Traumatische Liebe von KyokaiKodou (Wenn der Schmerz überwiegt ...) ================================================================================ Kapitel 16: ~Nähe auf Distanz~ ------------------------------ Es verschlug mir den restlichen Atem, der mir noch geblieben war. Unsicher drückte ich mein Gesicht in sein Haar und legte meine Arme um seinen Hals. Die Fähigkeit abzuschätzen, ob dies richtig oder falsch war, ging mir bereits verloren, als ich mich von ihm an die Wand drücken ließ. War es denn überhaupt möglich in solch einer Situation Grenzen von Richtig und Falsch zu ziehen? Oder wünschte ich mir einfach nur diese Grenzen, um mich an ihnen festklammern und weniger hilflos fühlen zu können? Scheiße Kyo … warum musst du auch immer so viel nachdenken?! Lass dich doch einfach fallen, so wie früher! Langsam schob sich das Gesicht von Shinya vor meines und er sah mich wieder durchdringend an. Seine Hand strich über meinen Rücken und er sagte fast schon flüsternd: „Ich will dich.“ Da war er, dieser leicht fordernde Blick, den er manchmal hatte. Ich musste heftig schlucken und meinte dann relativ trocken: „Du hattest mich doch schon.“ Er lächelte sanft und strich dann mit seinen Lippen über meine. Es begann sofort an dieser Stelle zu jucken und ich biss einmal heftig darauf, so dass mir ein stechender Schmerz ins Hirn stieg. „Ja,“ stimmte er mir, immer noch lächelnd, zu: „und genauso will ich dich wieder.“ Er küsste mich auf den Mund und der Schmerz wich einem auflösenden Gefühl, welches ich kaum definieren konnte. Sein zierlicher Körper wurde fester an mich gedrückt und die Kälte des Mauerwerkes an meinem Rücken drang auf die Schulterblätter durch. Doch ich empfand es nicht als unangenehm, eigentlich empfand ich es fast gar nicht. Der Kuss wurde intensiver und ließ mich alles um uns herum vergessen. Als er seine Lippen etwas öffnete und seine Zunge meine berührte, flackerten die Lichter vor meinen Augen wie eine Kerze, die man zu dicht ans Fenster gestellt hatte. Shinyas Berührungen wurden zudringlicher und es bestand kein Zweifel mehr an seiner Absicht. Obwohl es mir schwer fiel, schaffte ich es meine Grübeleien abzuschalten und auf später zu verschieben. Viel Zeit zum Nachdenken blieb mir auch gar nicht, als ich schon von der Wand gezogen wurde und den nächsten Wiederstand an meinem Rücken spürte. Es war die Tür zum Schlafzimmer. Verwickelt in eine Flut von stürmischen Küssen griff Shinya ungeduldig nach der Klinke und stieß die Tür letztendlich grob auf. Das Metall der Klinke knallte an die anliegende Wand, doch ihm wurde keinerlei weitere Beachtung geschenkt. Wie in einem Rausch klammerten wir uns aneinander und wenige Augenblicke später fühlte ich den weichen Stoff des Bettbezuges unter meinen Händen. Shin hatte mich von sich gestoßen und auf dem Bett landen lassen. Er blieb stehen und sah mich kurz nachdenklich an: „Bist du sicher?“ Meine Augen wanderten an seinem Oberkörper entlang und blieben in seinem Gesicht hängen. Ich nickte stumm, auch wenn es nicht ehrlich war, denn sicher, ob ich schon bereit war wieder so weit zu gehen, war ich nicht. Doch das Leuchten in seinem Blick nahm mir die Angst und ich blendete die Nacht unser beider Schändung einfach aus. Wenn man es oft genug geübt hatte, dann konnte man fast alles verdrängen und er schien es ja offensichtlich auch zu können. Mit einer fließenden Bewegung ließ er sich auf meinem Schoß nieder und ich erinnerte mich wieder daran, dass ich jedes Mal über sein Gewicht staunte. Obwohl dieser dünne Körper voller Leidenschaft und Energie steckte, schien er rein gar nichts zu wiegen. Oder lag es daran, dass er in letzter Zeit wieder weniger gegessen hatte, so wie er es immer tat, sobald ihn etwas beschäftigte? Shinya legte seine Arme um meinen Nacken und zog mich zu einem innigen Kuss an sich heran. Ohne Widerworte ging ich darauf ein und erwiderte die feste Umarmung. Dann wanderten seine Hände zu meinem Hemd und begannen die Knöpfe zu öffnen. Flink entledigte ich mich meines Oberteils und gab meine frischen Wunden preis. Er hielt kurz inne. Andächtig glitten seine Fingerspitzen über die Kratzwunden auf meiner Brust und in seinen Blick legte sich etwas Traurigkeit. Ich rechnete schon damit, dass er sich erhob und mich sitzen ließ, doch dem war nicht so. „Das macht es auch nicht besser.“ wisperte er stattdessen gegen meine Lippen und ich schwieg betroffen. Natürlich tut es das nicht, doch jeder geht anders mit Erlebnissen um und dies war nun einmal meine Art. Dass es meinen Körper entstellte und auf ewig zeichnete war mir egal. Mein Selbstwertgefühl war sowieso im Keller und das Bild, welches ich von meinem eigenen Sein hatte, ebenfalls. Bevor er noch etwas sagen konnte, drückte ich ihm den nächsten Kuss auf und presste seinen Oberkörper an meinen. Shinyas Haut auf meiner zu spüren, war unbeschreiblich. Er war warm und weich und mein Herz kam nicht mehr zur Ruhe. Ab wie vielen Herzschlägen pro Minute wird es eigentlich lebensgefährlich? Noch ehe ich mir eine Antwort auf diese Frage überlegen konnte, schob mich Shinya nach hinten und ich ließ mich auf dem Bettbezug fallen. Er beugte sich über mich und seine Haarspitzen flogen über mein Gesicht. Während wir uns weiter mit heftigen Küssen den Atem raubten, fühlte ich seine Nägel, die zärtlich über meinen Bauch kratzen. Ich lächelte in den Kuss hinein und er erwiederte es. Seine Finger waren an meiner Hose angelangt und machten sich nun daran, sie zu öffnen. Als er den Reißverschluss aufzog, griff ich nach dem Hosenbund und schob sie schnell über meine Hüfte. Ich war erleichtert darüber, dass es schon dunkel war und wir vergessen hatten, das Licht einzuschalten. So konnte ich ihm den Anblick meiner verletzten Beine ersparen. Nach ein paar Minuten hatten wir uns nun ganz dem Stofflichen entfernt und er zog die Bettdecke über unsere nackten Körper. Wie ausgehungerte Tiere gaben wir uns dem Verlangen nach dem jeweils anderen hin. Der wohlgeformte Leib des Blonden schmiegte sich an mich und ich genoss den aufsteigenden Duft seiner Haut. Gierig krallte ich mich in sein Rückenfleisch und zog ihn auf mich. Ich übersäte seinen Hals mit Küssen und kleinen Bissen und er antwortete mir mit tiefen Seufzen und unterdrücktem Stöhnen. Er hatte sich zwischen meine Beine gelegt und schob seine Hand unter meinen Rücken, um mich noch fester an ihn zu pressen. Daraufhin musste ich meine Liebkosungen unterbrechen und nach Luft japsen. Die Hitze, die sein Unterleib ausstrahlte war enorm und beraubte mich meines Verstandes. Sie so dicht zwischen meinen Schenkeln zu spüren war eigentlich Grund genug, um mich haltlos auf ihn zu rollen und mit meinem Körper zu vereinigen. Erregt drehte ich mein Gesicht zur Seite, um es im Kissen zu verbergen. Diese Gelegenheit nutzte er und knabberte an meinem Ohrläppchen, so dass es mich noch mehr in Extase trieb. Mit der flachen Hand drückte ich gegen seine Brust um ihm zu verstehen zu geben, dass er das unterlassen solle, doch er ignorierte es völlig. Ich spürte, wie sich seine Lippen zu einem Lächeln formten und konnte mir den gierigen Ausdruck bildlich vorstellen, ohne ihn überhaupt ansehen zu müssen. „Lass das …“ wimmerte ich leise in das Kissen. Ja, es klang wirklich nach einem erbärmlichen Wimmern, als wenn ich es kaum noch erwarten konnte. Fast schon billig … Shinya griff nach meinem Oberschenkel und hob ihn etwas an, dadurch konnte er sich näher an mich schieben. Ich holte tief Luft und unterdrückte ein überraschtes Seufzen. Schließlich kam es nicht wirklich überraschend, so wie alles, was in den nächsten Minuten geschah. Es war wie in einem Traum, alles kam mir so unwirklich vor. Es fühlte sich nicht so an, als wenn ich tatsächlich anwesend wäre, eher wie eine Erinnerung von früher, ein Rückblick, oder ein so genannte Flashback. Damals war ich allgegenwärtig, wenn wir mit einander schliefen, mit Herz und Seele. Ganz anders als jetzt, da schien sich auf einmal alles in mir abzuschalten und meine Anwesenheit beschränkte sich auf das Körperliche. Meine Bewegungen waren wie ferngesteuert, ebenso die Berührungen und Küsse, alles mechanisch. Mit geschlossenen Augen versuchte ich mich krampfhaft zu konzentrieren, doch es gelang mir nicht. Also wartete ich ab, wartete bis es vorbei war, wartete bis sich Shinya aus meinem Körper zurückzog. Als ich die Augen wieder öffnete, liefen Unmengen an Wassertropfen hinein. Schläfrig wischte ich mir über die Augen und zog meine Beine noch fester an meinen Oberkörper. Das Duschwasser hatte mich vollkommen durchweicht und die kalten Fliesen am Rücken spürte ich schon nicht mehr. Ich beobachtete wie die feinen Nebelschwaden an den Innenwänden der Duschkabine emporstiegen. Durch das ungleichmäßige Flimmern der Badlampe schienen sie sogar zu tanzen und Grimassen zu schneiden. Sie lachten mich aus, machten sich über mich lustig und ich lächelte kalt zurück. „Fickt euch!“ sagte ich leise und blies ihnen entgegen, sodass sie sich verzerrten und auseinander trieben, bis sie sich auflösten. So hätte ich mich jetzt auch gern verschwinden lassen. Doch ich hockte hier in Shinyas kleinem Bad und das Wasser prasselte hart auf mich nieder. Ich wünschte mir, es wären kleine Messer, oder wenigstens Nadeln. Aber es war nur heißes harmloses Wasser, welches nicht im Stande war mir auch nur ansatzweise Schmerz zu bereiten. Super, Kyo, du bist die perfekte Hure! Erst das Opfer spielen, dann wie ein Kleinkind heulen und zum Schluss hast du dich noch mal so richtig durchvögeln lassen! Angewidert schrubbte ich mir über die Beine und Oberschenkel, doch dieses schmutzige Gefühl ging nicht weg. Es heftete an mir, wie meine Narben. Langsam stand ich auf und musste mich für einen Moment an der Wand abstützen, die Hitze in der Kabine sorgte für einen kleinen Schwindel in meinem Kopf. „Idiot.“ huschte es über meine Lippen. Was war los mit mir? Seit Wochen hatte ich mich nach dem gesehnt, was ich eben bekommen hatte, doch es schien mich trotzdem nicht glücklicher zu machen. Ganz im Gegenteil. In mir herrschten wieder verachtende und hassende Gefühle auf mein eigenes Wesen. Normalerweise müsste ich doch freudestrahlend durch Shinyas Wohnung wirbeln und nicht mehr von seiner Seite weichen, oder? Warum war ich nicht glücklich? Vorsichtig stieg ich aus der Duschkabine und wickelte mir ein Handtuch um die Hüften. Wieso fühlte ich mich, als wenn ich soeben meinen Körper an eine Horde notgeiler Perverser verkauft hätte? Nachdenklich rubbelte ich mir mit einem zweiten Handtuch über die nassen Haare. „Kyo?“ hörte ich Shinyas gedämpfte Stimme aus dem Flur: „Darf ich reinkommen?“ Ich hing das Handtuch über den Rand der Duschkabinenwand und drehte mich der Tür zu. Nachdem ich aufgeschlossen hatte, öffnete ich die Tür ein Stück und griff dann nach dem Stapel Kleidung auf der Waschmaschine. Shinya trat in das Bad und sah mich kurz verwundert an. Als ich mich umdrehte bemerkte ich, dass er sich wieder hergerichtet und angezogen hatte. Seine Augen wanderten meinen Körper hinab, doch noch ehe sie an meinen Beinen angelangt waren, zwängte ich mich an ihm vorbei in den kühlen Flur. „Dai hat angerufen.“ sagte er ruhig und ich blieb wie angewurzelt stehen. „Sie warten bereits auf uns.“ Ich nickte. „Ich brauch nur noch frische Klamotten, dann können wir losmachen.“ Fragend deutete ich mit dem Finger Richtung Schlafzimmer und Shinya meinte lächelnd: „Im Kleiderschrank ist immer noch dein eigenes Fach.“ Ein paar Augenblicke später stand ich vor dem Schrank und kramte in ‚meinem‘ Fach nach Sachen. Ich fand ein dunkles Hemd und ein paar ältere Jeans. Während ich mich anzog, fiel mein Blick auf das Bett, in welchem wir vorhin gemeinsam gelegen hatten. Shinya hatte eine Tagesdecke über dem Bett ausgebreitet und unter ihr zeichneten sich undeutlich die Konturen von Kopfkissen und Schlafdecke ab. Bewegungslos stand ich davor und hypnotisierte das Muster der Decke, doch eigentliche hypnotisierte es mich. Es war doch nur Sex … warum zerbrech ich mir den Kopf darüber? Vielleicht weil es eben nicht nur Sex war. Es war mehr, viel mehr. Ich war verwirrt und das sorgte für Angespanntheit in meinem Verhalten. „Können wir?“ drang Shins Frage in den Raum und ich wand mich schnaufend von dem Bett ab. Im Flur schnappte ich mir meine Jacke und zog die Schuhe an. Shinya stand etwas abseits und ich war im Augenblick abgelenkt, daher bekam ich auch nicht mit, wie er mich die ganze Zeit beobachtete. Dann trat er von hinten an mich heran und schlang seine dünnen Arme um meinen Oberkörper. „Alles okay?“ flüsterte er mir leise ins Ohr und sein Atem strich über meinen Hals. Für ein paar Sekunden wusste ich nicht, wie ich darauf reagieren sollte und blieb einfach nur stehen. Dann schob ich mich aus seinen Armen, ohne auf seine Annäherung einzugehen und versucht ihn mit einem tonlosen „Alles bestens.“ abzufertigen. Allerdings wäre Shinya nicht Shinya, wenn er bei einem Verdacht nicht nachhaken würde. „Kyo?“ seine Stimme klang sehr fest und ernst, doch mir war gerade echt nicht nach einer Erklärung zumute. Genervt drehte ich mich ihm zu und sah ihn etwas finster an. „Ich sagte, dass alles bestens ist, also könnten wir es vielleicht dabei belassen?“ Unschlüssig sah er mir in die Augen und ich erkannte seinen Versuch in meinen Augen eventuell Gedanken oder gar Gefühle zu lesen. Doch so einfach wollte ich dieses Mal nicht durchschaut werden. Nach der Klinke der Wohnungstür greifend gab ich ihm das Zeichen, mich jetzt in Ruhe zu lassen. Noch ehe ich die Tür richtig aufbekommen hatte, bohrten sich seine schmalen Finger in meine Schulter und wirbelten mich unachtsam herum. Die Klinke entglitt meiner Hand und umklammerte jetzt die Griffe des Schuhschrankes, welcher im Flur stand. Böse schauend tauchte sein Gesicht nah vor meinem auf. „Kyo! Ich frag dich jetzt noch mal, was ist los mit dir?“ Ich schnaufte wütend, zum einen, weil ich über seine heftige Reaktion erschrocken war und zum anderen, weil es mich ärgerte, wenn er mich nicht in Ruhe ließ. Gereizt schob ich seine Hand von meiner Schulter und zischte ihn dunkel an. „Ich sagte doch, es ist nichts! Also belass es dabei!“ Dann schob ich ihn zur Seite und riss die Wohnungstür auf. Ohne auf ihn zu warten stampfte ich die Treppen hinunter und zündete mir, nachdem ich den Hof erreicht hatte, eine Zigarette an. Mit tiefen Zügen inhalierte ich den blauen Dunst und schien regelrecht zu spüren, wie der Teer meine Lungenbläschen verklebte. Leise hallten Shins Schritte im Haus wider, bis er neben mir stand. Vor ein paar Stunden hätte es mich noch tierisch nervös gemacht, ihn so nah bei mir zu wissen, doch jetzt ließ es mich plötzlich kalt. Schweigend liefen wir zur Haltestelle. Ich sah ihn nicht einmal mehr an, auch nicht als wir uns in der Bahn wieder gegenüber saßen. Doch Shinya versuchte mich ebenso zu ignorieren. Er hielt die Fahrt über den Blick stets gesenkt oder sah aus dem Fenster. Aus den Augenwinkeln konnte ich seine Hände beobachten, wie sie still in seinem Schoß ruhten. Nervös war er also nicht. Wahrscheinlich war er froh, dass ich ihn mied. Oder der Sex mit mir war so schlecht, dass ich nicht einmal mehr eines Blickes würdig war. Ich wusste überhaupt nichts mit dieser Situation anzufangen und fühlte mich ziemlich fehl am Platz. In meinem Kopf schwirrten absolut widersprüchliche Gedanken umher und das verwirrte mich nur noch mehr. Am besten, ich versuche jetzt an etwas anderes zu denken. Vielleicht kann mir Toshi weiterhelfen, er sagt doch immer, dass er mich so gut kennt. Doch eigentlich ist es total rückständig, dass ich mit meinen Gefühlen nicht alleine klar komme und auch nicht in der Lage bin, sie zu ordnen. Scheinbar bekomme ich nichts allein auf die Reihe und wenn ich es auch nur ansatzweise versuche, verbock ich es, aber so richtig. Toll, Kyo, du bist wirklich einzigartig, einzigartig dämlich! Machst du das eigentlich mit Absicht? … „Hast du das Gefühl, einen Fehler begangen zu haben?“ Es dauerte einen Moment, bis ich registrierte, dass mich Shinya angesprochen hatte. Irritiert sah ich ihn an und prompt schlich sich Unsicherheit in mir ein. „Was meinst du?“ Er strich sich durch das Haar und musste sich wohl die richtigen Worte überlegen. „Das mit uns, vorhin. Hättest du es lieber gelassen?“ Schweigend schaute ich in sein Gesicht. Es war schön, wie immer und in seinen Augen lag ein Hauch von Sorge und Mitgefühl, doch das empfand ich vielmehr als Mitleid. „Was an ‘Belass es dabei‘ hast du nicht verstanden?“ stellte ich ihm mit einem leicht ironischen Unterton als Gegenfrage. Seine Lippen umspielte ein weiches Lächeln, welches in diesem Moment allerdings überhaupt nicht angebracht war. „Ich verstehe, du willst nicht darüber sprechen, weil es dich durcheinander bringt.“ Oh man, Shinya … „Vergiss es einfach, okay? Vergessen wir am besten beide was vorhin geschehen ist und gut ist!“ zischte ich ihn unbeherrscht an. Er musste schlucken, doch das hatte er sich jetzt selbst zu zuschreiben. Warum musste er auch immer wieder in den Wunden bohren? Zögernd wand er den Blick ab und sah verletzt nach draußen. Und schon tat es mir wieder leid … scheiße! Nach etwas 25 Minuten Totenstille in unserem Bahnabteil, hatten wir unser Fahrziel erreicht und stiegen stumm aus. Ich vornweg, damit ich ihn nicht ansehen musste. Die Hände in den Taschen gesteckt liefen wir stur neben einander her, während jeder seinen eigenen Gedanken nachhing. Er überlegte wahrscheinlich, bei wem er sich später ausheulen würde. Ich tippte mal ganz mutig auf Daisuke. Und ich überlegte, wie ich wohl darauf reagieren würde. Wäre ich eifersüchtig? Oder wäre es mir egal? Würde ich es ihm gleichtun und mich von jemandem trösten lassen? Aber was hätte ich davon? Wir bogen in ein belebteres Stadtteil ein, in dessen Nähe sich das Restaurant befand wo Dai und Kao arbeiteten. Lautes Gelächter und Klirren von zerbrechenden Flaschen drangen an unsere Ohren. Hier fand das eigentliche Nachtleben der Stundenten und Freiberufler statt. Unauffällig rückte ich etwas näher an Shinya heran, nicht weil ich mich unsicher fühlte, sondern weil ich mich aus unerfindlichen Gründen dazu verpflichtet fühlte dem Blonden ein Gefühl von Halt zu geben. Ich konnte es mir kaum erklären, doch als ich die lachenden Männerstimmen wahrnahm, schrillten in mir die Alarmglocken auf. Noch mal würde ich nicht zulassen, dass man mir oder Shinya etwas antat. Wie durch Zufall strichen mir Shinyas kalte Finger über den Handrücken und ich sah sofort zu ihm auf. Als wenn er von nichts eine Ahnung hätte, sah er mich an, leicht verwundert und doch zufrieden. Hatte er etwas mitbekommen? Die Lichter der Schaufenster spiegelten sich in seinen braunen Augen und ließen sie glitzern. Plötzlich bekam ich einen kräftigen Drücker von der Seite und verlor mein Gleichgewicht. Einer der Jugendlichen hatte mich angerempelt und es war unschwer zu erahnen, dass dieser zu viel getrunken hatte und deshalb unkoordiniert durch die Straße taumelte. Fast blind griff ich um mich und suchte einen Haltepunkt um nicht zu stürzten. Das Einzige was ich zu fassen bekam war der weiche Stoff von Shinyas Mantel. Da dieser jedoch auch sehr überrascht über die Annäherung war, fand er ebenfalls wenig Halt und zog mich mit sich an eines der Schaufenster. Meine Hände immer noch an seiner Hüfte gekrallt glotzte ich ihn an und er erwiderte den hilflosen Blick. „Was war das denn?“ fragte er mich unsicher anlächelnd und verzog leicht die Mundwinkel. Bei dem Aufprall hatte er das Fensterbrett in die Nieren gedrückt bekommen. Er schob sich langsam von dem Fenster zurück und ich sah ihm an, dass es nicht schmerzfrei an ihm vorüber gegangen war. „Tut mir leid … alles klar?“ das war ja mal wieder eine typische Schnulzenszene, wie aus einem ausgelesenen Groschenroman. Beschwichtigend hob Shin die Hand: „Ja, natürlich, alles in Ordnung.“ Alter, peinlicher geht’s doch schon gar nicht mehr! Der denkt jetzt, dass du das voll mit Absicht gemacht hast. Depp! Doch Shinya ging nicht weiter darauf ein, stattdessen grabschte er nach meinem Ärmel und zog mich ein Stück nach vorn. „Wir sollten uns langsam sputen, bevor sie einen Suchtrupp losschicken.“ Stimmt, die anderen hatte ich in diesem ganzen Gefühlschaos beinah vergessen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ *puh* Das ist ja mal ein richtig langes Kapitel, ich glaube das Längste bisher! *stolz desu* Und ich habe es sogar noch vor den Ferien fertig bekommen! Na, bin ich nicht gut? Über Kommentare jeglicher Art würde ich mich natürlich wieder sehr freuen. Die Anzahl der Kommis war in den letzten etwas niedrig ... interessiert das hier überhaupt noch jemanden? O.O Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)