Ein schmaler Grad von Kyraliah (zwischen Feindschaft, Freundschaft, Seto und Joey) ================================================================================ Kapitel 1: Vertrautheit ----------------------- Wenn ihr euch fragt, was ich um zehn Minuten vor acht in Kaibas Büro mache und mir dabei das überdimensionale Grinsen nicht aus dem Gesicht wischen kann, dann wüsste ich wirklich nicht was ich antworten sollte. Ich könnte sagen dass es mir einfach immer unglaubliche Freude bereitet, wenn diese wandelnde Eiszeit auf zwei Beinen sich wegen mir die Schläfen reibt und etwas von Kopfschmerzen murmelt. Andererseits wäre das nur ein kleiner Teil der Wahrheit, die sich wie folgt zusammensetzt: Man nehme ein Schulprojekt für Biologie, gebe Gruppen in der Größe von zwei Personen hinzu, verrühre dies mit einer wichtigen Jahresnote und vermenge die beiden Hauptzutaten Namens Seto Kaiba und Joey Wheeler nach zwei Stunden des ziehens im Klassenzimmer. Diese hochexplosive Mischung lässt man dann vierundzwanzig Stunden ruhen und backt das ganze dann als kleines dreißigminütiges Referat auf. Hat das jetzt irgendjemand verstanden? Nein?! Tz.. Also, ich hatte das unglaubliche Glück Kaiba bei unserem kleinen Biologieprojekt zu ziehen. Warum ich ausgerechnet Mr. Superarrogant und das Wort Glück in einem Satz verwende? Ganz einfach! Er muss so tun als wäre ich nicht da und trotzdem einen ganz normalen Tag über die Runden bekommen. Hehe… HAHA! Mal ganz unter uns, das wird die Rache für alle, aber wirklich alle, seine dummen Kommentare, Beleidigungen und bloße Existenz. Warum? Wieder ganz einfach. Kaiba kann mich nicht ignorieren. Er kann es schlichtweg nicht. Jahre der Feindobservation zahlen sich schlussendlich doch aus. Hach, was bin ich glücklich. Ja, richtig gelesen. Jahre und Observation. Ich, Köter vom Dienst – pscht, das habe ich nie gedacht! – habe seine Schwachstelle entdeckt: Die Unfähigkeit an mir vorbeizugehen ohne einen seiner ach so tollen, ach so super intelligenten und ach so sarkastischen Sprüche loszulassen. Man, echt Mal, könnt ihr mein Grinsen sehen? Wären meine Ohren nicht im Weg, würde es zu einem 360 Grad Atomgrinsen mutieren. Was wohl auch der Grund ist warum sich Mr. Hastenichtgesehenwietollichbin gerade seine Schläfen reibt. Ohne Scheiss, das wird der beste Tag in meinem Leben. „Pass auf Köter, wenn du diesen Tag überleben willst gleichst du dein Benehmen am besten dem einer Topfpflanze an. Atmen und unscheinbar aussehen. Das mit dem niedrigen Intelligenzquotienten sollte ja kein Problem für dich darstellen.“ Da ist wohl jemand mit dem falschen Fuss aufgestanden. Bleibt die Frage ob es überhaupt Tage in seinem Leben gibt an denen das nicht passiert? Ich will gerade entspannt abwinken als mir auffällt das er mich schon wieder beleidigt hat. Allerdings, warum wundert mich das überhaupt noch? Gerade als ich zu einer Erwiderung ansetzen will, piept seine Armbanduhr und gibt somit den Startschuss für das Projekt. Ich persönlich nenne es Mission ‚Feuerzeug vs. Kühlschrank’. Mal sehen wer zuerst aufgibt. Und dabei habe ich die Rollen sogar realistisch verteilt, wenn man es auf unsere geldlichen Mittel umwälzt. Ein Feuerzeug hat deutlich weniger Gas zur Verfügung als ein Kühlschrank Strom. Zumindest üblicherweise. Aber heute ist nicht üblicherweise. Und das schöne daran ist, dass wir das beide wissen. Mal ernsthaft, Kaibas Gesicht als er erfahren hat mit wem er vierundzwanzig Stunden rum bringen muss wenn er seine Note nicht gefährden will war absolut göttlich. Göttlich, sage ich! Gut, einem anderen wäre es unter Umständen nicht aufgefallen, denn seine Maske sitzt besser als die Frisur der blonden Tussi in dieser drei Wettertaft Werbung. Dennoch konnte ich den Ausdruck seiner Augen sehr genau bestimmen und seine Lippen wurden fester als üblicherweise zusammengepresst. Da hätte kein Blatt mehr dazwischengepasst! Und das absolut beste daran war, als sich unsere Blicke getroffen haben während ich gerade dabei war mich lauthals darüber aufzuregen das ich ausgerechnet IHN erwischen musste. Wieder wussten wir beide es besser. Als einzige in der ganzen Klasse. Er wusste sofort dass sich innerlich ein ganzes Volksfest bei mir abspielen musste, obwohl meine Darstellung des leidenden Joey’s schon verdammt gelungen war. Muss selbst ich zugegen. Hehe. Ups, da bin ich wohl gerade etwas abgedriftet. Aber kein Problem, ich stehe von seinem Besucherstuhl auf und lasse mich auf das Sofa an der gegenüberliegenden Wand seines Büros fallen. Notizblock und Kugelschreiber liegen dort schon auf mich wartend bereit. Diese Bedingung hat er nach einem sehr kurzem Gespräch durchgeboxt. “Ich stelle deine Utensilien. Wage es nicht mich mit einem rosa Buntstift und einem farbigen Block zu diffamieren.“ Grundsätzlich klingt dieser Satz, für Kaibas Verhältnisse zumindest, recht harmlos. Aber seine Stimme! Mir wird jetzt noch ganz kalt. Den Blick aus diesen unglaublich tiefblauen Augen nicht zu vergessen. Ob es Versicherungen gegen Gefrierbrand gibt? Und überhaupt, woher wusste er das schon wieder?! Soll noch einer behaupten das Mr. Unnahbar nichts von seiner Umwelt mitbekommen würde. Drei Stunden später Kann mir irgendjemand erklären warum so viele Menschen so wahnsinnig scharf darauf sind diese Firma zu übernehmen? So etwas Langweiliges habe ich selten gesehen oder erlebt. Ach was, selten ist eine Untertreibung der speziellen Art. Noch nie! Ich habe zehn Seiten dieses dämlichen Blocks mit lustigen Bildchen beschmiert, aber kein einziges Wort über Kaibas Alltag niedergeschrieben. Ist das denn zu glauben? Nicht nur das er es tatsächlich schafft mich komplett zu ignorieren, nein das reicht ja noch nicht, er tippt nur und ausschließlich auf seinem dummen Laptop herum. Seit geschlagenen hundertachtzig Minuten. Oh, pardon. Ich vergas die eingehenden wahnsinnig spannenden Telefongespräche bei denen er außer ‚Ja’, ‚Nein’ und ‚Sie sind gefeuert!’ kaum etwas anderes sagt. Was ist nur aus dem besten Tag in meinem Leben geworden? Aktuell muss ich momentan mehr gegen meine Müdigkeit als gegen die erwateten Lachkrämpfe kämpfen. Und das wirklich, wirklich dramatische daran ist, das ich für die Bildchen vielleicht dreißig Minuten gebraucht habe. Das lässt hundertsechzig Minuten übrig. Und was habe ich in dieser Zeitspanne getan, fragt ihr euch? Nun, ich weiss jetzt dass sich eine kleine Falte auf Kaibas Stirn bildet sobald er wirklich angestrengt nachdenkt. Außerdem beißt er sich gedankenverloren auf seine Unterlippe wenn etwas nicht direkt beim ersten Mal so funktioniert wie er sich das vorstellt. Dabei ist mir wieder aufgefallen das er unglaublich weisse Zähne hat, damit sollte er in die Zahnpastawerbung einsteigen. Wäre bestimmt ein Kassenschlager – Seto Kaiba das Zahnpastamodell Weitere überlebenswichtige Erkenntnisse betreffen sein Haar. Wie ich ja schon des öfteren festgestellt habe, ist brünett nicht unbedingt die passende Bezeichnung für diese Haarfarbe. Sie erinnert mich an dichtes Unterholz im Wald zu den verschiedenen Tageszeiten. Mal wirkt es dunkel und nichts sagend, dann wieder heller, fast strahlend. Außerdem ist es keine einheitliche Farbe wie man vielleicht annehmen will und eigentlich auch recht dunkel. Dieser hellere Eindruck hat er ein paar Strähnchen zu verdanken von denen ich sicher bin das sie natürlichen Ursprungs sind. Aber das sind natürlich nicht die einzigen bahnbrechenden Erkenntnisse die ich gewonnen habe. Für wen oder was haltet ihr mich, hä?! Hm, na schön, ich muss zugeben das mir einiges davon wirklich früher auffallen hätte müssen. Seine Finger sind zum Beispiel ein ganzes Stück länger als meine. Gut, man könnte jetzt natürlich behaupten das dies an dem grundsätzlichen Größenunterschied läge, aber ich meine sie sind lang! Edward mit den Scherenhänden ist nichts dagegen. Wenn man davon absieht das Kaiba hübscher ist. Öhm.. Können wir den letzten Satz bitte ganz schnell wieder streichen/vergessen/ausradieren? … Verdammt, ich habe das wirklich gedacht. Und das nicht zum ersten Mal. Tatsächlich nicht einmal zum ersten Mal an diesem Tag. Oder Woche. Oder Mon.. ahhh wo war ich eigentlich stehen geblieben? Die Finger! Genau, also mich wundert es inzwischen kein Stück mehr das er ständig eine Handcreme mit sich rumschleppt. Solche Hände würde ich auch pflegen. Dagegen habe ich ja die reinsten Wurstfinger! Mein geliebter Kami, wie peinlich ist das denn bitte? Und ich bin nun ganz sicherlich nicht dick. Nicht einmal mollig, mopsig oder ansatzweise rundlich. Warum kann ich nicht solche Finger haben? Und warum kann ich nicht solche Augen haben? Ich meine, braune Augen hat doch nun wirklich jeder zweite. Blau hingegen ist hier in Japan schon etwas besonderes, was mich in diesem Zusammenhang dann wiederum kein Stück wundert. Immerhin wird Mr Superreich ja in jeder Zeitung als etwas Besonderes dargestellt. Aber ist es nicht ein klitzekleines bisschen unfair das der Typ wirklich alles hat? Kami-sama muss seinen guten Tag gehabt haben als Kaiba auf die Welt kam. Oh, gerade hat die etwas ängstlich wirkende Sekretärin einen Geschäftspartner angekündigt. Es könnte also mit etwas Glück spannender werden und damit steigt meine Stimmung wieder enorm. Sein genervtes seufzen zeigt mir das ich nicht leise genug gekichert habe. Auf einer Skala von 1 bis 10 liegt meine Laune jetzt wieder bei 15. Den Geduldigen gehört die Welt. weitere vier Stunden später Sollte ich im nächsten Leben als Topfpflanze wiedergeboren werden dann hoffe ich ganz ernsthaft das ich zu so jemandem wie mir komme. Kurzer und schmerzloser Tod nach zwei Wochen. Müsste ich im Gegensatz dazu im Büro von Mr. Eisprinz stehen würde ich trotz Wasser, Luft und Licht jämmerlich eingehen. An Langeweile. Das einzig spannende waren meine Klogänge und die belegten Brötchen die mir die Sekretärin vorher heimlich zugesteckt hat als ich von eben so einem wieder kam. Sie meinte ich könnte von ihrem Chef keine Mittagspausen erwarten. Nicht das ich das nicht sowieso schon lange vermutet hatte. Kaffee war Kaibas einzige Nahrungsquelle. Das erklärte auch den ungesunden Teint. Vermutlich würde Seto wie ein Vampir verbrennen sobald man ihn länger als zwanzig Minuten der puren Sonne aussetzte. Andererseits lies das seine Augen deutlicher hervortreten obwohl ich einmal irgendwo gelesen habe das sich dunkle Haut und helle Augenfarben ganz wundervoll ergänzen sollen. Nicht falsch verstehen, es geht mir natürlich am Arsch vorbei ob Kaibas Augen zu seiner Haut oder seinen Haaren passen. Nichtsdestotrotz passt bei ihm natürlich alles perfekt zusammen. Immerhin ist er ein Kaiba. Wenn ich für diesen Satz jedes Mal einen Yen von ihm bekommen hätte, würde ich in seinem Büro sitzen. Und zwar am Schreibtisch. ..habe ich vorher Kaiba eigentlich wirklich und tatsächlich Seto genannt? Oder sollte ich sagen; erdacht? Wie kompliziert das schon wieder ist! Ich denke ja immernoch, müsste das dann nicht heißen: Habe ich vorher wirklich von Kaiba als Seto gedacht? Ich sollte dringend meinen Arzt konsultieren. Am besten gestern. Einen Lichtglanz am Horizont gibt es dennoch zu verkünden. Ich habe etwas über Kaibas Tagesablauf aufgeschrieben. Zwar nur das er eigentlich nichts anderes macht als seine Angestellten zum Teufel zu jagen und am liebsten alles selbst erledigen würde, obwohl er sich natürlich darüber aufregt das er tatsächlich alles selbst machen muss, aber ich empfinde das als ausreichend. Mehr gibt es über ihn einfach nicht zu schreiben. Alles andere kann man in jedem x-beliebigen Wirtschaftsmagazin nachlesen. Ob ich vielleicht später einfach eine Art Interview mit ihm machen sollte? Solche gibt er nämlich grundsätzlich nicht. Das Wort grundsätzlich hat auf mich aber noch nie zugetroffen, insofern sollte es mir möglich sein ihn dazu zu überreden. Gelingt mir schließlich sonst auch mit fast allem. Ja wie, das glaubt ihr mir nicht? Ist aber so. Auch wenn ich es selbst nicht so ganz kapiere, wenn ich mal ehrlich bin. Und das bin ich ja bekanntlich immer! Wenn nicht zu anderen, dann immerhin zu mir selbst. Soviel Mann sollte wirklich jeder Mensch stehen. Na gut, die weibliche Fraktion darf auch ihre Frau stehen. Aber nehmt mich da bitte raus. Auch wenn Mr. Unwiderstehlich mir letztens vorgeworfen hat das mein Hundeblick einer Frau in nichts nachsteht, selbst wenn es nur um die nervige Penetranz geht: Ich bin ein Mann! NEIN, ich muss das jetzt nicht beweisen! Obwohl mich Kaiba mit einem Blick bedacht hat der gestandene Mafiosi in die Flucht geschlagen hätte, konnte ich ihn erst letzte Woche davon überzeugen dass es eine gute Eigenwerbung ist wenn man für Tierheime spendet. Ihr seht, man muss ihm die Dinge nur richtig verkaufen, wobei Tea immernoch behauptet er hätte das nur gemacht damit ich mal ein Dach über dem Kopf habe wenn ich daheim rausfliege. Mir gefällt die erste Variante logischerweise besser. Und wenn wir schon mal beim Thema sind, gerade hat einer der Geschäftspartner seinen Tee vor lauter zittern verschüttet, frage ich mich nicht zum ersten Mal warum alle so eine Scheiss Angst vor Kaiba haben. Wenn man nicht gerade seine Kohle von ihm bezieht, kommt aus seinem Mund schließlich auch nur warme Luft. Selbst unsere Klassenlehrerin kommt mir manchmal so vor als würde sie am liebsten mit der Tafel im Hintergrund verschmelzen sobald sie mit ihm sprechen muss. Das ist doch witzlos, oder? Normalerweise frisst sie jeden der auch nur eine Sekunde zu spät in den Unterricht kommt – ich weiss da wovon ich spreche – aber beim grossen Mr. IchkaufdieSchuleundschmeissdichraus macht sie sich ganz klein. Kann ich gar nicht nachvollziehen. Wirklich amüsant ist es dann, wenn sich jemand ein Beispiel an mir nehmen will und Kaiba dumm kommt. Ohne Scheiss, da könnte ich mich grad immer auf den Boden schmeißen und vor lachen wälzen. Ich habe schon Jungs aus dem Footballteam weinen sehen. Kein schöner Anblick. Ganz und gar nicht. Warum ich dann trotzdem lache bis mir die Tränen kommen? Weil Kaiba nicht mal besonders viel macht. Seine Augen fangen nicht an zu funkeln, seine Stimme rutscht weder in der Tonleiter rauf noch runter und die schlimmsten Beleidigungen rückt er auch nicht raus. Wenn ich es mir richtig überlege, antwortet er diesen Trittbrettfahrern eigentlich sowieso nur in den aller seltensten Fällen. Kann ein einziger Blick denn so verflixt überzeugend sein? Zu diesem Fall gab mein kleiner Freund Yugi den Kommentar der Woche: „Du hast dagegen einfach schon eine gewisse Immunität entwickelt.“ Ich frage mich manchmal ob es nicht genau anders herum ist. Es stimmt schon, ich bemerke kein Eis mehr das langsam aber sicher meine Lungen einfriert sobald er mich mit einem von diesen Blicken bedenkt. Aber – und hier kommt das neue Problem – ich bemerke dafür andere Dinge. Unter anderem das Mr. IchmachedasUnmöglichemöglich dazu in der Lage ist seine Augenfarbe zu ändern. Jawohl! Ich wollt’s ja selbst nicht glauben. Im normalen Alltag haben sie ein schönes aber aussageloses blau. Wenn er seine übliche Migräne und schlechte Laune hat werden sie ein bisschen dunkler und wirken aufgewühlter. Es ist ein bisschen so als würde man weit draußen auf dem Ozean ins Wasser gucken. Hat er wiederum gute Laune, was selten genug vorkommt daher habe ich hier noch keine verlässlichen Daten, werden sie heller und ähneln dem Himmel nach einem kurzen Regenschauer. Und zuguterletzt, zumindest was meine Recherchen betrifft, bleibt noch das eine blau das für unsere ‚Diskussionen’, also mich, bestimmt ist. Doch das lässt sich leider sehr, sehr schlecht beschreiben. Ich habe nämlich noch nichts Vergleichbares gefunden. Das blau wird nicht wirklich heller, aber funkelnder. Außerdem wirkt sein Blick dann zwar überheblich aber trotzdem irgendwie.. hm.. ja harmlos trifft es fast am besten. Manchmal befürchte ich fast, man kann mich langsam aber sicher einliefern lassen. und schon wieder vier Stunden später Neunzehn Uhr und ich habe nicht einmal eine ganze halbe Seite für das Projekt zusammengebracht. Dabei sollten wir die vierundzwanzig Stunden gar nicht wörtlich nehmen. Und ich habe es auch grundsätzlich nicht vor. Da aber ein Sturkopf immer ein Sturkopf bleiben wird, werde ich dieses Gebäude nicht vor Kaiba verlassen. Unter gar keinen Umständen. Und wenn es das letzte ist was ich tue! Hehe.. ich fand die Schlümpfe toll. Welche Rollen würde Kaiba uns wohl bei den Schlümpfen geben? Ich schwanke bei mir zwischen Clumsy und Schlumpfine. Ja, ich traue ihm wirklich zu mir die weibliche Rolle zu geben. Allerdings ist Azrael auch nicht so weit hergeholt, immerhin hat er wirklich einen Tierfimmel wenn es zu meiner Person kommt. Er selbst wäre natürlich Papa Schlumpf auch wenn ich der Meinung bin das er sich als Gargamel ganz toll machen würde, wenn dieses erfolgreicher wäre. Und schöner. Habe ich vorher schon mal den Besuch bei meinem Arzt erwähnt? Nicht das erste tiefe Seufzen des Tages entkommt mir ungefragt und diesmal bin ich ganz dankbar dass keiner seiner kriecherischen Gesprächspartner im Büro ist. Seinen Laptop wird’s schon nicht stören wenn ich mal seufzte, oder? Eben. …… Ich bin mir ganz sicher, meine Augen nur ganz kurz zugemacht zu haben. Natürlich bin ich sofort hellwach als das Polster neben mir heruntergedrückt wird und ein etwas erschöpft aussehender Klassenkamerad den Platz meines imaginären Gewissens einnimmt. Aber wer braucht schon ein Gewissen, besonders ein imaginäres, wenn man Mr. IchbraucheverdammtdringendSchlaf dafür haben kann? Etwas perplex betrachte ich die auffordnernd ausgestreckte Hand die er mir hinhält bevor mir langsam die Erleuchtung kommt, was er diesmal von mir wollen könnte. „Äh.. ich sollte das erst.. hähä.. überarbeiten.“, versuche ich meinen wahnsinnig eloquenten Versuch ihn von seinem nächsten Tobsuchtsanfall abzuhalten. Wie vorher schon erwähnt, ich habe natürlich keine Angst, aber ein gewisser Überlebenswille ist da schon am jammern. „Gib schon her.“, fordert er mich auf und diesem Ton konnte ich mich noch nie entsagen. Wieder einmal danke ich meinem geliebten Kami-sama dafür das Seto das nicht weiss. Ich muss so schon häufig genug winseln. Auch wenn es unwahrscheinlich ist das er genau diesen Ton absichtlich überhaupt treffen könnte. Immerhin ist er selten genug in der Stimmung seine Menschlichkeit – pardon ich meinte natürlich Müdigkeit – weit genug an die Oberfläche kommen zu lassen um zu vergessen das er mich eigentlich in jedem Satz niedermachen sollte. Tief seufzend reiche ich ihm den geschlossenen Block und er öffnet seine Augen um sich unsere Projektarbeit anzusehen. Kann man negative Schwingungen eigentlich körperlich fühlen? Ich bin mir dessen recht sicher, immerhin muss ich mich nicht einmal vergewissern das die kleine Falte wieder ihren Weg auf seine Stirn gefunden hat. Nach einigem Rascheln und herumblättern ist die dominante Kommunikationsform zwischen uns unruhiges herumgerutsche auf meiner Seite und ungläubigtes Kopfschütteln auf seiner. Es hätte schlimmer kommen können. Wirklich! „Wheeler, du hast eine Minute um deinen Arsch aus meinem Büro zu schwingen.“, diesmal ist es weder gebrüllt noch gemurmelt. Es ist gezischt. Habe ich schon mal erwähnt warum ich ihm eigentlich den Spitznamen Drachen gegeben habe? Es liegt nicht an seinen geliebten Spielkarten, soviel kann ich schon mal verraten. Und genau genommen wäre der korrekte Ausdruck auch Eisdrache. Um der Wahrheit einmal die benötigte Ehre zu gereichen. Ich würde jetzt wirklich gern aufspringen und diesem Ultimatum nachgehen. Ach was, nachrennen sogar, aber ich kann beim besten Willen nicht. Seine Augen haben wieder dieses eine ganz besondere blau angenommen. Dadurch und zwar nur dadurch kann ich mich noch in Sicherheit wiegen. Ansatzweise. Er sieht so aus als würde er noch etwas anfügen wollen, doch dann gibt er nur einen tiefen Seufzer von sich. Sieht so aus als hätten meine Erziehungsmethoden langsam Früchte getragen, oder? Immerhin scheint er es gerade eingesehen zu haben das es nichts bringt mir zu drohen. In einer halb triumphierenden, halb entschuldigenden Geste verschränke ich meine Arme vor der Brust und schnaufe laut. „Es gibt wohl in der ganzen Stadt niemanden dessen Tage langweiliger sind als deine, Kaiba.“ Eine seiner fein geschwungenen Augenbrauen zieht sich langsam nach oben und er wendet mir seinen Oberkörper ein Stück weit zu. Und wir Kaiba-Wissenschaftler wissen, dass wir spätestens nun seine komplette Aufmerksamkeit haben. „Gratulation Köter. Du hast erneut bewiesen das du es immer wieder schaffst, die bereits sehr geringen Erwartungen die man an dich richtet, abermals zu unterbieten.“ „Na hör mal, was hätte ich denn schreiben sollen? Du machst den ganzen Tag nichts anderes als herumzutippen, elendiglange Gespräche über Statistiken, Börsenkurse und Firmenübernahmen zu führen und nebenbei noch die hälfte deines Personals raus zuwerfen.“, ausnahmsweise übergehe ich die Beleidigung einmal. Bringt ja schließlich nichts sich jetzt mit ihm über Kleinigkeiten zu streiten die man ihm eh nicht abgewöhnen kann. Dafür bin sogar ich inzwischen zu geschafft. Und das obwohl ich nur dumm herumgesessen habe. Oder vielleicht gerade deswegen? „Genau das hättest du schreiben sollen. Natürlich etwas ausformulierter. Ich kann wirklich nicht glauben das ich dich für diese zwei Zeilen einen ganzen Tag ertragen habe.“, brummt er und lässt sich wieder zurück gegen das Rückpolster sinken. Abgesehen von dem einen ‚Köter’ bin ich mit dem Verlauf dieses Gespräches wirklich zufrieden. „Ich dachte an ein Interview und was heißt eigentlich ertragen?! Ich habe nichts gemacht! Nicht einmal gehustet, falls das deiner geschätzten Aufmerksamkeit entgangen sein sollte, du elender Eisbinkel.“, soviel zu den guten Gesprächsvorsätzen. Manchmal ist mein Mundwerk wirklich schneller als mein Gehirn. Sollte mir das Angst einflößen? Etwas fahrig streiche ich mir eine meiner blonden Strähnen aus dem Gesicht, nicht das dies eine besondere Wirkung erzielt, es ist mehr aus purer Gewohnheit. Sofort sind seine Augen wieder auf mich gerichtet und auch wenn seine restliche Maske immernoch perfekt sitzt, ich kann seinen Unglauben förmlich spüren. „Interview? Du versaust dir nicht nur deine Note, versuchst mich mit lächerlichen Beleidigungen zu treffen, raubst mir meine letzten Nerven mit deiner bloßen Anwesenheit sondern willst danach noch etwas haben wofür mir andere enorm viel Geld anbieten? Wunschdenken Wheeler, pures unqualifiziertes Wunschdenken.“ „Es ist auch deine Note, vermaledeiter Eisprinz!“ „Ich kann, im Gegensatz zu untalentierten Möchtegern Duellanten, dafür Sorgen das dies nicht zu einem Problem wird.“, konterte er trocken und schon wieder musste ich mich darüber ärgern das seine heisse Luft manchmal mehr Wahrheit enthielt als die von anderen Menschen. Verflucht sei sein scheiss Reichtum! Schon wieder von 0 auf 180 geschossen, sprang ich genervt auf und fuchtelte erstmal wild mit meinen Armen herum bevor ich mich mit meinem Gehirn auf einen vernünftigen Satz einigen konnte: „Du kannst mich mal, Seto!“ Der ausbleibende Konter, den ich eigentlich innerhalb der nächsten 2,5 Sekunden erwartet hatte, bedeutete mir das ich tatsächlich gesagt hatte, was ich denke gesagt zu haben. Oh, wie interessant der Teppich plötzlich war, wo er mich doch die vorherigen Stunden einfach nur zu Tode gelangweilt hatte. Hellgrau war aber auch eine Farbe die man intensiver studieren sollte, finde ich. Außerdem kam es mir so vor als würden kleine hellrot aufleuchtende Pfeile den Weg zur Tür weisen. Wie praktisch, vielleicht war mein imaginäres Gewissen ja doch nicht einfach verschwunden? Gerade als ich den taktischen Rückzug antreten wollte hörte ich ihn abermals leise schnauben. Und könnte schwören, ich meine ich könnte schwören das es belustigt klang. Und als ich gerade noch mit mir haderte ob ich lieber weglaufen oder aufsehen sollte entschloss er sich doch etwas dazu zu sagen. „Es ist geradezu erstaunlich das ich mir die ganzen Fragen die du bei mir aufwirfst tatsächlich auch stellen kann. Ohne dabei verrückt zu werden meine ich.“ Ich hörte und fühlte seine Bewegungen mehr als das ich sie tatsächlich sah, aber scheinbar war er gerade wieder aufgestanden. Und das obwohl ich noch nicht weiss in welche der vielen angelegten Kaiba - Schubladen ich diese Antwort stecken sollte. So unter uns, ich finde das gerade ein wenig unfair. Immerhin habe ich auch viele Fragen die mir durch den Kopf schießen, oder etwa nicht?! Als er an mir vorbeigeht kann ich ihn wieder aus den Augenwinkeln beobachten und sehe ihm somit zu wie er sich seinen weissen Mantel anzieht. Sieht so aus als wären die vierundzwanzig Stunden des stalkens nun offiziell vorbei. Freude oder Trauer? Und das ist nur EINE der Millionen von Fragen. Nur das ihr es wisst! „Könntest du aufhören auszusehen wie ein Hund der gerade von seinem Herrchen verprügelt wurde und dich in deine Jacke schwingen?“ Warum höre ich das wunderbare Wort ‚Bitte’ obwohl er es nicht gesagt hat? Ich beginne zu halluzinieren! Das schreit nun mehr nach Psychiater als nach Hausarzt. Halbwegs geschockt sehe ich auf und blinzle ein paar Mal überdeutlich. Selbst der Hundevergleich dringt nicht wirklich zu mir durch. Kein Wunder, oder? Seto – ah, das ist wie eine Ansteckende Krankheit! – schüttelt den Kopf, scheinbar resignierend und verzieht die Mundwinkel spöttisch. Das ist dann eine Regung mit der ich mehr anfangen kann. Und eine die mich viel weniger verschreckt. Fast etwas mechanisch befolge ich seine Anweisungen, nicht weil es Anweisungen sind, sondern weil ich gerade sowieso nichts besseres zu tun habe. Warum auch immer aber ich kann es mir beim besten Willen nicht verkneifen ihn danach fragend anzusehen. Ich muss das ‚Und nun?’ nicht aussprechen, es steht deutlich genug in meinen Augen. „Nimm deine Schreibutensilien mit. Du wirst es nach dem Essen brauchen.“ Während ich, natürlich ohne darüber nachzudenken, mache was er von mir erwartet überlege ich das damit eine weitere These über ihn widerlegt wurde. Er isst also doch. Zumindest hin und wieder. „Ähhh.. Essen? Schreibzeug?“, und hier, meine Damen und Herren, nimmt mein Sprachzentrum seine Arbeit wieder auf. Wenn auch auf höchst peinliche Art und Weise. Wo bitte geht’s zur nächsten Klippe? „Zumindest das Wort Essen sollte in deinem Wortschatz vorhanden sein. Ich befürchte sogar mehrmals. Und ohne deine Schreibutensilien wirst du dieses Interview wohl kaum führen können.“, hab ich schon erwähnt das ich ihn lieber habe wenn er berechenbarer ist? Was mich jedoch nicht daran hindert geschwind an seine Seite zu wuseln und ihn halb auffordernd, halb fragend anzustieren. „Du wirst meine Fragen beantworten?“ Ich kann nichts gegen meinen nahenden Herzstillstand aufgrund Überanstrengung tun. Es klopft und klopft und klopft. Und so verflucht schnell. Und ohne nachvollziehbare Änderung sind seine Augen wieder heller, ganz so als wäre der letzte Regenschauer gerade vorüber gezogen. Fast kann ich diese ganz bestimmte Frische riechen die es immer nur gibt wenn der Boden noch feucht ist, aber die Sonne ihre wärmenden Strahlen schon wieder spendet. Kann man es mir verdenken das ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch stehe? „Was denkst du, Joey?“ Tut mir leid, Kaiba, aber jetzt ist eingetroffen was du mir schon Jahre vorwirfst: Ich kann nicht mehr denken. Weder geradeaus, noch um Ecken. Oder.. vielleicht ja doch. Vielleicht gibt es einen Gedanken der sich so fest eingebrannt hat, das ich ihn selbst mit einem Systemabsturz immer zu Ende denken könnte: Kaiba ist mein stinkreicher, arroganter, selbstgefälliger Feind und erklärter Rivale, mein eiskaltes Gewissen und elendiger Ansporn. Aber in ganz speziellen, seltenen Fällen ist er einfach nur mein Freund. ~~~~~~~~~~~~~~ Eine ganz klitzekleine Bemerkung meinerseits: Es gab die ganze Geschichte durch immer wieder andeutungen das sich die beiden schon vorher ein ganzes Stück näher gekommen sind. Insofern finde ich pers. hier nichts überstürzt. Ich hoffe euch hat es soweit gefallen! Eure Samt Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)