Useless Pride von Vandra ================================================================================ Kapitel 40: Special 4: …herrscht Chaos und Ordnung - Teil 2 ----------------------------------------------------------- „Du verdammter Idiot!“, hörte er seinen Kleinen, der ihn mit feuchten Augen anstarrte, schimpfen, sah wie er dauernd blinzelte, wie um die Tränen zurückzuhalten, die keinen Platz in diesem perfekten Gesicht hatten. „DU Idiot, wie konntest du nur?“, kam ein Fauchen, als er von Hiuma sprang und genau vor seinem Caym landete. „Wie konntest du mich nur verlassen…was wenn du, wenn du nicht zurück…“, murmelte sein Kleiner und schlug mit den Fäusten gegen seine Brust, während er nicht anders konnte als zu Grinsen. „Ich würde dich nie verlassen, genauso wie ich dich nie gehen lassen würde, mein Kleiner. Niemals, nirgendwohin“, erklärte er, als er mit seinen Fingern die warmen Wangen berührte, die Erleichterung fühlte, die ihn dabei durchströmte und ihn beruhigte, seine Wut in Nichts verwandelte. Er spürte wie seine Flügel mit seinem Zorn verschwanden und die unbeschreibliche Zufriedenheit an ihre Stelle trat. Das war seine Droge, das einzige, worauf er nicht mehr verzichten konnte und für das er alles opfern würde. Er streichelte sanft weiter die Wange, fuhr langsam weiter hinunter über die roten Lippen. „Und deswegen…deswegen bist du einfach gegangen, in die Schlacht gestürzt, ohne darauf zu achten, dass sie dir in den Rücken hätten fallen können, wenn meine Truppen nicht stark genug gewesen wären? Idiot! Hättest mich alleine gelassen, du Idiot?“, maulte sein Kleiner, während die ersten Tränen, die Caym wohl nicht mehr zurückhalten konnte, auf seine Hand fielen bevor sein Partner mit einem frustriereten Schrei ausholte und ihn in die Seite schlug. „Verlass mich nie wieder, verdammt!“ Finger vergruben sich in seinem Hemd, zogen ihn mit einem Ruck hinunter, nur um ihn mit mit dem besten Gefühl zu belohnen. Im nächsten Augenblick fand er die verführerischen Lippen seines Kleinen auf seinen wieder, so unwiderstehlich. Wie von Raserei erfüllt pochten seine Herzen schon jetzt viel zu stark, ließen das Blut durch seinen ganzen Körper rauschen, immer tiefer hinab, während er das unglaubliche Kribbeln fühlte, die Berührung, deren Wärme sich wie ein Glimmen in seiner Haut verbreitete. Seine Hände wanderten von ganz alleine durch die Luft, hin zu dem was sie so dringend benötigten, bis eine sich auf dem Rücken seines Cayms wiederfand und dort genussvoll nach unten strich und immer weiter streichelte, während die Finger der anderen sich wild in den Haaren seines Kleinen vergruben und ihn sanft nach vorne drückten. Er wollte mehr, so viel mehr und unendlich lange das fühlen, was jetzt gerade durch seinen Körper raste und seine Sinne steigerte. Der Duft, der ihm ständig in die Nase stieg, dieser süße verführerische Geruch erfüllte alles und war das einzige, was er noch riechen und schmecken wollte – überall. Er wollte darin versinken, sich darin vergraben und alles andere vergessen, so wie sein Verstand jetzt schon anfing langsamer zu werden. Sein ganzes Wesen vibrierte förmlich mit dem Verlangen den Hunger zu stillen, seinen Trieben nachzugeben, jeder Augenblick zu kostbar um ihn ungenutzt verstreichen zu lassen, jede Trennung zu viel für ihn. Wie eine Droge berauschte ihn sein Geliebter mit seinen nur so leicht geröteten Wangen, den glasigen Augen und den halb geöffneten Lidern, deren Anblick das Pochen nur noch drängender werden ließen. Das Verlangen ließ sich nicht mehr besiegen, wurde nur noch angestachelt, als sein Caym den Mund willig öffnete und er die weiche, warme Zunge fühlte, die sich ihm einladend engegenstreckte, die die Berührungen nur noch steigerte, das Kribbeln in unermessliche Hitze verwandelte. Heißer und heißer brannte es. Sein Verstand fing an, an Bedeutung zu verlieren, die Umgebung, die ihn nie interessiert hatte, gänzlich unwichtig erscheinen zu lassen und hinterließ nur noch dieses eine rasende Gefühl. Inzwischen strich seine Hand schon die verlockenden Rundungen entlang, immer näher zu dem Ort hin, in dem er sich versenken wollte, jetzt die unglaubliche Enge und Tiefe erfahren musste – bis ein leises Krächzen ihn aus seiner Trance riss. „Caym?“, störte jemand unsäglich dummer und riss ihn wieder in die Realität. Er fühlte wie alles endete und in sich zusammenbrach. Wütend knurrte er, ließ seine Hände fallen und drehte sich um, bereit den Störenfried so grausam wie nur möglich umzubringen, nur um wieder in den Genuss seines Kleinen zu kommen. „Caym?“, kam es schon wieder und Astaroth knurrte nur noch lauter, als er diesen nutzlosen Menschen Atris sah, der schon längst hätte tot sein sollte. Auf ein Schwert gestützt und aus einigen Wunden blutend, sah er noch weit zu lebendig aus für das was er getan hatte. Zorn breitete sich aus und schon wollte er losstürmen, seine Krallen in dem Fleisch vergraben und das Herz herausreißen, nahm den ersten Schritt – doch sein Caym stürmte an ihm vorbei, ballte seine Finger und ließ sie noch im Laufen durch die Luft sausen. Überrascht sah er, wie die Faust mit einem lauten Schrei und einem Knacken auf die Wange krachte, ein lautes „Ahh“ zu hören war und diese bald tote Made taumelte und ungelenk auf den Boden fiel, das Schwert nutzlos neben ihr aufkam. „Du…Du…“, brüllte Caym, zitterte noch immer vor Wut und schüttelte seine schmerzende Hand, „du Mistmade!“ Überall um ihn herum Leichen, Tote, über die auch dieser dumme Idiot gestolpert war. Blut bedeckte die weißen Uniformen der Feinde genauso wie die seiner treuen Soldaten. Es war einfach zu viel. Er schüttelte den Kopf, biss die Zähne zusammen, bis er nicht mehr konnte. „Du Trottel, du unsäglicher verdammter egoistischer Verräter!“, fauchte er seinem Bruder entgegen, stürmte nach vorne und packte den verwirrt Schauenden am Hemd, zog ihn hoch und schüttelte ihn durch. „Wie konntest du das nur tun? Hast du gar keine Ehre, keinen Verstand mehr?“ Wieder bekam er keine Antwort, nichts, worauf seine Hand gegen die rot angelaufene Wange knallte. „Sag etwas. SAG verdammt noch einmal etwas, du feige Aasfliege! Wieviele Leute wolltest du noch mit dir, für dich in den Abgrund führen? Du bist so widerlich…so unglaublich widerlich. Wenn du nicht mein Bruder gewesen wärst, wenn ich nicht so nett wäre, dann würdest du jetzt in deinem eigenen Blut liegen, hier neben all denen…“ Wie Brocken musste er die Worte ausspucken, die Tränen unterdrücken, die ihm immer wieder zu kommen drohten, wenn er das hier sah und ihm die Bilder der Schlacht, die Bilder von Astaroth kamen, der in seinem eigenen Blut liegen hätte können. Es war zu viel, zu schlimm. Mit voller Wucht prallte seine Faust gegen den Magen seines Bruders, der nur schwieg und nichts sagte. „Du…du feige Made. Wieso sagst du nichts? Du hast alle hier“, dabei zerrte er Atris, dessen Gesicht die Schmerzen zeigte, die er hatte, gnadenlos durch die Gegend, drückte seinen Kopf runter, um ihm die Leichen zu zeigen und unterdrückte dabei die Tränen, die noch immer zu entkommen drohten, „auf dem Gewissen, nur damit du der große Herrscher sein kannst. Du hast MICH auf dem Gewissen, hast mich einfach geopfert, mir die Welt genommen und jetzt, wo ich eine neue fand, eine bessere, willst du mir das wieder nehmen? Wolltest mir den Einzigen nehmen…? Du bist ekelhaft, der größte Verräter, den es gibt und suhlst dich noch in Bewunderung, verdrehst alles und stellst dich als strahlenden Helden dar – und machst mich zum willigen Opfer, zum idiotischen Beschützer? Du…du…“ Verzweifelt ließ er los, stieß seinen Bruder nieder und drehte sich um. In Wut und purer Ausweglosigkeit vergrub er seine Finger in seinen Haaren und zog daran in der stillen Hoffnung, dass sein dummer Bruder noch etwas sagen würde. Doch hinter sich hörte er nur das leise Wimmern, das furchtbare Schweigen, das die Gewissheit brachte, dass sein Bruder ihn nur benutzte, ihm alles nehmen wollte und es wieder tun würde. Die erste Träne rann sein Gesicht hinunter bei dem Gedanken der sich ihm aufdrängte. Er konnte nicht zulassen, dass sein Bruder weiter machte, was er wollte und er wollte es niemand anderem aufdrängen. Langsam verschwamm sein Blick, als er seinen Stock wieder aus seiner Scheide zog und verlängerte, er unklar in seinen Augen groß wurde. „Sag etwas…sag, dass du mich in Ruhe lassen wirst, nie wieder Astaroth rufen wirst und mich einfach vergessen wirst. Sag es! SAG ENDLICH ETWAS!“, schrie er am Schluss verzweifelt, in letzter Hoffnung und drehte sich erwartungsvoll um – nur um den resignierten Blick und das niederschmetternde Kopfschütteln zu sehen. „Ich kann nicht…es tut mir leid…“, zerschmetterte Atris jedes seine Hoffnung. Mit zitternden Händen griff er fester zu, zweifelte, haderte gefühlte Ewigkeiten, bevor er ausholte und am höchsten Punkt verharrte, nicht konnte. „Dein Platz ist hier und nicht dort…ich muss meinen Fehler wieder begleichen…“, folgte, brachte Bilder der Schlacht wieder herauf, Vorstellungen eines Lebens ohne Astaroth, ohne seine Wärme und Zuneigung, ohne die Liebe. Die Leere war unerträglich, schnürte das Gefühl in einer Brust ab und ließ die Tränen schlußendlich die Grenze überwinden und zu Boden fallen. Kein Ausweg mehr, keine Möglichkeit. Jetzt konnte er nicht mehr, schloss die Augen, aus denen er nichts mehr klar erkennen konnte, und gab den Widerstand auf. Sein Stock raste Atris entgegen, während er laut „AAAAARGH“schrie, das laute „STOP!“ irgendwo registrierte, aber ignorierte. Doch plötzlich wurden seine Arme schmerzhaft in der Luft aufgehalten, fühlte er, wie der Stab ihm aus den Fingern gezogen wurde und wieder in der Scheide endete. Jetzt konnte er nicht mehr. Alle Kraft verließ ihn und er ließ sich in die Umarmung fallen, die ihn jetzt umfing, ihn vor allem beschützte – auch vor sich selbst. Langsam kehrte sein Verstand zurück, schrie laut und wütend, was er gerade hatte tun wollen, dass er fast seinen Bruder hatte umbringen wollen, wenn diese Hände ihn nicht beschützt hätten. Verzweifelt fing er an zu zittern, unfähig noch etwas zu tun. „Ast…Astaroth…“, schluchzte Caym, lehnte sich gegen die Schultern, vergrub sein Gesicht in der Brust, die er nur zu gut kannte in der Hoffnung alles zu vergessen. „Ruhig, mein Kleiner“, hörte er die tiefe Stimme, fühlte die Finger zart über seine Wangen streichen, von denen diese magische Wärme ausging. „Du bist stark und weinst nicht. Und du bist nicht derjenige, der diesen…Menschen“, dieses Wort spuckte sein Dämon nur so aus, „umbringt. Das ist meine Aufgabe…und du bleibst du.“ So furchtbar verdreht, so furchtbar eigenartig es auch war, so beruhigend waren die Worte. „NEIN! Bitte nicht!“, kam jetzt die flehentliche Stimme von Atris Frau und zwang ihn dazu sich aus seiner Sicherheit zu begeben, seine Augen zu öffnen und sie zu sehen, wie sie vor ihrem Mann kniete, wie sie ihn mit vor sich gekreuzten Schwertern mit ihrem Leben beschützt hatte. „Er ist nicht schuldig, er fühlt sich nur schuldig. Alles was er tat, tat er nur um seinen Fehler wieder gut zu machen. Ich bitte euch: Bitte verschont ihn. Ich brauche ihn, so wie ihr euch braucht“, bettelte sie regelrecht mit weit aufgerissenen Augen und senkte ihre Schwerter langsam zu Boden, verbeugte sich tief, „verehrter Caym und verehrter Dämon.“ „Wa…Was?“, stotterte Caym darauf und schaute verzweifelt, versuchte weiter zu verdrängen, was er fast getan hätte, konzentrierte sich nur noch auf das, was um ihn herum war. „Wenn…“, stockte er kurz, schüttelte seinen Kopf und atmete tief durch, schloss die Augen. Der Duft, der in seine Nase kroch, die Wärme die ihn umgab und beschützt halfen ihm, brachten ihn wieder zu sich selbst. Seine Tränen waren umsonst, trockneten und er wischte sich über die Wangen, bevor er wieder die Lider öffnete und Neila anstarrte. Selbstsicher fing er wieder an zu reden: „Er hat keine Schuld? Und wieso bin ich dann hier, nachdem er mich an einen Dämon verschachtert hat? Nachdem er mich verkauft hat, wie ein Stück Vieh“, jetzt drückten die Arme fester zu, drückten ihn an die starke Brust, „und nicht damit gerechnet hatte, dass ich das überlebte, sogar etwas fand, das besser war als alles, was ich hier hatte? Nur um dann, als ich wieder da war, mich dafür zu verurteilen und mir sogar Engel auf den Hals zu hetzen? Das nennst du ‚keine Schuld‘?“ Er stieß ein paar ungläubige Lacher aus und schüttelte wieder vehement den Kopf. „Und deswegen weigert er sich auch etwas zu sagen, weil er so furchtbar unschuldig ist?“ „Nein, Nein. Er wollte sich dem Dämon Astaroth opfern und damit endlich seinen Fehler wieder ausgleichen, den er vor so vielen Jahren beging. Er hat sich mit dem Tod abgefunden, um uns alle zu retten. Er ist kein schlechter…“, begann sie, doch dann hielt sie eine Hand vor ihrem Mund ab. Caym beobachtete verwirrt, wie die andere sich um ihre Hüfte legte – fast so, wie Astaroths um die seine lag. „Bitte Neila, lass es. Er hat jedes Recht dazu mich zu töten. Alles was ich getan habe in den letzten Jahren war nur der Versuch meine Schuld zu begleichen – ohne dass ich es je kann. Durch seine Hand zu sterben ist das einzige was…“, meldete sich jetzt sein Bruder mit sanfter Stimme zu Wort und schaute ihn mit einem traurigen Lächeln an, das zu viel war. „WAS? Du wolltest dich mir…du wolltest mich zu einem Mörder machen, um deine Schuldgefühle loszuwerden…?“, dämmerte es Caym und er starrte nur noch mit weit geöffnetem Mund ungläubig den Idioten an. Seine Faust zitterte, gerade noch so beherrscht und mit dem dringenden Gefühl ihn noch einmal zu schlagen für das, was er ihm antun hatte wollen, nur beruhigt von den Armen, die sich jetzt so eng um seine Brust geschlungen hatten. „Du..Du…Mistmade, du verdammtes ekelhaftes Aas“, schäumte er, „das…jetzt SAG mir endlich, was du getan hast, wenn du deine Schuld wirklich begleichen willst. Was ist passiert? JETZT!“ Müde und erschöpft lehnte er sich zurück und hoffte bar jeder Hoffnung, dass sein Bruder zumindest noch einen Funken Verstand besaß, ein wenig Ehre und biss seine Zähne mit aller Macht zusammen, um sich von der pochenden Wut abzulenken, die durch seinen Kopf jagte. „Es tut – nein, es tut mir wirklich leid Caym“, fing Atris wieder mit seinen üblichen Entschuldigungen an, den sinnlosen bedeutungslosen Phrasen, die nicht halfen. Schon wollte er ihn stoppen, nach vorne stürmen und ihm seine dreckigen Ausreden entegegenwerfen, in den Mund stopfen, doch sein Bruder umarmte seine Frau mit beiden Armen und wirkte für diesen einen Moment glücklich, nur um ihm im nächsten das Wort abzuschneiden, bevor er noch einen Ton hatte sagen können: „Und das meine ich ernst, aber es tut mir leid. Ich bitte dich, mir zuzuhören. Ich habe den schwersten Fehler begangen, den man machen kann – in meiner Dummheit, meiner Kurzsichtigkeit habe ich dich an diesen Dämon verkauft“, dabei deutete sein Bruder auf seinen Astaroth, „und dann fiel alles auseinander und fing an aus den Bahnen zu geraten. Mutter überlebte zwar, doch du warst weg und ich hatte Angst, war dumm und feige und habe meine Spuren verwischt. Ich war dumm, so dumm – aber das weißt du schon. Als du wieder kamst, hätte ich mich freuen sollen, doch ich Idiot habe dich nur verurteilt, war viel zu geschockt, als ich sah, mit wem du Sex hattest. Mit einem Mann, einem Dämon. Ich war ein Idiot, ein unglaublicher Idiot und meine Versuche es hier wieder gut zu machen, die Liebe zwischen Partnern wie euch zu legitimisieren waren – ich kann es nicht wieder gut machen. Meine Schuldgefühle blieben immer da, immer. Es tut mir unglaublich leid, Caym.“ Wieder dieser wehmütige Blick, als ob sein Bruder das Opfer wäre. Er wollte ihn schlagen, ihm diesen Ausdruck aus dem Gesicht treiben. Doch Caym ergriff nur den Arm seines Astaroth, drückte ihn und versuchte sich mit zitterndem Kiefer zu beherrschen. „Doch die Soldaten von Ama habe ich nicht zu euch geführt, wirklich nicht. Sie folgten mir einfach und haben mich am Ende gerettet, als ich gerade verblutete. Erst dachte ich, dass es Glück war, doch wie alles, was ich anfasste, war es anders, kam es anders. Alles zerfiel.“ Eine merkwürdige Pause folgte, in der sein Bruder ihn plötzlich mit traurigen Augen anschaute, aus denen einzelne Tränen rannen. Der Kopf bewegte sich in Unglauben und wie zur Untermalung wild hin und her, während Neila mit einer Hand über Atris Wange strich. All das erinnerte ihn an etwas, aber er wollte nicht daran denken und konzentrierte sich auf das, was ihn so beruhigte. Caym fühlte seinen Dämon, hörte das leise Atmen, spürte die Stärke und die Sicherheit und schüttelte sich, als seine Gedanken wieder Ähnlichkeiten zu der Frau ausmachten. Da konnten keine sein, durften nicht existieren. Er wollte nur wissen, warum der Idiot das alles getan hatte. Also entspannte er sich krampfhaft, versuchte es und bemühte sich zuzuhören – zumindest solange, wie er seinen Bruder ertragen konnte. „Sie wussten wie du aussahst, bekamen wohl irgendwie heraus, dass du der Sohn des Grafen warst. Sie kamen zu Vater, drohten ihm sein Reich zu erobern, wenn er dich nicht auslieferte oder sich zu ihrem furchtbaren Glauben bekannte – als Wiedergutmachung dafür, dass er so etwas wie dich hervorgebracht hatte, so etwas abgrundtief Böses. Er hasste sie dafür, doch sie waren zu mächtig. Es war grauenhaft. Jeden Tag kamen diese weiß gekleideten Gestalten, redeten von Schuld, Bösartigkeit, Abartigkeit und bekehrten immer mehr in unserem Land, bis Vater sie wütend des Landes verwies und um Hilfe beim König ansuchen wollte. Er war schon zum Aufbruch bereit, alles ruhig bis…“ Caym starrte verwirrt zu seinem Bruder, der stoppte, zitterte und mit seinen Armen seine Frau beinahe zu erdrücken schien. „Er war tot Caym…tot. Und es war genauso meine Schuld wie alles andere. Sie hatten ihn umgebracht, weil er sich weigerte. Wir fanden ihn mit einem Schwert durch das Herz, auf dem noch eine Schlange aufgespießt war – und einen lachenden Boten, der verkündete, dass dieses Land ein Hort von Dämonenverehrern wäre, wir alle verdorben und uns zum wahren Glauben bekehren sollten. Sonst würden wir alle in der Hölle enden, gequält von unseren Sünden. Selbst als ich ihn voller Wut tötete, verstummten die Stimmen nicht mehr. Mutter starrte mich damals an…starrte mich solange mit dieser bodenlosen Verzweiflung in den Augen an, bis ich nicht mehr konnte. Ich…ich erzählte ihr…aus…Verzweiflung“, langsam rannen Tränen über die Wangen seines Bruders und seine eigenen konnte er nur noch mit Mühe zurückhalten, „ dass du dich geopfert hättest, um mich zu retten, sie zu retten, uns alle zu retten und die Engel nur Angst vor dir hatten. Ich wollte nicht, dass sie mich hasst, wollte, dass sie Hoffnung hat und mich nicht auch noch verlässt - doch alles war vergebens. Ich konnte nicht. Sie starrte mich ungläubig an und dann…Weg…sie war weg und ich…nie wieder…habe ich sie gesehen. Durch diesen einen Fehler habe ich alles verloren…“ „Soll ich jetzt Mitleid haben?“, konnte Caym die Bemerkung nicht mehr unterdrückten, bereute es aber fast wieder, als er den verletzten Ausdruck in Atris Gesicht sah und die bösen Blicke, die ihm dessen Frau entgegnete. Sein Vater war tot, umgebracht, doch irgendwie rührte sich merkwürdig wenig in ihm. Das einzige, was gerade in ihm herrschte, war eine eigenartige Leere. „Verdammt. Vergiss es…erzähl einfach weiter…“ „Ich…ich…danach war ich der Graf und Sibu…zerfiel zwischen meinen Fingern, zerfiel. Ich hatte keine Ahnung, wurde wie ein Aussetziger behandelt. Der Bastard, der nutzlose und du warst ein Hochverräter an der Menschheit und ich dein Bruder, der genauso verdorben sein musste – und damit hatten sie auch Recht. Du warst kein Verräter, aber ich...“, kam das Geständnis, die leeren Worte, die ihm nicht halfen. „Die Engel fingen an dich zum Feind zu machen und uns so jede Unterstützung zu kosten. Wer wollte schon mit solchen Verrätern zu tun haben? Selbst der König verstieß unser Sibu aus seinem Reich, um nicht in die Schußlinie zu geraten - und wir waren verloren…“ Wieder eine Pause, in der Neila merkwürdig lächelte. „Immer wieder waren mir Gerüchte über den Retter, den Beschützer der Menschen zu Ohren gekommen, doch bis zu dem Tag, an dem ich die Delegation aus Querta sah, Neila das erste Mal erblickte, wusste ich nichts. Doch da fiel alles zusammen und entstand neu. Mutter hatte offenbar bei ihrem Weg durch die Welt, verwirrt, von ihrem großen Sohn Caym erzählt, der sich geopfert hatte, hatte meine Lüge weitergetragen, bis sie dort wo die Menschen anders aussahen, fremd waren, als Prophetin verehrt wurde, als Hellseherin, die von der Erlösung kündete. Die Mutter des großen bamherzigen Beschützers. Und so kamen sie jetzt mit einer Armee, mit Unterstützung und halfen mir alles wieder aufzubauen – besonders Neila, ohne die ich nie besser geworden wäre.“ Jetzt streichelte sein Bruder über den Bauch seiner Frau, lächelte glücklich und seufzte. „Und ich habe ihm geholfen“, sprach jetzt sie weiter, „etwas Ordnung zu schaffen. Gemeinsam bauten wir wieder alles auf und ein Weg musste gefunden werden, wie Sibu sich gegen die Vowürfe der Amaner wehren konnte, dass sie ein Hort von Verrätern der Menschheit wären. Diese fiesen Engelsunterstützer verbreiten Lügen wie der Bauer Samen auf der Erde. Und so wurden Sie für uns zum Beschützer, dem, der die Dämonen zähmen konnte, während die Amaner Sie, Caym langsam zum Erzverräter machten. Umso mehr Sie zur Leitfigur, zum Symbol des Widerstandes gegen die Engel wurden, umso mehr wurdet Ihr für die anderen zur Hassfigur, zum Verderber der Menschen in so vielen Bereichen. Der, der für die Verführung von Männer steht, dem Verrat an den Menschen, dem Bündnis mit einem Dämon…einfach alles. Und dann konnten wir es nicht mehr stoppen, konnten die Legende nicht mehr aufhalten. Es entwickelte seine eigene Dynamik, glitt uns aus den Händen. Es wurde immer deutlicher, je mehr Hoffnung die Menschen auf Freiheit hatten. Langsam entstand eine Bewegungn daraus und als die große Prophetin auf ihrem Stebebett ihre Arme mit einem entrückten Lächeln ausstreckte und Euch als strahlende Gestalt sah, und mit ihren letzten Worten weissagte, dass Sie wiederkommen würden um uns alle zu retten…was sollten wir da noch tun? Die Nachricht verbreitete sich wie alles so schnell, wie ein Lauffeuer und Sie waren das einzige, das dieses Land noch zusammenhielt in den ständigen Kämpfen, die wir führen mussten. Das einzige, das den Leuten Hoffnung gab in den dunklen Stunden, in denen wir am Abgrund waren, zitternd und hungernd den nächsten Kampf zu kämpfen hatten. Und wider aller Erwartungen schafften wir es auch dieses Königreich zu erobern, dass sich von uns losgesagt hatte und uns als Fraß den geflügelten weißen Geiern überlassen hatte, hörten immer wieder die Lobgesänge auf Sie, selbst als wir doch wieder vor der unbesiegbaren Übermacht standen. In den Jahren die ich hier verbrachte, den Jahren, die ich hier in der Kälte verbrachte um meinem Geliebten zu helfen, meiner einzigen Liebe, wart Ihr für die Menschen der einzige Hoffnungsschimmer – selbst wenn Ihr ein Hirngespinnst wart, an das selbst ich nicht glaubte. Ich wollte nur die verfluchten Engelsunterstützter zurückhalten. Wir kämpften, wehrten uns, schafften so viel, nur um dann doch hier, jetzt, vor dem endgültigen Aus zu stehen. Was sollten wir noch tun? In unserer Verzweiflung, riefen wir die letzte Hoffnung, riefen wir den Dämon Astaroth, den einzigen, den Atris rufen wollte und konnte, und hofften wider jeder Hoffnung.“ Jetzt machte sie eine ausladende Bewegung. „Und sie erfüllte sich…sie erfüllte sich wirklich. Jetzt kann nicht einmal mehr ich die Wahrheit leugnen…wir sind gerettet“ Sie strahlte bei den Worten förmlich, das merkwürdige Glitzern in ihren Augen und lehnte sich mit einem glücklichen Lächeln zurück. Caym starrte die beiden, die sich zufrieden in den Armen lagen, völlig verwirrt an. Das alles konnte nicht ernst gemeint gewesen sein, durfte es nicht. Sein Vater war tot, Rebecca war tot, nur noch sein dummer Bruder übrig und er war eine Gallionsfigur, ein Opfer für alle, ein Mythos den sie geformt hatten um zu gewinnen und selbst jetzt war er es nicht, war er nicht was sie aus ihm gemacht hatten. Der einzige, der ihn als das nahm, was er war, hielt ihn sicher in seinen Armen. Der einzige, der jetzt noch von Bedeutung war, war Astaroth. Schmerzhaft war es, wieder die Wahrheit vor Augen geführt zu bekommen, zu wissen, dass er selbst nie von Bedeutung für jemanden gewesen war, außer für seinen Dämon. Fester legten sich seine Finger um die Sicherheit unter sich, drückten zu. „Verdammt, wieso immer ich?“, ließ er endlich seinen Gedanken freien Lauf und ignorierte das noch immer dumpf pochende Gefühl in seiner Brust, war so unglaublich müde. Er wollte dem nicht mehr weiter zuhören. Alles was er wollte war, von hier weg, von dieser Heuchelei wegzukommen. „Du hast alles runiniert, mich in die Hölle gestoßen und du dachtest, dass es in Ordnung wäre, mich weiter zu benutzen, wie es dir passt? Du dachtest, dass irgendetwas wieder gutmacht, was du getan hast, du verdammter Idiot? Und jetzt…weißt du wieviel du mir wirklich damit angetan hast? Hast du eine Ahnung?“ Wie erwartet bekam er keine Antwort darauf, nur die von ihm abgewandten Blicke. „Argh…vergiss es, es hat keinen Sinn mehr. Du bist nicht mehr mein Bruder, du bist nichts mehr für mich“, brachte er zwischen Seufzern hervor, unterdrückte wieder Tränen, „ich will nichts mehr mit dir zu tun haben und nur wieder zurück nach Hause. Wenigstens sind dort Wesen, die mich ohne Vorbehalte nehmen, wie ich bin. Verdammt…wieso nicht hier? Und bring diesen Mist endlich wieder in Ordnung, erklär den Leuten, dass ich nur ein normaler Mensch bin und kein Beschützer, Erlöser oder sonstwas und dass alle Prophezeiuungen Humbug sind. Tu es JETZT, verdammt, und dann möchte ich nur die Zeit in Ruhe irgendwo verbringen, ohne weiter diese Heuchelei ertragen zu müssen.“ Resignierend ließ er los, drehte sich wie zum Gehen um, wischte sich mit seinem Ärmel die halb getrockneten Tränen ab und biss sich auf die Zunge bei dem Gedanken daran, wie er geweint hatte wie ein Mädchen. Es ärgerte ihn, denn er hatte alles was er brauchte… „Welche Wahrheit sollte ich ihnen erzählen?“, riss ihn Neilas Stimme wieder zurück in die Welt. Sie machte eine ausladende Bewegung mit ihren Armen und schloss die Augen, bevor sie ganz ruhig weitersprach: „Das was hier vorgefallen ist, kann niemand leugnen und so viele haben es gesehen und werden es weitertragen. Ein Feuer, das man nicht mehr stoppen kann und alles in Brand stecken wird. Was sollte ich ihnen sagen? Dass sie die Wahrheit, die sich vor ihren Augen zugetragen hat, ignorieren und vergessen sollen? Ihr SEID gekommen mit einem Heer von Dämonen, die euch beschützt und an eurer Seite gekämpft haben. Ihr habt unglaubliche Verwüstungen mit diesen wunderschönen Blumen angerichtet, habt uns zum Sieg geführt in unserer dunkelsten, ausweglosesten Stunde. Ihr habt die Prophezeiung wahr werden lassen und selbst ich kann mich dem nicht mehr verschließen, obwohl ich sie nur benutzt habe. Sie ist wahr…“ „WAS? Verdammt, wer bei Verstand…wer würde so einen verdammten Schwachsinn glauben?“ Er schüttelte den Kopf, drehte sich um und sah Ker, der wie eine Statue hinter ihm stand, der ihn daran erinnerte, was er in der Dämonenwelt war und wie gut seine Versuche gewirkt hatten, das zu verhindern. „Wieso…wieso nur immer ich? Ich bin kein Symbol, ich bin nichts Besonderes und ich will nicht…ich will nicht mehr. Habe ich irgendwo ein Zeichen, dass ‚macht mich zu eurem Symbol, zu etwas Verehrtem‘ sagt? Habe ich das? Verdammt…ich will endlich weg von hier – JETZT!“ Zu Ker gewandt fügte er noch mit letzter Beherrschung an: „Sorg dafür, dass unsere Toten die nötige Aufmerksamkeit bekommen und die Verwundeten überleben“, worauf dieser nur nickte und anfing Befehle zu erteilen. Damit war alles gesagt. Er wollte nur noch weg von hier. Caym atmete immer schneller, um sich zu beruhigen und fühlte, wie die Welt eigenartig unwirklich wurde. Sein Blick kannte nur noch Astaroth, dessen Lächeln wie die einzige Konstante hier wirkte, der der einzige war, der ihn als das sah was er war – bis er sich vorbeugte und ihm etwas ins Ohr flüsterte: „Du bist etwas Besonderes, mein Kleiner – und du gehörst nur mir...“ und alles wieder zurecht rückte. Alles war wieder wie es sein sollte und die Emotionen die jetzt durch ihn jagten, waren eine Befreiung, nahmen ihn gefangen. „WAS? Ich gehöre dir nicht – wenn man diesen Idioten glauben will, dann gehörst du mir…“, rasten die Worte nur so von seiner Zunge, bis er sie nach vorne streckte und lächelte, ihn ein starker Arm umfing und an den warmen Körper presste, ihm einen gewissen Zustand viel zu deutlich zeigte. „Sag nicht…nein…nicht hier…“ „Oh, mein Kleiner…keine Sorge. Ich werde mir alle Zeit der Welt lassen und dir die nötige Aufmerksamkeit schenken, die du gerade so vehement verlangt hast und die ich dir natürlich nicht vorenthalten darf.“, erklärte sein Dämon mit dieser unnachahmlichen Stimme, strich über das Halsband, ergriff sein Kinn und gab ihm einen kurzen, viel zu sanften Kuss bevor er sich an irgendjemand Unbedeutenden hinter ihnen wand. „Ihr hab genau achtzehn Stunden Zeit. Sucht alle Bücher, die Dämonen beschwören können und bringt sie hierher. Findet ihr jemanden, der die Fähigkeit hat…ihr wisst, was ich will. Und Ruhn – du solltest dir überlegen, wie du deinen Fehler wieder gut machen kannst – deinen schweren Fehler.“ Eine kurze Pause kehrte ein, in der er überlegte, ob er wirklich weiter nachdenken sollte, was Astaroth wollte und wie sein Körper darauf reagierte, nur um bei der ersten Erkenntnis lieber die Leere zu genießen, die sich in seinem Kopf breit machte. „Und du Wurm: Bring uns an einen anständigen ungestörten Ort und in sechzehn Stunden will ich alle, die für das Ritual verantwortlich waren, wieder hier vorfinden – und alle Vorbereitungen abgeschlossen. Wenn nicht, dann wird euer Sieg sich in euer größtes Desaster verwandeln und die Engel euer kleinestes Problem sein. Und wenn du meinen Caym noch einmal mit deinen selbstgefälligen Bemerkungen störst, bist du ein Fetzen Fleisch“, drohte Astaroth wieder so eigenartig, drehte ihn um und stieß ihn sanft ihn Richtung Aki. „Ich kann selber gehen – und ich kann mich selber…verteidigen…“, maulte er, stieg dann doch auf Askavi und starrte seinen Dämon gespielt böse an. „Grandios, verdammt. Und was jetzt?“ Noch bevor er eine Antwort bekam sah er schon, wie Hiuma hinter seinem Herrn auftauchte und leise wieherte, während die Flammen sich wild in die Höhe schlangen. „Jetzt“, wurde seine Aufmerksamkeit wieder auf seinen Partner gelenkt, „brechen wir auf.“ In seinen Augenwinkel sah er dabei den, der sie führen sollte. Atris schwankte hinter ihnen gefährlich hin und her, konnte sich nur noch mit der Hilfe seiner Frau auf den Beinen halten und schaute gequält in die Richtung, wo die einzigen Pferde standen. Immer wieder tropfte Blut von seinen Fingern hinunter und Caym fühlte ein wenig Mitleid, das beim Anblick seines Dämons sofort wieder verschwand. Sie wären fast gestorben wegen dieses Idioten – auch wenn es sein Bruder war. Doch dann wurden seine Gedanken wie so oft unterbrochen, als Astaroth laut knurrte und gefährlich ungeduldig „SOFORT! Oder…“, anfügte, als er sich auf Hiuma schwang und alle Menschen nur noch ein paar Schritte weiter zurückwichen. Die Drohung musste nicht ausgesprochen werden, damit sie alle verstanden und Caym seufzte nur ratlos. „Bitte…Bitte großer Dämon. Ich weiß den perfekten Ort für euch. Es ist der beste, passenste Ort – ruhig, schön und nur wenig weit von hier entfernt. Ich bitte euch – lasst mich gehen. Mein Mann kann kaum noch stehen und er braucht eine Pause.“, mischte sich Neila mit klarer Stimme ein und stand dabei erstaunlich selbstsicher mit gebeugtem Kopf da, flehte und bewahrte dabei doch noch genug ihrer Würde. „Dieser Wurm soll uns führen…“, fing Astaroth mit einem sehr unzufriedenen Gesichtsausdruck an, während Caym schon seine Finger zu dem Schwert wandern sah. „…aber wenn du dich beeilst, kannst du das auch machen“, beendete Caym den Satz schnell ungefragt und schaute seinen Dämon dabei zufrieden lächelnd an, der ihn nur kurz erstaunt anstarrte, bevor sich dieses viel zu verräterische Grinsen in die Züge schlich. Und schon sprintete Neila mit einem: „Danke…Danke…wehrter Beschützer“, auf den Lippen davon, stolperte fast, bis sie endlich das erste Pferd in ihrer Nähe erreichte, es hastig ergriff und unglaublich ungelenk aufsprang. Beinahe fiel sie auf der anderen Seite wieder hinunter und taumelte hin und her, so dass Caym sich schon wunderte, ob sie es noch schaffen würde. Völlig außer Atem kam sie schließlich auf dem Ross wieder angaloppiert, verbeugte sich dutzende Male unter Entschuldigungsbekundungen, bis sie sich wohl endlich bewußt wurde, wie Astaroth im Moment gerade schaute und mit ihrer Hand hastig in Richtung des entfernten Waldes deutete. „Mein Kleiner“, fing sein Dämon an leise zu flüstern, während sie sich in Bewegung setzten, „du bist heute wohl zu gierig nach meiner Aufmerksamkeit“ und grinste so, dass Caym keine andere Wahl hatte, als es richtig zu verstehen und den Anfang dieses viel zu bekannten Kribbelns zu spüren. „Oh nein…nein…nicht jetzt…nachher…“, murmelte er die Antwort und suchte nach irgendetwas, um nicht gerade jetzt an das zu denken und so zu handeln, wie es immer endete. Neila war fremd, jemand, der nichts von ihm wissen musste. Jetzt, wo er an sie dachte und sie kurz aus den Augenwinkeln beobachtete, fiel ihm auf, wie langsam sie trotz vollen Galopps war und beinahe auf ihrem Pferd dahinschlich, selbst die kleine Truppe hinter ihr mühelos mithalten konnte. Caym blinzelte ein paar Mal. Die kleine Truppe? Völlig überrascht riss er bei der ersten Erkenntnis die Augen auf, drehte sich nach hinten und starrte wie gebannt auf den Anblick. Er rieb sich über das Gesicht, doch selbst nachdem er seine Lider ein paar Mal geschlossen und wieder geöffnet hatte, rannten dort noch immer einige Dämonen in einem irrwitzigen Tempo und hielten mit ihnen Schritt. „Wie…Was…?“, begann er die Frage, doch stockte in der Mitte. Es waren Dämonen und Mitglieder seine Einheit, die immer noch ein Rätsel für ihn war, das er irgendwann ergründen musste – wenn Astaroth ihn nicht gerade so anstarrte wie jetzt und ihn mit diesem lüsternen Blick bedachte. Er fühlte regelrecht, wie die Augen ihm überall hin folgten, über seinen Nacken strichen und dort ein warmes, so wunderbar gewohntes Gefühl hervorzauberten. Wärme breitete sich von selbst aus und er strich sich unbewusst über die Stellen, die so eigenartig brannten. Beinahe fühlte er schon die Hände auf seinem Körper, das Glühen, das sich in Erwartung der „Aufmerksamkeit“ ausbreitete. In seinen Ohren pochte sein Herz laut hin und her und langsam drehte er seinen Kopf bei den Gedanken in die Richtung, in der sein Geliebter war. Da war dieses Verlangen in den goldgelben Augen, die nur ihn kannten, nur ihn anstrahlten, ein Lächeln nur für ihn, das seine Gefühle so gut widerspiegelte und ihm keine Wahl ließ. Sein eigener Körper sehnte sich nach Berührung, ließ seinen Verstand immer mehr an Macht verlieren, bis er anfing unwillkürlich Richtung Astaroth zu steuern, der so verführerisch aussah – und über seine eigenen Gedanken stolperte. Wild schüttelte er den Kopf, holte langsam mit seiner Hand aus und schlug sich damit auf die Wange. „Verdammt…nicht schon wieder…nicht hier…“, schimpfte er mit sich selber, versuchte seinen Körper davon zu überzeugen endlich einmal ihm zu gehorchen und das Blut wieder nach oben zu befördern, dieses ständig anwachsende Pochen, das bei jedem zufriedenen Grinsen seines Dämons nur noch stärker wurde, zu stoppen. Doch nichts half. Caym kam der Ritt jetzt unendlich lang vor, furchtbar unbequem, während er immer wieder versuchte sich mit dem Zählen von Bäumen abzulenken und an kaltes Wasser zu denken, auch wenn sein Blick unwillkürlich immer wieder zurück zu seinem Partner wanderte, bis er am Ende nicht mehr konnte. „Nein, NEIN, NEIN, verdammt noch mal. Ich bin nicht so sexsüchtig wie du und…wir haben Gesellschaft. Verdammt, ich habe doch nichts…und…also…verdammt.“, stotterte er nur noch herum, stolperte ständig über seine nicht vorhandenen Gedanken, die sich mit jeder Minute weiter auflösten und stoppte. Vorsichtig tastete er mit einer Hand auf seine Wange, fühlte, wie sie beinahe glühte und schüttelte den Kopf. „Verdammt…ich hätte es wissen müssen, du verdammter sexsüchtiger Dämon…du hast mich irgendwann angesteckt…“ Doch selbst er nahm die Vorwürfe nicht ernst und seufzte nur resignierend. Immer wieder ließ er sich von Astaroth verführen, verführte sich selbst bei seinem Anblick. Nach all den Jahren war das das, was ihn all die Dinge vergessen lassen würde, die hier vorgefallen waren. „Kommen wir jetzt endlich bald an?“, murrte er schließlich zu Neila gewandt und versuchte seinen Körper so gut zu ignorieren wie es ging und erstarrte, als sie durch den Wald auf eine riesige Lichtung gelangten. „Ja, wir sind da“, kam die unnötige Antwort, während seine Augen sich von dem immensen Steingebilde vor ihnen nicht abwenden konnten. Es war unglaublich, passte so gar nicht hierher in seine frühere Heimat, in der alles normale Größe haben sollte. Doch hier stand etwas, das so lang und breit war, sich nach hinten bog wie ein Kreis und auf dessen linker Seite zwei Flüsse entsprangen. Caym sah, wie einer der beiden aus dem Klotz durch einen von drei Bögen floss – dem einzigen, der nicht vollständig von Pflanzen überwuchert war. Dabei war das Gebilde nicht das einzige, das auf der Lichtung stand. Wie eine Siedlung umringten Häuser und Hütten aus einfachem Stein oder Holz dieses Ding, bildeten mit ihrer normalen Größe einen so starken Kontrast, dass es eigenartig wirkte. So unpassend wie das große beherrschende Gebäude, so passend wirkten die Felder und Häuser, die immer wieder von Steinen und Erdhaufen umgeben waren. Caym rieb sich ungläubig die Augen, während sie zur Rampe gelangten, die genau so überdimensioniert wie dieser Steinklotz war, sich vom Boden kaum abhob und elendig langsam anstieg. Als er sich umdrehte, sah er, wie sich langsam seine Truppe anfing zu zerstreuen und blickte auf den von Schneisen durchfurchten Wald hinter sich. Der Anblick kam ihm bekannt, viel zu bekannt vor, doch er konnte ihn nicht zuordnen. Und wieso hatte hier jemand etwas derartig Größenwahnsinniges geschaffen, hier in der Menschenwelt? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)