Kora no Kitai von Vei-Chan (Kinder der Hoffnung) ================================================================================ Prolog: Überlebt ---------------- Der aufgewirbelte Staub hatte sich langsam gelegt und nur blass schimmerte das Sonnenlicht durch die dichten, dunkelgrauen Wolken. Totenstille herrschte, die nur durch das gelegendliche Tropfen von Wasser und von herunterbröselnden Steinen der Ruinen gestört wurde. Es stank an diesem Ort. Der Geruch von Tod stand wie manifestiert in der Luft und keine Pflanze hatte das Unglück überlebt; der Boden, gespickt mit Kratern, war braun und kein einziger grüner Fleck erhellte die Landschaft. Die Ruhe, die dieser Ort ausstrahlte, hatte etwas Beängstigendes. Ein leichter Wind wehte über die kahlen Steine der zerstörten Gemäuer und die nackten Oberflächen glänzten fahl im rauchigen Licht der selten hindurchdringenden Sonnenstrahlen. Es war leer an diesem Ort. Sie alle waren geflohen oder - was die Mehrheit betraf - bei dem Unglück ums Leben gekommen. Vielleicht waren noch einige verschüttet und erstickten gerade zwischen den schweren Resten ihrer Häuser, aber außer den Trümmern, der Stille und einem Gefühl endloser Einsamkeit war nichts mehr von Konoha-Gakure übrig geblieben. Jeder Windhauch wehte wieder ein wenig Sand und Asche auf, von wem niemand wusste, von woher er kam und wie weit er gereist war. Ein leises Donnergrollen erfüllte die Luft und hallte an den kahlen Steinen wider. Ein Blitz und ein erneutes Scheppern - und dann kehrte wieder diese einsame Ruhe ein, die ein so beklemmendes Gefühl im Innern jeder Seele verursachen vermochte. Der Schmerz in seinem Körper war nach wenigen Minuten verebbt und jenes Nachlassen bewegte ihn dazu, eines seiner Augen zu öffnen. Nur langsam kehrte der Glanz in die schwarze Iris zurück, die Wimpern seiner Augen waren verklebt von Staub und Dreck. Flüchtig, ja fast ängstlich durchsuchte jenes schwarze Auge die Umgebung nach eventuellen Gefahren oder Hilfen, aber bald hatte der Mann begriffen, dass es hier nichts mehr gab. Langsam setzte er sich auf und musste sich dabei mit beiden Händen abstützen, die er sich allem Anschein nach verstaucht hatte. Seine Beine zitterten so stark, dass er es sogar im Sitzen spürte. Er hob seine Hände und besah sie sich. Zwar waren seine Finger unversehrt, so hatte die Druckwelle doch seinen Handflächen klaffende Schnitte zugefügt. Vielleicht auch von spitzen Steinen oder dem Aufprall - er wusste es nicht, aber es war auch nicht wichtig. Wichtig war, dass er so gut wie unverletzt überlebt hatte. Er konnte sein Glück kaum fassen, hatte er sich doch zufällig möglichst weit weg vom Herd der Explosionen befunden, doch dann kam ihm der Gedanke, ob er nicht lieber hätte sterben sollen. Abermals huschten seine Augen - jetzt beide geöffnet - über das, was von seiner Heimatstadt übrig geblieben war. Trauer erfasste seinen Leib und schnürte ihm die Kehle zu. Er hatte nicht nur Konoha verloren sondern auch seine Freunde, mit denen er sein ganzes Leben verbracht hatte. Er war kein Mann großer Gefühle. Tränen waren an diesem Ort fehl am Platz... Denn hier gab es nichts mehr. Zittrig erhob er sich. Er war müde und es wäre sicher gut gewesen, hätte er sich hingelegt und geschlafen - aber solch ein Unglück zog Plünderer an. Er musste sich damit abfinden, dass Konoha nun dem Rest der Welt glich. Es war ein merkwürdiges Gefühl, wieder zu stehen. Seine Handgelenke pulsierten und er entledigte sich den zerrissenen Resten seiner Handschuhe und seiner Weste. Das, was er darunter trug - eine schwarze Hose und ein dunkelblauer Pullover - war offenbar erfolgreich von seinem Umhang geschützt worden, welchen er seit seinem Erwachen nicht mehr gesehen hatte. Noch immer waren seine Oberschenkel weich, die Muskeln reagierten kaum auf die Befehle, die er ihnen gab. Er setzte langsam einen Fuß vor den Anderen und bewegte sich weg von den Ruinen. Sein Rücken brannte. Anscheinend hatte er auch dort eine Wunde. Einige Minuten lang hinkte er auf dem rechten Bein etwas, danach pendelte es sich wieder ein und er konnte sich zumindest normal bewegen. Sein Haar fiel ihm strähnig ins Gesicht, da er sein Stirnband verloren hatte und mit einem Strich hindurch befreite er es vom gröbsten Staub. Er hatte keine Ahnung, wohin er gehen sollte. So wie hier sah es mit Sicherheit auch woanders aus. Es gab niemanden seiner Freunde, der in diesem Moment auf einer Mission war und das Unglück überlebt haben konnte. Dachte er zumindest und deshalb beschloss der junge Mann, durch die Trümmer des Dorfes zu gehen und nach Überlebenden zu suchen. Sein Kopf schmerzte, aber es war seit seinem Erwachen bereits besser geworden, was seine Verwunderung über seine Unversehrtheit ein weiteres Mal verstärkte. Innerhalb des Dorfes war es noch schlimmer als dort wo er erwacht war. Es dauerte nicht lange, bis er den Herd der Explosion erkannte; es war das Anwesen des Hokage. Das Gebäude war oben komplett abgesprengt worden und hatte sich geöffnet wie die Blüte einer Blume. Ihm wurde schlagartig klar, dass es hier keine Überlebenden geben konnte. Blut klebte an den Wänden, aber von Leichen war höchstwahrscheinlich auch nichts mehr übrig. Er machte sich auf den Weg zurück. Ziellos würde er erst einmal nach einer neuen Bleibe suchen, die er, so dachte er, sowieso nicht finden würde. Aber es war besser als hier zu bleiben und sich von den Plünderern töten zu lassen - auf einen Kampf könnte er sich jetzt nicht einlassen. Den Schmerz in seinen Händen konnte er aufgrund seiner geringen Stärke ignorieren, aber seine Muskeln waren so schwach, dass ein höherer Sprung ihm beim Aufkommen wahrscheinlich die Beine brechen würde. Er brauchte Ruhe. Als er gerade die Trümmer verlassen und sich auf den Weg machen wollte, knackten einige Steine hinter ihm inmitten der zerbrochenen Häuser. Der Mann blieb stehen. Er hatte sich absichtlich nicht lange aufgehalten und konnte sich nicht vorstellen, dass es Plünderer bereits bis hierher geschafft hatten, aber möglich war alles. Er drehte sich um und sah in die Steinhaufen, erspähte aber nichts. Lautlos seufzend drehte sich die angeschlagene Gestalt um, aber da ertönte abermals dieses Geräusch. Schließlich ging er auf den Laut zu und seine Ohren führten ihn um eine noch stehende aber gefährlich im Wind wankende Steinmauer herum. Als er um die Ecke kam und den Teil sah, der sich dahinter befand, stutzte er. Ein Kind stand vor ihm. Sein dunkelgrünes Haar fiel ihm strähnig um die Schultern, seine Beine zitterten und es presste sich in Todesangst vor ihm an die Mauer. Er, der vollkommen verwundert darüber war, dass ein Kind dieses Unglück überlebt haben konnte, starrte das Mädchen in den ersten Augenblicken nur an. Die blauen Augen des Kindes schauten voll von Misstrauen und Furcht zurück, aber er erkannte einen rebellischen Schimmer darin, der sein Herz krampfen ließ. Langsam trat er auf das Mädchen zu - es war höchstens neun - und kniete sich dann vor ihm nieder, sodass sie beide etwa auf gleicher Höhe waren. Der Glanz in den Augen des Kindes verstärkte sich, als ein leichter Sonnenstrahl der Wolkendecke entkam. "Keine Angst...", flüsterte er dem Kind zu, "Ich will dir nichts tun..." Das Kind antwortete nicht, drückte den Rücken nur fester gegen die knackende Mauer und suchte kurz mit den Augen einen Ausweg, fand aber keinen. Er streckte dem Mädchen seine Hand entgegen. "Das ist kein guter Ort hier...", sagte er leise, um sie durch seine tiefe Stimme nicht zu verschrecken, "Komm mit..." Einige Sekunden vergingen, in denen sich die Blicke der beiden trafen. Das Misstrauen in dem des Kindes wich nicht, doch machte sich, als es ihn länger gemustert hatte, ein Weichheit darin Platz, die nur ein Kind aufbringen konnte. Nach einigem Zögern legte das Mädchen seine Hand in die des Mannes, die so viel kleiner war als die Seine. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)