Nur zu Besuch von Takara_Phoenix (Kai x Rei - Für mein Schmumo, alles gute zum Purzeltag^^) ================================================================================ Kapitel 1: Nur zu Besuch ------------------------ Titel: Nur zu Besuch Autorin: Firefox_Takara Widmung: knoedelchen – meinem Schmunzelmonster *umschmus* Alles gute zum Purzeltag! ^o^ Serie: Beyblade Genre: Shonen-Ai, Drama (?), Alltag, Death Pairing: Kai x Rei Beta: cada *knuddel* Vielen lieben Dank *flauschel* ^^ Disclaimer: Weder Kai, noch Rei oder Yuriy gehören mir. Der Song „Nur zu Besuch“ gehört den Toten Hosen und somit auch nicht mir. Und Moskau gehört mir schon dreimal nicht! Comment: Tja... ich hoffe sehr es gefällt dir, Schmumo. Mehr kann ich dazu nicht sagen, lest es einfach. ~*~ Die ersten Sonnenstrahlen kitzeln mich an der Nase, sodass ich eher widerwillig aufwache. Mit einem Blick nach rechts merke ich, dass bereits neun Uhr ist und reiße erschrocken meine Augen auf. Mein Flieger geht um elf Uhr! Eilig stehe ich auf und ziehe mich um, gepackt habe ich schon am vergangenen Abend. „Rei? Wo willst du hin?“, erklingt Maos Stimme von unten. „Heute ist Kais Geburtstag. Ich hab dir doch letzte Woche schon gesagt, dass ich nach Moskau fliegen will!“, rufe ich ihr entgegen, während ich meine Haare noch schnell richte. Den Flug hatte ich schon vor Monaten gebucht um genau zu sein. Kurz werfe ich noch einen Blick in den Spiegel, nur um festzustellen, dass ich ganz akzeptabel aussehe, dafür, dass ich erst seit fünf Minuten wach bin und schnappe meinen Rucksack, um das Haus zu verlassen. Am Ende der Treppe stehen Mao und Rai und mustern mich kurz skeptisch. „Wieso willst du nach Moskau? Bleib doch hier, um Himmels Willen!“, fragt mich meine beste Freundin. Seit sich die Bladebreakers getrennt haben, wohne ich mit Mao und Rai zusammen in Hongkong. „Nein, ich will nach Moskau... Ich muss einfach... Es ist immerhin Kais Geburtstag!“, widerspreche ich kopfschüttelnd und renne einfach an den beiden vorbei. Rai ruft mir noch irgendwas hinterher, aber ich habe es viel zu eilig, um stehen zu bleiben und es mir anzuhören. Zum Glück ist in der Nähe unserer Wohnung ein Taxistand und so sitze ich nur wenige Minuten darauf in einem Taxi. „Zum Flughafen“, weise ich den Fahrer an und er gibt Gas. ~*~ Nur eine Viertelstunde später stehe ich im Flughafen am Check-in Point. Ich habe ein flaues Gefühl im Magen. Das letzte Mal, dass ich in Moskau war, ist nun schon eine ganze Weile her. Es war Kais zwanzigster Geburtstag; Yuriy, Boris, Sergeij und Ivan hatten eine große Party arrangiert und alle eingeladen – die Majestics, die All Stars, die White Tigers, Mister Dickenson und natürlich auch uns, Kais ehemaliges Team. Es war ein ganz schönes drunter und drüber, hatten sich doch die meisten seit der letzten Weltmeisterschaft nicht mehr gesehen. Die Feier war wirklich schön, alle schwelgten den ganzen Abend in Erinnerungen. Das ist jetzt schon ein Jahr her, seitdem habe ich meinen graublauhaarigen Ex-Teamleader nicht mehr gesehen... Die Dame am Schalter, die mich auffordert mein Gepäck auf das Band zu stellen, reißt mich aus meinen Gedanken an die Vergangenheit. Ich frage mich, ob sich Moskau im vergangenen Jahr sehr verändert hat...? ~*~ Irgendwie bin ich erleichtert, als ich endlich im Flugzeug sitze. Aber ich fühle mich auch zugleich unwohl, ich fliege nicht sehr gern. Nur zu Fuß wäre der Weg doch etwas lang geworden... Ich habe einen Fensterplatz und starre gedankenverloren auf das Flughafengebäude, krame meine Brieftasche aus meinem Handgepäck, damit ich meinen Ausweis wieder wegpacken kann. Als ich den Geldbeutel aufklappe, erblicke ich das Foto. Mit einem Lächeln starre ich es eine Zeit lang an und denke daran, wie es entstanden ist... ~*~ Es war auf Kais Geburtstagsfeier, er war gerade damit beschäftigt die Geschenke auszupacken. Er hatte gerade das Geschenk ausgepackt, das er von Kyoju bekommen hatte. Es war eine Digicam, eine verdammt kleine Digicam. Der Brünette lächelte. „Das neueste Modell, Kai.“ Unser kleiner Computerfreak war in eine sehr erfolgreiche High-Tech-Firma eingestiegen und hatte sich dort auch recht hoch gearbeitet. Er entwickelte unter anderem solche Kameras. Etwas später stand ich auf der Terrasse des Hauses und ließ mir den Abendwind um die Ohren wehen. Ich drehte mich gar nicht erst um, als ich Schritte hinter mir hörte. Ich wusste, zu wem sie gehörten. „Und? Wie gefällt dir dein Geburtstag bis jetzt?“, fragte ich leise. „Hn. Ganz gut... Vor allem ist es so ruhig“, grinste der Graublauhaarige und lehnte sich neben mir an das Geländer. „Das ist fies. Nun tu nicht so, du kannst mir nicht erzählen, dass du froh bist, dass Hiromi nicht gekommen ist.“ „Na ja... vielleicht hast du recht und ich hätte sie wirklich gern mal wieder gesehen, aber solltest du das irgendwem erzählen muss ich dich leider töten“, grinste Kai diabolisch. Hiromi konnte nicht kommen, da sie gerade erst ihren und Takaos ersten Sohn, Makoto, entbunden hatte und noch im Krankenhaus lag. Eigentlich hatte es kaum jemanden überrascht, dass die beiden geheiratet hatten. Dagegen war Emilys und Kyojus Hochzeit doch überraschender gewesen. Die Orangehaarige war im dritten Monat schwanger, als wir uns alle auf der Feier trafen. Davon, dass die zwei geheiratet hatten, wusste keiner. Ein Blitz hatte mich damals aus meinen Gedanken an das Familienleben meiner ehemaligen Teamkollegen gerissen. Verwirrt blickte ich zu Kai, der die kleine Kamera in der Hand hatte. „Diesen verträumten Gesichtsausdruck musste ich einfach auf Bild festhalten“, grinste er. „Hat das Ding eigentlich einen Selbstauslöser?“, fragte ich. „Ja... wieso?“ „Ich will ein Foto von uns beiden machen!“ Kai hatte den Selbstauslöser eingestellt und mich in seine Arme gezogen. Wir lächelten beide in die Kamera. ~*~ Zwei Wochen später hatte er es mir per Post geschickt und seitdem habe ich es in meiner Brieftasche. Mit einem leichten Kopfschütteln stecke ich meinen Ausweis in die Brieftasche und stopfe diese dann wieder in meinen Rucksack. Grinsend muss ich nun an ein anderes Foto denken, das mich mit der Post erreichte, erst vor wenigen Tagen um genau zu sein. Ein Bild von Takao, Makoto und Hiromi, anlässlich des ersten Geburtstages von Makoto. Hiromi ist übrigens inzwischen schon wieder schwanger, wie man auf dem Bild deutlich gesehen hat. Es ist schon verrückt... früher, zu Zeiten der Bladebreakers, hätte ich niemals gedacht, dass sich die Dinge so entwickeln würden. Der Sitz neben mir senkt sich und ich merke, dass sich jemand neben mich setzt. „Hi“, erklingt eine freundliche Stimme neben mir. Ich drehe den Kopf und erblicke einen sehr nervös wirkenden brünetten jungen Mann, der mir die Hand hinstreckt. „Hallo“, erwidere ich. „Gott, ich bin so nervös... Ich bin noch nie geflogen... Das widerstrebt mir einfach... Aber mein Chef hat mich auf eine Geschäftsreise nach Moskau geschickt und nun muss ich doch in so einen Riesenvogel. Ich heiße übrigens Struck, Gerald Steward Struck, aber eigentlich nennen mich alle nur Struck. Und wie heißt du? Oder soll ich „Sie“ sagen?“ Der Kerl kann ganz schön schnell reden und dazu auch noch so viel ohne Luft zu holen! „Rei, Rei Kon. Und du reicht völlig“, antworte ich ihm. „Freut mich dich kennen zu lernen, Rei. Bist du schon oft geflogen? Ich weiß nicht... also... Das macht mich furchtbar nervös...“ „Ich bin schon oft geflogen, keine Angst, die Wahrscheinlichkeit, dass das Flugzeug abstürzt ist wirklich nicht sehr hoch“, versuche ich meinen Sitznachbarn zu beruhigen. Leider schien es nicht zu helfen, denn Struck redete und redete ohne Punkt und Komma den gesamten Flug lang. Ab und an wunderte ich mich doch sehr darüber, dass er so selten Luft holen musste. Inzwischen kenne ich wohl seine gesamte Lebensgeschichte. Er arbeitet bei einer sehr bekannten Sportfirma, seine Frau heißt Kiara, er hat einen Sohn namens Raito, ein Haus mit Garten und wünscht sich noch eine Tochter. Ein wirklich sehr großes Plappermaul, aber ein netter Kerl. ~*~ Als ich endlich im Flughafen in Moskau stehe, bin ich doch recht froh endlich aus dem Flugzeug zu sein, so lange zu sitzen ist nichts für mich. An Gepäck habe ich nur meinen Rucksack, ich habe nicht vor allzu lange zu bleiben. Deshalb beschließe ich auch erst zu Kai zu gehen, bevor ich mein Hotel suche. Kurz blicke ich mich auf dem Flughafen um und entdecke einen Blumenladen. Eine kleine, ältere Dame begrüßt mich, zumindest denke ich das, denn ich kann kein Russisch. Nach kurzen Kommunikationsschwierigkeiten haben wir uns auf Englisch geeinigt. „Suchst du etwas bestimmtes, Jungchen?“, fragt sie mich freundlich. „Ja... ich suche Blumen, die ich zum Geburtstag verschenken kann.“ „Mh... Jemand bestimmtes? Ein Freund? Oder die Person, der dein Herz gehört?“, fragt mich die Alte kichernd. Ein leichter Rotschimmer zieht sich über meine Wangen. „Letzteres...“, nuschle ich verlegen. „Dann empfehle ich dir rote Rosen, die Blumen der Liebe. Oder hast du da konkretere Vorstellungen?“ Ich muss kurz nachdenken. Mao hatte mir einmal eine Internetseite gezeigt, auf der die Sprache der Blumen erklärt war. Ein paar Sachen davon habe ich mir gemerkt. „Ich... dachte mehr an weiße Rosen, Rosmarin, Lindenblüten und Kastanienblüten. Und... die rosa Blumen da in dem Topf, sind das Rhododendren?“ Die Frau blickt mich überrascht an und nickt dann jedoch. „Dann bitte noch die Rhododendren.“ Sie stellt mir einen Strauß zusammen, einen wunderschönen Strauß aus weißen Rosen, Rosmarin, Lindenblüten und Kastanienblüten. Die feinen Blüten wirken unglaublich schön neben den imposanten Rosen. Der Strauß wirkt so unschuldig... Lächelnd nehme ich ihn entgegen und auch das kleine Töpfchen mit den rosa Blumen. Ich bezahle und verabschiede mich mit einem dankbaren Lächeln. ~*~ Leise summend schlendere ich die Straßen Moskaus entlang, ich lasse mir Zeit. Auf einmal scheint alle Eile von mir gefallen zu sein. Heute morgen noch habe ich mir nichts sehnlicher gewünscht, als hier zu sein. Doch nun bin ich so ungemein nervös und will einfach wieder nach Hause. In der einen Hand halte ich den Blumenstrauß, in der anderen die Rhododendren. Schließlich erreiche ich die gesuchte Straße und zögere, bevor ich in sie einbiege. Meine Schritte scheinen immer langsamer zu werden, je weiter ich komme. Der Weg ist gesäumt von hoch gewachsenen Bäumen, die sich im Wind biegen. Mein Blick gleitet suchend von Links nach Rechts und wieder zurück. Ich kenne mein Ziel, aber ich weiß nicht genau, wo es ist... Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, doch sind es wohl in Wirklichkeit nur wenige Minuten gewesen, denke ich. Ein zaghaftes Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. „Hallo, Kai“, flüstere ich. Es ist ein sehr seltsames Gefühl jetzt hier zu stehen, ihm gegenüber. Meine Hand klammert sich noch stärker an den Strauß. Auf einmal komme ich mir hier so fehl am Platz vor. Vielleicht hätte ich doch nicht kommen sollen...? „Happy Birthday, Kai.“ Der Wind reißt an meinen Kleidern und an den Blumen, mein Blick ist noch immer stur geradeaus gerichtet. Mit unsicheren Schritten trete ich näher und bücke mich dann, um die Blumen abzulegen. Meine Hand zittert, als ich mit den Fingerkuppen über den blanken, weißen Marmor streiche und die Gravur erfühle. „Es... tut mir Leid, dass ich erst jetzt komme...“, wispere ich. Tränen steigen mir in die Augen, als ich seinen Namen auf dem Marmorstein lese. Das Töpfchen mit den Rhododendren stelle ich neben den Grabstein. „Dein letzter Geburtstag hat mir viel besser gefallen...“, murmle ich erstickt. Es tut weh hier zu stehen, vor seinem Grab. Es tut weh, unglaublich weh... „Wieso bist du einfach so gegangen?! Warum hast du mich allein gelassen?! Ich konnte dir nie sagen, wie viel du mir bedeutest, du Idiot!“, schimpfe ich unter Tränen. „Das hat er gewusst“, erklingt eine Stimme hinter mir. Ich zucke erschrocken zusammen und fahre herum. Das erste, was ich sehe sind rote Augen. Der erste Gedanke der mit kommt ist, dass ich Geister sehe... Dann realisiere ich, dass es Ivan ist, der freundschaftlich eine Hand auf meine Schulter gelegt hat. Als ich meinen Blick hebe, bemerke ich auch die drei anderen Russen, die um mich stehen. „Was machst du hier, Rei?“, fragt Boris und mustert mich eingehend. „Heute... ist doch Kais Geburtstag...“, entgegne ich ihm. „Du warst doch noch nicht einmal auf seiner Beerdigung“, schnaubt der Grauhaarige. Ich erwidere nichts darauf, es geht ihn nichts an, dass die Beerdigung, Kais Beerdigung, zu viel für mich gewesen wäre. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Yuriy Boris bedeutet still zu sein. Die vier scheinen aus dem gleichen Grund hier zu sein, wie ich. Nun, nicht ganz aus dem gleichen Grund, denke ich. „Du hast ihn geliebt, nicht?“, fragt mich Ivan, der noch immer neben mir steht. Seine Augen drücken Mitgefühl und Trauer aus. Ich bin nicht zu mehr fähig als zu einem zaghaften Nicken. Ja, ich habe Kai sehr geliebt. Nachdem sich unser Team getrennt hatte, hatten wir noch immer viel Kontakt und haben uns regelmäßig gesehen. Doch irgendwie... ging dieser Kontakt in die Brüche, was ich sehr bedauerte damals. An seinem zwanzigsten Geburtstag habe ich ihn dann das nächste Mal gesehen und mir damals vorgenommen, den Kontakt unter keinen Umständen wieder abbrechen zu lassen... Ob alles anders gekommen wäre, wenn ich ihm damals schon gesagt hätte, wie viel er mir bedeutet? Ob ich es irgendwie hätte verhindern können? ~*~ Es vergeht einige Zeit, in der wir fünf einfach nur an Kais Grab stehen und still trauern. Schließlich fangen die vier an zu reden, auf Russisch und Ivan verabschiedet sich als erster. Er umarmt mich kurz, da erst fällt mir auf, dass er in der Zwischenzeit wirklich ein ganzes Stück gewachsen ist, er ist nun fast so groß wie ich selbst. „Mach's gut, Rei, lass den Kopf nicht hängen.“ „Du auch...“ Auch Sergeij dreht sich zum gehen um, er war noch nie ein Mensch vieler Worte, das hatte mir Kai schon oft gesagt. Die beiden entfernten sich und der Blonde dreht sich ein letztes mal zu uns und wirft mir einen aufbauenden Blick zu. Zurück bleiben Boris, Yuriy und ich. Ich habe das Gefühl, ich könnte hier noch den ganzen Tag stehen. Irgendwann dreht sich auch Boris zum gehen und verschwindet ohne ein Wort. Wir hatten nie ein gutes Verhältnis und ich lege auch keinen großen Wert darauf mit ihm Freundschaft zu schließen, wenn ich ehrlich sein soll. Was mich wundert ist, dass Yuriy noch da ist. Vor wenigen Momenten hat es angefangen zu regnen, aber der Rothaarige macht keine Anstalten zu gehen. Grinsend bemerke ich, wie er sich genau in diesem Moment leicht entfernt. „Komm mit“, fordert er mich auf. Verwundert blicke ich auf, mein Blick kreuzt den seinigen und er sieht mich auffordernd an. „Was?“, frage ich verwirrt. „Es regnet, du wirst nass und erkältest dich noch. Ich wohne nicht weit von hier und... ich... habe noch etwas für dich“, wispert der Rotschopf. Neugierig und verwirrt lege ich den Kopf schief. Was könnte Yuriy denn bitte für mich haben? Aber er hat recht, es regnet und bis ich mein Hotel gefunden habe ist es wahrscheinlich sogar schon stockdunkel. Es ist schließlich meine Neugierde, die mich dazu bringt nickend aufzustehen. Mit einem charmanten Lächeln hält mir der Russe seinen Schirm über den Kopf, den er vorhin schon aufgespannt hatte. Dankbar stelle ich mich neben ihn und begleite ihn aus dem Friedhof hinaus. ~*~ Tatsächlich sind wir nicht lange unterwegs und die paar Minuten, die wir brauchen, verbringen wir schweigend. Was sollten Yuriy und ich uns schon zu sagen haben? Wir kennen uns ja nicht sonderlich gut. Obgleich Kai oft von ihm gesprochen hat, von Yuriy seinem besten Freund aus der Abtei. Schließlich bleibt der Russe vor einem Haus stehen und kramt in seiner Hosentasche nach einem Schlüssel. Ich muss ehrlich sagen, als ich es betrete bin ich positiv überrascht, irgendwie habe ich mit einer typischen Junggesellenbude gerechnet, doch die Wohnung ist ordentlich und gemütlich eingerichtet. Yuriy lässt mich allein stehen und verschwindet im Nebenraum, während ich mir das Wohnzimmer ansehe. Als er wiederkommt, reicht er mir ein Handtuch. Auf seine Aufforderung hin setze ich mich auf die Couch und blicke ihn schließlich abwartend an. „Was willst du von mir, Yuriy?“, frage ich den Russen. „Ich habe mich gewundert, als ich dich nicht auf seiner Beerdigung gesehen habe“, meint der Rothaarige. Verwirrt ziehe ich eine Augenbraue hoch. Was will er? „Ich frage dich noch mal, was willst du?“, wiederhole ich. „Als Kai gestorben ist... Was weißt du über seinen Tod?“ Es wirkt auf mich, als würde der Rotschopf meiner Frage ausweichen. Will er nicht auf den Punkt kommen? Aber diese Frage... was weiß ich über Kais Tod...? „Eigentlich... eigentlich nichts... Es war ein Autounfall, mehr weiß ich nicht...“, muss ich flüsternd gestehen. Das einzige, was ich weiß ist, dass Kai seit vier Monaten tot ist. Doch wie es genau passiert ist... Ein Autounfall, soweit ich weiß, doch es war alles sehr wage, was ich erfahren habe. „Kai war auf dem Weg zum Flughafen, er wollte nach Hongkong fliegen und dich überraschen, dich an deinem Geburtstag besuchen... Auf dem Weg zum Flughafen wurde er von einem betrunkenen Autofahrer angefahren und starb im Krankenhaus an seinen Verletzungen...“, erzählt mir Yuriy. Kai war auf dem Weg zu mir? Er wollte mich besuchen? Aber... wieso... erzählt Yuriy mir das? Doch bevor ich ihn das fragen kann, steht der Russe auf und verlässt den Raum. Ich blicke ihm hinterher und frage mich, was das alles soll. Als er das Wohnzimmer wieder betritt, hält er ein Geschenk in den Händen. Ein recht mitgenommenes Geschenk, um genau zu sein. Das Päckchen hat eine ganz schöne Delle. Fragen blicke ich ihm in seine eisblauen Augen und er lächelt traurig. „Das hatte er dabei, als er... als er angefahren wurde... Er hat mich im Krankenhaus gebeten, es dir zu geben... Es ist dein Geburtstagsgeschenk... Ich wollte es dir schon auf seiner Beerdigung geben, doch du bist ja nicht da gewesen... Und mit der Post wollte ich es dir nun auch wieder nicht schicken, um ehrlich zu sein.“ Mit leicht zittrigen Händen nehme ich das Päckchen entgegen. Auf dem Geschenkpapier sind kleine Tiger. Ich war noch nie so unsicher, habe ich das Gefühl. Vorsichtig mache ich das Papier auf und sehe mich einem etwa schuhkartongroßen Pappkarton gegenüber, der einige Dellen aufzuweisen hat. Wahrscheinlich vom... Unfall... Kurz fahre ich zusammen, als ich eine Hand auf meiner Schulter spüre. Mein Blick begegnet dem von Yuriy und ich sehe, dass er mir meine Unsicherheit anmerkt. Es ist halt doch seltsam ein Geschenk von einem Toten zu bekommen... Als ich den Karton öffne, sehe ich zunächst nur weißen Stoff. Verwundert nehme ich den nie enden wollenden weißen Stoff aus dem Paket und merke, dass es ein Schal ist. Ein Schal, wie ihn Kai immer schon getragen hat. Doch da fällt noch etwas zu Boden, das wohl in den Schal eingewickelt war. Ein kleines Kästchen und ein Brief. Zuerst nehme ich mir das Kästchen vor und öffne es. „Wow...“, wispere ich. Darin befindet sich eine Lederkette, an der ein kleiner, goldener Anhänger ist. Der Anhänger hat die Form eines Vogels und ist mit vielen kleinen roten Steinen besetzt, zwei stechen besonders hervor, denn es sind die Augen. Es ist ein Phönix. Mit einem Lächeln muss ich daran denken, dass ich Kai zu seinem letzten Geburtstag einen kleinen Tiger-Anhänger geschenkt hatte mit den Worten, er soll mich nicht vergessen. Den Schal und das Schmuckkästchen samt Kette bette ich erst mal in meinem Schoß und nehme mir den Brief. Vorne auf dem Umschlag steht „Für Rei“, also ist er wohl wirklich für mich... Ich schlucke kurz, bevor ich ihn öffne und das Papier herausziehe und entfalte. »Hallo, Rei. Ich muss gestehen, das hier ist mein zehnter Anlauf diesen Brief zu verfassen. Ich war noch nie sonderlich gut mit Worten und das weißt du auch. Unsere Freundschaft hat mir immer viel bedeutet, doch das ist mir erst wirklich bewusst geworden, als wir uns aus den Augen verloren hatten. Du hast mir schon immer viel bedeutet, doch das ist mir erst wirklich bewusst geworden, als ich dich nach langer Zeit endlich wieder in den Arm schließen konnte. Erst als ich dich an meinem Geburtstag vor meiner Türe habe stehen sehen, ist mir bewusst geworden, wie sehr du mir doch gefehlt hast. Nachdem du dann wieder abgereist warst und wir uns schrieben, habe ich lange überlegt. Ich habe viel nachgedacht, über dich, über mich. Über uns. Oder besser darüber, wie gern ich ein „Uns“ hätte. Ich liebe dich und der größte Fehler, den ich in meinem Leben begannen habe war, dass ich es erst jetzt gemerkt habe. Kannst du mir das verzeihen? Ich weiß, ich könnte es dir auch direkt sagen, wo ich dich doch extra besuchen komme, doch bin ich mir nicht sicher, ob ich dann noch den Mut dazu aufbringe. Ich möchte dich an meiner Seite wissen, für den Rest meines Lebens und ich möchte dich nie wieder gehen lassen, Rei. Ich möchte, dass du, wenn du mich vor deiner Türe stehen siehst, die gleiche Erkenntnis hast, wie ich, als du damals vor meiner standest. Als du mir den Tiger-Anhänger geschenkt hattest, sagtest du zu mir, dass er mich an dich erinnern soll und ich immer an dich denken soll, wenn ich ihn trage. Der Phönix ist für dich und ich möchte, dass du immer an mich denkst, wenn du ihn trägst. Lass dir ruhig Zeit mit deiner Antwort, soviel wie du brauchst, denn ich habe für diese Erkenntnis selbst auch viel zu lange gebraucht. In Liebe, dein Kai.« Tränen tropfen auf das Papier, als ich den Brief zu Ende gelesen habe. Ich zittere am ganzen Leib, während die Tränen unaufhörlich über meine Wangen rollen. Kai hat mich geliebt. Wieso bin ich damals nicht bei ihm geblieben? Wieso habe ich es ihm nicht schon vor einem Jahr gesagt? Dann wäre das alles anders gekommen... „Es tut mir Leid, Rei“, flüstert eine Stimme nah an meinem Ohr. So in Gedanken habe ich gar nicht mitbekommen, dass mich Yuriy in eine Umarmung gezogen hat. Tief kralle ich mich in sein Hemd und weine weiter, er streicht mir sanft über den Rücken. „Es tut mir Leid...“, wiederholt er. „Was... was tut dir Leid? Du... kannst doch nichts dafür... Ich bin dir dankbar, dass du es mir gegeben hast, Yuriy. Danke“, nuschle ich gegen seine Brust, als ich mich langsam wieder beruhige. Auch wenn ich es nicht sehe, ich bin mir sicher, dass er gerade lächelt. „Bitte, Rei. Es war... immerhin Kais letzter Wunsch und er war mein bester Freund...“ „Warum musste das passieren, Yuriy? Warum?“, frage ich ihn und in meiner Stimme schwingt Anklage, Vorwurf und Zorn mit sich. „Weil die Welt ungerecht ist... Kai war ein guter Mensch und... ihr hättet es verdient glücklich zu werden... Doch die Welt ist ungerecht...“ Traurig lächle ich. Ja, der Rothaarige hat recht, die Welt ist ungerecht. Sachte nimmt der Rotschopf die Lederkette und bindet sie mir um den Hals, wischt mir die Tränen weg. Meine Finger umfassen den Schal, als wäre er der wertvollste Schatz auf Erden. Lange noch sitzen wir so da und reden über Kai. So lange, bis ich irgendwann auf dem Sofa einschlafe und nicht mehr mitkriege, wie Yuriy mich zudeckt. „Ich kann verstehen, warum du dich in den Kleinen verliebt hast, alter Freund...“, flüstert der Rotschopf mir einem traurigen Blick auf ein Foto von sich und Kai, das auf der Kommode steht. ~*~Fin~*~ Hier noch die Erklärung der Blumen, für die, die sie nicht kennen: weiße Rosen = Schweigen, Treue, Liebe Rosmarin = Abschied, ich habe dich aufgegeben Lindenblüten = träume süß und denk an mich Kastanienblüten = kannst du mir verzeihen Rhododendron = wann sehen wir uns wieder Was Rei Kai mit diesen Blumen sagen will, kann sich jeder selbst zusammenreimen, denke ich einmal. Wenn nicht, fragt mich, ich sollte es wissen, ich hab den Mist schließlich verzapft. (Kann sich einer vorstellen, wie ein Blumenstrauß aus diesen Blumen aussehen würde? Ich stell's mir voll schön vor *_*) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)