Kleiner, wie ist es dir so ergangen?“ „Gordon, verflucht, lass mich los!“ Er befreite sich aus seinem Griff. „Wir sind auf einem Schlachtfeld und du, du kämpfst für die... Feinde, die Landräuber, die Engländer!“ Kaum ein Wort war je so verachtend gesprochen worden wie dieses. „Und? Willst du mich jetzt töten?“ „Dich… töten?“ Diese Frage war so plötzlich gekommen, dass er kaum darüber nachdenken konnte, was er antworten sollte. „Natürlich nicht!“ „Warum nicht?“ Gordon konnte es noch immer nicht lassen, ihn aufzuziehen, doch der Ernst, der dabei in seinen Augen glomm, verriet ihn. „Weil du mein Bruder bist.“ Every man has to die But it’s written in the starlight And every line on your palm We're fools to make war On our brothers in arms Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)