Genesis von Slumflower (Der Anfang nach dem Ende) ================================================================================ Kapitel 4: Erkenntnisse ----------------------- 4. Kapitel Erkenntnisse "Sie wird wieder ganz die Alte, keine Sorge. Den Apparaten zu urteilen müsste sie sowieso bald aufwachen." Nathalie öffnete die Augen. Abgesehen von der Müdigkeit ging es ihr fabelhaft. Etwas verwirrt sah sie sich um. Sie befand sich auf der Krankenstation. Was war passiert? Bilder explodierten in ihrem Kopf. Bunte Funken, weißes Licht, ein Mädchen... Dann die Präsenz von Omega 14... "Oh mein Gott - das Gas!", schrie die Forscherin panisch, warf die weiße Decke zurück, schubste das Nachtkästchen mit ihrem Frühstück weg und wollte gerade zur Tür rennen, als jemand "STOP!" rief. Dan und die Ärztin von vorhin liefen auf sie zu. Doch Nathalie wollte ihnen entgegen laufen um ihnen die lebenswichtige Information mitzuteilen. Leider hatte sie nicht damit gerechnet, dass ihre Beine noch so schwach waren und so wäre sie einfach zusammengesackt, wenn sie nicht starke Arme aufgefangen hätten. Nathalie blinzelte; sie hatte gar nicht gemerkt, dass er da war. Cooper lächelte sie an, doch etwas trauriges lag in seinen Augen. Er half ihr wieder ins Bett. Sein Blick verriet ihr, dass alles in Ordnung war. "Schon gut, Nathalie. Dan hat uns alles mitgeteilt. Er hat gute Ohren. Der Schaden ist auch schon behoben worden. Dank dir." Jetzt hatten auch Dancel und die Ärztin ihr Bett erreicht. "Miss Preston, Sie können doch nicht in Ihrem Zustand auch nur daran denken, einfach aufzustehen!", tadelte die dünne brünette Doktorin sie erst einmal. Sie schob ihre spitze rote Brille weiter die Nase hinauf. Dan hockte sich neben Nathalie auf einen Holzhocker. Er war etwas weiß um die Nasenspitze herum. "Jag uns ja nie wieder einen solchen Schrecken ein!", meinte er und die Erleichterung über Nathalies Erwachen stand ihm ins Gesicht geschrieben. "Wie verantwortungslos, Ihnen den Scanglove zu überlassen! Ich werde ein ernstes Wort mit Komandant Chuckson wechseln müssen! Zum Glück haben die Untersuchungen keine folgenschweren Verletzungen ergeben. Nur eine leichte Gehirnerschütterung und eine Prellung in der rechten Hand. Ich glaube, Sie hatten einen richtig guten Schutzengel. Die Messungen haben nämlich auch ergeben, dass Sie sich kurzzeitig in einen komaähnlichen Zustand befunden haben. So etwas hab ich noch nie gesehen. Das kommt wohl davon, wenn man einfach so fremde Technologien ausprobiert.", erklärte die Ärztin ernst, doch auch sie schien froh über Nathalies Genesung. "Aber Doc, sie hat uns alle den Hintern gerettet. Wenn das Gas weiter ausgetreten wäre, dann...", fing Dan an, doch die Doktorin brachte ihn mit einem stechenden Blick zum Schweigen. Plötzlich lachte Cooper. "Ist doch gut jetzt.", sagte er beschwichtigend. "Alles was zählt ist, dass es Nathalie gut geht. Danke für Ihre Hilfe, Dr. Michell." So dachte Nathalie auch und sie war froh, als Dr. Michell nach einer Blutdruckmessung den Vorhang vorzog und die drei alleine ließ. "Ihr müsst mir erzählen, was passiert ist nachdem ich den Scanglove angezogen hab.", bat Nathalie neugierig und richtete sich etwas in dem weißen Krankenbett auf. Cooper sah sie tief an. "Es war unglaublich. Man hat gesehen, wie verzweifelt du versucht hast, mit dem Schiff in Kontakt zu treten. Dass du es auch geschafft hast, damit hat wohl, denke ich, niemand wirklich gerechnet. Als du aber wie eine Mamorstatue, die Hand mit dem Scanglove gegen das Schiff gepresst, dagestanden bist, war jedem klar, dass es dir tatsächlich gelungen war. Du hast dich minutenlang überhaupt nicht bewegt, bis du angefangen hast zu zittern. Es sah so aus, als ob du Schmerzen hättest..." Dancel unterbrach ihn vor Aufregung. "Jetzt kommt aber das abgefahrenste! Nathalie, du hast so eine Art Energiebarriere um dich herum aufgebaut! Das war der Wahnsinn. Niemand konnte da durch. Dieses Energiefeld, in dem du dich befunden hast, war so aufgeladen, dass deine Haare schwebten und wenn ich richtig gesehen habe, haben sie auch ihre Farbe verändert. Plötzlich waren sie nicht mehr rot, sondern blau. Komisch, oder? Dein Gesicht konnten wir leider nicht sehen. Schließlich hast du furchtbar geschrieen - ich wollte dir helfen, konnte aber wegen die Barriere nicht zu dir durchdringen. Aufeinmal war alles vorbei. Das Kraftfeld verschwand und du fielst auf den Boden. Du hast keine Ahnung, was für ein Chaos auf der Brücke geherrscht hat. Alle hatten tierische Angst um dich." Nathalie stellte sich alles bildlich vor und es tat ihr leid, dass sie allen solche Sorgen bereitet hatte. "Ja, Chuck war ganz außer sich. Er denkt, es war alles seine Schuld.", fügte der lilahaarige Techniker hinzu. "Nein, nein, er hat doch richtig gehandelt. Mir geht es gut und außerdem - wenn ich es nicht getan hätte, wäre das Schiff vielleicht durch das entweichende Gas explodiert!", japste Nathalie hastig. Die zwei Jungs nickten ihr zustimmend zu, dann sagte Dan: "Jetzt bist du dran. Was war los mit dir? Hast du wirklich mit dem Raumschiff gesprochen?" Die Forscherin holte tief Luft und begann zu erzählen. Auch das Mädchen im Türrahmen ließ sie nicht aus. Als sie geendet hatte, war sie noch müder als zuvor. Es herrschte kurz nachdenkliches Schweigen, dann ergriff Dan das Wort. "Dieses Mädchen könnte doch nur eine Halluzination gewesen sein. Überleg doch mal, bei der Energie die du aufbringen musstest, um mit Omega 14 zu sprechen - man, ich kann nicht glauben, dass ich das wirklich glauben soll - könnte es durchaus dazu gekommen sein." Cooper war skeptisch: "Ich weiß nicht. Das wäre schon eine merkwürdige Halluzination. Hast du dieses Mädchen schon einmal gesehen?" Nathalie schüttelte bedauernd den Kopf. Auch sie konnte nicht glauben, dass sie sich das zusammengesponnen hatte. Diese junge Frau... Die Erinnerung schien allmählich zu verblassen. Krampfhaft versuchte sich die Forscherin an ihr Gesicht zu erinnern. Dunkle Haare... Eine blasse Hautfarbe... "Verdammt!", rief sie ärgerlich. Das Aussehen Gestalt war aus ihrem Kopf verschwunden, doch die Gefühle und die Magie, die Nathalie bei der Begegnung gefühlt hatte, waren immer noch vorhanden. Was für seltsame Macht steckte dahinter? Dancel nahm auf einmal ihre Hand. Nathalies Herz machte einen Aussetzer und sie errötete. "Das wird schon wieder.", sagte er mitfühlend. "Ruh' dich noch aus.", erklärte Cooper und die Jungs verabschiedeten sich. Kaum hatten sie den Vorhang zugezogen, fielen Nathalie vor Müdigkeit die Augen zu. In den nächsten Monate passierte nichts ungewöhnliches mehr. Die magische Aura, die Nathalie gefühlt hatte, klang langsam ab. Kommander Chuck hatte sich bei ihr herzlichst für ihren Einsatz bedankt und kümmerte sich nun überfürsorglich um seinen weiblichen Passagier. Während Cooper kleine Tests mit Nathalie durchführte, die aber zu keinem Ergebnis führten, sorgte Dan für gute Laune. Ihr fiel auf, dass sie sich immer stärker von Dancel angezogen fühlte. Eines Tages, als Nathalie mit Cooper den Scanglove untersuchte, ging die Tür des Labors auf und Professor Harrisons Enkel trat ein. Ihr Herz raste, doch sie versuchte ihre Nervosität zu verbergen. "Hi Dan.", quiekte sie und lief rot an. Cooper grüßte ihn mit einer lockeren Handbewegung und führte seine Untersuchungen weiter. Dafür legte er einen winzigen Teil des Scangloves, das er abgetrennt hatte, unter das Mikroskop und war nicht mehr anzusprechen. Nathalie ging auf Dan zu. "Na alles klar? Ist dir schon wieder langweilig?", fragte sie lächelnd. Dan kratzte sich den Hinterkopf und schüttelte den Kopf. "Nein, nein. Nathalie, ich hab etwas unglaubliches herausgefunden!" Höhnisch schnaubte der Techniker und sah von seinem Mikroskop auf. "Was? Gibt es heute Schnitzel mit Pommes frites? Wär mal was Neues..." Seine Freunde hoben überrascht die Augenbrauen. So ironisch sprach Cooper sonst nie. Und besonders nicht so gehässig. "Anscheinend kommt er nicht gut mit seinen Forschungen voran.", flüsterte die junge Frau Dan ins Ohr, der dann in sich hinein grinste. "Wenn er so desinteressiert ist, dann zeig ich es eben nur dir. Komm mit." Dan packte Nathalies Handgelenk - die Gesichtsröte verstärkte sich - und schleifte sie auf Ebene 2. Dort gingen sie in einen Überwachungsraum. Von dort aus konnte man verschiedene Räume und Ebenen aufrufen und sie durch die Kameras dort beobachten. Eine Videokamera schaltete gerade auf das Labor, in dem Cooper experimentierte. Er hatte aufgehört, den Scanglove zu untersuchen und starrte auf die Eingangstür. Sein Gesicht sah komisch aus. "Ist er etwa wütend, weil wir ohne ihn gegangen sind?", fragte sich Nathalie laut. Das war nicht fair gewesen. "Mach dir keinen Kopf. Der ist bloß wegen seinen nicht existierenden wissenschaftlichen Erfolgen sauer.", spekulierte Dan und drückte auf einen Knopf. Ebene 5. Der Bildschirm war schwarz. Ein rotes Fenster leuchtete auf. "Zugriff verwährt" stand dort. Nathalies Augenbrauen zogen sich verwirrt zusammen. Ihr fiel ebenfalls auf, dass sie noch nie auf Ebene 5 gewesen war. Sprachlos schaute sie Dan an, der ihr einen Ich-habs-dir-ja-gesagt-Blick zuwarf. "Was geht auf dieser Ebene vor?! Hast du Chuck gefragt? Wie bist du eigentlich darauf gekommen?", sprudelte es schließlich aus Nathalie heraus. Dan lächelte. "Während ihr eure Facharbeiten schreibt, hab ich das Schiff mal genauer unter die Lupe genommen. Ich kenne jetzt wohl jeden Schlupfwinkel - außer Ebene 5. Chuck meinte, es wäre nur eine weitere Lagerebene. Überzeugend hat er nicht gewirkt. Ich glaube, auf dieser Ebene wird etwas versteckt." Seine Worten hallten ins Nathalies ratternden Gedanken. Von so einer geheimen Operation wusste sie nichts. Hatte Professor Harrison ihr nicht geschworen, ihr alles erzählt zu haben? Oder hatte er von dem Vorgehen in Ebene 5 selbst keine Ahnung gehabt? Für was taugte dieses Versteck? "Ich hab noch etwas weiter Detektiv gespielt. Hier ist eine Liste der gesamten Besatzung der Omega 14. Lies dir die angestrichenen Namen durch. Fällt dir was auf?" Geduldig wartete Dan ab, bis Nathalie die Namen durchgelesen hatte. Beinahe alle waren markiert. "Ich verstehe das nicht... Warum...", murmelte die Forscherin und ihr Kopf schwirrte. Dan las ein paar Namen vor: "Emerald Chuckson - erster Kommandant - Luftwaffenspezialist mit jahrerlanger Erfahrung von Omega-Raumschiffen. Der Beste auf seinem Fachgebiet. Dr. Mitchell - Oberärztin - Fachärztin für Innere Medizin, dazu einen Doktor in Chirugie. Dr. London - Naturphysikerin und Nobelpreisträgerin - das geht die ganze Liste so weiter. Verstehst du nicht, Nathalie? Das sind die Besten der Besten!" Nathalie war schwindelig. Das ergab keinen Sinn. Warum schickten sie all diese bedeutenden Menschen auf einem Schiff auf die Alphastation auf Genesis? War das nicht etwas zu riskant, diese Menschen alle auf einmal diese Reise antreten zu lassen? Warum Omega 14? "Was ist mit den anderen Schiffen, die von der Erde ausgehen? Warum nehmen sie alle die Omega 14?", fragte sie laut - schrie fast. Dan suchte nach einer Erklärung. "Vielleicht ist das so eine Art VIP-Raumschiff?", meinte er schließlich und sah sie schulterzuckend an. Nathalie setzte sich und nickte. Das musste es sein. Aber warum hatte ihr niemand Bescheid gesagt? Ein klärendes mit Gespräch mit Kommander Chuck war nötig. Außerdem war da immer noch die Frage, was es mit Ebene 5 auf sich hatte. Mit der Besatzungsliste in der Hand stellte Nathalie wenig später den Käptän des Raumschiffes zur Rede. Chuck wurde blass und lachte dann. "Ach das. Es ist doch ganz verständlich, dass genau diese Leute auf Omega 14 sind. Für den ersten richtigen Kontakt mit Genesis eignen sie sich am besten. Diese berühmten Personen können dann alles schon perfekt für die Ankunft der anderen Raumschiffe vorbereiten. Verstehst du?", erklärte er überschwänglich. Nathalie nickte langsam. Trotzdem... Sie bekam das Gefühl nicht los, das etwas nicht stimmte. "Und was ist mit Ebene 5? Warum habe ich keinen Zugriff darauf?", fragte sie und zog ihre Augen zu Schlitzen. Jetzt rann ein Schweißtropfen von Chucks Stirn hinunter. Er versuchte seine Nervosität zu verstecken und lachte wieder. "Hat dir das dein Freund nicht erzählt? Er hat ziemlich viele Fragen gestellt. Ich sollte ihm wohl eine Aufgabe zu teilen. Es ist nur eine Lagerhalle." Nathalie protestierte: "Aber wir haben doch schon ein Lager auf Ebene 1!" Der Käptän hob abwehrend die Hände. "Wir können nicht genug Proviant mitnehmen. Wir haben schließlich 50 Mann an Bord. Wenn du das Leck am Schiff nicht gefunden hättest, dann hätten wir nicht mehr genug zu essen gehabt und auf Ebene 5 zugreifen müssen. Es ist so eine Art Notrationslager. Kameras sind da nicht nötig. Ich könnte gerne eine installieren, wenn es dir dann besser geht." Nathalie kam sich jetzt ziemlich dumm vor. Warum stellte sie alles so in Frage? Das musste Dans Einfluss sein. Durch seine Langweile hatte er leidenschaftlich zuviel in solch kleine Unstimmigkeiten hinein interpretiert und sie damit hineingezogen. "Tut mir Leid, Kommander. Ich bin wohl etwas durcheinander.", entschuldigte sie sich ehrlich. Chuck schien erleichtert und lächelte. "Kein Problem. Wir sind doch alle etwas aufgeregt. Wie geht es deiner Hand?" Nach einem kurzen Smalltalk verabschiedete sich Nathalie und verließ die Brücke. Draußen wartete Dan schon. Die Forscherin ging einfach, ihn ignorierend, weiter. Dan überholte sie verwirrt, das Grinsen war verschwunden, und stellte sich ihr in den Weg. Obwohl es ihr innerlich weh tat, sah sie ihn wütend an. "Ich hab mich total zum Deppen gemacht! Ebene 5 ist eine Notrationshalle und deine Theorie vom VIP-Raumschiff ist einfach nur Müll. Es ist einfach nur alles sehr genaustens für die Ankunft auf Genesis geplant. Darauf hätte ich auch kommen können. Chuck denkt jetzt bestimmt, ich drehe durch. Vielleicht tue ich das auch. Zieh mich bitte nicht mehr in deine kindische Welt. Wenn dir langweilig ist, such dir eine Beschäftigung - aber hör mit deinen Verschwörungstheorien auf. Weißt du was? Es ist mir egal. Mach was du willst. Ich geh jetzt wieder zu Cooper. Der beschäftigt sich wenigstens sinnvoll.", erklärte sie laut und sie bereute sofort jedes Wort. Dancel schien ernsthaft in seinen Gefühlen verletzt - das spiegelte sich in seinem Gesicht wieder. "Kindische Welt? Du bist doch blind. Ich dachte, du wärst meine Freundin." Mit diesen Worten ließ er sie zurück und stapfte mit vor Zorn rotem Kopf weg. Nathalies Augen füllten sich mit Tränen. "Dancel...", flüsterte sie ihm verzweifelt hinterher und dann verschwammen die Buchstaben auf der Besatzungsliste, die sie immer noch in der Hand hatte. Viel Spaß damit! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)