Wöchentliche Schreibaufgabe von Karopapier (Die Ergebnisse des 24-h-WBs) ================================================================================ Kapitel 1: Der Kampf -------------------- Damien federte leicht auf der Stelle, während er auf seinen Gegner wartete. Sie hatten heute freie Waffenwahl, ein Umstand, der ihm nur recht kam. Während die gebräuchlicheren, modernen Waffen ihm nicht sonderlich lagen, war er auf dem Gebiet des Kampfes mit Dolch und Säbel ein hervorragender Kämpfer. Er baute weniger auf Muskelkraft als auf Tempo und Wendigkeit, und dabei waren große Waffen eher ein Hindernis als eine Hilfe. Sein Blick wanderte neugierig zu der sich öffnenden Tür. Marcel hatte sich für eine gezackte Sarazenerklinge entschieden, eine bösartig glänzende Waffe. Damien war nervös. Sicher, es war nichts weiter als ein Trainingsgefecht, aber trotz allem war ihm nicht gerade wohl. Der Kampf würde vorbei sein, sobald einer der Kontrahenten blutete, so weit so gut, aber es war nicht weiter ausgeführt, wie sehr der Gegner bluten musste – oder durfte. Und Marcel war ein mehr als angemessener Gegner. Damien drehte sein Finnmesser leicht hin und her, damit es besser in der Hand lag, während er mit langsamen Schritten vorsichtig Marcel näherkam. Er wusste, er musste in einem Winkel angreifen, in dem sein Gegner nicht seine volle Muskelkraft anwenden können würde, um sich somit einen Vorteil zu verschaffen, aber Damien wusste genauso gut, dass Marcel über seine eigenen Schwächen Bescheid wusste. Und hätte er es nicht gewusst, hätten die leichten, katzenartigen Schritte des anderen das ihrige getan, um ihn daran zu erinnern. Gegen einen bekannten Gegner zu kämpfen, hatte durchaus seine Vorteile, aber auch seine unbestreitbaren Nachteile. Vor allem dann, wenn die zwei Kämpfer vor langer Zeit Freunde gewesen waren und jeweils ihre schwache Seite geschützt hatten. Aber das war lange her... Blitzartig drehte sich Damien zur Seite, um einem Ausfall Marcels auszuweichen, und versuchte, mit einem Ruck dessen Ärmel aufzuschlitzen, doch Marcel war schneller und blockte die Bewegung mit einem Seitwärtsstreich ab. Ihr vorsichtiges und konzentriertes Umeinanderkreisen erinnerte Damien an zwei Wölfe, die die Rangordnung festlegten. Es war die Ruhe vor dem Sturm, aber in einer gewissen Art und Weise wünschte er sich fast, die Ruhe wäre schon vorbei. Die spannungsgeladene Stille, die den Raum zu elektrisieren schien, ließ ihn selbst den leisen und ruhigen Atem seines Kontrahenten hören, das ebenso leise Rascheln der Trainingshosen und das noch leisere Knarren des Bodens. Doch als der Angriff schließlich kam, war er dennoch unerwartet, und Damien stolperte einen Schrit rückwärts. Der Kampf hätte besser anfangen können, das wurde ihm klar, als er Hieb um Hieb des Angreifers abwehrte, und er spürte, wie nach einer Weile sein Arm leicht taub wurde. Doch schließlich schaffte er es, unter einem unvorsichtig platzierten Streich hindurch abzutauchen und zurückzuschlagen. Tänzerisch sprang er mal nach rechts, mal nach links, täuschte an und wich fahrigen Abwehrversuchen aus. Der Kampf lag in seiner Hand und er mühte sich, diese Kontrolle nicht zu verlieren. Als Marcel sich in die Ecke gedrängt sah, versuchte er, Damien mit einem Schlag, der auf die Rippen abgezielt war, zurückzutreiben, aber Damien hatte mit diesem Schritt gerechnet, parierte und setzte seinerseits zu einer leichten Drehung an, bei der er mit der Dolchspitze gefährlich nah an Marcels Brustbein kam. Ab dem Punkt wendete sich das Blatt. Marcel hatte genau diese Situation vorhergesehen, das wurde ihm klar. Er sah ihn noch, wie er sich zur Seite drehte und dem Dolch mühelos auswich, doch im nächsten Moment fühlte Damien sich bereits in der Defensive, wich aus, parierte und wich zurück, ohne seinerseits punkten zu können. Im Trainingsraum war nichts zu hören außer den Schritten, dem Rascheln der Kleidung und dem schweren Atem der Kämpfenden, unterbrochen nur von dem Sirren und Klirren der Klingen. Damien merkte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Links, rechts, wieder links-... Mit letzter Anstrengung setzte er alles auf eine Karte und machte einen Ausfallschritt zur Seite. Das war das Letzte, mit dem Marcel gerechnet hatte, und er musste mit einem überraschten Aufschrei um sein Gleichgewicht kämpfen, während sich Damien mit einem gekonnten Sprung außer Reichweite des Sarazeners brachte. Noch bevor sich der andere wieder aufrappeln konnte, nahm Damien nun Anlauf und deckte ihn mit einer schnellen Folge von Stichen ein, die er nur mit Mühe abwehren konnte. Damien merkte, dass er nun leichtes Spiel haben würde. Er drehte sich, führte einen Scheinangriff auf Marcels linke Flanke aus und balancierte seinen Körper auf einem Fuß wieder in die andere Richtung, um mit einer erneuten Drehung zum entscheidenden Schlag auszuholen. Doch noch während er wie in Zeitlupe in der Luft hing, spürte er ein leichtes Brennen auf der Brust und ein leises Lachen schallte durch seine Mauer aus Konzentration hindurch. Verblüfft sah er an sich herab. Sein T-Shirt war quer über den Torso aufgeschlitzt und da, wo der Stoff breit auseinander klaffte, sog sich die Baumwolle langsam mit Blut voll. „Scheiße“, entfuhr es ihm, dann fiel ihm jedoch auf, dass der Boden bereits bedenklich näher gekommen war und er rollte sich gerade so noch ab. „Wie hast du das gemacht?“, fragte er später in der Umkleidekabine mit widerwilliger Bewunderung Marcel. Sie hatten seit dem Kampf kein Wort mehr gewechselt, aber so langsam hielt Damien das Schweigen und seine Ungeduld nicht mehr aus. Marcel lachte nur. „Du warst so konzentriert auf meine rechte Hand“, begann er mit einem schelmischen Glitzern in den Augen, „dass du den Dolch in meinem Gürtel übersehen hast.“ Er zeigte auf die Stelle, an der er eine weitere, etwas kleinere Scheide eingefädelt hatte. „Das war dein großer Fehler. Und als du so siegesgewiss warst, hast du auch nicht weiter bemerkt, dass meine linke Hand nicht mehr leer war.“ Urplötzlich wurde er ernst. „Hätte ich mich nicht diesem kleinen Trick bedient, hättest du auf jeden Fall gewonnen.“ Damien konnte es nicht fassen. „Du hattest zwei Waffen?“ „Ja“, gab der andere freimütig zu. „Das ist nicht verboten.“ „Du hättest es mir sagen müssen!“ „Ich hätte sie nicht verdeckt tragen dürfen, das war alles.“ Marcel zuckte mit den Schultern. „Es war deine eigene Schuld, dass du dich so auf die Waffen in meiner Hand konzentriert hast und keine Augen mehr für meinen Gürtel hattest.“ Dann schnappte er sich seine Tasche und entschwand mit einem „bis dann“ aus dem Raum. Hinter sich hörte er nur noch ein lautes Krachen, als Damien wutentbrannt eine Bank umwarf. Als Marcel am nächsten Tag in die große Übungshalle kam, erwartete er, dass sich Damien ihm gegenüber noch immer wütend und abweisend verhalten würde, doch stattdessen kam er ihm mit einem Lachen auf dem Gesicht entgegen. „Auf dich habe ich schon gewartet“, begrüßte er Marcel. „Du bist nicht mehr sauer wegen gestern?“, erkundigte sich der Angesprochene verwundert. „Warum sollte ich?“ Damien grinste breit. „Es war schließlich meine Schuld. Beeilst du dich mit dem Umziehen?“ Jetzt war Marcel komplett verwirrt. „Umziehen? Aber das Training beginnt erst in einer halben Stunde!“ „Stimmt.“ Ohne auf seinen Protest zu achten, schob ihn Damien weiter. „Aber du schuldest mir noch etwas.“ Mehr stolpernd als gehend erreichte Marcel den kleinen Raum, der als Umkleidekabine diente. „Verdammt, Damien, mach es nicht so spannend, was willst du? Was sollte ich dir noch schulden?“ Hinter ihm schloss sich die Tür. Und alles, was er von Damien noch mitbekam, bevor er allein war,war ein einziges Wort, das dafür noch lange im Raum zu schweben schien. „Revanche.“ _______________________ Vielen Dank an dieser Stelle an den Patronizing Arts Zirkel und das Storysammlung Forum, die diese Initiative auf die Beine gestellt haben. Auch wenn ich nicht immer dabei sein kann: Es ist eine großartige Idee, um üben zu können und seine eigenen Grenzen auszuprobieren. Liebe Grüße an alle, die sich regelmäßig dieser Herausforderung stellen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)