Grenzgänger - Traumfänger von tough (Echo aus dem Märchenwald) ================================================================================ Kapitel 3: Heldentum. --------------------- Heldentum. -für kissos- Er schaut auf die Weite. Sirrend entlädt sich die Hitze. Legt Wellen über die sanften Hügel aus Sand. Wieder und wieder. Legt sich ermüdend auf die Seelen. Auch auf seine? Hat er denn eine? Ich weiß es nicht. Ich stehe und warte. „Geh los und hole mir… was ich begehre. Eil Dich.“ Matt klingt seine Stimme. Lange schon hat er verzichtet. War es wohl müde… irgendwie. Übersättigt, bei all dem steten Hunger. Seine Kraft ist unermesslich. Jahrhunderte könnte er so überdauern. Aber warum sollte er warten? Seine Wünsche sind mir bekannt… und so eile ich, sie zu erfüllen. Die Hufe des Grauen klingen seltsam dumpf auf dem Mosaik des Vorhofs. Berühren sie die vielen kleinen Steine überhaupt? Oder werden sie abgestoßen von dem allgegenwärtigen Weiß? Dem trügerischen Zuviel der reinen Farbe. Dem falschen Symbolismus. Perlweiß, schneeweiß, strahlendes Weiß… so grell, dass es mit Silber konkurriert. So prachtvoll, aber ohne jede Wärme. Wie der ganze Palast. Vor uns liegt das zeitlose Sandmeer. Ungezählte Wellenberge. Und Tal um Tal. Heißes Grab für Verirrte. Brennender Vorgeschmack auf die Hölle. Und doch so schön in seiner belanglosen Gleichheit. Weit ausgreifend die Sprünge des Grauen, ohne eine Spur im Sand zu hinterlassen. Ohne unziemliche Hast. Genau zur rechten Zeit die Stadt erreichend. Die Abendröte ist zögerlich dem intensiven Blau der aufkommenden Nacht gewichen. Langsam werden die schweren Tore geschlossen. Gewähren vermeintliche Sicherheit für die Einwohner. Und für ihre Gäste, die durchreisenden Karawanen, die fahrenden Händler. Welch ein Irrtum, denn heute bin ich hier bei ihnen. Geschickt, um ein Opfer zu erwählen. Suchend gleitet mein Blick über die hastenden Wesen. Rasch eilen sie umher, noch eine gute Mahlzeit, eine Unterkunft erheischend… oder eine vergnüglichen Unterhaltung für die lange Nacht. Ein Platz gesäumt von Säulengängen und kleinen Tavernen. Licht und muntere Weisen laden zur Einkehr. Eine kleine Gruppe junger Burschen um einen Brunnen. Müßiggänger, noch unentschlossen, wie das Vermögen der Väter zum eigenen Vergnügen dienen soll in dieser Nacht. Sie ahnen nicht, dass diese Nacht alles ändert. Einer von ihnen ist zum Helden erkoren. Die Jagd ist eröffnet. Und der Graue gibt das Zeichen. Ein Laut wie ein Trompetenstoß. Seine Nüstern noch gebläht, bleibt er stehen wie ein Denkmal. Unbewegt, bietet er mich ihren neugierigen Blicken dar. Meine Arme haben die Zügel längst sinken lassen. In einer stummen Bitte hebe ich sie leicht an, unbestimmt der Gruppe entgegen. Wer wird eilen, mir vom Pferd zu helfen? Einen Herzschlag lang zögern sie. Spüren sie die große Gefahr? Oder sind sie nur irritiert durch den ungewohnten Anblick? Die tugendhaften Mädchen der Stadt zeigen nicht so viel Haut. Und nie wären sie allein geritten. Selbst die Dirnen geben sich nicht so selbstbewusst. Ihre Augen irren zwischen den Waffen und den Perlen umher. Das Leder oder der leichte Schleier, was fesselt sie mehr? Der Mutigste fasst sich ein Herz. Entschlossen, es den anderen Burschen zu beweisen, tritt er heran und fasst meine Taille. Sanft hebt er mich herab, hält mich eine Wenigkeit länger als erforderlich. Schaut in meine Augen, murmelt eine oft geübte Artigkeit über ihre Schönheit. Und geleitet mich dann zu einer der Tavernen. Bietet mir schwellende Polster als Ruhestatt und nimmt selbst mit dem Boden neben mir vorlieb. Verbringt die nächsten Stunden wie im Rausch. Wähnt sich als der Erwählte. Prahlt vor seinen Freunden. Einen Kelch dunkelroten Weins in der Hand, schaue ich auf ihn hinab. Wiederum erstaunt, wie leicht doch die dunklen Stricke zum Netz sich verweben. Unsichtbare Fesseln sich um seine jungen, kraftstrotzenden Glieder legen. Ahnungslos balzt er noch, dabei ist er längst verfallen. Gehauchte Komplimente. Schon atemlos vor Gier. Wein herunterstürzend. Durst unstillbar wie sein Verlangen. Seine Finger haschen jedes Fleckchen Haut, das sich bietet. Über den Stiefelchen, die Kniekehle, ein Stück des Oberschenkels…. Immer noch Zeit für Seitenblicke. Seine Kameraden, neidvoll sein Treiben betrachtend. Ihr Zuschauen beflügelt sein Bestreben. Alles ist ihm nun egal. Er will. Er muss ans Ziel. Er kann es nicht mehr verhindern. Fasst meine Finger, zieht mich ein kleines Stück. Und wispert verführerisch. ‚Lass es geschehen, Du Schöne. Lass mich Dir ein Lager aus Rosenblüten bereiten. Bist Du die Meine heute Nacht?’ Und zum ersten Mal öffne ich meinen Mund. Dunkel klingt meine Stimme. Rau und ungeübt. Aber sie lockt ihn. Weiter und weiter. ‚Zu spät. Durch einen Bann gebunden muss ich fort. Noch vor der Morgenröte.’ Entflammt ist er. Und alle seine Freunde lauschen. ‚Wohin zieht Dich der Bann? Wo kann ich Dich finden?’ ‚In den weißen Palast des Südens. Er… ist mein Schicksal.’ ‚Wie kann ich Dich erlösen, um Dich für mich zu gewinnen?’ ‚Bist Du reinen, aufrichtigen Herzens? Dann magst Du Deinen Mut beweisen.’ Er nimmt mein Lächeln als Versprechen. Ahnt nicht im Geringsten, dass ich ihm nichts versprach. Nur lächele über seine Verführbarkeit. Die Leichtigkeit, ihn weiter brennen zu lassen. Und so bin ich aus der Stadt, noch ehe diffuses Grau von der Sonne gefärbt wird. Wieder legt sich flammendes Rot über die Wüste. Und pünktlich nähert sich der Held. Müde klappern die Hufe seines Rosses über das Mosaik. Er ist am Ziel, weiß es nur noch nicht. Bewegung fängt seinen Blick. Der dunkle Herrscher schlendert näher. Prachtvoll gekleidet. Das schönste Antlitz der Welt. Huldvoll lächelnd deutet er auf einen übervollen Tisch. ‚Nehmt Euch Wein und Obst. Bestimmt seid Ihr erschöpft. Und so mag ich Euch nicht….’ ‚Wer seid Ihr? Und wo ist die Schöne, die Ihr hier gefangen haltet, unter Eurem Bann? Sprecht schnell, sonst zwingt Euch mein Säbel zu einer Antwort.’ Grausam klingt das Lachen des Prachtvollen. Der erste Schrecken überkommt den unvorsichtigen Helden. Ahnt er, dass nichts und niemand ihm jetzt noch helfen könnte? Dass keine Macht der Welt dem dunklen Herrscher annähernd gewachsen wäre? Ein Frösteln überzieht seinen jungen Körper. Und er lauscht mit wachsendem Entsetzen der Rede des unermesslich Bösen. ‚Wer ich bin? Das zu verstehen, bleibt Dir nicht genug Zeit, mein Tapferer. Aber sei versichert, hier wird niemand gefangen gehalten. Nein, nein, das wurde nie behauptet. Zu gut kenne ich die Rede meiner Schönsten….’ Ein wohlgeformter Zeigefinger unterstreicht die Bedeutung seiner Sätze. Und schon fährt er fort, den Jüngling nun ganz aufmerksam gemacht. ‚Sie sagte, sie sei durch einen Bann gebunden. Verschwiegen hat sie, dass sie dadurch ewiglich lebt. Sie kann jederzeit gehen, wenn sie das wünscht. Allerdings um den Preis der Sterblichkeit. Sie sagte weiter, Er sei ihr Schicksal. Und sie meinte mich. Selbst erwählt ist ihr Leben. Freiwillig hat sie sich an mich gebunden. Steht mir zu Diensten, weil sie es so will. Solange es ihr beliebt. Und solange sie Opfer findet, die schon lange vorher ihre Unschuld verloren. Denn fragte sie nicht, ob Du reinen, aufrichtigen Herzens bist? Hat sie Dich nicht gewarnt dadurch? Gewarnt, ihr zu schmeicheln, nur um Dein Ziel zu erreichen? Bist Du nicht ein Heuchler? War Dir Dein Ruf nicht wichtiger als die Frauenherzen, die Du schon gebrochen? Hat nicht Wollust Dein Handeln bestimmt? Begierde Deine Schritte gelenkt? Hochmut ließ Dich allzu schnell vergessen…. Und so magst Du nun Deinen Mut beweisen. Mein Waffenmeister steht bereit. Es wird Dein letzter Kampf, drum sein tapfer, mein Hübscher.’ Der Geste des Herrschers folgend dreht sich der sprachlose Jüngling. Und mit der blanken Waffe in der Hand trete ich einen Schritt auf ihn zu. 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