Das Elementarartefakt 2 von Ireilas (Hinter dem Horizont) ================================================================================ Kapitel 8: 3. Das weite Meer ---------------------------- „Habt Ihr alles?“ „Noch nicht ganz!“, Yuki kramte ihren halben Kleiderschrank leer und warf es auf das Bett, neben einen der Bediensteten der Villa. Dieser sammelte ihre Kleidung behutsam auf, legte sie zusammen und in einen Koffer. Irgendwann war es soweit, dass nichts mehr reinpasste, weshalb er sich zu dem Mädchen drehte: „Miss Yuki, hat Euer Geografielehrer nicht gesagt, dass Ihr nicht zu Viel einpacken dürft? Vielleicht sollten wir nur Eure liebsten Stücke mitnehmen…“ „Also schön!“, Yuki drehte den schweren Koffer auf den Kopf, sodass der Inhalt wieder auf das Bett viel, anschließend deutete sie auf bestimmte Kleidung: „Der rote Pulli kommt mit, genauso die der graue Rock und- oh! Den dunkelroten Schal nicht zu vergessen! Weist du was? Ich gebe einfach alles, was ich mitnehmen will auf die rechte Seite des Bettes.“ Leiste seufzte der Bedienstete, während er Yuki beim aussortieren beobachtete. Endlich war alles gepackt. Als die Bürgermeistertochter und ihr Bediensteter das Zimmer verließen und den Gang entlang gingen, drehte Yuki allerdings um; und lief zurück. „Miss Yuki! Wir haben nur noch wenig Zeit, Euer Lehrer erwartet uns doch im Hafen!“ Länger stand der Mann am Gang und wartete darauf, dass Yuki zurückkam. Als sie endlich auftauchte, hatte sie ihre kleine, schwarze Umhängetasche dabei. Er konnte nicht genau erkennen, was das für ein Bild war, jedoch landete es in der Tasche, die das Mädchen sich umhängte. Beim verlassen der Villa musste der Bedienstete schon wieder warten: Yuki lief zu ihrem gelben Moped, das neben dem Eingang am Rasen stand. „Miss Yuki!“, seufzte der Bedienstete schon leicht verzweifelt – er wollte das Mädchen doch nur zum Hafen bringen. Das Mädchen fühlte über die Kratzer in ihrem Moped und begutachtete den kaputten Rückspiegel, dann fasste sie das Gerät an den Lenkern. Ihr Bediensteter griff sich nur mehr auf den Kopf, als er sah, wie Yuki das Moped mitnahm. Beim Hafen von Cesthas angekommen, mussten die Zwei aus der Villa nicht lange nach dem Schiff suchen: es war das größte im Hafen! Das Schiff war fast komplett aus Holz, hatte zwei Neben- und einen riesigen Hauptmast; es glich einem alten Schiff, wie man es aus Piratengeschichten kannte. „Wooow…!“, Yuki hatte ihren Kopf nur noch hoch geneigt und starrte den Hauptmast an. Hier und da gingen Männer auf dem Deck umher – klar, ohne Besatzung kann so ein großes Schiff nicht bedient werden. „Ah… sagte ich nicht, du sollst nicht zu viel einpacken?“, Mr. Xaphe kam herbei und verschränkte die Arme; er sah anders aus als sonnst, da er seine Haare zu einem Zopf gebunden hatte. „Ist DAS dein Schiff!?“ „Ja. ‚The beauty Rotate’ wird es auch genannt.“ „Wieso?“ „Nun, weil es schnell, wendig und schön ist; oder nicht?“ „Doch! Sehr schön sogar!“ Mr. Xaphe lächelte, bevor er sich zum Bediensteten drehte: „Im inneren des Schiffes gibt es zwei Gänge, im Zweiten gleich rechts befindet sich Yukis Zimmer. Bitte bringen Sie ihren Koffer dort hinein.“ Der Bedienstete verbeugte sich und ging aufs Schiff - mitfahren durfte er zwar nicht, aber Yukis Koffer in ihr Zimmer bringen. „Oh…“, Mr. Xaphe schaute zum Moped hinab. „Ach das… äh…“, Yuki kratzte sich am Kopf, „Ich dachte mir, wir könnten vielleicht… einen Mechaniker aufsuchen?“ Leise lachte der Lehrer, bevor er ihr das Moped abnahm: „Geh an Bord. Du bist schlau Yuki, wir werden deine Maschine mitnehmen und im Feuerviertel reparieren lassen.“ „Im Feuerviertel?“, überrascht drehte sich Yuki vor ihren Gang an Bord noch einmal um. „Ja, wir machen dort pause, du kennst es aus dem Geografieunterricht. Keine Sorge, in der Hauptstadt Vestus gibt es nur wenige Diebe. Aber fürs erste…“, Mr. Xaphe schob das Moped an Bord, „Verstauen wir deine Maschine in unserer Vorratskammer.“ Endlich legte das Schiff ab und fuhr Richtung offene See. Yuki lief ans Ende des Schiffes, um noch einmal ihre Heimatstadt zu sehen. Sie sah Cesthas, wie die Insel immer kleiner wurde. Gerade, als sie in Gedanken versank, sah sie jemanden am Hafen, der schnell mit den Armen winkte – Ervin! >Richtig, mein Date!< Yuki holte Luft: „Eeeeerviiiiin!“, rief sie, „Wir sehen uns bestimmt wieder!“ Leise konnte sie von ihm ein „Pass gut auf dich auf!“ wahrnehmen, dann war das Schiff bereits zu weit von der Insel entfernt. Langsam ging es immer weiter hinaus, bis schließlich auch die letzte Insel des blauen Meeres am Horizont verschwand. Nun gab es nicht mehr außer Wasser; und dem Schiff. „…Yuki!“ Das Kleinkind drehte sich um und schielte die Mutter mit ihren großen blauen Augen ins Gesicht, anschließend setzte es sich hin, in den Sand. „Ach, komm her, Yuki!“, lachte Zarill, die ihr Kind zurück auf die Decke holte. Yuki beobachtete, wie ihre Mutter eine Milchflasche aus dem Korb holte. Als sie diese dem Mädchen reichte, trank es auch gleich drauflos. „Nicht so schnell, du verschluckst dich sonst.“, Zarill beobachtete ihre Tochter zuerst genau, nach einer Weile schaute sie hinaus, zum Horizont des Meeres. Sacht glitt die Gischt immer wieder auf den Sandstrand von Cesthas und zurück, hier und da hörte man die vorbei fliegenden Möwen rufen. Und da – Yuki hörte auf zu trinken und hustete. Schnell nahm sie Zarill in den Arm und klopfte ihr auf den Rücken: „Na na, ich hab es dir aber gesagt: trink nicht so schnell.“ Unerwartet berührten Hände Zarills Schultern. Als sie sich umdrehte, blickte sie überrascht in das Gesicht ihres Mannes: „Cekiu? Ich dachte, du und Vector wolltet Bücher kaufen gehen…?“ „Ja, das wollten wir auch.“, lächelnd setzte er sich auf die Decke, neben Zarill, Yuki schaute inzwischen mit großen Augen zu ihrem Vater, „Glaub es oder nicht, Vector ist einer jungen Frau begegnet… den Rest kannst du dir ja vorstellen: Das übliche mit ihm.“ Zarill musste lachen, bevor sie antworten konnte: „Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet er zu einem Frauenheld wird? Seine wievielte ist das, in diesem Monat…?“ „Ach, du musst aber bedenken, dass nicht er die Frauen anspricht, sondern sie ihn. Ich glaube…“, Cekiu überlegte, „seine Fünfte.“ Leicht seufzte Zarill, bevor sie wieder Glücklich zum Meer sah. Während auch Cekiu zum Horizont schaute, beobachtete Yuki die silbernen Haare ihres Vaters, die im Wind wehten. „Weist du Cekiu…“, begann Zarill, die sich zurücklehnte, „Ich bin froh, endlich wieder in Cesthas leben zu können… aber ein bisschen vermisse ich diese grenzenlose Freiheit schon… ganz seltsam…“ „Mir geht es genauso.“, Cekiu legte de Hand auf Yukis Kopf, „Wer weis – vielleicht fahren wir, wenn Yuki groß genug ist, wieder ins Feuerviertel? Wir könnten Amylie besuchen.“ „Das wäre schon schön.“ „Aber?“ „Ich bin Bürgermeisterin; da kann ich Cesthas doch nicht so einfach verlassen.“ „Warum nicht? Schließlich wäre es Urlaub.“ Seufzend legte sich Zarill ganz auf den Rücken und schaute in den Himmel. Yuki saß auf ihren Bauch und neigte ihren Kopf zur Seite, dann schaute sie zum Meer. „Denkst du nicht, dass Yuki auch das sehen sollte, was hinter dem Horizont liegt?“, fragend beugte sich Cekiu über seine Frau. Wieder seufzte Zarill, sah ihm lange ins Gesicht. „Doch, natürlich. Ich frage mich nur, ob wir wirklich alle gemeinsam fahren können.“ „Selbst wenn nicht…“, er beugte sich näher über Zarill, „So wie sich Yuki entwickelt, fährt sie sicher von selbst mal zur See...“, und küsste sie. Blitzartig schreckte Yuki auf, als sie ein lautes Grollen wahrnahm. Verschlafen rieb sie sich die Augen, und griff nach ihrer Brille, die neben ihr auf dem Schreibtisch lag. Yuki hatte spät an ihrem ersten Tag auf dem Schiff noch ein bisschen gelesen; dabei muss sie wohl eingeschlafen sein. Etwas abwesend schaute sie aus ihrem kleinen Fenster und sah die wilde See, die sich bei diesem Sturm stark hob und senkte – am Horizont tanzten die Blitze, bis es wieder donnerte. Kopfschüttelnd legte sich das Mädchen schließlich ins Bett und griff nach ihrer Kerze, am Beistelltisch. Neben dem Licht stand ein Bilderamen, mit einem Foto darin. Traurig blickte Yuki hin, „…gute Nacht Mum, …Dad…“, und blies die Kerze aus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)