And you touched me... von Torao (Chap 49 on!) ================================================================================ Kapitel 41: Yourself -------------------- Yay~ da bin ich schon mit dem nächsten Kapitel. ^_^v Ich habe mich wahnsinnig gefreut, dass die FF immer noch einige treue Leser hat. Vielen, vielen lieben Dank für euer Feedback. _____________________________________________________________ Über Mittag war es entsetzlich heiß geworden. Die Straßen waren wegen der Hitze wie leer gefegt und der Asphalt flimmerte. „Meine Güte, was ist das denn heute nur so übertrieben warm?“, keuchte Naomi, die schon ihr luftigstes Sommerkleid angezogen hatte. Während Mariah und Ray sich nach dem Essen einen schattigen Platz im kleinen Garten des Hauses der Tawakuyas gesucht hatten, dort faulenzten und eisgekühlte Limonade schlürften, schleppte sie sich nun durch die sengende Nachmittagssonne, obwohl sie sich eigentlich lieber schlafen gelegt hätte. Und das nur weil sie zu Kai wollte. Dabei wusste sie nicht einmal, ob dieser überhaupt zuhause war. Sie hatte versucht ihn auf dem Handy anzurufen, doch dort meldete sich nur die Mailbox. Es sah ihm ähnlich, dass er das Telefon ausschaltete, wenn er seine Ruhe wollte. Vor allem seit außer Kenny, der ursprünglich der einzige gewesen war, der seine Nummer hatte, auch alle anderen im Team diese besaßen. Und das nur, weil Tyson, Max und Naomi es geschafft hatten, sie vor einigen Monaten aus diesem heraus zu kitzeln, um Kai zu ärgern. Tatsächlich hatten sie ihn nachts einmal aus Spaß aus dem Bett geklingelt, woraufhin der Teamleader sie am nächsten Tag auf seine übliche Art zu recht gestutzt hatte. Eigentlich hatte er nach diesem Vorfall seine Nummer wechseln wollen, doch Hilary hatte ihn davon überzeugen können, dass es wirklich besser sei, wenn alle im Team die Nummer aller anderen hatten. Und so hatte er sie ihnen halbwegs freiwillig und unter der Prämisse, dass sie wirklich nur für Notfälle war, überlassen. Um Ärger mit ihren andere Freunden zu vermeiden, hatte das Trio sich zusammengerissen und ihn zumindest nicht mehr durch Telefonstreiche geärgert – dafür war den dreien auch genug anderer Blödsinn eingefallen, mit dem sie Kai erfolgreich auf die Palme getrieben hatten. Aber was brachte die Nummer jetzt, wenn er sein Handy abschaltete? Dabei herrschte doch gerade ein Notfall, fand Naomi. Schließlich musste sie sich noch beschweren, weil er ihr nicht gesagt hatte, dass das Training ausfiel. Wobei das eigentlich nur ein Vorwand war. In Wirklichkeit vermisste sie ihren Freund, obwohl es gerade mal vierundzwanzig Stunden her war, dass sie sich gesehen hatten. Im Schneckentempo schlürfte sie weiter die Straße entlang, bis sie endlich bei Kai ankam. Müde und durstig ging sie die Treppe zu den Apartments hinauf und blieb vor der letzten Tür stehen, wo sie den Klingelknopf betätigte. Eine ganze Weile verging. Nochmals klingelte sie. „Wehe der ist jetzt echt nicht da“, grummelte sie innerlich. Wieder verstrich einige Zeit, in der die Tür vor ihr verschlossen blieb. Das Mädchen seufzte und wollte gerade noch ein letztes Mal klingeln, als ihr geöffnet wurde. Nun freudestrahlend verließ sie ihre, von der Hitze etwas geknickte Körperhaltung. Doch schon im selben Moment standen ihr leichtes Entsetzen und ein dezenter Rosaschimmer im Gesicht. Kai stand mit nassen Haaren und nur mit einem Handtuch um die Hüfte gewickelt vor ihr und hatte offensichtlich nicht mit ihr gerechnet: „Was machst du denn hier?“ „Ich… wollte dich sehen“, beschämt sah sie zur Seite, „Entschuldige, falls ich störe.“ „Ja, du störst“, er lehnte sich an den Türrahmen und fuhr sich durchs Haar, „Ich treibe es gerade wild mit einer meiner anderen Freundinnen.“ Fassungslos starrte sie ihn an. War das sein Ernst? Doch nun schmunzelte er: „Komm rein, damit ich die Tür zu machen kann. Ich will, dass die Hitze draußen bleibt.“ Damit packte er sie auch schon am Handgelenk und zog sie, ehe sie überhaupt reagieren konnte, an sich vorbei in die Wohnung, bevor er die Tür wieder schloss. „Dein Blick war zu göttlich“, amüsierte er sich weiter, als er sich nun zu ihr umdrehte. Sie sah ihn immer noch ungläubig an: „Entschuldige mal, ich bin nicht gerade daran gewöhnt, dass du Witze machst.“ „Es war einfach gerade zu verlockend. Aber ich kann dich beruhigen, ich stand nur gerade noch unter der Dusche. Also kein Grund zur Sorge“, nun lächelte er, „es gibt keine andere.“ „Gut zu wissen“, murmelte sie verlegen. „Also, warum bist du dann immer noch so rot?“, fragte er. „Na ja…“, verlegen sah sie kurz an ihm herab. Er folgte ihrem Blick und verstand. „Ich habe ja gesagt, ich stand gerade noch unter der Dusche, als du geklingelt hast. Aber keine Angst, das Handtuch bleibt schon da wo es ist…“, fies grinsend beugte er sich zu ihrem Ohr, ehe er hauchte, „meistens jedenfalls.“ Sichtlich darüber amüsiert, als die Farbe ihrer Wangen noch intensiver wurde, richtete er sich wieder auf. Sich bereits wieder dem Bad zuwendend, tätschelte er ihr den Kopf: „Setz dich. Ich komme sofort. Ziehe mir nur schnell meine Hose an, bevor du mir doch noch in Ohnmacht fällst.“ Damit verschwand er wieder im Nebenraum. Immer noch peinlich berührt, ließ Naomi ihre Sandalen an der Tür stehen und ging ins Wohnzimmer, wo sie zunächst ihre kleine Umhängetasche, die sie bei sich trug, auf dem Couchtisch ablegte und sich selbst auf das Sofa sinken ließ. Innerlich ärgerte sie sich etwas darüber, dass er sich über sie lustig machte, doch der Ärger war sofort vergessen, als sie nun das kühle Leder des Sofa an ihren Beinen spürte. Entspannt ließ sie sich zurückfallen, legte den Kopf nach hinten auf die Lehne und schloss die Augen, um die Abkühlung zu genießen. Allgemein war es dank Klimaanlage in Kais Wohnung angenehm temperiert. „Hast du dich von dem Schrecken erholt?“ Immer noch schmunzelnd, stand Kai wenig später neben ihr. Sie riss die Augen wieder auf, hob den Kopf und ihr erster Blick wanderte prüfend von seinem immer noch nackten Oberkörper auf seine untere Körperhälfte. Zu ihrer Erleichterung trug er nun ganz gewöhnliche Shorts. Sie sah wieder zu ihm auf und nickte stumm, während der Rosaschleier langsam von ihren Wangenknochen wich. „Du hast sicher Durst. Ich hole mal etwas zu trinken.“ Damit verschwand er auch schon wieder in der Küche, kam aber schon nach kürzester Zeit mit zwei Gläsern und einer Flasche Wasser zurück. Er stellte beides auf dem Couchtisch ab und ließ sich ebenfalls auf das Sofa sinken, bevor er ihnen einschenkte und ihr ein Glas reichte. „Danke.“ Sie nahm es, setzte an und trank es in einem Zug aus. Er beobachtete sie: „Na du musst ja kurz vor dem Verdursten gewesen sein.“ Naomi seufzte: „Kein Wunder bei den Temperaturen draußen.“ „Du musst mich wirklich sehr vermisst haben, wenn du dich für mich sogar durch diese Hitze quälst“, stellte er fest, während sie ihm das Glas hinhielt und er ihr nachschenkte. Sie weiter beobachtend, wie sie auch dieses Mal ohne abzusetzen austrank, lehnte Kai sich mit einem Arm auf die Rückenlehne und stützte seinen Kopf auf seine Hand. Seine Freundin sah auf das leeres Glas in ihrer Hand: „Na ja, du warst ja heute früh nicht bei Tyson. Und auf dem Handy konnte ich dich nicht erreichen. Ich hatte schon befürchtet, dass du gar nicht zuhause bist, als ich eben vor der Tür stand.“ „Der Akku ist leer. Deswegen ist es aus“, erklärte er nüchtern. „Gib mir mal dein Handy.“ Irritiert sah sie ihn an, als er ihr fordernd die Hand entgegenstreckte: „Wozu?“ „Frag nicht, sondern gib es mir einfach“, wiederholte er. Sie angelte es aus ihrer kleinen Handtasche und händigte es ihm misstrauisch aus. Er stellte die Wasserflasche beiseite, nahm es entgegen, tippte kurz etwas ein und reichte es ihr dann zurück. Verwirrt blickte sie auf das Display: „Was ist das für eine Nummer?“ „Wähl sie doch einfach mal“, forderte er sie auf. Sie sah ihn kurz unsicher an und dann wieder die Telefonnummer auf ihrem Handy, bevor sie ihr Glas wegstellte und zögerlich die Taste mit dem grünen Hörer betätigte und das Telefon an ihr Ohr hielt. Es dauerte einen Augenblick, als das erste Freizeichen zuhören war. Im selben Moment wirbelte sie herum, als das Telefon an der Wand neben der Küchentür klingelte. Sie legte auf und sah ungläubig von ihrem Handy zu ihrem Freund. „Jetzt solltest du mich eigentlich immer erreichen können, wenn ich zuhause bin“, lächelte er, bevor er sie ernst ansah, „die behältst du aber für dich. Außer deinem Großvater, der Reinigungsfirma, die hier putzt, und der Schulverwaltung hat die nämlich sonst keiner. Und das soll auch so bleiben.“ Sie nickte: „Versprochen. Danke.“ Sie konnte nicht so ganz glauben, dass er ihr tatsächlich seine Festnetznummer gegeben hatte. Was für andere eine Selbstverständlichkeit war, war für ihn ein tiefster Einblick in seine Privatsphäre. Darüber mehr als glücklich, speicherte sie die Nummer ab und steckte das Gerät wieder weg, wobei sich ihre Müdigkeit kurz in einem Gähnen ihrerseits bemerkbar machte. „Du hast aber wirklich Glück, dass ich jetzt da bin. Bin erst vor einer halben Stunde wiedergekommen.“ Nun drehte Kai sich wieder etwas von ihr weg, um sich mit dem Rücken anzulehnen und beide Arme entspannt über die Lehne zu legen. „Wo warst du denn?“, fragte sie neugierig. Er sah sie aus dem Augenwinkel an: „Hat Tyson euch nichts erzählt?“ „Das mit Max und wegen morgen Abend? Doch hat er“, antwortete sie. „Darum musste ich mich noch kümmern.“ Mehr gab er nicht Preis. Doch seine Freundin lehnte sich nun noch interessierter zu ihm herüber: „Sag schon, was hast du vor?“ „Nein. Ich verrate es dir nicht.“ Er blieb stur. Sie verschränkte die Arme und schob schmollend die Unterlippe vor: „Mann, erst quäle ich mich völlig umsonst aus dem Bett, weil weder du noch Tyson Bescheid gesagt hat, dass das Training ausfällt, und jetzt verrätst du mir nicht mal, was du geplant hast.“ „Erwartest du jetzt Mitleid?“, gleichgültig sah er sie an. „Ja.“ Wieder musste sie gähnen. Er lachte: „Du scheinst ja echt müde zu sein.“ „Mhm, eigentlich wollte ich nach dem Mittagessen schlafen. Aber…“ Sie sprach nicht zu Ende. Dafür tat er es: „Aber mich zu sehen war dir wichtiger.“ Wieder schaute sie verlegen zur Seite, als sie auch schon spürte, wie er sie kurz auf die Wange küsste. Mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen, lehnte sie sich an ihn, zog dabei ihre Beine mit auf die Couch und schloss die Augen: „Jetzt, wo ich dich gesehen habe, kann ich ja schlafen.“ Seine Antwort bestand nur aus einem sanften Lächeln. Er beobachtete sie noch einige Minuten stillschweigend, bis er bemerkte, dass sie tatsächlich allmählich einschlief. Vorsichtig stand er auf, dabei ihren Oberkörper jedoch festhaltend, damit sie nicht unsanft auf die Sitzfläche fiel. Er zog eines der kleinen Kissen nahe der Armlehne an die Stelle, an der er gerade noch gesessen hatte und legte ihren Kopf behutsam darauf ab, bevor er sich leise von ihr entfernte, um sie schlafen zu lassen. Bis in den frühen Abend hinein hatte Kai Naomi schlafen lassen. Erst als die untergehende Sonne den Himmel in erste Rottöne tauchte, hatte er sie geweckt und nachhause gebracht. Zu seiner Überraschung hatte ihr Vater ihn eingeladen, zum Abendessen zu bleiben. Wohlgleich Kai gemerkt hatte, dass es seine Frau gewesen war, die ihn dazu gedrängt hatte. Um nicht unhöflich zu sein, war der Einladung nachgekommen und ging nun, die Hände in seine Hosentaschen gesteckt alleine zurück nachhause. Es war inzwischen fast dunkel. Am Horizont war nur noch ein dünner rotorangener Streifen zu sehen. Dennoch entschloss er sich, einen Umweg durch den Park zu gehen, um sich noch etwas die Beine zu vertreten. Es war zwar immer noch sehr warm, aber um ein Vielfaches angenehmer als noch am Nachmittag. Und so ging er jetzt gemütlich den sandigen Parkweg entlang, dabei die Stille um sich herum genießend. Er musste an den vergangenen Nachmittag denken. Zwar hatte er es nicht gesagt, aber er hatte sich darüber gefreut, dass Naomi zu ihm gekommen war, weil sie ihn vermisst hatte. Er stellte sich gerade wieder den Anblick vor, wie sie friedlich auf seinem Sofa geschlafen hatte, als ihn jemand anderes in die Gegenwart zurückholte. „Was sitzt du denn noch so spät hier rum?“, fragte er die trübselig zu Boden sehende Person auf der Bank, vor der er Halt gemacht hatte. Den ganzen Tag hatte Max mit Tyson im Park verbracht. Sein Freund hatte Recht gehabt: Es hatte ihm wirklich gut getan mit ihm zusammen vor die Tür zu gehen und den Tag zu genießen. Auch wenn dieser sehr heiß geworden war. Es war heute unglaublich anstrengend gewesen, sich Tysons Willen zu beugen und den kleinen Nachwuchsbladern, die trotz des Wetters fleißig beybladeten, etwas von seinem Können zu zeigen. Doch Max hatte keine andere Chance gehabt, als sich von seine besten Freund mitreißen zu lassen, war dieser doch euphorisch wie eh und je an die Sache herangegangen. Und tatsächlich hatte der Blonde dabei für einige Zeit seinen Schmerz und seine Trauer vergessen. Doch die Kinder waren nun schon längst aus dem Park verschwunden. Und auch Tyson hatte sich, nachdem Max sich eine Stunde sein Magenknurren angehört hatte, von ihm breitschlagen lassen, nachhause zu gehen. Eigentlich hatte er Tyson, welcher sichtlich besorgt gewesen war, dass er alleine nur wieder Trübsal blasen würde, versprochen, auch nicht mehr allzu lange hierzubleiben. Doch nun saß der Blonde schon eine ganze Weile einsam in seinem verschwitzten T-Shirt auf der Parkbank, auf der sie sich zu letzt zum Ausruhen niedergelassen hatten. Und sein Freund hatte erneut Recht behalten. Wieder war er in seine einsamen finsteren Gedanken versunken. Traurig beobachtete er seinen eigenen Körperschatten, den die etwas flackernde Laterne schräg hinter ihm auf den Boden warf und dachte an Kyko. War es vielleicht doch seine Schuld, dass sie gegangen war? Hatte er sich falsch verhalten? Hatte er sie nicht genug beachtet? Oder hatte sie sich doch nur an ihn herangemacht, weil er halbwegs berühmt war und bei ihrem eigentlichen Schwarm Ray keine Chance gehabt hatte? Er hatte all diese Fragen auch Tyson gestellt, doch wie er erwartet hatte, hatte auch er keine Antworten darauf, außer, dass es nicht seine Schuld sei. Doch das reichte Max nicht - Er wollte die Gründe, warum sie gegangen war - Die Gründe, warum er ihr plötzlich nicht gut genug gewesen war. Aber würde er sie je erfahren? Max‘ spürte, wie eine kleine Träne sich den Weg aus einem seiner Augenwinkel bahnte und langsam über seine Wange lief. Doch er bemühte sich nicht einmal, sie aufzuhalten. „Was sitzt du denn noch so spät hier rum?“, hörte er plötzlich von der Seite, „Weinst du etwa?“ Erschrocken wischte er sich die Träne nun doch weg und sah auf. Dort stand Kai und sah nüchtern zu ihm hinab. Max verfluchte in diesem Moment sein eigenes Schicksal noch mehr: Über neun Millionen Menschen lebten in dieser verdammten Stadt. Warum also musste jetzt ausgerechnet sein Teamleader an ihm vorbeilaufen und ihn in so einem schwachen Moment sehen? Sicherlich stempelte er ihn jetzt als ein Weichei ab. „Nein, ich weine nicht“, versuchte Max den Starken zu mimen. Doch war er sichtlich überrascht, als Kai sich nun neben ihn setzte, über die Grasfläche vor ihnen blickte und in gewohnt kühler Tonlage reagierte: „Nein, tust du natürlich nicht. Dir ist nur etwas ins Auge geflogen.“ Max antwortete nicht, sondern sah wieder auf die Erde. „Es tut mir leid für dich, Max“, sprach der Graublauhaarige. Für einen Moment weiteten sich Max‘ traurige Augen, konnte er doch nicht so ganz glauben, was er da hörte. Doch schnell wurden sie wieder kleiner. „Willst du dich jetzt über mich lustig machen?“ Er hielt seinen Blick weiterhin gesenkt. Kai sah ihn an: „Ich meinte das ernst. Es tut mir wirklich leid.“ Nun schaute auch der andere für eine Augenblick wieder auf, bevor er geknickt murmelte: „Danke. Aber ich bin ja wohl selber Schuld.“ „Wer sagt das?“, wollte der Halbrusse wissen. Max seufzte: „Wenn man abserviert wurde, muss man sich ja irgendwie falsch verhalten haben.“ „Hast du dich denn verstellt?“, fragte Kai. Irritiert sah sein Freund ihn an: „Wieso verstellt? Nein habe ich nicht.“ Der andere sah wieder geradeaus über die Wiese und musterte die Bäume, die im fahlen Licht der Parklaternen und dem des kaum noch sichtbaren Abendrots nur schemenhaften erkennbar waren: „Na ja, wenn du zu ihr die ganze Zeit über so warst, wie du immer bist, wie kannst du dich dann falsch verhalten haben?“ „Willst du mich verarschen?“, Max verstand absolut nicht, was Kai meinte, „Man kann tausend Fehler machen. Auch wenn man man selbst ist.“ „Schon, aber wenn man jemanden liebt, liebt man dann nicht auch seine Fehler oder verzeiht sie ihm zumindest?“ Der Blick des Amerikaners wurde immer ungläubiger. Er verstand inzwischen zwar, was Kai sagen wollte, aber er war sich gerade nicht mehr so sicher ob da wirklich Kai neben ihm saß oder vielleicht einfach nur jemand, der ihm verdammt ähnlich sah. Der Graublauhaarige bemerkte seinen Blick und sah zurück: „Was? Ist doch so, oder nicht?“ Max blickte ihn noch eine ganze Weile weltfremd an, ehe er in den Himmel über ihnen schaute, an dem inzwischen ein Stern nach dem anderen aufleuchtete. „Ähm ja, eigentlich schon“, war wenig später seine Antwort. „Na also. Dann kannst du ja nichts falsch gemacht haben. Und somit ist es natürlich auch nicht deine Schuld.“ Kai zog die Hände aus den Hosentaschen und verschränkte die Arme vor der Brust, während er wieder zu den Bäumen hinübersah. „Aber warum ist sie dann weg?“, kam es leise von Max. „Keine Ahnung. Vielleicht hat sie einfach gemerkt, dass sie deine Fehler nicht geliebt hat und nicht damit klar kam. Vielleicht war es ihr aber auch einfach von Anfang an nicht ernst und sie hat dir nur etwas vorgespielt, aus welchen Gründen auch immer“, entgegnete der andere ruhig. Der Blonde reagierte nun etwas aufgebracht: „Das meinte Tyson schon! Wieso hätte sie es nicht ernst meinen sollen? Ihr könnt ihr so etwas doch nicht einfach unterstellen!“ Kai seufzte und drehte den Kopf nun wieder in Max‘ Richtung: „Das ist zum Beispiel so ein Fehler, den ich bei dir furchtbar nervig fände und mit dem ich nicht klar käme, wenn du ein Mädchen wärst: Du bist zu naiv, wenn es um andere Menschen geht – zumindest was die betrifft, die du magst. Die sind in deinen Augen scheinbar immer perfekt. Dass sie auch schlechte Seiten haben, willst du nie so ganz wahrhaben. Dabei haben wir die alle - der eine mehr, der andere weniger.“ Sprachlos blickte der anderen ihn an. Kai hatte so unglaublich Recht mit dem was er da sagte, stellte Max fest. Er war wirklich schrecklich gutgläubig, wenn es um Menschen ging, die ihm am Herzen lagen. Er würde keinem von ihnen etwas wirklich Böses zutrauen. Kai beobachtete ihn eine Weile, wohl merkend, dass ihm gerade so einiges klar wurde, bevor er aufstand und seine Hände wieder in die Hosentaschen wanderten. Er wandte sich gerade zum Gehen, als Max zu ihm hochsah: „Also sollte ich deiner Meinung nach beim nächsten mal misstrauischer sein? Oder am besten so wie du werden?“ Kai richtete seine Blick auf den Weg vor ihm: „Nein. Du sollst du bleiben. Aber du solltest dir ein Mädchen suchen, das deine positive Sicht auf Menschen nicht ausnutzt. Und ich sage ja auch gar nicht, dass Kyko das wirklich getan hat. Es ist nur eine Vermutung. Wissen tue ich es auch nicht. Das tut wahrscheinlich niemand außer ihr. Aber um das herauszufinden, musst du sie selber fragen.“ Max seufzte: „Nein danke, das werde ich ganz sicher nicht.“ Kai sah ihn noch mal über die Schulter hinweg an: „Was willst du dann tun?“ „Tyson sagte, ich soll sie einfach vergessen“, er sah wieder zu Boden, „aber so einfach ist das nicht, wie er meint. Aber wie soll er das auch verstehen?“ „Wahrscheinlich versteht er das wirklich nicht, weil er noch nie in der Situation war, vermute ich. Aber manchmal kann man sogar mal auf einen Tyson hören. Der hat nämlich überraschender Weise mit dem was er sagt gar nicht so oft Unrecht wie man meint.“ Erneut wollte Kai den Heimweg antreten. „Und du?“, doch nochmals hielt Max ihn nach kurzem Zögern verbal davon ab, „Warst du schon mal in so einer Situation?“ Kai hielt kurz inne, lächelte dann und hob die Hand ohne sich noch mal umzudrehen: „Sitz nicht mehr zu lange hier. Gute Nacht!“ Seinem Freund eine Antwort schuldig bleibend, trat er nun endgültig seinen Rückweg an und verschwand allmählich im Dunkeln. Max war wieder alleine. Doch nun mit ganz anderen Gefühlen als denen, die er noch hatte, bevor Kai aufgetaucht war. Der Anflug eines Lächelns huschte über sein ansonsten trauriges Gesicht: „Das hätte mich jetzt auch gewundert, wenn er mir geantwortet hätte.“ Wieder legte er den Kopf in den Nacken und blickte hinauf zu den kleinen Punkten am Himmel. Wahrscheinlich hatten er und Tyson Recht: Er musste sie vergessen, auch wenn das nicht einfach würde. Auf jeden Fall würde er ab sofort jedes Mal, wenn er wieder damit anfing, sich die Schuld dafür zu geben, an Kais Worte denken. Ja, er hatte und machte Fehler. Aber wenn sie der Grund waren, warum ein Mädchen nicht mit ihm zusammen sein wollte, dann war sie auch nicht die Richtige für ihn. Egal wie viel es ihm bedeutete – er wollte so geliebt werden, wie er war. „Hoffentlich haut das mit dem Vergessen bald hin“, seufzte er, bevor auch er sich auf den Weg nachhause machte. Der nächste Tag wurde ähnlich heiß wie der vorherige. Das mussten auch die vier Mädchen feststellen, als sie sich nun schon einige Zeit durch die Einkaufsstraßen in der Innenstadt quälten. Zwischendurch machten sie Stop in unterschiedlichen Geschäften – hauptsächlich um die Klimaanlagen in den Läden auszunutzen. „Na wenigstens ist es dank der Hitze nicht ganz so voll wie sonst“, stöhnte Sachiko, während sie sich mit dem Papierfächer, den sie gratis als Werbegeschenk in einem Laden abgegriffen hatte, Luft zu fächerte. „Voll wäre mir gerade lieber. Mein Eis schmilzt schneller als ich es essen kann“, stellte Hilary mit Blick auf den kläglichen Rest der Eiskugel in dem Waffelhörnchen in ihrer Hand fest. Naomi machte einen überlegenden Gesichtsausdruck: „Meinst du deine Eltern haben etwas dagegen, wenn wir bei euch im Wohnzimmer ein Planschbecken aufbauen?“ Sachiko grinste: „Solange wir kein Wasser einfüllen sicher nicht.“ „Dann ist es ja witzlos“, entgegnete ihre Freundin. „Uhi, wartet mal!“ Die Gruppe blieb überrascht stehen und drehte sich um, nachdem Mariah sie zum Haltmachen aufgefordert hatte und nun ein Schaufenster anstarrte. „Hmm? Was gibt es dann?“, interessiert lief Sachiko als erste zu ihr zurück. Die anderen beiden folgten ihr langsam. „Ach“, die Grünhaarige betrachtet nun ebenfalls die Ware ein Fenster weiter, das jedoch auch noch zum Geschäfte gehörte, „solche Lolitaklamotten.“ „Ja, aber die meine ich nicht. Sondern sowas. So eins wollte ich immer schon mal anprobieren“, Mariah deutete auf das Fenster vor dem sie stand. Die anderen positionierten sich neben ihr. „Ist das dein Ernst?“ Hilary blickte die Rosarothaarige ungläubig an, nachdem sie gerade das allmählich durchgeweichte Hörnchen weggeworfen hatte. Auch Naomi traute ihren Augen nicht, als sie sah, was ihre Freundin meinte: „Das sind doch Dienstmädchenuniformen. So wie die Bedienungen in Maid-Cafés sie tragen.“ „Ja, ich finde die total hübsch“, gab Mariah freudig bekannt. Sachiko grinste: „Ich auch. Ich habe mir neulich selber eine gekauft.“ „Du hast was?“ Naomi sah sie perplex an. Das Grinsen der anderen wurde immer breiter: „Ja und wenn ich es anziehe, tut Yamato alles für mich. Oder zumindest danach.“ Hilary und Naomi sahen sie entgeistert an. Offenbar wussten beide nicht, was sie davon halten sollten, verband man mit solchen Kleidern doch eindeutige Klischees. Doch Sachiko und Mariah schienen sichtlich Gefallen an diesen Outfits gefunden zu haben und in keinster Weise ein Problem damit zu haben, in die Rolle einer Maid zu schlüpfen. „Kommt, lasst uns reingehen“, rief letztere fröhlich. „Nein danke, ich verzichte.“ Naomi schien der Gedanken, sich in ein Dienstmädchen zu verwandeln sichtlich befremdlich. Auch Hilary wich ein Schritt zurück: „Ich warte auch lieber hier draußen.“ „Habt euch nicht so!“ Mit diesen Worten packte Mariah Hilary am Handgelenk und zog sie, gefolgt von Sachiko, die Naomi vor sich herschob, in den Laden. Augenblicklich eilte eine Verkäuferin auf sie zu, um sie zu beraten. Während Mariah und Sachiko das Angebot dankend annahmen und sich zu den besagten Kleidern führen ließen, hielten die anderen zwei weiterhin einen gewissen Sicherheitsabstand. „Meinst du sie merken, wenn wir uns heimlich raus schleichen?“, flüsterte die Blonde in Hilarys Richtung. Diese zuckte mit den Achseln: „Keine Ahnung. Ich hoffe nur, es hat uns niemand gesehen, der uns kennt, als wir reingegangen sind.“ „Mal den Teufel nicht an die Wand. Stell dir mal vor, einer unserer Lehrer… nein warte, stell es dir lieber nicht vor.“ Naomi wurde etwas blass um die Nase. Auch die andere fühlte sich nach wie vor unwohl. Nicht so Mariah, die bereits ein Kleid, welches ihr besonders gefiel, von der Stange genommen hatte und damit nun in einer Umkleidekabine verschwand. Während sie sich umzog, wandte die Grünhaarige sich ihren Freundinnen zu: „Jetzt steht da nicht so rum, als würde wir hier etwas verbotenes tun. Probiert doch auch welche an.“ „Nochmals: Nein, danke“, murmelte Naomi verlegen. Sachiko kam zu ihnen herüber und flüsterte ihr zu: „Kai fährt bestimmt auch total drauf ab, wenn du es für ihn anziehst und ihn ganz unterwürfig bedienst. Der kann sich dann gar nicht mehr beherrschen.“ „Du hast sie ja nicht mehr alle“, zischte Naomi leise, um die Aufmerksamkeit der anderen Leute im Geschäft nicht auf sich zu ziehen, „das ist ein Grund mehr, so etwas nicht anzuziehen! Das ist doch pervers!“ Ihre beste Freundin zog ein langes Gesicht: „Du kannst bei dem Thema so verklemmt sein, Nao. Übrigens musst du mir immer noch erzählen, wie das zwischen euch kam.“ „Ja, aber sicher nicht hier.“ Am liebsten wäre sie panisch aus dem Laden gerannt. Wenige Augenblicke später kam Mariah aus der Kabine und drehte sich einmal vor den anderen um die eigene Achse. Erwartungsvoll sah sie die Gruppe an: „Und wie findet ihr es?“ Sachiko hob ohne zu zögern beide Daumen: „Super! Du hast genau die richtige Figur dafür.“ „Na ja, es steht dir schon“, gab Hilary kleinlaut zu, „aber es ist immer noch das was es eben ist.“ Mariah warf ihren Pferdeschwanz, der ihr über die Schulter hing, zurück: „Ja und? Ich bin mir sicher, Ray wird seine Freude daran haben.“ „Wenigstens eine, die ihrem Freund gerne eine Freude macht.“ Sachiko fühlte sich bestätigt. Dafür erntete sie wieder skeptische Blicke des blonden Mädchens: „Das kann man ja wohl auch anders.“ „Ihr stellt euch ja wirklich an“, amüsierte die Rosarothaarige sich und widmete sich nun Hilary, „Du solltest dir auch so eins zulegen und das nächste Mal darin Tyson Frühstück machen.“ „In tausend Jahren nicht!“ Erschrocken hielt die Angesprochene sich die Hände vor den Mund und sah sich um, ob sie vielleicht zu laut gesprochen hatte. Doch dem schien nicht so. Zumindest schenkte ihnen niemand Beachtung. „Hach, schlimm mit euch.“ Mariah betrachte sich prüfen im Spiegel: „Ich nehme es jedenfalls.“ Erneut verschwand sie in der Umkleide. „Wer ist hier schlimm? Das seid ja wohl ihr“, stellte Naomi grimmig fest. „Ach ihr ändert eure Meinung auch noch.“ Selbstischer verschränkte die Grünhaarige ihre Arme vor der Brust. „Niemals!“, schoss es aus den anderen beiden heraus. Sachiko zwinkert ihnen frech zu: „Wir sprechen uns noch mal, wenn ihr es doch getan habt.“ Hilary schnaufte: „Ich warte jetzt draußen.“ Damit stapfte sie aus dem Geschäft. Naomi tat es ihr mit einem „Ich auch“ gleich. Die Zurückgelassene amüsierte sich innerlich herrlich, bis Mariah, die wieder ihr normales Sommerkleid trug, zu ihr zurückkam. „Man merkt gar nicht, dass die beiden noch keiner ins Bett bekommen hat“, witzelte sie leise. „Nein überhaupt nicht“, stimmte Sachiko ihr ironisch zu und wartete, bis die andere ihre Errungenschaft bezahlt hatte, bevor auch die beiden den Laden wieder verließen. Draußen trafen sie wieder auf die beiden immer noch verschüchterten Mädchen. Stolz hielt Mariah ihnen die Einkaufstasche mit dem Kleid entgegen: „So jetzt brauche ich dazu noch schöne Strümpfe, aber die bekomme ich sicher in einem Kaufhaus günstiger.“ „Schön“, Naomi lief bereits zielstrebig los, die Tasche dabei gekonnt ignorierend, „dann gehen wir da jetzt hin und holen dann endlich die Lebensmittel.“ Hilary folgte ihr umgehend, während die anderen zwei sich angrinsten, ehe sie ebenfalls mit dem Ziel Kaufhaus losliefen. Für die restliche Shoppingtour hielten sich Mariah und Sachiko damit zurück, wieder auf die Jungs zu sprechen zu kommen. Doch kaum, dass sie bei letzterer zuhause angekommen waren, sollte das Thema wieder aufblühen. Während Mariah und Hilary sich in der zum Wohnzimmer hin offenen Küche im Haus von Sachikos Familie daran gemacht hatten, das eben gekaufte Essen für ihren DVD-Abend anzurichten, schleppt die Gastgeberin ihre gesamte, nicht zu knapp ausfallende DVD-Sammlung aus ihrem Zimmer ins Wohnzimmer. Naomi saß dort auf dem Boden und spielte mit einer der drei Katzen, die hier herumliefen. „Hey du Faulpelz, du könntest auch mal was tun“, wies ihre Freundin sie an, nachdem sie den letzten Stapel Filme abgelegt hatte. „Du weißt, dass ich in der Küche zwei linke Hände habe.“ Naomi sah nicht auf, sondern befasste sich weiter mit dem Stubentiger, der sichtlich Freude daran hatte, nach der kleinen Spielmaus, die das Mädchen ihm immer wieder an einer Schnurr vor die Nase hielt und wieder wegzog, zu schlagen. „Also Gemüse schälen kannst du ja wohl auch“, äußerte die andere. „Ach das passt schon“, warf Hilary dazwischen, „Zwei sind für das Bisschen Arbeit wirklich mehr als genug.“ „Wenn das so ist“, Sachiko kniete sich auf den Fernsehsessel, der mit der Rückseite zu Naomi stand, legte ihre Arme auf die Rückenlehne und blickte zu ihrer Freundin hinunter, „dann will ich jetzt endlich wissen, wie das zwischen dir und Kai kam.“ Naomi hielt inne, während die Katze die Maus nun zu fassen bekam und wie wild begann daran zu ziehen. „Äh… also…“, sie stockte. „Ich erzähle es dir“, fing Hilary plötzlich an. „Hey, jetzt nicht du auch noch“, rief Naomi empört, „Ray kam mir schon zuvor, als ich es Mariah erzählen wollte.“ „Du druckst ja auch immer so lange rum“, fügte die Rosarothaarige hinzu. „Genau, also Ruhe da unten.“ Sachiko wandte sich nun interessiert den beiden Mädchen in der Küche zu. Und so begann Hilary zu erzählen, wobei Naomi den Kopf hängen lies und leise ein „Menno“ von sich gab. „Wow, da war ja einiges los bei euch, aber ich freue mich für dich“, nachdem die Braunhaarige ihre Erzählung beendet hatte, sah das Mädchen auf dem Sessel wieder zu ihrer Freundin hinunter und lachte, „Jetzt musst du den armen Kerl nur noch ranlassen.“ Naomi sah sie finster von unten an: „Das ist ja wohl meine Sache.“ „Klar, aber kein Mann wartet ewig“, antwortete Mariah ernst und stellte einige Leckereien auf dem Wohnzimmertisch ab. Die Blonde sah sie irritiert an, als Sachiko ergänzte: „Eben. Und du willst doch nicht, dass er sich anderweitig umsieht, oder?“ Die auf dem Boden sitzende blickte zwischen ihnen hin und her. „Woher wollt ihr überhaupt wissen, dass ich noch nicht…“ Doch wieder lag Verlegenheit in Naomis Stimme und sie sprach nicht zu Ende. „Du bist meine Freundin seit wir Kinder waren. Ich wüsste wenn es anders wäre – außerdem war dein Verhalten vorhin im Geschäft mit den Maid-Kleidern mehr als eindeutig“, erklärte Sachiko. Mariah nickte zustimmend: „Und Ray konnte dich gestern auf dem Heimweg auch damit aus der Reserve locken.“ „Manchmal hasse ich Ray“, seufzte sie, ehe sie die Arme verschränkte und in Hilarys Richtung sah, „aber wenigstens stehe ich dazu, dass ich Kai liebe, und bin damit in meiner Beziehung einen großen Schritt weiter als andere hier im Raum.“ Hilary, die eigentlich froh gewesen war, aus der Diskussion bisher herausgehalten worden zu sein, wurde nun rot, zumal auch die anderen beiden sich nun ihr zuwendeten. „Da hat sie Recht.“ Das Mädchen wich ein Stück zurück, als Mariah es nun durchdringend ansah: „Wie das mit dir und Tyson noch mal was werden soll, ist mir wirklich ein Rätsel.“ „Ich liebe ihn aber nicht! Er ist ein Idiot, der ständig auf mir rumhackt“, zischte Hilary. „Ja klar. Deswegen regst du dich auch so auf, wenn man das sagt. Und weil du ihn so hasst, hast du ihm gestern auch Frühstück gemacht“, Mariah winkte ab und setzte sich aufs Sofa, „Aber denk dran: So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch wieder heraus.“ Während es sich auch die anderen beiden vor dem Fernseher gemütlich machten, blieb Hilary noch an der Küchentheke stehen und sah stumm zu ihnen hinüber. Während ihre Freundinnen sich nun über die DVDs hermachten, um den ersten Film auszusuchen, versank sie selbst für einen Moment in ihre Gedanken: Warum mussten sie alle immer wieder darauf ansprechen? Zugegeben, sie hätte gerne auch endlich einen Freund gehabt. Aber wie kamen immer alle auf Tyson? Sie und er gifteten sich doch ständig gegenseitig an. Gut, nicht immer, das musste sie sich selbst eingestehen. Und ja, sie hatte ihm gestern zum wiederholten Mal etwas zu essen gemacht. Und wieder hatte sie dabei ein eigenartiges Gefühl beschlichen, aber das konnte unmöglich Liebe sein. Dafür hatte sie in manchen Situationen viel zu sehr das Bedürfnis, ihn zu erschlagen, wenn er sich über sie lustig machte. Oder war es genau das, was Mariah eben gemeint hatte? Schließlich hielt sie sich auch nicht immer zurück, was bissige Kommentare ihm gegenüber betraf. „Hey, jetzt schlag da keine Wurzeln, sondern komm rüber“, riss Naomi sie plötzlich aus ihren Gedanken, weshalb sie sich letztlich zu ihnen hinüber gesellte. „Da bist du ja endlich“, kam es von Kenny, als Tyson etwas abgehetzt um zehn nach acht vor dem Hause der Tates ankam. „Sorry, ich habe die Uhrzeit aus den Augen verloren.“ Er keuchte, da er fast den ganzen Weg gerannt war, obwohl das Thermometer immer noch an die dreißig Gradmarke heranreichte. „Na ja Hauptsache, du hast den Weg hergefunden“, merkte Ray spöttisch an. Der Japaner rümpfte die Nase, ehe er zu Max Zimmerfenster auf sah: „Was ist mit ihm?“ „Kein Ahnung“, antwortete der Schwarzhaarige, „wir wollten erst auf dich warten.“ „Gut, dann hole ich Max.“ Damit stand Tyson auch schon vor der Tür und klingelte. „Aber beeil‘ dich!“ Erstmals meldete sich nun auch Kai zu Wort, der bisher gewohnt abweisend neben den anderen stand: „In zehn Minuten kommt das Taxi.“ „Taxi?“, fragte Kenny verwirrt. „Ja, ich habe ja schon damit gerechnet, dass wir nicht eher hier wegkommen“, antwortete er mit Blick zu Tyson, „und es deswegen direkt erst für zwanzig nach acht bestellt.“ „Also ich will langsam echt mal wissen, wo du mit uns hinwillst. Und wer dann noch das Taxi zahlen soll“, Kenny beschlich wieder sein ungutes Gefühl. „Das überlass mal mir“, beschwichtigte er ihn. Der Braunhaarige seufzte lediglich, während Tyson die Tür geöffnet wurde. Es war Max, der dies tat und nun ihn und seine anderen Freunde irritiert ansah: „Was macht ihr denn hier? Und dann noch in dem Aufzug.“ Er war sichtlich verwirrt, da sie alle ausnahmslos kurzärmlige Hemden und Jeans trugen. An und für sich war es nichts Ungewöhnliches. Besonders Kenny und Kai liefen öfter auch außerhalb der Schule in Hemden herum. Doch angesichts des Wetters fand er es auch bei ihnen merkwürdig, genauso wie die langen Hosen. Tyson, der ein rotes Hemd offen über einem weißen T-Shirt trug, zuckte mit den Achseln: „Anweisung von Kai. Wir sollen uns „ordentlich“ anziehen.“ „Richtig. Und das gilt auch für dich.“ Kai musterte Max scharf. Der Blonde blickte an sich hinab: Er trug Shorts und ein schlichtes, etwas verwaschenes T-Shirt. Er sah wieder auf: „Hä, wozu?“ Tyson grinste und schob ihn ins Haus: „Keine Ahnung, aber du solltest dich umziehen. Sonst motzt er wieder rum.“ „Was habt ihr denn vor?“ Max ging gefolgt von seinem Freund auf sein Zimmer, während die anderen vorm Haus warteten. „Eine Überraschung für dich“, erklärte Tyson, als sie nun in seinem Zimmer standen. „Ach deswegen wart ihr alle nur so kurz vorhin da.“ Max erinnerte sich an den bisherigen Verlauf seines Geburtstages: Seine Freunde waren vereinzelt nach und nach bei ihm aufgetaucht, hatten ihm knapp gratuliert, je ein Geschenk in die Hand gedrückt und waren wieder verschwunden. Er sah auf die noch ungeöffneten Päckchen auf seinem Schreibtisch: „Und ich dachte schon, ihr wollt jetzt alle nichts mehr mit mir zu tun haben.“ Der andere grinste: „Nein, wir wollten dich nur etwas hinhalten.“ Er verzog ironisch das Gesicht: „Danke, sehr nett.“ „Jetzt hau rein und zieh dich um. Du hast keine zehn Minuten mehr. Sonst flippt Kai sicher aus.“ Tyson lehnte sich an die Zimmerwand. Max ging mit gemischten Gefühlen an seinen Kleiderschrank. Bis eben hatte er diesen Geburtstag noch als den traurigsten seines ganzen bisherigen Lebens empfunden und jetzt war er vollkommen verwirrt durch das plötzliche und unerwartete Auftauchen seiner Freunde. Doch er schaffte es, seinen Kleidungsstil innerhalb der vorgegebenen Zeit dem der anderen anzupassen und sich auch ansonsten zu Recht zu machen. Letztlich stand er mit den anderen vor der Tür, nachdem er sich von seinem Vater, der ebenso überrascht, aber gleichzeitig froh darüber schien, dass er mit seinen Freunden wegging, verabschiedet hatte: „So und wohin wollt ihr mich jetzt verschleppen?“ „Das weiß nur er – war übrigens auch seine Idee.“ Ray deutete auf Kai. „Ist ein Witz oder?“ Der Blonde beäugte ungläubig den Teamleader. Doch dieser antwortete kühl, als auch schon ein Großraumtaxi vorfuhr: „Sieh es als mein Geburtstagsgeschenk an. Und jetzt steigt ein. Sonst nehme ich es wieder zurück.“ Da nicht nur Max sondern auch die anderen inzwischen mehr als neugierig waren, was Kai sich da als Geschenk überlegt hatte, taten sie, was er sagte, ehe sich der Wagen wieder in Bewegung setzt. _____________________________________________________________ Etwas länger geraten, als ursprünglich geplant. Aber na ja... jetzt erfahrt ihr auf jeden Fall im nächsten Kapitel was Kai vor hat. Ich glaube, man kann es sich eh schon denken. Dinge ungewollt in die Länge zu ziehen, habe ich in den 4 Jahren jedenfalls nicht verlernt. |D Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)