Rote Blumen von Corvin-Phelan (Geschichten aus dem Leben eines Pyromanen) ================================================================================ Kapitel 1: Klatschmohn - Rote Blumen 1 -------------------------------------- „Darrell! Darrell!“, ungeduldig stubste Rory seinen älteren Bruder an. Grummelnd öffnete der Angesprochene die Augen. „Was sind das für Blumen?“, fragte Rory und hielt ihm eine rote Blume hin, „Die hat ja gar keine Blätter.“ Immer noch etwas verschlafen betrachtete Darrell die Pflanze: „Das ist Klatschmohn.“, sagte er gähnend, „und natürlich hat er Blätter.“ Rory drehte die Blume in seiner Hand. „Und wo sind die? Und was ist das für ein Knubbel?“, fragte er neugierig. Lächelnd antwortete Darrell auf seine Fragen. „Klatschmohn ist schön.“, meinte Rory überzeugt und gab Darrell die kleine Blume. „Ja,“ antwortete dieser, „es sind meine Lieblingsblumen.“ Kapitel 2: Feuer - Rote Blumen 2 -------------------------------- Diesmal ist es ein Double-Drabble, da ich es einfach nicht geschafft habe Rorys Gefühle in hundert Worten zu beschreiben. Ich versuche mich auch mal an Absetzen. Wer sie unpassend gewählt finde, sagt mir bitte bescheid. Hier steht nur, wie alles begann. Feuer - Rote Blumen 2 Rory schaute zum Kellerfenster hinauf. Es war einer dieser herrlichen Sommerabende, an denen man einfach nur zufrieden sein konnte. Irgendwo im Haus konnte er leise die Stimmen seiner Mutter und seines Bruders hören. Sie würden ihn für eine Weile bestimmt nicht vermissen. Aufgeregt betrachtete er das kleine Häufchen Papier und die Streichhölzer vor sich. Noch einmal sah Rory zur Tür, bevor er eines der kleinen Hölzchen vorsichtig entzündete. Der Schwefel knisterte leise und sein Geruch breitete sich um den Fünfjährigen aus. Behutsam hielt er die Flamme an eines der trockenen Papierstücke. Fasziniert beobachtete er wie sie sich durch die Fasern hindurch fraß. Er konnte die Hitze auf seiner Haut spüren. Wie Fieber glühte sie auf seinem Gesicht. Ein seltsames Glücksgefühl breitete sich in Rory aus. Gebannt starrte er in die roten Flammen. Es war wunderschön, das Schönste, das er je gesehen hatte. Mit immer neuen Blättern fütterte er sein kleines Feuer, bis seine Mutter ihn zum Abendessen rief. Hastig löschte er die Flammen und rannte die Treppe hinauf. Ein lauer Wind wehte durch das geöffnete Fenster in den nun leeren Raum und hob die halb verkohlten Papierfetzen an. Das leichte, orangene Klimmen hatte der Junge in seiner Eile nicht bemerkt. Kapitel 3: Weiße Blumen I - Die Lilie auf dem Sarg -------------------------------------------------- Die Särge standen vor ihren Gräbern. Ihr dunkles Holz glänzte im trüben Nachmittagslicht. Rory klammerte sich an die Hand der fremden Frau, die ihn vom Krankenhaus hierher gebracht hatte. Seine Hüfte tat immer noch weh. In den Kisten lagen seine Mama und sein Bruder und er würde sie nie wieder sehen, das wusste er. Sie sind jetzt im Himmel hatte die Frau gesagt. Sie kümmerte sich jetzt um ihn. Auf den Särgen lagen Blumen, Klatschmohn auf Darrells und Lilien auf Mamas. Sie sahen traurig aus, als wüssten sie, was sie erwartete und sie die Sonne nie wieder sehen würden. Die Frau beugte sich zu Rory herunter. „Wir müssen jetzt gehen“, sagte sie sanft. Rory schüttelte den Kopf. Er wollte noch bei Dare und Mama bleiben. Die Frau zog an seiner Hand. „Komm schon! Du musst zurück ins Krankenhaus“, wiederholte sie, aber Rory ignorierte sie. Seufzend hob sie ihn auf ihren Arm und trug ihn fort. Im Vorbeigehen griff Rory nach den Blumen. Eine der weißen Lilie löste sich aus einem Kranz und er drückte sie vorsichtig an sich. „Ich hab euch lieb.“ Der Krankenhausflur war kühl und düster. Die Blume leuchtete fast. Sie wurde Rorys einziges Licht in der Dunkelheit. Kapitel 4: Regen - Josh ----------------------- Anmerkung: Dieses Kapitel ist für LittleDragonfly, als Dank für ihre Beta und das Mal-Bild. Dies ist auch kein Hundertwort-Drabble, leider konnte ich die Szene nicht so sehr zusammenfassen. Joshuar ist ihr "Psycho". Regen - Josh Es regnete nun schon den ganzen Tag. Das Wasser lief in breiten Bächen die Fensterscheibe hinunter. Dunkle, graue Wolken hingen tief und schwer am Himmel. Josh betrachtete traurig die Tropfen, die das Glas hinunterrannen. Er wollte raus und durch den Regen rennen. Seit es in den frühen Morgenstunden zu schütten begann, wollte er nach draußen. Eine Unruhe hatte ihn erfasst und ließ ihn nicht mehr los. Flackernd ging die Deckenleuchte an. Kaltes Neonlicht erfüllte den Raum. „Sitzt du immer noch vorm Fenster, Joshuar?“, fragte seine Großmutter kalt, „komm‘, deine Mutter ist da.“ „Mama?“ Freudig rannte er in die Küche. „Mama!“, rief er und sprang seiner Mutter in die Arme. „Endlich bist du da!“ Sie lächelte ihn sanft an. „Ja, lass' uns nach Hause gehen.“ Zärtlich strich sie ihm durchs Haar. Bevor sie ihn wieder herunter ließ. „Ja!“ Schnell holte er seine Jacke. Josh konnte es kaum erwarten die Wohnung endlich zu verlassen. Hier war alles kalt. Er hatte noch nie ein freundliches Wort, geschweige denn ein Lachen von seiner Großmutter gehört. Sie beobachtete ihn mit harten Augen. „Ja, nimm dein Balg und belästige mich nicht länger.", sagte sie mit einer Stimme, die Stahl zerschneiden konnte, „Was ist das überhaupt für ein Kind? Sitzt den ganzen Tag vorm Fenster und starrt den Regen an.“ Josh biss sich auf die Lippe und blickte traurig zu Boden. Er wollte nicht, dass sie sauer auf ihn war, das machte seine Mama traurig. Seine Mama sollte nicht traurig sein. „Komm‘ Josh.“, holte ihn die sanfte Stimme seiner Mutter aus den Gedanken, „Wir müssen los. Die Geschäfte schließen bald.“ Sie nahm seine Hand und gemeinsam gingen sie hinaus in den Regen. Josh blickte in den Himmel. Die kalten Tropfen fielen ihm ins Gesicht. Langsam breitete sich die Ruhe in ihm aus, die er den ganzen Tag vermisst hatte. Fröhlich lief er mit seiner Mutter durch die menschenleeren Straßen. Er liebte den Regen. Kapitel 5: Regen - Die andere Seite ----------------------------------- Es regnete schon den ganzen Tag. Die dunklen Wolken schienen die Erde zu berühren. Rory konnte seinen Blick nicht von den abermilliarden Tropfen abwenden, die die Fensterscheibe hinunterliefen. Er fröstelte leicht, bald dort hinaus zu müssen, gefiel ihm gar nicht. Seufzend sah er zur Tafel, an die seine Lehrerin die Hausaufgaben schrieb. Ein Gedicht über den Herbst auswendig lernen. Na toll, dachte er, noch mehr Regen. Jemand dort oben hatte sich wohl gegen ihn verschworen. Als es läutete, packte er seine Sachen nur langsam und ließ sich beim Anziehen ungewöhnlich viel Zeit um nicht in das Unwetter hinaus zu müssen. „Rory! Wir warten!“, rief Erin ihm zu. Rory trottete zu seinen Freunden hinüber. Warum mussten sie ihn hetzen? Das Wasser wirkte wie ein kalter Vorhang, der den Vorhof der Grundschule vom Rest der Welt trennte. Mürrisch blickte Rory hinaus auf die Straße. Alles fühlte sich klamm an. Wie können die freiwillig draußen rumhüpfen?, fragte er sich, während er seine Mitschüler beobachtete. Er seufzte, früher oder später würde er nach Hause laufen müssen. „Was ist? Komm endlich!“, drängte Whitney ihn ungeduldig. Rory spannte seinen Schirm auf und rannte zu ihnen. Er hasste den Regen, aber mit seinen Freunden war er erträglich. Kapitel 6: Er erinnert sich... ------------------------------ Das hier ist mal wieder ein Drabble aus Malcolms Sicht. Erin ist sein Jugendfreund. Im RPG taucht er deshalb verständlicher Weise nicht auf. In "Psycho Town" hat er nichts verloren. Mir fiel es wirklich schwer einen Titel zu finden. "Erkenntnis" klang zu hochtrabend und "Erwachen" wollte ich für ein anderes Drabble verwenden. Langsam wird mir wieder bewusst, dass mir Titel einfach nicht liegen... Er erinnert sich... Die Flammen! Sie sind überall! Der Rauch! Ich kann kaum atmen! Schweißgebadet erwache ich aus meinem Traum. Oh Gott! Ich erinnere mich. Ich war es! Ich bin Schuld... An jenem Tag habe ich mit Streichhölzern gespielt und in der Nacht... das Feuer! Ich war es... ich... Mit zitternden Händen greife ich nach dem Telefon und wähle Erins Nummer. Nach einer Weile, ich weiß nicht wie lang, nimmt er ab. „Ja?“, fragt er gereizt, seine Stimme klingt vollkommen verschlafen. „Erin?“, flüstere ich unsicher. „Ich hab Mama und Dare umgebracht“, bringe ich noch heraus, bevor meine Stimme bricht und die Tränen kommen. Kapitel 7: Ankunft ------------------ Und ein weiteres Double-Drabble. Zweihundert Wörter scheinen genau meine Menge zu sein.^^ Wieder einmal geht es um Mal. Wie kam er nach "Psycho Town"? Ein großes Danke an LittleDragonfly, die sich die Zeit genommen hat die Kapitelchen "Truth", "Feuer" und "Ankunft" aufeinmal zu lesen. Ankunft Sie redeten. Über ihn. Doch das interessierte ihn nicht. Egal, was nun mit ihm geschah, er hatte es verdient. Malcolm starrte teilnahmslos auf seine verbundenen Hände hinunter. Er machte seinen Eltern keine Vorwürfe, sie wussten einfach nicht mehr weiter. Es war besser, wenn er nicht länger bei ihnen blieb. Nur Gesprächsfetzen erreichten ihn. „Sichere Umgebung“, „Gesprächstherapie“, „Hilfe“. Wütend ballte er seine Hände zu Fäusten, Schmerz zuckte seine Arme hinauf. Er verdiente keine Hilfe, für seine Tat sollte er leiden. Mörder wie er mussten bestraft werden. Er sollte verbrennen wie sein Bruder und seine Mutter. Das wäre die gerechte Strafe für ihn. Plötzlich spürte er eine Hand auf seine Schulter. Erschrocken fuhr Malcolm herum und sah in das lächelnde Gesicht des Arztes mit dem seine Eltern gesprochen hatten. „Kommen Sie, Malcolm“, sagte er mit sanfter Stimme, „ich zeige Ihnen ihr Zimmer.“ Malcolm erhob sich schwerfällig und folgte dem weißgekleideten Mann durch die leeren Flure. Wie von Weit her glaubte Malcolm leise Schreie hören. Der Mann in Weiß hielt vor einer Tür und schob ihn in ein kleines Zimmer. Bevor die Tür klickend ins Schloss fiel, konnte er ein sadistisches Grinsen auf dem Gesicht des älteren Mannes sehen. Dann wurde es dunkel. Kapitel 8: Hölle ---------------- Die weißen Dämonen waren zurück. "Nein!", keuchte Malcolm und wich ängstlich gegen die Wand zurück. Bitte, geht weg, flehte er. Angst lähmte ihn. Er konnte sich nicht wehren, als große, raue Hände nach ihm griffen, in die Höhe rissen und ihn grob auf einen Stuhl stießen. Das Wasser war eiskalt. Malcolm rang nach Luft, wurde aber sofort wieder untergetaucht. Die Dämonen lachten, verhöhnten ihn. Stunden schienen zu vergehen, bis sie von ihm abließen und verschwanden. Malcolm sank hustend zu Boden, rollte sich zusammen und blieb schluchzend liegen. Für heute waren sie fort, doch sie würden zurückkommen. Sie kamen immer zurück. Kapitel 9: Little Ghost ----------------------- Eigentlich sollte das hier ein Drabble werden, aber das wollte und wollte nicht funktionieren. Als es dann länger und länger wurde, war es mir dann auch egal. Auf jeden Fall ist das Kapitel für LittleDragonfly für den was weiß ich wie vielten Eintrag in meinem Gästebuch. Little Ghost Malcolms Schritte hallten durch die verlassenen Straßen. Sein Herz hämmerte in seiner Brust als wolle es seine Rippen sprengen. Hastig drehte er sich nach seinem Verfolger um, der nicht müde zu werden schien und immer näher kam. Malcolm wusste nur eins: Er musste hier weg und zwar schnell! Lange würde er das Tempo nicht mehr durchhalten und dann... er wollte nicht daran denken. Jeder Atemzug schmerzte in seinen Lungen, das Blut rauschte in seinen Ohren, Lichter tanzten vor seinen Augen. Er musste ihn abhängen. Der Gedanke verdrängte alles andere aus seinem Kopf, den Schmerz, die schweren Beine. Ohne zu überlegen bog er um eine Ecke und stieß mit jemandem zusammen. Mit einem erschrockenen Schrei stürzte er zu Boden. Es ist aus, brüllte es in seinem Kopf, doch der erwartete Schlag kam nicht. Verwirrt sah Malcolm auf und blickte in das verängstigte Gesicht eines Jungen. „Was..?“, fragte er überrascht. Wo kam der auf einmal her? Plötzlich zerriss ein unheimliches Lachen die Stille. Malcolm zuckte erschrocken zusammen. Sein Verfolger war noch da draußen. Stolpernd rappelte er sich wieder auf, griff nach dem Arm des Jungen und zog ihn mit sich in den nächsten Hauseingang. Im staubigen Flur riss sich der Kleine von ihm los und kauerte sich in eine Ecke. Aus weit aufgerissenen Augen starrte er Malcolm an, die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben. Malcolm legte einen Finger an die Lippen und betete, dass er es verstehen und leise sein würde. Vorsichtig duckte er sich unter ein Fenster, hinter einem schmutzigen Vorhang spähte er auf die Straße. Seine Hand mit der er sich an der Wand abstützte zitterte leicht, sein Herz klopfte so laut, dass er glaubte, sein Verfolger musste es hören. Gleich findet er uns und dann können wir froh sein, wenn er uns tötet, dachte Malcolm panisch und ballte die Hand hilflos zur Faust. Das wahnsinnige Lachen näherte sich unaufhaltsam, wurde lauter und verstummte plötzlich. Schotter knirschte, als sich der große Mann nach seiner Beute umsah und entsetzt musste Malcolm mit ansehen wie er sich langsam auf den Eingang zu bewegte. Wie ein Wesen aus der Hölle, ging es Malcolm durch den Kopf. Wir sind geliefert. Im selben Augenblick, in dem der Mann die Türklinke herunterdrückte, schrie jemand wenige hundert Meter entfernt auf. Für einen Moment starrte er in die Richtung aus der der Schrei kam und rannte dann darauf zu. Erleichtert ließ sich Malcolm auf den Boden sinken und versuchte das Zittern in seinem Körper unter Kontrolle zu bringen. Seine Beine konnten ihn nicht mehr tragen. Mit einer fahrigen Bewegung wischte er sich den kalten Schweiß von der Stirn. Ein Moment der Unachtsamkeit hatte ihm beinahe das Leben gekostet oder Schlimmeres. Er sollte es besser wissen. Seufzend lehnte er sich gegen die Wand und sah zu dem Jungen herüber. Er war klein, regelrecht zierlich. Das schwarze Haar hing ihm überraschend sauber in die Stirn, seine Augen waren leuchtend blau und seine Haut fast so weiß wie Porzellan. „Ich bin Malcolm“, stellte er sich vor und lächelte ihn unsicher an. Seine Stimme klang rau und schmerzhaft nachdem er so lange mit niemandem mehr gesprochen hatte. „Und wer bist du?“ Der Junge antwortete nicht, entspannte sich aber ein wenig. Vielleicht kann er nicht sprechen, überlegte Malcolm. Schwerfällig stand er auf und hielt dem Kleinen die Hand hin. „Wir müssen hier weg, bevor der Kerl zurückkommt“, erklärte er ihm, als der Junge ihn nur misstrauisch anschaute. „Ich bin keine Gefahr.“ Zögernd griff der Junge nach Malcolms Hand und ließ sich auf die Beine helfen. Den ganzen Tag wisch der Junge nicht von Malcolms Seite. Stunden lang liefen sie durch die menschenleeren Straßen. So sehr sich Malcolm auch bemühte, er konnte ihn nicht zum Sprechen bringen. Am Abend suchten sie Schutz in einem verlassenen Haus. Erschöpft ließ sich Malcolm auf einen Stuhl fallen. Das alte Holz ächzte unter seinem Gewicht. Er beobachtete den Jungen, von dem er als „Little Ghost“ zu denken begonnen hatte, wie er sich umsah und zum Tisch tapste. „Hast du Hunger“, fragte Malcolm, bekam aber keine Reaktion. „Ich kann uns etwas machen, wenn du möchtest.“ Müde hievte er sich aus dem Stuhl und durchsuchte die Schränke der kleinen Küche. „Ich kann nicht besonders gut kochen, aber es ist essbar und man wird satt“, erzählte er über das Klappern von Töpfen und Tellern hinweg. Nach einer Weile drehte er sich zu „Little Ghost“ um und hielt triumphierend einen Sack hoch, damit er ihn sehen konnte. „Magst du Kartoffeln?“, fragte er. „Mehr hab ich nicht gefunden.“ Als der Junge ihn wieder nur ansah, zuckte Malcolm mit den Schultern und stellte einen Topf auf den Herd. Die Zubereitung des Essens verlief schweigend. Lächelnd schob Malcolm „Ghost“ einen Teller hin. „Lass es dir schmecken“, sagte er, bevor er selbst zu essen begann, seine erste Mahlzeit für diesen Tag. An den Hunger hatte er sich in den vergangenen Monaten gewöhnt, genau wie an die ständige Gefahr, die in jedem Schatten lauern konnte. Leben in der Stadt der Wahnsinnigen, dachte er verbittert und stopfte sich noch eine Gabel Kartoffeln in den Mund. „Ghost“ bewegte sich nicht, starrte nur das Essen auf seinem Teller an. „Willst du nichts essen?“, fragte Malcolm besorgt. Der Junge musste am verhungern sein, er war nur noch Haut und Knochen. Statt zu antworten schob er den Teller fort, stand auf und verließ das Zimmer. Malcolm seufzte leise und räumte den Tisch ab. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass der Geruch von Essen ungebetene Gäste anzog und er war zu müde um noch einmal vor jemandem zu fliehen. Gähnend folgte er „Ghost“, den er im Schlafzimmer fand. Der Junge saß auf dem Bett, die Schuhe vor sich auf dem Boden. Er klopfte auf die freie Seite und lächelte Malcolm leicht an. Scheint als bekommt er doch was mit, dachte Malcolm. Langsam ging er um das Doppelbett herum, setzte sich zögernd auf die Kante. „Danke“, nuschelte er verlegen und errötete. Es war lange her seit Malcolm das Bett mit jemandem geteilt hatte, jemandem, der ihm nichts Böses wollte, aber „Ghost“ sah nicht aus als könnte oder wollte er ihm etwas antun. Malcolm krabbelte unter die Decke und zog sie sich über den Kopf. „Gute Nacht, Ghost“, murmelte er, bevor er die Augen schloss und einschlief. In der Nacht weckte Malcolm ein leises Wimmern. Mühsam setzte er sich auf und sah sich in der Dunkelheit um. „Ghost“ saß mit angezogenen Beinen am Kopfende und starrte in die Nacht. „Alles in Ordnung?“, fragte Malcolm leise. „Kannst du nicht schlafen?“ Der Junge sah blinzelnd zu ihm herüber. Langsam schüttelte er den Kopf. Er griff nach Malcolms Schulter und drückte ihn zurück in die Kissen. Schlaf weiter! Malcolm seufzte leise. „Du willst also nicht reden“, sagte er leise, während er sich wieder unter die Decke kuschelte. Die Nacht war kalt und er fror bereits, aber das Bett war warm und weich, trotzdem wollte der Schlaf lange nicht zurückkehren. Die folgenden Tage verliefen ähnlich. Tagsüber streiften sie durch die Stadt, nachts suchten sie einen relativ sicheren Unterschlupf. „Ghost“ sprach kein Wort, er aß nicht und schlief nicht. Malcolm machte sich große Sorgen um seinen Begleiter, den er langsam, fast gegen seinen Willen in sein Herz schloss. Er war schon froh, dass er ihn zum Trinken überreden konnte, wenn er ihm sonst nicht helfen konnte. Eines Abends saßen sie dicht beieinander auf dem Dach eines Hochhauses. Nur wenige Wolken zogen über den Himmel, die Sterne funkelten hell. Langsam und vorsichtig rutschte „Ghost“ näher zu Malcolm, legte seinen Kopf auf seine Schulter. „Ich will schlafen“, flüsterte er kaum hörbar in das Leder von Malcolms alter Jacke. Überrascht sah Malcolm ihn an. Er spricht, dachte er erfreut. Zögernd legte er seine Arme um ihn. „Dann schlaf. Ich pass auf dich auf“, hauchte er sanft und streichelte ihm leicht über den Rücken. „Wie heißt du eigentlich?“, fragte er nach einer Weile in die Stille. „Josh. Joshuar Mitschel“, murmelte „Ghost“ und schloss die Augen. Kapitel 10: Selbsthass ---------------------- Das ist mein erstes Drabble, mittlerweile habe ich noch weitere geschrieben, trotzdem bin ich noch zufrieden mit ihm.^^ Zum Verständnis sollte ich vielleicht dazu schreiben, dass Rory und Mal (Malcolm) ein und die selbe Person sind (Rory Malcolm). Selbsthass Hasserfüllt starrte ihn der Junge an. "Es ist alles deine Schuld! Du hast ihnen weh getan!", schrie ihn das Kind an. Schuldbewusst blickte Mal zur Seite. Mit einem wütenden Schrei stürzte sich der Junge auf ihn: "Du warst es! Du hast sie umgebracht! Ich habe nichts getan! Du warst es! Nicht ich! Du!" Er schluchzte und schlug mit seinen Fäusten auf Mal ein, bis er erschöpft gegen diesen fiel. "Du bist schuld! Nicht ich. Du! Du...", murmelte der Junge immer wieder. Mal blickte auf den bebenden, kleinen Körper, vorsichtig strich er ihm über den Kopf. "Es tut mir leid, Rory." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)