Mondzeiten von risuma (Eine Drachengeschichte) ================================================================================ Kapitel 25: Bakura ------------------ „Und genau deshalb bin ich hier und habe auf euch gewartet.“, schloss Ishizu ihren Bericht. Seth und Jono waren überwältigt und auch gleichzeitig erschüttert. So ein schöner Anfang und so ein grausames Ende, an dessen Schluss sie standen. Sie begriffen, dass ihre Verwandlung ursprünglich etwas Positives war und es als Ehre galt, das Bindeglied zwischen den Völkern zu sein. „Können Drachen und Menschen sich denn nicht wieder vertragen?“, wollte Jono wissen. „Ich weiß nicht, ob das möglich ist,“ meinte Ishizu, „denk doch an deine Begegnung mit den Männern aus Solomons Dorf. Sie halten dich für eine Bestie, die ihnen die Nahrung streitig macht und, wenn es gerade Lust dazu hat, auch ihr Dorf zerstören kann.“ „Aber sie erzählen ihren Kindern doch die Geschichten aus den Alten Zeiten.“, wandte Jono ein. „Ja, aber sie betrachten sie als Märchen. Sie glauben nicht daran, dass Drachen und Menschen jemals in Frieden miteinander gelebt haben, denn es war bequemer so. Sie müssten sich sonst die Frage gefallen lassen, warum sie es nicht wieder miteinander versuchten.“, entgegnete Ishizu. „Das stimmt.“, ergänzte Seth. „Ein Streit ist schnell entstanden, doch es ist viel, viel schwerer sich wieder zu versöhnen.“ „Besonders, wenn man sich im Streit getrennt hat und jede Seite unversöhnlich ist.“, fügte Ishizu hinzu. „Glaubst du denn, dass Menschen und Drachen sich wieder vertragen könnten?“, wollte Jono von Ishizu wissen. Ishizu lächelte. Sie dachte an einen kleinen aufgeschlossenen Jungen, mit markanter Igelfrisur, dessen größter Wunsch es war, eines Tages genauso mit einem Drachen befreundet zu sein, wie Seth es war. „Doch, möglich wäre es schon, mit den richtigen Drachen… den richtigen Menschen… zur richtigen Zeit… am richtigen Ort…“ Ishizu konnte es nicht lassen, sie liebte es in Rätseln zu sprechen, es war einfach ihre zweite Natur, und mehr würde sie den Beiden dazu auch nicht sagen. „Das ist schön.“, zufrieden seufzend gab Jono sich mit ihrer Antwort zufrieden. „Möchtet ihr noch eine Schale Suppe?“, fragte Ishizu Seth und Jono. „Oh ja, gerne,“ freute sich Seth. „Ist das Kaninchen in der Suppe?“, wollte Jono wissen. „Dein Geschmackssinn ist ausgezeichnet.“, bewunderte Ishizu Jonos Gespür und reichte jedem noch eine Schale von der Suppe. Das Erzählen hatte sie hungrig gemacht. ~~~ Bakura war gereizt. Wie waren sie bloß in dieser absolut unbewohnten Gegend gelandet? Nirgendwo gab es Menschen, mit denen man sich etwas vergnügen konnte. Sie mussten tatsächlich jagen und sich selbst das Essen zubereiten, welch eine Schmach. Was musste er bloß auf den Händler hören, der ihnen von den einsamen Dörfern in dieser Waldregion im nördlichen Teil des Landes erzählt hatte? Ja, es war schon ein Ort, an dem man sich vor den Häschern des Herrschers verstecken konnte, aber ganz so einsam liebte er es dann doch nicht. Und seine Männer wollten unterhalten sein, sonst würde er seine Führerschaft verlieren. Sie waren jetzt schon seit zehn Tagen hier in diesem Wald, eigentlich hätten sie schon längst auf das erste Dorf stoßen müssen, wenn er den Händler richtig verstanden hatte. An irgendeiner Stelle hatten sie sich verlaufen, das behagte ihm überhaupt nicht. Jetzt liefen sie schon den zweiten Tag an diesem See entlang, aber immer waren noch keine Anzeichen von Menschen zu sehen. Am späten Mittag sah er dann das Zelt auf der anderen Uferseite des Sees. Es war zwar ein Lichtblick, aber sonst war es nur ärgerlich, denn es bedeutete, dass sie den ganzen Weg zurücklaufen mussten, da keiner von ihnen schwimmen konnte. Murrend kehrten seine Männer um, wussten sie doch, dass sie Menschen wohl nur auf der anderen Seite des Sees treffen würden. Aber die Aussicht auf ein wenig Spaß, und etwas zu essen, munterte sie ein bisschen auf. ~~~ „Gibt es sonst noch etwas, dass ihr wissen wollt?“, erkundigte sich Ishizu bei den Beiden. Seth und Jono schauten sich an und nickten. „Hast du mich heute Nacht gerufen?“, wollte Seth wissen. Ishizu schaute ihn überrascht an. „Nein?! Was ist geschehen?“, erkundigte sie sich. „Ich habe heute Nacht von dir geträumt.“, meinte Seth. „Geträumt? Von mir?“, fragte Ishizu nach. „Was denn?“ „Ich war mit meiner Schwester im Wald, und auf einmal waren wir an diesem See und wurden Zeuge davon, wie Räuber aus dem Wald kamen, dich überfielen und tödlich verletzten. Mit letzter Kraft schienst du mir zu zurufen: Beeil dich!“, erzählte Seth. „Und dies schien wirklich dringend zu sein. Deshalb sind wir hier.“ „Er hat mich aus meinen schönsten Träumen gerissen, nur um ganz schnell hierher zu kommen.“, beschwerte sich Jono. „Wir hätten es heute sonst nicht mehr geschafft, sondern erst morgen.“, wies Seth ihn zurecht. „Und was wäre daran so schlimm gewesen?“, maulte Jono zurück. Er hatte nämlich sooo schön von dem kleinen Weißen geträumt. „Morgen wäre es wahrscheinlich zu spät gewesen.“, fasste Ishizu die Informationen zusammen. „Wie es scheint, bekommen wir heute noch Besuch, von nicht so freundlichen Gesellen, wie ihr es seid.“ „Aber ich verstehe immer noch nicht, warum es so dringend war, sofort hierher zu kommen.“ Jono war immer noch nicht überzeugt. „Einmal, um eure Geschichte, die Geschichte des Bundes, zu erfahren.“, erklärte ihm Ishizu. „Aber auch, um mich zu beschützen. Damit auch nachfolgende Söhne des Bundes die Geschichte des Bundes erfahren können, scheint es absolut wichtig zu sein, dass ich den heutigen Tag überlebe. Überlebe ich den heutigen Tag nicht, sind auch die Bewahrerinnen der Menschen verschwunden, wie es scheint. Und es gäbe niemanden mehr, der euch, und zukünftige Söhne des Bundes, über euer Schicksal würde aufklären können.“ Wie es schien, war ihre Rolle nicht damit beendet, Seth und Jono alles zu erzählen. „Ach so.“ Jono schaute wenig intelligent drein. Das war ihm alles zu ungreifbar (hypothetisch). Seth seufzt auf. Jono war so schwer zufrieden zu stellen. „Also, wenn wir nicht gekommen wären, dann würde Ishizu heute noch sterben, ohne uns etwas erzählt zu haben. Zufrieden?“, fasste Seth zusammen, aber Jono blickte ihn nur beleidigt an und sagte nichts mehr. Er konnte die Dringlichkeit ihres Hier seins immer noch nicht erkennen, hatte er doch auch keine Ahnung von hellseherischen Träumen. Die Geschichte des Bundes, seine Geschichte, zu erfahren, war ja schon nicht schlecht, doch er lebte jetzt schon 70 Jahre ohne das Warum zu kennen und kam ganz gut klar damit. Aber was so dringend daran sein sollte, das zu erfahren, konnte er immer noch nicht verstehen. Er hatte verstanden, dass es immer einen Seth und einen Jono geben würde, und dass sie sich liebten, dass immer ein neuer Jono oder Seth geboren wurde, wenn der vorherige starb, ohne sein direkter Nachkomme zu sein, denn dann hätte seine Mutter gewiss Bescheid gewusst. „Ich muss mich mal erleichtern.“, übernahm Jono Seths Ausdrucksweise und verzog sich etwas tiefer in den Wald. Irgendwie wollte er jetzt einen Augenblick alleine sein, und außerdem spürte er tatsächlich ein gewisses Drücken. „Pass auf dich auf, ja?“, murmelte Seth, als Jono ging. Ishizu schaute ihn mitleidig an. Sie hatten es nicht geschafft, Jono von ihren Sorgen zu überzeugen. Am liebsten wäre Seth aufgesprungen und wäre Jono hinterher gelaufen, doch er war sich nicht sicher, ob das Jono gefallen hätte. Jono hatte jedoch gehört, was Seth so leise gesagt hatte. Oh man, schon wieder diese Anspielung… Was hatten die Beiden nur damit? Jono nervte das Ganze gerade ein wenig. Er suchte sich ein geschütztes Plätzchen und entledigte sich seiner Beinlinge um Kot abzusetzen. Als er damit fertig war, reinigte er sich mit ein paar großen Blättern und war gerade dabei, sich seine Beinlinge (wie er seine Hose nannte) wieder anzulegen, als ein Mann mit weißen Haaren und zwei Begleitern aus dem Gebüsch trat. „Hey, Leute, guckt mal, Frischfleisch!“, meinte er nach einem anerkennenden Blick auf Jonos Gemächt. Jono schaute irritiert von einem zum anderen, als der Weißhaarige auch schon neben ihn trat und den Arm um ihn legte. „Hey, Kleiner, so allein hier? Hast du nicht Lust uns ein wenig Gesellschaft zu leisten und Spaß mit uns zu haben?“, meinte er grinsend und ließ Jono keine andere Wahl als „Ja“ zu sagen. Jono hatte keine Ahnung, was die Männer von ihm wollten, und was meinten die mit „Spaß haben“? „Bist du schon lange bei Jono im Tal?“, fuhr Ishizu mit dem Gespräch fort. „Ich hab dich nämlich noch nie hier gesehen.“ „Aber Jono hast du schon gesehen?“, stellte Seth eine Gegenfrage. „Als Drache? Ja!“, sagte Ishizu. Sie hatte den großen Schwarzen schon oft in ihrem langen Leben über diesen See fliegen sehen. „Es ist jetzt Jonos vierte Mondzeit, die ich erlebe.“, meinte Seth. „Dann bist du ja wirklich noch nicht lange hier.“, stellte Ishizu fest und stand auf. Sie ging in ihr Zelt und holte dort etwas heraus. „Ich glaube, dann kannst du das hier gut gebrauchen.“, meinte sie lächelnd und drückte Seth einen kunstvoll verzierten und gefüllten kleinen Wassersack in die Hand. Überrascht blickte Seth auf die Gabe und dann zu Ishizu. „Was ist dort drin?“, wollte er wissen „Das wirst du schon herausfinden.“, meinte Ishizu zuversichtlich. Es war niedlich, wie Seth so unverständig guckte, fand Ishizu. Seth nahm seine Suppenschale wieder auf, um den Rest Suppe aus zu trinken, als Ishizu gaaanz harmlos fragte: „Habt ihr euch schon gepaart?“ Seth spukte prustend die Suppe wieder aus. Neugierig war diese Frau ja überhaupt nicht. Ging sie das überhaupt etwas an? Doch bevor sein Kopf entschieden hatte, antwortete sein Mund verschämt: „Ja, an meinen beiden letzten Mondzeiten.“, und eine leichte Röte zog über sein Gesicht. Ishizu war zufrieden. Seth hatte also die Notwendigkeit ihres kleinen Geschenkes noch nicht herausgefunden. „Wo bleibt eigentlich Jono so lange?“, fragte sie nach einer Weile nach. Seth schaute auf. Stimmt, Jono war schon eine ganze Weile fort… Er versuchte ihn zu erspüren, und schoss auf einmal, wie von der Tarantel gestochen auf. JONO! Jono war in Gefahr! Er rannte in die Richtung, in die Jono sich entfernt hatte und hatte auch schon bald die Angreifer ausgemacht. Zwei hielten den sich wehrenden Jono am Boden fest, während ein Dritter, der offenbar der Anführer war, gerade dabei war seine Hose zu den Füßen zu streifen. Wie sehr wünschte Seth es sich in diesem Augenblick ein Drache zu sein. Jedoch in seiner Wut strahlte die Aura des weißen Drachens aus ihm heraus. Die Männer, die feixend zusahen, und die Beiden, die Jono festhielten, sahen nur, wie ein schimmernder weißer Drache wütend auf sie zugestürmt kam und nahmen ängstlich Reißaus. „Hey, könnt ihr den Jungen nicht besser festhalten?“, beschwerte sich der Weißhaarige bevor auch er sich umdrehte, fluchend seine Hose wieder hochzog und ebenfalls das Weite suchte. Jono war verwirrt und überwältigt zu gleich. ~~~ Bakura trieb seine Männer grimmig an. Er hatte die Nase von diesem Wald und diesem See gestrichen voll. Aber zu diesem Zelt mussten sie noch unbedingt, denn sonst würden sie immer noch tagelang in diesem Wald umher irren. Sie hatten das Zelt schon fast erreicht und mussten nur noch um diese eine Bucht herum. Sie bogen gerade um eine Wegbiegung, als sie auf einen jungen Mann stießen. Er schien ihnen ein Geschenk des Himmels zu sein, ein Lohn für ihre Mühsal. Sie würden heute ganz gewiss noch ihren Spaß haben, der Jüngling würde sich wünschen nie geboren worden zu sein, wenn sie erst mit ihm fertig waren. Sie grinsten sich dreckig an, als sie den gelbhaarigen Jüngling betrachteten, der gerade sein Geschäft verrichtete. Bakura wartete ab, bis er sich gründlich gereinigt hatte, bevor er in sein Sichtfeld trat. „Hey, Leute, seht mal her,“ meinte Bakura und musterte anerkennend das entblößte Geschlecht des Gelbhaarigen, „Frischfleisch!“ Das war echtes Frischfleisch, fand Bakura, denn der Junge zog weder seine Hose hoch, noch versuchte er seine Blöße mit seinen Händen zu bedecken. Er schaute ihn nur irritiert an. War das am Ende noch eine echte Jungfrau? Bakura lief das Wasser im Mund zusammen. Er liebte es eine Jungfrau zu knacken. Er trat zu dem Kleinen, legte einen Arm um ihn und meinte dreckig grinsend: „Hey, Kleiner, so allein hier? Hast du nicht Lust uns Gesellschaft zu leisten und Spaß mit uns zu haben?“ Dabei zog er den Kleinen dichter an sich heran und verstärkte schmerzhaft seinen Griff um dessen Oberarm. „Schau, meine Freunde und ich fühlen uns gerade etwas einsam, und du könntest uns die Einsamkeit ein doch wenig vertreiben.“, meinte Bakura, während zwei seiner „Freunde“ zu ihnen traten. „Sei ein braver Junge und halt schön still, dann wird es dir auch nicht so wehtun.“, meinten sie lachend, während sie ihn von Bakura übernahmen. Bakura wurde langsam ungeduldig, er blickte immer noch in fragende braune Augen. Er wollte endlich das Erkennen, die Angst in ihnen sehen, denn sonst würde es ihm ja keinen richtigen Spaß machen. Obwohl, so einen, wie diesen gelbhaarigen Kleinen, hatte er noch nie gesehen, er war eine richtige Schönheit. Er beschloss ihn später mit zu nehmen, er kannte da so ein paar Männer, an die er ihn gewiss für ein hübsches Sümmchen verborgen konnte. Als seine Männer ihn packten und zu Boden drückten, damit er seinen Spaß haben konnte, begann der Kleine, zu seiner Freude, sich endlich zu wehren. Die Lust in Bakura stieg ins Unermessliche und er konnte es kaum noch erwarten, sich über den Kleinen her zu machen. Er hatte gerade seine Hose herunter gezogen, und sein kleiner Bakura federte erwartungsvoll an die Luft, als seine Männer den Kleinen los ließen. „Hey, könnt ihr den Jungen nicht besser festhalten!“, beschwerte er sich, denn so kräftig sah der Junge doch gar nicht aus. Doch als seine Männer einfach davon rannten, ihn mit herunter gelassener Hose stehen ließen und ein Strahlen in den Augen des Kleinen erschien, drehte er sich doch um. Was er da zu sehen bekam, ließ ihn das Blut in den Adern gefrieren, fluchend seine Hose hochziehen (der kleine Bakura hatte bei diesem Anblick überhaupt keine Lust mehr) und schleunigst das Weite suchen. Mit einem wütenden Drachengeist wollte er sich nicht anlegen. Was war das überhaupt für ein Mensch, der von einem Drachengeist beschützt wurde? In diesen Wald würden er und seine Männer nie mehr einen Fuß setzen. Und somit waren Solomons und die anderen Dörfer gerettet, denn Bakura und seine Männer machten sich einen Spaß daraus, Dörfer zu überfallen, abzubrennen, zu vergewaltigen und niemanden am Leben zu lassen. ~~~ Menschen waren doch wirklich eine schwierige Rasse. Man konnte überhaupt nicht schlau aus ihnen werden. Der erste Mensch, den er traf, war Seth. Ihn liebte er sofort (jetzt weiß man ja auch, warum^^) und er hatte überhaupt keine Probleme damit, ihn zu verstehen. Höchstens Verständigungsschwierigkeiten. Die zweiten Menschen, waren Yugi und Tea, zwei aufgeschlossenen Kinder, die er und sie ihn mochten. Der dritte Mensch, Ishizu, war schon rätselhafter, aber eigentlich auch gewitzt. Jono glaubte, dass sie es liebte mit Menschen ein wenig zu spielen, sie zu narren. Aber die vierten Menschen, die konnte er überhaupt nicht einordnen, und Seth war nicht da, um sie ihm zu erklären. Diese Menschen waren irgendwie falsch, soviel konnte er spüren, aber er konnte es nicht einordnen. Gewalt war ein unbekannter Begriff für ihn. Er wusste nicht, dass Menschen grausam sein können, dass sie Spaß daran hatten, grausam zu sein, anderen Menschen weh zu tun. Als dieser Weißhaarige etwas von „Spaß haben“ zu ihm sagte, dann klang das nicht so wie: Vogelgezwitscher in der Brust haben, Lebensfreude, Lachen, es klang so – falsch. Doch er konnte sich nicht vorstellen, was der Andere darunter verstehen würde. Auf einmal drückte der Weißhaarige ihn fester an sich und der Griff um seinen Oberarm tat richtig weh, aber er wusste immer noch nicht, was der Andere von ihm wollte. „Schau, meine Freunde und ich fühlen uns gerade etwas einsam, und du könntest uns doch unsere Einsamkeit ein wenig vertreiben.“, sagte der Weißhaarige zu ihm und seine Freunde kamen näher. Einsam? Wieso fühlten die sich einsam? Sie waren doch eine ganze Gruppe. Diese Menschen wurden für Jono immer unerklärlicher, unbegreifbarer. Er glaubte nicht, dass die wirklich wussten, was Einsamkeit bedeutete. Dann, mit einem Mal, griffen zwei von ihnen nach seinen Oberarmen und drückten ihn auf den Boden. „Sei ein braver Junge und halt schön still, dann wird es dir auch nicht so wehtun.“, sagte einer der Männer. Der machte wohl einen Witz, es war ziemlich unangenehm für ihn, da er auf einigen ziemlich spitzen Steinen lag. Er wollte sich gerne etwas komfortabler hinlegen, wenn es schon nötig sein sollte zu liegen, doch die beiden Männer hinderten ihn daran. Dies war der erste Moment, an dem er begann sich etwas zu wehren. Festgehalten zu werden war ihm absolut fremd, er war es gewohnt über seinen Körper frei zu verfügen. Er versuchte sich gerade aus dem Griff der beiden Männer zu befreien, als der Weißhaarige sich mit einem Grinsen vor ihn stellte und seine Beinlinge herunter ließ. Er bekam dessen Geschlecht zu sehen, das, wie nannte das Seth?, erregt war. Wieso war das Geschlecht des Weißhaarigen erregt? Wollte er sich etwa paaren? Doch mit wem? Etwa mit ihm? Aber wieso? Sie hatten keinen Paarungstanz miteinander getanzt, auch nicht dieses Mund auf Mund gemacht. Also, er hatte nicht das Bedürfnis, sich mit dem Weißhaarigen zu paaren, und Seths Anzeichen waren auch irgendwie ganz anders. Jono konnte nicht wissen, dass es Menschen gab, die sich die Paarung gewaltsam erzwangen, und die Lust dabei empfanden, anderen bei der Paarung Schmerzen zu zufügen. Drachen taten so etwas nicht. Vor der Paarung kam der Paarungstanz, oder etwas ähnlich angenehmes, wie er mit Seth bereits erlebt hatte (auch als Mensch^^). Doch mit Gewalt und Zwang? Das konnte er sich einfach nicht vorstellen. Dass er genau einen solchen Menschen vor sich, und etliche hinter sich hatte, die sich eben genau jenes ziemlich gut vorstellten, konnte er nicht wissen. Auf einmal spürte er, wie die beiden Männer ihn wieder los ließen und als er aufblickte, konnte er hinter dem Weißhaarigen die Silhouette des weißen Blauaugendrachens erkennen, und freute sich darüber ihn zu sehen. Doch der Weißhaarige schien nicht damit einverstanden zu sein, dass die beiden Anderen ihn nicht mehr fest hielten. „Hey, könnt ihr den Jungen nicht besser festhalten?“, beschwerte er sich. Aber dann drehte der Weißhaarige sich um, wurde blass, seine Erregung verschwand und laut fluchend zog er sich seine Beinlinge hoch und rannte seinen Männern hinterher. Jono freute sich Seth zu sehen, mit dem Drachen hinter sich, doch so wütend hatte er ihn noch nie erlebt. ~~~ Wütend stürmte Seth auf den Weißhaarigen zu, der so offensichtlich vorhatte seinem kleinen, unschuldigen Jono weh zu tun. Und der Weißhaarige tat gut daran, ebenso wie seine Spießgesellen, von sich aus das Weite zu suchen, denn Seth hätte ihm gewiss mehrere Knochen gebrochen. Zum Glück war der Weißhaarige noch nicht zum Zuge gekommen, und die anderen sahen auch nicht so aus, als wollten sie nur zugucken. Jono wusste überhaupt nicht, in welch großer Gefahr er geschwebt hatte und hätte bestimmt den Schock seines Lebens bekommen. „Seth!“, strahlte Jono den Braunhaarigen an, während er sich aufsetzte, „Du warst sooo schön!“ „Geht es dir gut? Haben sie dich verletzt?“, wollte Seth besorgt von Jono wissen und kniete sich zu ihm. „Eh, schön? Ich bin wütend!“ „Ja. Nein. Auf mich?“ Jono zuckte zusammen. Hatte er etwas falsch gemacht? Gut, er war maulig gewesen, als er ging, aber deshalb wütend werden… „Nein, nicht auf dich.“, beruhigte ihn Seth gleich, ihm war nicht entgangen, dass Jono zusammen gezuckt war. „Auf dieses Gesindel…!“ Er war so wütend, dass er keine Worte dafür fand, und er hatte eine solche Angst um ihn gehabt… „Aber warum bist du denn so wütend?“, erkundigte Jono sich vorsichtig. „Komm, steh erst mal auf und zieh deine Hose hoch,“ meinte Seth, „und dann gehen wir wieder zurück.“ „Ins Tal?“ „Nein, zu Ishizu. Sie macht sich Sorgen.“ „Um mich?“ „Ja,“ nickte Seth, „komm!“ Jono stand auf und zog sich die Hose hoch. „Sagst du es mir jetzt?“, forschte Jono auf dem Weg zu Ishizu nach. „Wie soll ich es dir sagen? Der Mann eben, der wollte dir wehtun, er wollte dir sogar ziemlich wehtun, und das hätte ihm auch noch großen Spaß gemacht. Den Anderen übrigens auch.“ Jono schaute ungläubig zu Seth. Es gab Menschen die Spaß daran hatten anderen Menschen weh zu tun? „Wie wollte er mir denn wehtun?“, fragte Jono. „Der Mann wollte sich mit dir paaren.“, begann Seth. „Das hatte ich mir schon gedacht.“, warf Jono ein. „Ja, aber nicht gefühlvoll, voller Liebe, sondern ohne Vorbereitung, ohne Paarungstanz. Die Paarung sollte dir wehtun, er wollte dich verzweifelt sehen, du solltest Angst haben.“ Seths Herz wurde immer schwerer, denn ein längst vergessenes Bild erschien vor seinem inneren Auge. Als kleiner Junge kam er einmal dazu, als dies gerade mit einem Mädchen geschah. Er hatte ihre verzweifelten Schreie gehört und wollte ihr helfen, doch sie lag unter diesem Mann, und er konnte ihr nicht helfen. Ohnmächtig trommelte er mit seinen Fäusten auf dessen Rücken ein, aber der Mann grinste nur, schleuderte ihn zur Seite und machte weiter, bis er fertig war. Danach stand er zufrieden auf und verschwand im Wald, den Mann sah er nie wieder. Das Mädchen blieb stumm, sprach mit niemandem mehr ein Wort und rannte vor jedem Mann panisch schreiend davon. Und Seth hatte Angst gehabt, dass Jono ebenso reagiert hätte. „Kann die Paarung von Menschen denn wehtun?“, wollte Jono daraufhin von Seth wissen. „Wenn man es falsch macht, ja, manchmal sogar sehr.“, antwortete Seth. „Und du meinst, es gibt Menschen, die machen es mit Absicht falsch?“, fragte Jono überrascht nach. „Ja.“, war die kurze Antwort von Seth. „Machen das nur die Männchen oder auch die Weibchen?“, erkundigte sich Jono. „Also, von Weibchen kann ich es mir nicht vorstellen.“, entgegnete Seth. Inzwischen waren sie bei Ishizu angekommen, und ein Blick in ihre Gesichter sagte ihr, dass wirklich etwas vorgefallen sein musste. „Da waren so ein paar zwielichtige Gestalten, die wollten Jono vergewaltigen.“, klärte Seth Ishizu auf. „Dann war dein Traum wirklich eine Warnung! Bei diesen Strauchdieben hätte ich den heutigen Tag nicht überlebt.“, stellte Ishizu fest. „Und meine kleine Urenkelin wäre höchst wahrscheinlich auch durch ihre Hand gestorben. Danke, dass ihr sofort reagiert habt.“ Dankbar schaute Ishizu die Beiden an. „Ich hab Tee gekocht. Möchtet ihr welchen?“, bot Ishizu an. „Ja, gerne.“, dankbar nahm Seth Ishizus Angebot an und so erhielten beide einen dampfenden Becher mir Tee. „Tee, lieber Jono,“ übernahm Ishizu die Erklärung, „ist heißes Wasser, in dem Kräuter oder Früchte aufgekocht werden. Man wählt dazu Kräuter oder Früchte aus, die besonders wohlschmeckend sind. In der Regel verwendet man getrocknete Kräuter oder Früchte, da sie lange haltbar sind. Aber Vorsicht, der Tee ist noch heiß.“, warnte sie noch. Jono hatte die Bedeutung von „heiß“ schon kennen gelernt, hatte Ishizu herausgefunden. Jono schaute Seth dabei zu, wie er vorsichtig seinen Becher an seinen Mund führte, kräftig pustete und vorsichtig einen Schluck trank. Also machte er es ihm, genau wie bei der Suppe, wieder nach. Dieser Tee roch gut, und nachdem er ebenfalls gepustet und vorsichtig einen Schluck aus dem Becher getrunken hatte, stellte er fest, dass er richtig gut schmeckte. Während Seth und Ishizu noch über verschiedenes redeten, musste Jono über das nachdenken, dass Seth ihm gerade erzählt hatte. Ehrlich gesagt, verstand er das alles ganz und gar nicht. Wie eine menschliche Paarung vor sich ging, das wusste er nicht und auch nicht, was genau dabei passierte. Dass man dem anderen wehtun konnte, wenn man es falsch machte, konnte er gerade noch so verstehen. Aber alles andere war für ihn absolut unbegreiflich, unverständlich, er konnte damit absolut nichts anfangen. Alles was mit dem Begriff Gewalt zu tun hatte lag außerhalb Jonos Begriffsvermögen. Er kannte keine Gewalt. Tiere kämpften – um die Vorherrschaft, um ein Weibchen, um Futter, um ein Revier, aber sie hatten keinen Spaß daran andere zu verletzen. Sie folgten nur ihren Instinkten, oder wie bei den Drachen, ihren Ritualen. Jono war auch der Begriff bösartig nicht bekannt. Er verstand außerdem immer noch nicht, dass es Menschen gab, die andere dazu zwangen sich gegen ihren Willen mit ihnen zu paaren. Er hatte immer noch nicht das Gefühl in Gefahr gewesen zu sein. Während sie ihren Tee tranken, senkte sich langsam der Abend über das Land. Jono hatte überhaupt nicht mitbekommen, dass Ishizu und Seth Fische gefangen hatten, die bereits über dem Feuer brieten. Sie hatten ihn in Ruhe gelassen, damit er die Menge an neuen Informationen verarbeiten konnte. Er würde später, immer wieder, noch viele Fragen dazu haben. Im letzten Licht der Abendsonne, bot Ishizu den Beiden an, in ihrem Zelt zu schlafen, aber sie lehnten dankbar ab. Seth erzählte Ishizu von ihrem „kleinen“ Missgeschick auf ihrer Insel und Jono schaute verlegen drein. „Nun, wenn ihr das Zelt nicht möchtet… Ich hab noch eine Unterlage und einige Decken für euch, dass sollte genügen.“ Seth und Jono bedankten sich höflich bei Ishizu für ihr Nachtlager und Ishizu begab sich in ihrem Zelt zu ihrer Nachtruhe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)