Das Geheimnis des Spiegel von NaBi07 ================================================================================ Kapitel 3: Ein Land hinter dem Spiegel? --------------------------------------- Noch etwas benommen versuchte das Mädchen sich ein Bild von der Umgebung zu machen, in der es gelandet war. Ihr Blick war noch verschleiert von den ungeweinten Tränen. Blinzelnd klärte sich langsam ihre Sicht. Scheinbar befand sie sich in einer kleinen Lichtung inmitten eines mächtigen Waldes. Rings um sie herum standen die verschiedensten Laub- und Nadelbäume und beobachteten Stumm das fremde Mädchen.. Einige von ihnen waren recht groß gewachsen und reichten weit in den Himmel. Die Blätter glänzten grün und saftig. Die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel. Sie stand bereits ganz oben und blickte hämisch grinsend auf die Welt herab. So wie es aussah musste es gegen Mittag sein. Doch ohne ihre Uhr konnte Nele die Tageszeit nicht genau bestimmen. Als sich der Neuankömmling umdrehte, entdeckte er einen riesigen Felsen genau hinter sich. Dieser reichte weit über ihren Kopf und war mit seltsamen Ornamenten in einer fremden Schrift geprägt. Langsam näherte sich Nele dem Stein und streifte sanft mit ihrer Hand darüber. Er war glatt geschliffen und wies einen leichten Riss in der Oberfläche auf. Moos hatte sich auf ihm breit gemacht und bewies, dass dieser Stein scheinbar schon sehr lange hier stehen musste. Irgendwie wirkte er hier fehl am Platze. So als ob er von Menschenhand hier her gestellt wurde und über die Jahre in Vergessenheit geraten sei. Seltsamerweise pulsierte er leicht unter Neles Fingern und erwärmte ihre Handfläche, verwundert runzelte sie die Stirn. Der stetige Puls zog sie in ihren Bann. Merkwürdig. Nele versuchte sich wieder auf ihre Umgebung zu konzentrieren. Wo war sie hier nur gelandet? Und wie lange würde sie hier bleiben? Eine Stunde, einen Tag oder gar Jahre? Wie sollte sie wieder zurückkommen? Eines wusste sie aber genau. Das hier war real. Die brennende Sonne versenkte ihre nackte Haut die sich bereits zu röten begann. Ein Traum würde sich niemals so echt anfühlen. Schöne Scheiße. Warum musste so etwas ausgerechnet ihr passieren? Noch immer hatte sie bloß ihre Hotpants und ihr T-Shirt an. Eine denkbar unpassende Kleidung. Das Gras kitzelte an ihren Zehen, nur um sie daran zu erinnern, dass sie auch keine Schuhe an hatte. Na toll. Prima Voraussetzungen. So hatte es sich die junge Frau nicht vorgestellt, mitten in einem Wald zu landen, leicht bekleidet und keine Menschenseele weit und breit. Außerdem kannte sie die Menschen hier nicht und wusste nicht einmal ob diese ihr freundlich gesinnt waren. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, könnte sie sich nicht einmal verteidigen. Langsam bereute Nele es, diese Träume so auf die leichte Schulter genommen zu haben. Hätte sie doch nur Tom und ihren Eltern davon erzählt. Doch hätten die ihr beistehen können? Abermals drehte sich das verirrte Mädchen um. Kein Ausweg. Nur Bäume, diese Lichtung und der seltsame, pulsierende Stein. Plötzlich drang, aus nicht allzu weiter Ferne, Gelächter an ihr Ohr. Nervös biss sie sich auf die Unterlippe und ließ ihre Hand von dem Stein sinken. Vorsichtig schritt sie in die Richtung aus der Lachen kam. Was sollte sie tun? Waren das jetzt Freunde oder Feinde? Ihre innere Stimme riet ihr, erst einmal still zu halten. Sie blickte gespannt in die Ferne und beobachtete die Schatten die sich langsam, aber stetig, näherten. Die Stimmen kamen immer weiter in ihre Richtung, unter ihnen mischte sich der Klang von Pferdehufen, die auf einen felsigen Untergrund trafen. Da die Fremden schon zu sehen waren, hörte Nele auf ihren Instinkt und versteckte sich hinter dem großen Stein um sich erst einmal einen Überblick zu verschaffen. Wenn diese Leute vertrauenswürdig erscheinen, dann konnte sie sich immer noch zeigen. Sie bereits die ersten Reiter erkennen. An der Spitze saß ein junger Mann, Mitte zwanzig, auf einem weißen Schimmel. Seine blonden Harre wehten hin und her. Ein breites Grinsen zierte sein Gesicht und ließ es verrucht und geheimnisvoll wirken. Hinter ihm tauchten immer mehr Männer auf und folgten grölend und pfeifend seiner Führung. Schnaubend blieb das Pferd kurz vor dem Felsen stehen. Nele atmete tief ein und versuchte so leise wie möglich zu sein, damit sie ihr Versteck nicht verriet. Der blonde Reiter wartete bis alle stehen geblieben waren. Er musterte seine Truppe von ungefähr fünfzehn Männern und überprüfte, ob auch keiner zurückgeblieben war. Sie blickten zu ihm auf und warteten schweigend auf kommende Befehle. Die meisten trugen lange braune oder schwarze Mäntel und waren bis an die Zähne bewaffnet. Nele konnte vereinzelte Schwerter, Äxte, Bögen erkennen. Die Pferde waren von einem leichten Schmutzfilm bedeckt. Sie schnauften ungeduldig. Ein stickig warmer Wind zog auf und wehte die verschiedensten Gerüche hinter den Stein. Der Geruch von Schweiß, Blut und verbrannter Haut schlich sich in Neles Nase. Für einen kurzen Moment versuchte die Übelkeit das junge Mädchen mit aller Macht zu überrumpeln, doch sie wehrte sich dagegen und gewann den Kampf. Langsam begann Nele zu verstehen. Diese Männer hier waren nicht von der guten Sorte. Sie konnte die narbigen Gesichter erkennen. Die fettigen Haare. Den Schweiß und das Blut riechen. Definitiv Feinde. Trotzdem packte sie die Neugier und sie schob ihren Kopf ein klein wenig weiter nach vorne, um zu verstehen was gesprochen wurde. Anscheinend hatte sich diese Bande gerade über ein Dorf hergemacht. Ihr junger Anführer lobte ihren Mut und ihr Geschick. Er freute sich über die Beute, die sie gemacht hatten und scheinbar fand er es witzig, wie einer seiner Männer sich bleibende Spuren geholt hatte, als dieser einer Frau hinterherjagte. Scheiße. Langsam kroch der wahre Ekel an Nele empor. Gänsehaut überzog ihre nackten Arme. Schützend verschränke sie diese vor der Brust. Sie fand es einfach nur widerlich, wie diese Männer so stolz von ihren Morden und Verbrechen erzählten. Sie schienen es wie eine Trophäe immer wieder wiederholen und ausschmücken zu müssen. Solche Mörder hatte man im Mittelalter als Banditen oder Räuber bezeichnet. Die Siebzehnjährige versuchte gar nicht erst weiter zuzuhören. Sie hatte genug von den Grausamkeiten. Stattdessen überlegte sie ob diese Männer ihr einen Anhaltspunkt geben könnten, wo sie sich derzeit befand. Die Zeit kroch nur langsam voran und scheinbar wollten die Banditen keine nützlichen Informationen preisgeben. Nele kam es wie eine Ewigkeit vor. Sie hoffte, dass sich die laute Meute endlich auf den Weg zu ihrem Lager machte, damit sie sich auf die Suche nach einer Rückkehrmöglichkeit begeben konnte. Still flehte sie eine ihr unbekannte Gottheit an, dass sich diese grausamen Menschen nicht entschieden hier ihr Schlaflager zu errichten. Die Sonne wanderte gemächlich am Himmel entlang. Hoffentlich verschwanden die bald, bevor es dunkel wurde. Vorsichtig versuchte sie sich noch etwas weiter zurück zu ziehen, um sich besser zusammen kauern zu können und abzuwarten. Doch in einem kurzen Moment der Unaufmerksamkeit trat sie auf einen kleinen Ast der krachend zerbrach. Nele fluchte stumm. Hatten die Männer das gehört. Sie lauschte in die plötzliche Stille hinein. Sie hörte wie sich leise ein paar Schritte dem Felsen näherten. Ohne zu zögern bewegten sich ihre Beine wie von selbst in Richtung Wald. Steine stachen in ihre blanken Fußsohlen, doch das kümmerte sie gerade recht wenig. Mit großen Schritten flog sie förmlich über die Wiese. Ihr Zopf schlug gegen ihren Rücken. Ihr Herz raste vor Adrenalin. „Wer ist das?“, schrie ihr eine wütende Stimme hinterher. Mit einem dumpfen Schlag sackten die Beine unter der Flüchtigen weg und sie landete unsanft auf dem Boden. Einer der Männer schien etwas nach ihr geworfen zu haben. Ihre Kniekehle schmerzte. Nele versucht sich auf zu rappeln, doch ein fremder Arm drückte ihren Körper ohne Probleme auf den Boden. Schwer atmend, wand sich die Gefangene, trat mit den Beinen so gut sie konnte, kam aber einfach nicht frei. Ihr Gesicht grub sich in den Dreck. Hechelnd versuchte sie Luft zu bekommen. Vorsichtig drehte sie ihren Kopf und schürfte sich dabei die Wange an einem Ast auf. Das leichte brennen bemerkte sie kaum, da sie sich nur auf den Mann über ihr konzentrierte. Der blonde Anführer beugte sich zu ihr runter und musterte seine Beute ausgiebig. Seine blauen Augen leuchteten kurz auf, aber dann verdüsterte sich sein Gesicht wieder. „Was habe wir denn da gefangen?“, spottete einer der Männer lauthals. „Ui wie süß!“, gab ein anderer von sich. Immer mehr dieser Fremden schlossen sich den erniedrigenden Kommentaren an und versammelten sich um die am Boden liegende. Nele hatte noch nie so etwas demütigendes erlebt. Sie pfiffen und diskutierten darüber, was sie jetzt mit ihr anstellen sollten. Angst keimte in dem Mädchen auf. Sie hatte also tatsächlich recht behalten. Feinde. Mist! Nach einer Weile schnalzte der Blonde mit seiner Zunge. „Ruhe Männer!“ Er wandte sich wieder seiner Beute zu und streichelte sanft mit den Fingerspitzen über ihre unverletzte Wange. Sie starrte unsicher in das schöne Gesicht des Unbekannten. Unglaublich blaue Augen, ein scharf geschnittenes Gesicht. Volle Lippen. Ja er war wirklich äußerst attraktiv. Irgendetwas in Nele regte sich. Doch sie wusste nicht genau was es war. Ihr Kopf jedenfalls war im Moment wie leer gefegt, sie konnte nicht einen klaren Gedanken fassen und wusste nur, dass es keine Gelegenheit gab zu fliehen. Deshalb beschloss sie tief durchzuatmen und versuchte so ein wenig ihrer Würde beizubehalten. Insgeheim hoffte sie, dass die Männer nicht sahen wie verängstige sie in Wirklichkeit war. Der starke Arm auf ihrem Rücken drückte sie immer noch erbarmungslos auf den Boden. „Was für ein Pech für dich, meine Liebe. Da warst du doch glatt zur falschen Zeit am falschen Ort. Nun musst du sterben, weil du nicht zu hause geblieben bist“, säuselte ihr der Blonde ins Gesicht. Sterben? Nein dafür war sie doch noch viel zu jung! Sie gab sich alle Mühe gleichgültig zu blicken und antwortete nicht. Stattdessen starrte sie selbstbewusst in die Augen des Blonden. Er erhob eine Augenbraue. Scheinbar hatte er eine andere Reaktion erwartet. „Was denn hast du gar keine Angst?“ Belustigt schaute der Fremde in seine Armee von Wilden, dann richtete er seine nächsten Worte an sie: „Na so was. Da belauscht sie uns frech und hat nicht einmal Angst vor dem Tod. Sie weiß wohl nicht wer wir sind.“ Schallendes Gelächter brach aus. „Scheinbar unterschätzt sie uns gewaltig!“ Nele rümpfte die Nase. Sie konnte arrogante Menschen noch nie leiden. Aus einem zarten Anflug von Zorn heraus erwiderte sie: „Angst vor einer lauten Bande? Nein danke.“ Doch im nächsten Moment bereute sie ihre Worte. Immer musste sie die Starke spielen und versuchte nie ihre Schwächen zu zeigen. Das könnte jetzt ein fataler Charakterzug sein. Der Arm auf ihrem Rücke drückte stärker zu. Keuchend rang sie nach Atmen. Doch der Anführer ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Es kam nur sehr selten vor, dass sich eine Frau ihm widersetzte und eine dicke Lippe riskierte. Sein Stolz war leicht gekränkt. Er musterte sie noch einmal eindringlich und bemerkte wie sie sich unter seinem Blick unbehaglich wand. Doch ihre bernsteinfarbenen Augen verloren nicht an Glanz. Irgendwie beeindruckte ihn das. Aber er ließ sich nicht hinters Licht führen. Weder von ihren Augen, noch von ihrem köstlichem Körper. Er wusste ganz genau wer sie war. Er erkannte eine Spionen des Königs auf Anhieb. Deshalb konnte er nicht anders. Er musste ihm eins auswischen. Er kannte schon einen Ort an dem er ihr vorlautes Mundwerk stopfen und seinem König eine wundervolle Warnung hinterlassen konnte. Der große Blonde zwinkerte seinen Männern zu und diese wussten zugleich was er vorhatte. „Nun gut. Da du ja keine Angst vor uns zu haben scheinst, können wir dich ja an jemanden weitergeben, der dir das Fürchten lehren wird.“ Grausam blickte er dem Mädchen ins Gesicht. Dann musterte er ihren Körper und musste sich zwingen nicht zu lange auf diese wunderbar, langen Beine zu starren. „Du scheinst ja recht gut gebaut zu sein. Deine Haare sind gepflegt und einigermaßen sauber bist du auch noch. Ich nehme an du kommst aus vornehmen Hause, weil deine Kleidung recht ungewöhnlich ist.“, behauptete er, wohl wissend woher dieses kleine Miststück wirklich kam. Dachte Michael wirklich, dass seine Banditen erbarmen mit dieser Frau zeigen würden? Der Anführer machte eine kurze Pause, um die Spannung zu erhöhen und auf die Reaktion des Mädchens zu warten. Doch diese schien unbeeindruckt zu sein und wartete auf die Dinge, die noch kommen würden. Jetzt wandte er sich wieder seinen tapferen Männern zu: „Was glaubt ihr, werden wir ein gutes Sümmchen für sie bekommen?“ Ein fettes Grinsen machte sich auf ihren Gesichtern breit und unverhohlene Blicke wanderten über das gefangene Mädchen. Beinahe hätte sie dem Anführer leid getan. Aber auch nur beinahe. Nele stockte der Atem. Sie wollten sie verkaufen? Doch nicht etwas an ein Bordell oder so etwas in der Art. Damit hätte sie jetzt nicht gerechnet. Der Fremde bemerkte die Veränderung in ihrem Gesichtsausdruck und war mit sich und seinem Plan recht zufrieden. Deshalb erhob er sich und gab der Meute das Zeichen zum Aufbruch. Der Arm auf ihrem Rücken verschwand ruckartig und endlich konnte sie wieder einen tiefen Luftzug holen. „Dann wollen wir mal keine Zeit verlieren. Der alte vom Nachbardorf wird uns schon erwarten.“ Außer Stande sich zu wehren oder auch nur einen Ton von sich zu geben, ließ sich Nele von dem Blonden auf die Beine ziehen. Der Rest der Männer setzte sich wieder auf seine Pferde. Unsanft wurde die Gefangene auf den Rücken des Schimmels geworfen und lag quer über dem Sattel. Der Anführer schwang sich zu ihr und gab den Befehl los zureiten. Geschockt und Ratlos nahm das junge Mädchen ihre Niederlage hin. Wenn diese Männer sie wirklich verkaufen wollten, mussten sie unter Leute, überlegte sie. Das wäre dann die Gelegenheit in der Menge unter zu gehen und dann zu fliehen. Diese Aussicht war immer noch besser, als der angedrohte Tod. Aber wohin sollte sie laufen? Diese Frage bereitete ihr noch große Sorgen. Sie versuchte sich etwas zu entspannen, was ihr in dieser Haltung recht schwer gelang. Mit der Zeit würde die Antwort folgen. Egal was kommen mag. Nele gab nie schnell auf. Sie kämpfe schon immer um ihr überleben. Auch dieses Mal würde es gut ausgehen. Mit etwas mehr Zuversicht ließ sie sich einfach treiben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)