The Deep Souled Soldier von Tsutsumi ================================================================================ Kapitel 3: Phase 3 ------------------ Titel: The Deep Souled Soldier Teil: 3/4 Warnung: AU, -sans und -chans an Namenenden, Briefstil Pairing: Soryu Asuka Langley x Kensuke Aida Widmung: Nyx-chan Kommentar: Es ist recht schwer, so eine FanFic zu erklären. Es fing alles damit an, dass ich herausfand, dass die beiden oben Genannten sehr gut zusammenpassen würden. Ein angefangenes RPG und unermüdliche Diskussionen mit der oben Bewidmeten später vertiefte diesen Eindruck. Warum die Personen in der FF miteinander umgehen wie sie es nun mal tun, lässt sich nur so erklären: Sie müssen schon eine relativ lange Beziehung bis hierher geführt haben. Bitte seht das als Vorraussetzung. Alles andere sollte sich von selbst erklären.^^ Disclaimer: Charas gehören nicht mir, sondern Hideaki Anno und Gainax. Von mir erfunden wurde das Kriegsland sowie der Konflikt, die vorherschenden militärischen Verhältnisse, die berichtende Zeitung (Shin Asayomi) und sämtliche Adressen. The Deep Souled Soldier- Phase 3 26.04.2021 Kensuke, Vor ungefähr einer Woche rief dein Vater bei mir an. Ja, die Botschaft hat geantwortet, nur nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Scheinbar schreiben diese Flachwichser nur an nächste Verwandte, bzw. an Eheleute. Hätte ich dich damals etwa auch noch ehelichen sollen um jetzt zu erfahren, was Sache ist?! Dieser ganze Bürokratiescheiß regt mich auf! Du giltst jetzt als vermisst. Weißt du das eigentlich? Oder gibt es inzwischen doch nichts mehr für dich zu wissen? Um ehrlich zu sein, habe ich erst mal das halbe Mobiliar meiner Wohnung zertrümmert. Ich dachte nicht mehr an meine Pläne, dir das irgendwann zu zeigen. Im Klartext heißt „Vermisst“ nichts anderes als dass man dich abgeschossen hat und du jetzt irgendwo im Sand liegst, dich nur noch keiner gefunden hat um sicher sagen zu können „Sorry. Ms. Langley, aber Ihr Freund ist tot“. Ich bin drei Tage nicht zur Uni gegangen und hing eigentlich fast nur bei Nerv herum. Sogar geschlafen habe ich dort. Ich hatte das Gefühl, dass Eva in meiner Nähe mir eine Sicherheit geben könnte, die ich ganz dringend brauchte. Ich war sogar so geistlos und habe den Kommandanten gebeten, mich einfach in Eva einsteigen zu lassen und einfach drin sitzen zu lassen. Das hat der Kerl natürlich nicht verstanden. Denn wenn ich das gemacht hätte, hätte es sich wieder angefühlt wie vor vier-fünf Jahren. Als ich noch was verändern konnte. Irgendwann kamen Shinji und Touji und haben mich wieder ans Tageslicht gezerrt. Die haben ganz schön Prügel einstecken müssen. Und jetzt... Jetzt befinde ich mich in einer seltsamen Lethargie. Ich schwänze die Uni und schlafe bis um zwei nachmittags. Einerseits schelte ich mich selbst, dass ich mich so hängen lasse, andererseits ist es das erste Mal in meinem Leben, dass ich mich überhaupt gehen lasse. Ich gestehe mir eine gewisse Schwäche selbst zu. Kannst du dir das vorstellen? Früher wäre ich lieber gestorben als mir Schwäche zuzugestehen. Ich kann nicht aufhören, Briefe zu schreiben. Es ist wie eine Sucht, wie eine Vergewisserung Verbindung zwischen uns. Die ollen Briefe waren immer eine Verbindung, und wenn ich sie weiterschreibe, bleibt wenigstens nicht so das Gefühl, dass man dich mir weggenommen hat. Es ist alles, was ich tun kann im Moment. Schreiben. Ich bin auch nicht mehr sauer auf dich. Ab jetzt werde ich dir deine Entscheidung von damals nicht mehr vorhalten. Denn du hattest Recht- jetzt ist es ohnehin nicht mehr zu ändern. Ab morgen werde ich mich wieder zusammenreißen. Ich kann nicht einfach aufhören. Ein „vermisst“ ist kein „tot“, jedenfalls nichts 100%ig. Und du kennst mich, ich verlange für etwas Wahrhaftiges immer 100%. Wo auch immer du gerade bist, ich hoffe, es geht dir gut. Weißt du noch, dass ich dich liebe? Asuka 13.05.2021 Kensuke, Neulich ertappte ich mich in der Vorlesung dabei, wie ich deinen Namen murmelte. Entweder irgendwas in mir dreht ab oder es war eine Erinnerung. Seit fast zwei Jahren hab ich dich nicht mehr gesehen, bzw. dich nicht angesprochen mit diesem Namen. Und das letzte Mal, dass ich dich gehört habe, war auf dem Videoband. Ich habe Streit mit Misato und sogar mit Kaji-san, kannst du dir das vorstellen? Die beiden wollten nun doch mit ihrer Hochzeitsplanung anfangen. Irgendwo kein Wunder, die beiden sind jetzt jenseits der 30, irgendwann wollen sie ja auch unter die Haube kommen. Obwohl ich nicht verstehen kann, warum man nur zwangsläufig glücklich wird, wenn man einen Ring trägt und den gleichen Namen. Ihr Japaner seid so rückständig! Jedenfalls habe ich ihnen indirekt verboten, an ihrer Hochzeit herumzuplanen, wo du doch jetzt noch nicht da bist. Sie haben mich ganz mitleidig angesehen, was mich so wütend gemacht hat, dass ich seit einer Woche kein Wort mehr mit ihnen rede. Wahrscheinlich halten die mich für eine Traumtänzerin. Das kotzt mich so an! Shinji ist zur Zeit meine Vebindung zu dem Haus. Mit ihm komme ich zur Zeit ganz gut klar. Irgendwo geht es mir auf die Nerven, wenn er und Touji versuchen, sich um mich zu kümmern. Denn so habe ich das Gefühl, dass sie mir nur Mitleid schenken wollen oder sich verpflichtet fühlen, die Freundin ihres besten Freundes aufzumuntern. Auf der anderen Seite aber lenken mich die beiden mit ihrem Blödsinn tatsächlich ab. Und sie meinen es wahrscheinlich doch nur gut. (Siehst du, vor einiger Zeit habe ich das auch noch ganz anders gesehen. Es ist als hättest du mich sehr verändert, obwohl du gar nicht bei mir bist.) Ich denke ständig an dich. Wenn du das hier liest, wo auch immer du bist, gib mir ein Lebenszeichen! Ich schreibe meine Adresse auf dem Absender mit wasserunlöslichem Stift und lege sie dir noch mal auf einem Zettelchen mit ein paar Briefmarken bei, nur zur Sicherheit. Vielleicht hilft dir das? Guck, ich schreibe es dir noch mal auf; Ich liebe dich. Und ich würd´s wieder schreiben. Asuka 06.06.2021 Kensuke, Heute hat Shinji Geburtstag, und das hat mich stutzen lassen. Er wird 20 heute und freut sich tatsächlich darüber. Dabei musste ich daran denken, dass du in drei Monaten auch schon zwanzig wirst. Nicht zu fassen, dass es schon zwei Jahre her ist, seitdem du weggegangen bist; acht Monate seit deinem letzten Brief und ein halbes Jahr seitdem man dir den Stempel „vermisst“ aufgedrückt hat. Inzwischen denke ich fast nur noch in diesen lächerlichen Monatszahlen und es regt mich auf. Shinji macht heute Abend eine Sause. Nicht zu glauben, oder? Er hat ein paar Leute aus unserer ehemaligen Klasse eingeladen, unter anderem auch Hikari. Sogar Ayanami hat sich dazu durchgerungen, mal unter Menschen zu kommen. Vorhin war sein Vater bei ihm zu Hause und hat ihm wohl gratuliert. Er musste mir natürlich ganz begeistert davon erzählen, der Angeber. Als ob mich das tangiert! Aber ich freu mich für ihn. Ich wusste nicht, dass man hierzulande erst mit 20 als richtig erwachsen gilt. Das heißt, dass Touji immer noch ein Kind ist! Muss ich ihm nachher direkt unter die Nase reiben! Ich habe mich mit Misato und Kaji-san versöhnt. Das heißt, die beiden haben sich bei mir entschuldigt. Gut so, anders hätte ich das nicht akzeptiert. Die Hochzeitsplanung wird verschoben um ein halbes Jahr. Eigentlich nur ein Verschieben des Problems und des Konfliktes, aber ich hab eingewilligt. Gleich muss ich los. Es wird komisch sein ohne dich. Wie immer, wie schon seit zwei Jahren. Shinji meinte vorhin zu mir, dass er einen Platz extra decken wird für dich, so rein symbolisch. Erst habe ich mich furchtbar darüber aufgeregt, weil das so was von Begräbnis und Tod hat. Aber dann habe ich gar nichts mehr gesagt und einfach aufgelegt (wir waren beim Telefonieren), weil mir plötzlich die Tränen kamen. Ist das zu fassen? Jetzt werde ich nachher nur diesen leeren Platz anstarren können. Vielleicht sollte ich mich betrinken-? Ich denke stets an dich. Liebe dich! Asuka 13.07.2021 Asuka-chan, Ich lebe, das zuerst einmal. Und ich bin einigermaßen gut am Leben, das zum Zweiten. Es gibt soviel zu erzählen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Es fällt mir auch schwer, hier auf dem Papier mit diesem Stift herumzukratzen, der kaum funktioniert, meine Hand zittert auch sehr- Verzeih also meine Sauklaue!- aber ich werde mein Bestes versuchen! Ich bin in Gefangenschaft. Keine Ahnung, ob die Bezeichnung gerechtfertigt ist, denn ich habe bis heute nicht herausbekommen, ob die mich als Geisel sehen oder als Kriegsgefangenen oder was weiß ich noch. Wahrscheinlich spielt alles ein bisschen zusammen. Den Anfang nahm das alles im November letzten Jahres als ich wieder vier Tage lang durchgehend ganz vorne an der Front war. So genau weiß ich nicht mehr wie das war, einige Erinnerungen sind wie weggesprengt, jedenfalls krachte es mitten in der Nacht plötzlich und ich wurde aus dem Graben geschleudert. Alles, woran ich mich erinnern kann, war, dass mir irgendwo Blut über das Gesicht lief und neben mir ein abgerissener Arm lag und ich schnell meine Hände hochriss um mich zu vergewissern, dass es nicht mein Arm war. Dann wurde alles schwarz und ich bin erst viel später wieder zu mir gekommen. Da war ich längst verschleppt. Das war eindeutig das Härteste, was ich je erlebt habe. Ich bin irgendeinem „Lazarett“ aufgewacht (den Namen hat diese provisorische Bandagenstation nicht verdient) als mir irgendeine Frau einen Verband ums Bein wickeln wollte, obwohl aus der Wunde Eiter und irgendwelche schwarzen Bruchstücke quollen. Verzeih, meine Gedankengänge sind gerade so durcheinander, und ich habe nicht viel Zeit zum Schreiben, darum nimm´s mir nicht übel, wenn ich auf irgendwas kaum eingehe und auf was anderes so detailliert. Von medizinischer Versorgung hat man jedenfalls nicht viel gesehen. Es gab außer Morphium kein Schmerzmittel. Ich hatte also die Wahl zwischen tierischen Schmerzen oder mir das Hirn wegblasen lassen. Habe mich dann doch für letzteres entschieden. Ich weiß bis heute nicht, warum man mich nicht einfach abgeknallt hat. Zwischendurch habe ich es mir gewünscht, das gebe ich zu. Alles hier ist dunkel, weil wir hier halb unterirdisch sind. Den ganzen Tag sprechen die Leute in ihrer Sprache zu mir, was heißt, dass ich seit acht Monaten nicht wirklich verstehe, was die von mir wollen. Das fing an mit irgendwelchen Verhören, sobald ich nicht mehr halb weggedriftet war. Wahrscheinlich war das der Grund, warum man mich hat lebenlassen. Allerdings hätten die sich doch gleich denken können, dass ich sie nicht verstehe! Ich habe versucht verständlich zu machen, dass ich Japaner bin und zur Not auch Englisch kann, aber diese abgewrackte Organisation hier hat bis heute keinen aufgetrieben, der das auch kann. Eine Zeitlang war ich so was wie der allgemeine Punchingball, so lächerlich das auch klingt. Wenn die Leute frustriert waren, hatten die jemanden, auf den sie schimpfen und manchmal auch treten konnten. Irgendwann haben sie mich dann aber in Ruhe gelassen. Mittlerweile kann ich mich hier sogar einigermaßen frei bewegen, mache Küchendienste, repariere Waffen, was gerade so anfällt. An Flucht ist nicht zu denken, zumal ich mit dem Bein noch immer hinke. Es tut auch noch weh wie am ersten Tag. Ich versuche immerzu, mich nützlich zu machen um zum Erschießen zu schade zu sein. Und dann das Wunder! Heute kamen die mit einem Stapel Briefe an! Deinen Briefen! Kannst du dir das vorstellen?? Soweit ich das mit den wenigen Worten verstanden habe, die ich inzwischen kann, haben die mein altes Lager angegriffen und in Schutt und Asche gelegt. Im Büro des Colonels stapelten sich deine Briefe. Einer, der hier um mich herum und relativ freundlich ist hat meinen Namen auf der Adresse wiedererkannt (den musste ich ihnen am Anfang aufschreiben) und hat das Bündel einfach mitgenommen! Ist das zu fassen? Ich glaube, die denken jetzt, ich wäre total durchgedreht, weil ich anfing zu johlen und zu heulen vor Glück. Ich musste mich schnellstmöglich wieder einkriegen. Aber jetzt, mit deinen vielen Briefen um mich herum, geht es mir gerade extrem gut! Es tut mir Leid, dass du und die anderen euch so große Sorgen gemacht habt und dass du solche Angst hattest! Ich habe zwischendurch fiebernd überlegt, wie ich mich der Welt mitteilen kann, damit ihr eben nicht denkt, dass ich irgendwo im Sand verrotte. Das mit der Vermisstmeldung konnte ich mir nämlich denken. Ich weiß nicht, ob ich die Leute hier dazu überreden kann, den Brief irgendwie loszuschicken. Wahrscheinlich gar nicht. Diese Basis hier ist streng geheim und sie können meine Sprache nicht, wissen also auch nicht, ob ich hier nicht irgendwas über meinen Standort geschrieben habe. (Obwohl ich ohnmächtig hier angekommen bin, das wissen die doch! Werde versuchen, es ihnen irgendwie beizubringen) Ich werde mein Bestes versuchen und einfach die Briefmarken vorne draufkleben, die du mir geschickt hast. Wie bist eigentlich an die Briefmarken dieses Landes hier gekommen?! Du bist ein echtes Genie! Asuka-chan, ich danke dir, dass du mich nicht aufgegeben hast, trotz der langen Funkstille. Du bist die Allergrößte für mich! Ich liebe dich unheimlich! Dein Kensuke 20.08.2021 Kensuke! Willst du meine erste Reaktion wissen als ich heute morgen ganz beiläufig zum Briefkasten gegangen bin und mir dein Brief entgegenfiel? War ungefähr so: „Oh Gott! Oh Gott! OhGottohGottohGottohGottohGott!” Allein deine Handschrift hat meinen Puls auf 220 getrieben! Du lebst! Du hast es geschafft, diesen Brief bis hierher zu bekommen! Ich bin sprachlos! Ich wollte heute zur Uni, hatte ohnehin nur eine Vorlesung, aber ich war so fertig, dass ich gar nicht erst losgefahren bin. Ich hab erst mal alle Leute angerufen, die es was angeht; Misato und Kaji: Jubelschreie. Shinji: Ein Seufzer der Erleichertung plus Jubelschrei. Touji: „Yesss!“ plus Jubelschrei plus hysterischem Anfall, Nein, der hat sich nicht verändert. Auf der anderen Seite kam nach der anfänglichen Erleichterung die Ratlosigkeit. Ich weiß doch nicht, wohin ich den Brief hier jetzt schicken soll. Und wer versichert mir, dass diese Leute nicht doch durchdrehen und du am Ende nicht doch tot bist? Meine Gedanken und mein Puls fahren Achterbahn, und wieder einmal bin ich ratlos und hasse es, nichts tun zu können. Und überhaupt, was meinst du mit Punchingball? Was haben dir diese Wichser angetan?! Auch wenn ich noch nie einen Menschen umgebracht habe, jetzt würde ich es garantiert tun! Nun, wohin soll ich den Brief jetzt schicken, wenn ich nicht weiß, wo du bist? Und wenn dein altes Lager nicht mehr steht...? In der Hoffnung, dass der Stützpunkt wieder zurückerobert wurde, werde ich ihn einfach mal dahinschicken. Habe ich eine andere Wahl..? Halt durch! Irgendwie kriegen wir das schon hin! Wenn du bis hierhin gekommen bist, wird es auch weitergehen! Ich liebe dich! Asuka 25.08.2021 Asuka-chan, Ich weiß, du kannst mir nicht antworten, aber ich werde einfach weiterschreiben. Wenn wir zuerst die einseitige Verbindung von dir her hatten, machen wir das jetzt einfach mal andersrum. Ich werde einfach weiterschreiben, weil ich damit etwas tue. Ich meine, was anderes als nur herumsitzen und zittern oder Kartoffeln schälen oder so etwas. Man wird irgendwie dumm dabei. Nein, dumm ist das falsche Wort- eher träge und stumpf. Jeden Tag gibt es so einen seltsamen Brei zu essen (für mich versteht sich, die Rebellen essen etwas besser), habe bis heute nicht rausgefunden, was das genau ist. Aber ich bin davon nicht gestorben und habe keine Halluzinationen entwickelt, also geht es. Zwischen den Mahlzeiten ist halt nur Rumsitzen angesagt oder ich versuche mich eben nützlich zu machen um ihnen täglich auf´s Neue zu beweisen, dass ich zu wichtig bin um geköpft zu werden. Inzwischen haben sie sich ja auch irgendwo mit mir abgefunden. Der eine Typ, der den Brief für mich in die Stadt gebracht hat (wo auch immer hier eine Stadt ist), ist recht freundlich. Ich hoffe mal, er übernimmt den Job auch weiterhin, sonst bin ich ganz schön angeschmiert. Wahrscheinlich bin ich doch ein Überredungskünstler, dass ich ihn dazu brachte, den letzten Brief wegzuschicken. Überlebens- und Überredungskünstler- bist du nicht stolz auf mich? Was eigentlich am Allerbelastendsten ist, ist die Dunkelheit. Ich hab seit neun Monaten keine Sonne mehr gesehen. Nur das Licht hier in dieser Höhle. Genau genommen weiß ich nicht mal, woringenau ich hier bin. Ob nun Höhle oder unterirdischer Schacht oder wasweißichwas. Dunkelheit, Dämmerlicht und kein wirklich freundliches Gesicht seit einer Ewigkeit. Manchmal will man da die Hoffnung aufgeben. Ich vermisse dich, Asuka! Ich vermisse all das, was ich verlassen habe. Du hattest damals Recht, wenn du mit mir gemeckert hast, von wegen falsches Bild von einem Soldaten. Manchmal stell ich mir vor, wie es so wäre, einfach wegzugehen, nach Hause zu fahren. Zu Hause auszuschlafen. Eben so alltägliche Dinge. Ramen essen. Baden fahren. Tekken zocken. Oder mit dir campen. Oder einfach Musik hören. Hab mich schon dabei ertappt, wie ich mir selbst was vorgesungen habe. Manchmal, da gibt es so Momente, in denen ich das Gefühl habe, verrückt zu werden. Ich kann schlecht schlafen, darum kommen mir Träume manchmal so vor, als würde ich wach sein. Einmal habe ich geträumt, dass du plötzlich im Raum stehst und bin dementsprechend krakeelend wachgeworden. Im nächsten Moment hatte ich dann doch wieder den Gewehrlauf an der Schläfe. Nichts zu machen. Ich muss aufhören, gerade ist hier heftige Unruhe. Ich schaue, ob ich dem Kerl von letztends den Brief wieder zustecke. Liebe dich sehr! Dein Kensuke 12.09.2021 Kensuke, Alles Gute zum Geburtstag! Es ist kaum zu glauben, dass du heute schon zwanzig wirst. Es ist zwei Jahre her, dass ich dich vis-á-vis gesehen habe. Gestern kam dein Brief hier an. War so komisch zugeklebt und der Umschlag halb zerfetzt. Sieht so aus, als ob dein freundlicher Kerl neugierig war und ihn noch mal aufgerissen hat. Möchte wissen, worin der Sinn liegt, einen Brief aufzureißen, dessen Sprache darin man nicht versteht. Bist du sicher, dass der so freundlich ist wie er tut? Scheiße, dass du meine Antworten nicht bekommst! Ich habe ein ungutes Gefühl bei der Sache und kann dich nicht einmal warnen! Verflucht! Du darfst diesen Knilchen nicht vertrauen! Das klingt jetzt wahrscheinlich total altklug, aber vergiss nicht, dass du da beim Feind sitzt. Ich weiß nicht, was ich sonst noch schreiben soll. Alles Alltägliche hier kommt mir zu nichtig und blöde vor als dass ich es aufschreiben sollte. Es ist auch nicht viel passiert. In letzter Zeit versuche ich wieder, die Nachrichten zu verfolgen. Aber die bringen kaum noch was zu dem Krieg- ist wahrscheinlich nicht mehr medientauglich genug. Könnte diese Medienheinis alle umbringen! In was für ein Land bin ich damals gewandert, in dem man keine brauchbaren Informationen bekommt?! Normalerweise bin ich nachtragend, das weißt du. Aber du brauchst nicht mehr zu betonen, dass ich Recht hatte. Ich gebe zu, als du damals weggingst, war ich sauer auf dich. So sauer, dass ich dachte, es würde dir nur gut tun, mal auf die Schnauze zu fliegen und zu sehen, wie das Leben wirklich aussieht. Dass dir irgendwer deine bescheuerten, überromantischen Vorstellungen eines Soldaten austreibt. Aber die Strafe, wenn man es überhaupt so nennen kann, ist viel zu hart. Es ist unfair. Aber wahrscheinlich ist es so, wenn man sich mit dem Schicksal einlässt. Dabei ist alles, was ich will, doch nur, dass du bald hier vor der Tür stehst. Ganz und gar und gesund. Asuka 13.09.2021 Asuka-chan, Hier ist die Unruhe ausgebrochen. Ich hab keine Ahnung, was hier los ist- ob der Unterschlupf entdeckt wurde und nun belagert wurde oder dergleichen. Die Leute rennen total aufgeregt durch die Gegend, bewaffnen sich und schlafen seit zwei Nächten kaum noch. Dazu kommt noch, dass sie mich wieder eingesperrt haben und ich jetzt nur durch die Tür höre, wie draußen gemurmelt wird. Eher getuschelt. Und mich sucht eine abartige Vermutung heim. Vielleicht haben sie mich nur am Leben gelassen, damit sie im Fall, dass das Loch hier gefunden wird, eine Geisel haben. Ein Druckmittel quasi. Mein Herz rast seit Stunden ununterbrochen. Zwischendurch bricht mir der kalte Schweiß aus und ich durchlebe Phasen, in denen ich ganz apathisch werde und dann wieder hysterisch. Ich kann mir das nicht erklären. Ist nicht das erste Mal, dass ich kurz davorstehe, über die Klinge zu springen, aber niemals bin ich dabei so durchgedreht. Oder lag es immer daran, dass ich nicht wusste, dass ich kurz davor stand, über die Klinge zu springen...? Ich will nicht sterben, Asuka! Wirklich nicht! Ich hab nicht zehn Monate in einem dunklen Loch gehockt um so zu enden- ich hab mich nicht umsonst so lange bei Sinnen gehalten. Sollte ich euch jetzt wirklich nicht mehr wiedersehen...? Ist jetzt doch alles vorbei? Ich will nicht, Asuka, ich will nicht, dass es jetzt alles vorbei ist! Ich will einfach nicht, das würde allem widersprechen, woran ich immer gegl To be continued... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)