Das Glück teilen von Otomy (Eine kleine Kurzgeschichte) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Sie sah ihn an. Jeden Tag stand sie an der Tür zur Bibliothek und beobachtete ihn. Er war groß, schlank, ordentlich gekleidet und trug eine modische grüne Brille. Seine schulterlangen braunen Haare hatte er in einem leichten Zopf nach hinten gebunden, nur ein paar einzelne Strähnen verirrten sich in sein makelloses Gesicht. Sie selbst jedoch war nicht makellos, obwohl sie es sich gewünscht hätte zu sein. Sie war zu klein und zu schlaksig, ihre schwarzen Haare rebellierten gegen Kamm und Bürste und ihr Busen war auch zu klein. Sie wurde noch nie von einem Jungen angesprochen, aber sie beobachtete gerade diese Spezies Mensch am aller liebsten. Sie war eine Einzelgängerin … er war bei Allen beliebt. Die beiden hatten also nichts gemeinsam, oder etwa doch? Er schaute sie an. Sie blickte zurück. Beide zwinkerten sich zu und so verließ sie den Raum. Sie ging nach Hause. Vorbei an strahlenden Schönheiten, die mit ihrer Schminke ihr Gesicht versteckten und unter toupierten Haaren ihre fettigen Strähnen kaschierten. Er stand auf, stellte das Buch in das alphabetisch geordnete Regal und ging nach Hause. Vorbei an prahlenden jungen Männer, die sich von ihren überragenden Leistungen beim Sex erzählen. Die davon sprachen, welche Frau sie als nächstes in der Discothek aufreißen wollten. Die Dämmerung brach herein und sie setzte sich auf die kleine Schaukel am Rande eines Spielplatzes. Sie schwang die Beine nach hinten und nach vorn. Jemand umfasst ihre Schultern und drückte leicht ihren Kopf nach hinten. Sie strahlte ihn mit freudvollen Augen an. Er hauchte einen leichten Kuss auf ihre Lippen und half ihr beim Absteigen von der Schaukel. „Was haben wir gemeinsam?“, fragte sie ihn, während Beide hand in hand nebeneinander herliefen. Er schaute zum Himmel und lächelte. „Wir sind schon seit Kindertagen Nachbarn, seit zwei Jahren zusammen. Und niemand weiß von unserem Glück. Nur wir Beide wissen es.“ Sie legte ihren Kopf an seine Schulter und hörte sein Herz schlagen. „Ich will es Allen erzählen. Ich will, dass sie wissen, dass wir zusammen sind!“, sagte sie. Er blickte ihr tief in die Augen. Schon als Beide noch klein waren, spielten sie zusammen. Aus Freundschaft entwickelte sich eine wunderbare Liebe. Sie trafen sich nach der Schule jeden Tag auf dem Spielplatz. Früher spielten sie in dem kleinen Sandkasten und bewarfen sich mit Sand. Dann lachten sie und gingen verschmutzt zu ihren Eltern, die mit ihnen schimpften, weil sie nicht auf ihre Sachen achten konnten. „Warum muss es jemand wissen?“, fragte er. „Ich will mein Glück teilen. Außerdem bin ich dann vielleicht keine Außenseiterin mehr!“, sagte sie. „Ist es nur das?“, fragte er. Sie schüttelte den Kopf. „Ich will auch in der Schule mit dir zusammen sein. Mir reicht es nicht mehr, dich nur zu beobachten!“, sagte sie. „Gut, dann lass es uns Allen zeigen!“ Sie sah ihn an, wie immer an der Tür der Bibliothek gelehnt. Er schaute auf. Er erhob sich und kam auf sie zu. Ihr Herz schlug schneller, sie fühlte ihren Puls rasen. Er kam immer näher auf sie zu. Sie schloss die Augen und hörte auf seine Schritte. Seine Arme umschlossen ihre Taille und er zog sie näher an seine Brust. Sie stellte sich leicht auf Zehenspitzen und er küsste sie. Wie immer sanft und ein wenig zaghaft. Die Anderen beobachteten die Beiden. Leises Getuschel war zu hören. Ein Raunen ging durch den Gang der Schule. Sie hatten ihr Glück geteilt. Nun wusste jeder, dass sie für einander bestimmt waren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)