And you touched me... von Torao (Chap 49 on!) ================================================================================ Kapitel 44: Hangover -------------------- Das grelle Licht der Mittagssonne fiel ungehindert durch das Zimmerfenster, da die Vorhänge nicht zugezogen waren, und kitzelte Kai im Gesicht. Langsam öffnete er die Augen und blinzelte. Es dauerte einen Augenblick ehe er klar sehen konnte und realisierte, dass er nicht in seinem Bett lag. Da spürte er auch schon wie sich jemand hinter ihm an seinen Rücken kuschelte. Vorsichtig drehte er sich um und sah seine Freundin an. Obwohl sie noch schlief, schien sie zu merken, dass er sich durch seine Drehung wieder etwas von ihr entfernt hatte, denn nun rutschte sie erneut dicht an ihn heran und schmiegte sich an seine Brust. Naomi entlockte ihm unbewusst ein Lächeln, weil sie ihm damit wieder einmal mehr als deutlich zeigte, wie sehr sie an ihm hing. Und das zu wissen machte Kai mehr als glücklich, wenngleich das Gefühl gebraucht zu werden für ihn immer noch etwas ungewohnt war. An ihr vorbei konnte er den Wecker auf dem Nachttisch sehen: Er verriet ihm, dass es bereits Viertel vor eins war. Aber dass auch er nach so einer Nacht länger schlief, war natürlich nichts ungewöhnliches, auch wenn er sonst eindeutig zu den Frühaufstehern gehörte. Trotzdem spürte er wie sich in ihm nun allmählich das Bedürfnis regte, aufzustehen und zu duschen, weshalb er dem Mädchen vor ihm sanft einen Kuss auf die Stirn gab. Er bekam ein Grummeln zur Antwort, bevor auch Naomi die Augen öffnete, langsam ihren Kopf von ihm wegbewegte und schlaftrunken zu ihm hochsah. „Guten Morgen, meine Schlafmütze. Oder guten Mittag viel mehr.“ Er musste bei ihrem Gesichtsausdruck schmunzeln. „Morgen“, murmelte sie. „Du kannst meinetwegen gleich weiterschlafen. Ich wollte mich nur eben von dir verabschieden, weil ich jetzt nach Hause gehe“, erklärte er ruhig. Etwas wacher sah sie ihn nun an: „Was? Warum?“ „Weil ich duschen und mir frische Sachen anziehen will“, war seine Antwort. „Kannst du vergessen“, sie legte einen Arm um ihn und klammerte sich wieder eng an ihn, „ich lasse dich nicht gehen.“ „Du kannst auch aufstehen und mitkommen“, er musste grinsen, „dann nehme ich dich mit unter die Dusche.“ Wieder rot werdend zischte sie an seiner Brust: „Hör auf mich zu ärgern!“ Wortlos grinsend gab er ihr noch einen Kuss auf den Kopf, bevor er sich langsam von ihr löste und aufstand. Grimmig beobachtete sie nun, wie er anfing sich anzuziehen: „Du bist gemein.“ „Ich mag es nun mal nicht, so lange nicht zu duschen, vor allem nicht bei dem Wetter“, er schloss seinen Hosengürtel und zog sein Hemd über, bevor er sich über sie beugte, „und ich habe doch gerade gesagt, du kannst mitkommen. Oder du kommst nach, wenn du ausgeschlafen hast.“ Dieses Mal folgte ein Kuss auf den Mund. „Wie? Heute kein Training?“, fragte sie daraufhin. Er richtete sich wieder auf und knöpfte sein Oberteil zu: „Mich würde es wundern, wenn vor allem Tyson heute überhaupt ansprechbar ist. Der hat sich gestern nicht gerade zurückgehalten.“ Durch seine letzten Worte war sie nun hellwach: „Ach richtig, was habt ihr eigentlich gemacht?“ „Getrunken. Was sonst?“, antwortete er, als sei es aus seinem Mund das Selbstverständlichste der Welt. „Ja das habe ich heute Nacht als ihr wiederkamt wohl mitbekommen“, sie sah ihn ungläubig an, „aber du warst ernsthaft mit den Anderen feiern? Also so richtig?“ Er erwiderte ihren Blick: „Was dachtest du denn? Dass ich mit ihnen in den Zoo gehen würde?“ „Öhm, nein, eigentlich hatte ich so gar keinen Plan, was du vorhaben könntest“, gestand sie ein. „Na irgendwie musste man Max ja auf andere Gedanken bringen“, erklärte er. „Du überraschst mich wirklich immer wieder.“ Als er nun nur vielsagend lächelte und sich dann in Richtung Tür drehte, sprang sie jedoch auf und hielt ihn zurück: „Warte!“ „Was?“ Verwundert sah nun er sie an. „Mein Vater. Schon vergessen?“, erklärte sie nun ihre Reaktion, wobei ihr der Gedanke an den Erwähnten selber gerade erst wieder in den Sinn gekommen war. „Nein, aber ich muss nun mal durch den Flur, um aus dem Haus zu kommen, weil ich immer noch nicht durchs Fenster klettern will“, sagte er, „und du meintest doch, er sei sicher eh in seinem Arbeitszimmer.“ „Schon, aber lass mich wenigstens erst nachsehen.“ Sie ging zur Zimmertür und öffnete diese leise. Müde sah Mariah zunächst zur Zimmerdecke als sie aufwachte, bevor ihr Blick zu Ray wanderte, der neben ihr lag und einen Unterarm auf seine Augen gelegt hatte. „Schatz?“, flüsterte sie leise, da sie diese Schlafposition für ihn ungewöhnlich fand. „Hmm?“, kam es etwas knurrend vom Angesprochenen. Sie drehte sich ihm zu: „Alles okay?“ „Mein Kopf platzt“, murmelte Ray. Das Mädchen richtete sich ein Stück auf und sah ihn mitleidig an: „Oh je.“ „Kannst du bitte mal die Gardinen zuziehen?“, bat er sie, da er das helle Sonnenlicht in seiner Verfassung nicht gerade als angenehm empfand. „Klar.“ Sie stand auf und tat ihm den Gefallen. „Danke.“ Zwar war es nun immer noch schummerig hell im Raum, aber es war zumindest etwas ertragbarer als vorher, wie Ray befand, als er nun den Arm von seinem Gesicht nahm und Mariah, die ans Bett zurückgekehrt war, ansah. „Du hättest wohl weniger trinken sollen“, stellte sie angesichts seines Zustandes fest. Ray schloss die Augen wieder, um der Helligkeit auszuweichen: „Sagt sich so leicht, wenn man durch Roppongi geschleift wird und nicht selber zahlen muss. Dabei habe ich mich schon gebremst.“ „Sag nicht, Kai war mit euch da und hat euch dann auch noch eingeladen?“ Die Rosarothaarige konnte nicht glauben, was ihr Freund ihr nun mit einem Nicken bestätigte. Sie kannte den Stadtteil Tokios vom Hören und Sagen, war aber noch nie selber dort gewesen. Denn im Gegensatz zu Shinjuku, wo man den durchschnittlichen Japaner in Feierlaune antraf und sie selber auch schon mal mit Ray und den Anderen gewesen war, sagte man Roppongi nach, dass es dort unheimlich teuer sei und man somit dort nur Touristen oder sehr wohlhabende Japaner antraf. Aber letztlich spielte es, wie sie fand, keine Rolle, wo genau sie waren. Fakt war, dass ihr Freund nun völlig verkatert war und Kai ihres Erachtens daran eine eindeutige Mitschuld trug. „Na dem erzähle ich was, wenn ich ihn in die Finger bekomme.“ Er antwortete nicht, weshalb sie aufstand: „Ich gehe kurz ins Bad. Danach kümmere ich mich wieder um dich.“ Wieder erhielt sie keine Antwort von dem Elend auf dem Bett, weshalb sie sich eilig ihren Slip, der noch auf dem Boden lag, sowie ihr Nachthemd anzog, bevor sie sich saubere Kleidung aus dem Schrank nahm und damit das Zimmer verließ. Sie wollte gerade die Tür hinter sich zu ziehen, als ihr Blick auf die Tür schräg gegenüber fiel, aus der Naomi herauslugte und sich suchend umsah. „Guten Morgen. Darf ich fragen, was du da tust?“, wollte Mariah wissen. Die Blonde sah zu ihr hinüber: „Guten Morgen. Hast du meinen Vater gesehen?“ „Nein, ich bin gerade selber erst aufgestanden“, antwortete sie, bevor sie beobachtete, wie ihre Freundin aus dem Zimmer und hinüber zum Büro ihres Vaters schlich, wo sie ein Ohr dort an die Tür lehnte und dann leise klopfte. Sie bekam keine Antwort, weshalb sie vorsichtig die Tür einen Spalt öffnete. „Hmm, hier ist er schon mal nicht“, stellte sie nach einem Blick in den Raum fest, schloss ihn wieder und sah kurz zum Schlafzimmer ihrer Eltern. Naomi überlegte kurz, ob sie dort auch noch nachsehen sollte, als sie hörte, wie jemand im Erdgeschoss das Haus betrat. Unter Mariahs inzwischen argwöhnischem Blick, lief sie hastig ein paar Stufen hinab und ging in die Hocke, um zu sehen, wer dieser jemand war. Wie sie an den Hausschuhen, die die Person soeben anzog, erkennen konnte, handelte es ich um ihre Mutter. „Mama?“, rief sie dennoch leise von oben herab. Wenig später streckte die Angesprochene ihren Kopf auch schon um die Ecke, um die Treppe hinaufsehen zu können: „Oh du bist schon wach? Guten Morgen.“ „Morgen. Weißt du wo Papa ist?“, fragte die Blonde weiter. „Er ist eben zum Verlag gefahren, wegen seiner nächsten Abgabe. Warum fragst du?“ Merkwürdigerweise lag kaum Verwunderung über das eigenartige Verhalten ihrer Tochter in ihrer Stimme. „Nur so.“ Damit sprang sie wieder auf und lief die Treppe nach oben, wo sie durchatmete, während ihre Mutter schulterzuckend in der Küche verschwand. „Uff, so ein Glück.“ „Jetzt erklär mir doch mal was…“, doch Mariah konnte ihre Frage nicht zu Ende stellen, da sie unterbrochen wurde. „Na dann kann ich ja ganz unbesorgt zur Vordertür raus spazieren.“ Kai hatte sich in der Zwischenzeit gegen den Türrahmen von Naomis Zimmer gelehnt und die Geschehnisse auf dem Flur beobachtet. Die Rosarothaarige wirbelte herum: „Ach, du bist noch hier?“ „Ja, aber nicht mehr lange“, entgegnete er gewohnt kühl. Mariah blieb davon jedoch unbeeindruckt und sah ihn durchtrieben an: „So so, dann hast du also bei Nao geschlafen. Und wie war’s?“ „Wüsste nicht, was dich das angeht.“ Er konnte an ihrer Tonlage genau heraushören, worauf sie anspielte. Sie schob schmollend die Unterlippe vor, ehe sie einen Schritt auf ihn zumachte, nun dicht vor ihm stand und ihn von untenher böse anfunkelte: „Deinetwegen geht es Ray übrigens total beschissen. Wie konntest du zulassen, dass er so viel trinkt?“ „Er ist ja wohl alt genug, um das alleine zu entscheiden.“ Der Russe sah sie gleichgültig an, bevor sein Blick in Rays Zimmer fiel. Sofort registrierte er den BH und die Boxershorts in dem Wust aus Kleidung auf dem Boden, bevor sein Augenmerk weiter zum Bett wanderte, wo der Chinese sich inzwischen auf den Bauch gedreht und das Gesicht im Kissen vergraben hatte. Kai konnte sich denken, dass auch sein Unterkörper, der unter der Bettdecke verschwand, genauso nackt war wie sein Oberkörper. Seine letzte Schlussfolgerung zog er jedoch aus dem rosafarbenen Band, das am Kopfende am Bett baumelte, weshalb sich nun ein leichtes, aber dennoch dreckiges Grinsen in seinem Gesicht breit machte und er wieder das Mädchen vor ihm ansah: „Und was beschwerst du dich eigentlich? Ihr scheint heute Nacht doch euren Spaß gehabt zu haben.“ Sie blickte weiter grimmig drein, bevor sie die Arme verschränkte und die Nase rümpfte, um ihn dann zu zitieren: „Wüsste nicht, was dich das angeht.“ „Leute, macht die verdammte Tür zu! Ich will meine Ruhe.“ Es war Ray, der aus dem Zimmer knurrte, bevor er sich genervt das Kissen über den Kopf zog, als Mariah auch schon die Tür schloss. „Siehst du?“, kommentierte sie dies. Der Graublauhaarige gab sich weiter ignorant: „Du hast ihn bestimmt nur zu hart rangenommen.“ Wieder antwortete sie bissig: „Von wegen.“ „Falls ihr mich suchen solltet: Ich bin unten“, kam es da plötzlich kleinlaut von Naomi, die die ganze Zeit den Wortaustausch von der obersten Treppenstufe aus perplex mit angehört hatte und nun hastig und sichtlich verlegen nach unten lief. Die übrigen Beiden sahen ihr nach, bevor Mariah sich wieder spöttisch an Kai wandte: „Na, offensichtlich hast du sie überhaupt nicht rangenommen.“ „Geht dich nach wie vor nichts an.“ Damit beendete Kai das Gespräch und folgte seiner Freundin. „Tzz, der Typ ist und bleibt ein Idiot“, murmelte Mariah leise, bevor sie im Bad verschwand. Unten angekommen fand Kai Naomi beschämt im Flur stehend. „Alles okay?“, fragte er bei diesem Anblick, wohl wissend, in welche Gefühlslage er und Mariah sie mit ihrem Gespräch gebracht hatten. „Klar“, antwortete sie knapp, sah ihn dabei jedoch nicht an. Er gab ihr sanft einen Kuss auf die Wange, bevor er sich seine Schuhe anzog. Naomi beobachtete ihn aus dem Augenwinkel, wobei ihr etwas anderes einfiel: „Ach herrje, hoffentlich hat mein Vater nicht gemerkt, dass die Schuhe gar nicht Rays sind.“ „Wohl kaum. Dazu war er vorhin viel zu sehr in Eile.“ Das Mädchen wirbelte herum, als ihre Mutter aus der Küche kam und dies sagte. Kai verneigte sie vor ihr: „Guten Morgen.“ „Guten Morgen, Kai“, begrüßte sie ihn, „ich hatte mir schon gedacht, dass es deine sind. Möchtest du nicht zum Essen bleiben?“ „Nein, danke, aber ich möchte Ihnen keine Umstände machen.“ Er war etwas überrascht, dass sie so gelassen reagierte, wo sie doch sicher eins und eins zusammenzählen und sich denken konnte, dass er über Nacht hier gewesen war. Aber andererseits sah ihr das ausgesprochen ähnlich, zumal Naomi ihre Unbekümmertheit in vielerlei Hinsicht von irgendwem geerbt haben musste. „Schade, aber kann ich verstehen, dass du nach so einem Abend auch erst mal nach Hause willst.“ Für diese Aussage erntete sie sowohl von Kai als auch von ihrer Tochter ungläubige Blicke, die sie zugleich kommentierte: „Seht mich nicht so an. Ich war auch mal in eurem Alter.“ Kai fasste sich zuerst wieder, auch wenn er erneut überrascht war, wie sehr sich Mrs. Tawakuya von ihrem Mann unterschied. Er sah seine Freundin an: „Bis später.“ Sie wandte sich wieder ihm zu, machte einen Schritt in seine Richtung, streckte sich zu seinem Gesicht hoch und gab nun ihm einen Kuss auf die Wange, bevor er sich nochmals vor ihrer Mutter verbeugte und letztlich das Haus verließ. Nach wie vor überrumpelt von den letzten Geschehnissen sah die Blonde auf die Haustür, bevor ihre Mutter sie erneut ansprach: „Du hast aber wirklich Glück gehabt, dass Papa nicht mitbekommen hat, dass er hier geschlafen hat.“ Erschrocken drehte sie sich um: „Du sagst es ihm doch nicht, oder?“ „Nein, natürlich nicht“, beruhigte ihr Gegenüber sie, „ich verstehe euch ja. Aber treibe es nicht auf die Spitze.“ Da es an diesem Tag nicht ganz so entsetzlich heiß war wie an den vorherigen, hatte Max nach dem Aufstehen beschlossen, seinem besten Freund einen Besuch abzustatten. Zum Einen, um abgelenkt zu sein und nicht wieder in seinen traurigen Gedanken zu versinken und zum Anderen wollte er einfach zu gerne wissen, wie Tyson den vergangenen Abend weggesteckt hatte. Er selbst hatte nur lange genug schlafen müssen und war nun putzmunter. Doch er wusste, dass sein Freund Alkohol bei weitem nicht so gut vertrug wie er selbst. Und so machte sich bei der Vorstellung, wie Tyson wahrscheinlich schon jammernd in seinem Bett lag, ein breites Grinsen in seinem Gesicht breit. Schließlich wusste der Blauhaarige selber, dass er bisher nach jeder Feier am Morgen nicht schmerzfrei aufgewacht war, was aber trotzdem nie dazu geführt hatte, dass er so vernünftig wie Ray und Kenny war und auf nicht Prozenthaltiges umstieg. Gemächlich schlenderte er weiter, als er plötzlich eine Mädchenstimme aus der Seitenstraße, an der er gerade vorbeiging, hörte: „Hey, Max!“ Er blieb stehen, sah nach links und erkannt sofort die Person, die da auf ihn zugelaufen kam: „Oh, hi Sachiko!“ „Alles Gute nachträglich“, gratulierte sie, als sie bei ihm ankam. Er lächelte: „Danke. Und wo geht es hin?“ „Zu meinem Freund“, verkündete sie freudig, ehe ihr Lächeln schlagartig verschwand, „Oh, tut mir leid, ich wollte dich damit jetzt nicht verletzen.“ Sachiko befürchtete, einen wunden Punkt bei ihm getroffen zu haben, denn natürlich hatten die anderen Mädchen ihr am Vorabend erzählt, was passiert war. Doch sein Gesichtsausdruck machte keinen bestürzten Eindruck, denn er lächelte immer noch: „Ach, Quatsch. Ich finde es immer wieder schön zu sehen, wie glücklich du bist.“ Max hatte genau wie die Anderen im Team, sowohl in der Schule als auch in der Freizeit, wenn die Grünhaarige zur Abwechslung mal nicht die Zeit mit ihrem Freund verbrachte, was eher selten der Fall war, ihrer Schwärmerei für eben Jenen nicht ausweichen können. Und so kam es, dass inzwischen nicht nur Naomi, sondern alle im Team wussten, dass er Yamato hieß, einundzwanzig war, studierte, schon einen Führerschein sowie ein eigenes Auto hatte und, wenn man Sachikos Worte nutzte, ohnehin der tollste, hübscheste und großartigste Mann auf dieser Welt war. Max fand, dass er eigentlich ein ganz normaler Typ war, zumindest sofern er das beurteilen konnte, schließlich hatte er ihn nur einige Male flüchtig getroffen, wenn er Sachiko von der Schule abgeholt hatte. Aber der Blonde fand es schon fast niedlich, wie sie nach einem Jahr Beziehung immer noch von ihm schwärmte, auch wenn sie es schaffte, jeden damit auf die Palme zu bringen. Allerdings schien sie nun keine Anstalten zu machen ihre Begeisterung erneut kundzutun. Wahrscheinlich weil sie weiter auf ihn Rücksicht nehmen wollte. Interessiert sah sie ihn an: „Und was hast du so vor?“ Max grinste wieder: „Tyson einen Besuch abstatten. Mal sehen wie er den gestrigen Abend verkraftet hat.“ „Ach ja, wie war es eigentlich?“, fragte sie, während sie ihren Weg in dieselbe Richtung fortsetzten. „Super. Wir hatten eine Menge Spaß“, erinnerte er sich zurück, während einige Bilder der Nacht noch mal vor seinem inneren Augen Revue passierten. Sachiko konnte an seinem Blick sehen, dass er dies ernst meinte und nicht nur so daher sagte. Der Abend mit seinen Freunden schien ihm wirklich gut getan zu haben und das war schön zu sehen, schließlich war Max genau wie Tyson, Ray, Hilary und Kenny mittlerweile ein Freund für sie geworden, auch wenn sie, seit sie mit ihrem Freund zusammen war, außerhalb der Schule nur noch sehr wenig Zeit mit ihnen verbrachte. „Das freut mich“, verkündete sie, „aber Tyson hat wieder über die Stränge geschlagen, meinst du?“ „Na, du warst doch schon mehrfach dabei, wenn wir mal richtig gefeiert haben“, erinnerte er sich. Das Mädchen nickte: „Ja stimmt, er kennt sein Limit wirklich nicht.“ „Du kannst ja mitkommen und dir sein Leiden mit ansehen“, lachte der Blonde. „Kann es sein, dass du gerade etwas schadenfroh bist?“ Auch sie grinste nun. Ein schelmisches Grinsen wanderte über sein Gesicht: „Du weißt doch, Schadenfreude ist die schönste Freude, auch wenn er mein bester Kumpel ist.“ „Das stimmt natürlich“, erwiderte sie und musste sich eingestehen, dass auch sie ein gewisses Interesse daran hatte, wie es Tyson nun ging, „na gut, dann komme ich kurz mit. Aber wirklich nur kurz, Nao hat nämlich mal wieder ihr Handy bei mir liegen lassen und ich wollte es ihr eigentlich noch schnell vorbeibringen. Liegt ja eh auf dem Weg zu Yamato.“ „Schon wieder? Wie kann man sein Handy so oft liegen lassen? Das ist bestimmt schon das dritte oder vierte Mal an das ich mich erinnern kann“, erinnerte Max sich. Sachiko seufzte: „Ja, sie vergisst es gerne und kann echt von Glück sprechen, dass sie es immer wiederbekommt“ „Hmm, du könntest ja mal in den SMS stöbern. Wer weiß, was sie sich da mit Kai jetzt so alles schreibt“, grinste er. „Nein, das mache ich nicht, auch wenn es sicher interessant wäre. Aber ich bin zu ihr nicht so fies wie du zu Tyson“, lachte sie. Er streckte ihr frech die Zunge raus, während sie ihren Weg fortsetzten und schon wenig später vor dem Haus der Grangers standen, wo Tysons Großvater ihnen öffnete und sie ins Haus ließ, um sie dort auf das Zimmer seines Enkels zu verweisen. „Hey, Alter“, rief Max fröhlich, während er noch die Tür öffnete. Doch genau wie Sachiko blieb auch er abrupt stehen, als er realisierte, dass Tyson, der bäuchlings in Boxershorts auf dem Bett lag und seine gesamte Bettdecke über seinem Kopf zusammen geknüllt hatte, nicht alleine war. Vor dem Bett stand Hilary und drehte sich nun zu ihnen um: „Oh, hallo ihr zwei.“ „Hi, Hilary“, Max sah sie irritiert an, „mit dir hatte ich jetzt hier ehrlich gesagt nicht gerechnet.“ „Ich wusste ja nicht, dass ihr das Training heute ausfallen lasst. Aber wenn ich mir Tysons Verfassung so ansehe, ist das wohl wirklich das Beste“, sie seufzte, „dabei hatte ich extra frische Erdbeeren für alle mitgebracht. Aber nicht mal damit ist er aus dem Bett zu bekommen.“ Nun fiel der Blick der beiden Ankömmlinge auf die große Schüssel mit den roten Früchten auf dem Schreibtisch. „Die sehen ja lecker aus“, befand Sachiko. „Bedient euch.“ Während die beiden das Angebot nun dankend annahmen und sich über die Erdbeeren hermachten, widmete sich die Braunhaarige wieder dem jaulenden Etwas unter der Bettdecke: „Tyson, steh endlich auf.“ „Nein, Mann, warum denn? Lass mich. Ich will sterben“, war seine gejammerte Antwort. „Das sagst du mir jetzt schon seit einer halben Stunde, aber du bist immer noch nicht tot.“ Sie fing an, an der Decke zu ziehen. Er umklammerte diese fester mit den Händen, während er weiter grummelte: „So leicht wirst du mich halt nicht los.“ Sachiko und Max beobachteten sie amüsiert, bevor Letzterer sich einschaltete: „Du bist echt grausam zu ihm, Hilary.“ „Er weiß genau, dass er nicht viel verträgt. Also soll er sich jetzt nicht so anstellen und wenigstens mal aufstehen. Wenn er duschen würde, ginge es ihm sicher schon besser“, verteidigte sie sich. „Das ist alles Kais Schuld“, kam es unter der Decke hervor. „Ja klar. Das sagst du auch schon die ganze Zeit. Kai ist bei dir doch immer schuld.“ Sie gab nach und ließ sich seufzend auf die Bettkante sinken. Im selben Augenblick piepste Sachikos Handy kurz. Sie zog es aus ihrer Tasche und blickte, während sie sich noch eine Erdbeere in den Mund steckte, auf das Display. Sofort finden ihre Augen an zu leuchten. Max bemerkte dies und fing an zu schmunzeln: „Lass mich raten: Yamato?“ Sie nickte: „Ja, er fragt, ob ich schon unterwegs bin. Er würde mich dann mit dem Auto einsammeln, weil er irgendwo mit mir hin will bei dem Wetter.“ Während sie eifrig anfing zu tippen, um ihm zu antworten, lächelte Hilary: „Na wenigstens einer, der das Wetter zu schätzen weiß.“ „Tja, dein Schwarm hat gestern zu tief ins Glas geguckt. Ich glaube nicht, dass du ihn heute in die Sonne bekommst“, lachte der Amerikaner nun. „Mein… Schwarm…?“, ihr Blick änderte sich von verwundert in zornig, „Ich geb dir gleich Schwarm. Steck dir noch eine Erdbeere in den Mund und halt ihn dann!“ Doch er lachte nur noch mehr, als Tyson nun noch ein „Penner“ unter der Decke brummte. Auch Sachiko grinste, während sie die mit der Festnetznummer ihrer besten Freundin belegte Kurzwahltaste ihres Handys drückte. Ray hatte sämtliche Hilfe, die Mariah ihm angeboten hatte, bis auf ein kühlendes Tuch für seinen schmerzenden Kopf, ausgeschlagen. Er wollte weder eine Kopfschmerztablette, da er Medikamente ohnehin nicht für gut befand, noch Essen zu sich nehmen, und so hatte seine Freundin beschlossen, dass es wohl das Beste war, ihn einfach in Ruhe zu lassen, bis es ihm wieder besser ging. Daher saß sie nun zusammen mit Naomi und ihrer Mutter in der Küche und hatten gerade zu Mittag gegessen. „Ihr wisst, dass ich nichts dagegen habe, wenn ihr ab und zu mal was trinkt“, sagte Mrs. Tawakuya, als gerade der Vorabend wieder Gesprächsthema war, „aber ihr solltet es nicht übertreiben. Und wenn Papa von Rays Zustand Wind bekommt, gibt das nur Theater.“ „Ja, das weiß ich. Und Ray weiß eigentlich auch, dass Papa das nicht so locker sieht wie du. Aber er trinkt auch eigentlich nie so viel, dass es ihm danach so geht. Keine Ahnung, warum er das getan hat“, antwortete Naomi. Während ihre Mutter zur Spüle ging, lehnte Mariah sich zur ihrer Freundin hinüber und flüsterte: „Na da frag mal deinen Kai. Der ist meiner Meinung nach Schuld daran.“ Fragend sah die Blonde sie an, während ihre Mutter zum Tisch zurückkehrte, um diesen weiter abzuräumen und auch Mariah sich nun erhob, um ihr zu helfen, als im selben Augenblick das Telefon klingelte. „Ich geh‘ schon“, verkündete Naomi, stand auf und ging in den Flur, um den Anruf entgegen zu nehmen. Kaum, dass sie sich mit ihrem Namen gemeldet hatte, drang schon eine ihr wohlbekannte Stimme an ihr Ohr: „Hallo Schusselchen.“ „Hi Sachiko“, antwortete sie, „und wieso Schusselchen?“ „Na, vermisst du nichts?“, fragte ihre Freundin am anderen Ende. Naomi sah überlegend auf die Wand vor ihr: „Ähm, nein, aber sollte ich wohl, wenn du schon so fragst, oder?“ „Du hast dein Handy wieder bei mir liegen gelassen“, war Sachikos Antwort. „Oh“, erst jetzt fiel der Blonden auf, dass sie es gestern Abend zwar zwischenzeitlich aus ihrer Tasche geholt, aber dann wohl nicht wieder eingesteckt hatte. „Es ist immer wieder dasselbe mit dir. Gut, dass dein Kopf angewachsen ist. Eigentlich wollte ich es dir vorbei bringen, aber jetzt bin ich bei Tyson und Yamato holt mich jeden Moment von hier ab. Aber ich lasse es einfach hier liegen und du holst es dir ab, das sollte ja auch gehen“, schlug die andere vor. Doch bei diesen Worten kam Naomi etwas ganz Anderes in den Sinn: Kais Nummer! „Nein! Lass es bloß nicht da“, schrie sie panisch, „bleib wo du bist! Ich komme sofort!“ Damit legte sie schon auf und rannte zur Haustür, um ihre Schuhe anzuziehen, während sie in die Küche rief: „Ich muss ganz dringend zu Tyson. Nehme keinen Schlüssel mit, bin aber gleich wieder da!“ „Ähm, Nao, kann ich gleich zum Telefonieren vielleicht in dein Zimmer gehen?“, fragte Mariah hastig, wobei sie den Kopf zur Küchentür hinausstreckte. „Was? Wie?“ Die Klinke der Haustür bereits in der Hand sah Naomi zurück. „Na um zu Hause anzurufen.“ Mariah hatte ihr bereits vor dem Essen erzählt, dass sie nun doch gerne länger bleiben würde, und so hatte Naomi ihre Mutter um ihre Einwilligung gebeten, welche diese völlig problemlos erteilt hatte. „Ach, ja klar, aber du kannst auch vom Festnetz anrufen. Meine Eltern haben sicher nichts dagegen“, antwortete das Mädchen an der Tür nun. Doch ihr Gegenüber winkte ab: „Nein, das wird sicher länger dauern. Und Ray will ich damit jetzt nicht nerven indem ich in seinem Zimmer telefoniere.“ „Ach so“, Naomi verstand, „Ja, dann mach wie du meinst. Du weißt ja wo mein Zimmer ist. Ich muss los.“ „Ok, danke“, sagte die Rosarothaarige, als die Andere auch schon eilig die Haustür hinter sich zuzog. Ihre Freundin verschwand wieder in der Küche und half ihrer Gastgeberin, bevor sie sich wieder in den ersten Stock und in Rays Zimmer begab. Dieser lag immer noch im Bett und hatte die Augen geschlossen. „Wie geht es dir, Schatz?“, fragte sie leise, während sie sich neben ihn setzte. „Als hätte mich jemand überfahren“, murmelte er. Sanft strich sie ihm über den Rücken und nahm den nassen Lappen von seiner Stirn: „Soll ich den noch mal kalt machen?“ „Nein, ich versuche mich gleich mal irgendwie aufzuraffen und mich unter die Dusche zu stellen. Vielleicht hilft das“, antwortete der Chinese. Sie nickte und legte das Tuch beiseite: „Mach das. Ich bin mal eben telefonieren.“ „Mhm.“ Ray realisierte nur halbwegs, wie sie aufstand, ihr Handy nahm und wieder aus dem Zimmer ging. Zu sehr hatte er mit seinem brummenden Schädel und der Übelkeit, die ihn plagten, zu kämpfen. Er konnte sich nicht daran erinnern, sich nach einer Feier schon mal so bescheiden gefühlt zu haben. Das war wohl doch etwas zu viel des Guten gewesen. Während er sich stöhnend auf die Seite drehte, war seine Freundin längst in Naomis Zimmer verschwunden, hatte die Tür geschlossen und sich dort am Schreibtisch niedergelassen, um die Nummer ihrer Schule zu wählen. „Na, dann wollen wir mal.“ Sie atmete noch einmal tief durch, bevor sie die Taste mit dem grünen Hörer drückte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)