Die etwas anderen Schwiegereltern von abgemeldet (Parn begegnet Deedos Eltern) ================================================================================ Kapitel 2: Ein kleines, gedeihendes Problemchen und befremdete Sitten --------------------------------------------------------------------- Oh nein! Jetzt war es soweit! Parn wollte nicht. Er würde sich doch nur wieder dämlich anstellen! Konnten sie nicht einfach weiter reden, ohne ihn zu beachten? Deedo lächelte ihn zuversichtlich an. Schnell war sie bei ihm und packte ihn am Arm. Parn ließ sich, steif wie ein Stock, hinterher ziehen. Er konnte vor Nervosität kaum atmen. Sein Herz pochte so laut und raste so schnell, dass er seine Gedanken gar nicht mehr hören konnte. Er konnte sowieso keinen einzig klaren Gedanken mehr fassen. Es war sicher, dass er gleich nur noch dummes Zeug drauf losreden würde. Deedo gab sich Mühe, ihn zu beruhigen. Immer wieder lächelte sie ihn an, um ihm Mut zu machen und streichelte seinen Arm. Aber alles half nichts. ‚Du brauchst keine Angst zu haben’, las Parn aus ihrem Blick. Die hatte er aber. Und wie! Er brach mit jedem Schritt, den er tat, mehr in Schweiß aus. Parn riss beim Gehen seine Beine völlig verkrampft und steif hinauf und sein Rücken hatte eine ebenso starre und unbewegliche Haltung. Deedo blieb mit ihm direkt vor ihren Eltern stehen. Sie servierte ihn auf dem Präsentierteller. Ihr Vater sah Parn rigoros und ungerührt an. Ihre Mutter bedachte ihn mit einem verwunderten und rätselhaften Blick. Parn bekam das kalte Grausen. Er wusste nicht, welche Haltung er einnehmen sollte. Sollte er einfach steif wie ein Stock dastehen, oder locker sein? Nein, wenn er sich zu locker darstellte, machte das einen schludrigen Eindruck. Und zudem war er dafür gar nicht gelassen genug. Schweißperlen liefen ihm von der Stirn über die Schläfe entlang. Und was war mit dem Blick? Sollte Parn sich demütig am Kopf kratzen und ab und an verlegen zu ihnen aufblicken, um ihnen so seine Ehrerbietung zu erweisen? Oder sollte er Deedos Eltern geradewegs anblicken? Ganz furchtlos und ihnen demonstrieren, dass er ein mutiger, stolzer Mann ist? Doch war das nicht etwas zu hochmütig und würde das die Würde ihrer Eltern verletzen? Parn war immerhin ein Edelmann und da musste man sich zu benehmen wissen. Er versuchte den Eltern einfach ohne Umwege in die Augen zu sehen, ganz diskret, abgesehen davon, sie dabei irgendwie herabzusetzen. Doch sein Blick war alles andere als entspannt, sondern wirkte eher wie gelähmt. Parn hatte das Bedürfnis zu gähnen, so müde war er. Aber das passte ja jetzt ganz und gar nicht. Sie waren schon seit Tagen von Valis hierher unterwegs und sind heut morgen bereits zeitig aufgebrochen. Er bemühte sich Deedos Eltern unverblümt anzusehen, aber am liebsten wollte er sich abwenden. Doch das ging nicht! Wenn er bei jeder unangenehmen Sache gleich davon rannte, was für eine Memme war er denn dann? Parn war doch ein starker Ritter und mit seinem standhaften Blick wollte er den Eltern unter Beweis stellen, dass er ihre Tochter überall, zu jeder Zeit und egal vor wen beschützen konnte. Auch wenn dieser Blick alles von ihm abverlangte. Oh ja, das wollte er ihnen mitteilen. Parn spürte einen Kloß ihm Hals. Wenn sie jetzt von ihm verlangten zu sprechen, würde wohl nur ein Fiepen ertönen. Sein Gesicht war klatschnass. Hoffentlich fing er jetzt nicht noch zu zittern an. Und schon bemerkte er, wie seine Knie zu schlottern begannen. Es war Gott sei dank nur ganz leicht. Parn wünschte sich nur, dass die anderen nichts merkten. Deedo! Um Himmelswillen, sag doch was! Ich kann nicht sprechen! Jetzt jedenfalls noch nicht! Parn wusste auch gar nicht, was er sagen sollte. Ach, sie hätten das zu Hause mal gemeinsam durchspielen sollen! Das hätte gewiss alles vereinfacht. Deedo fuhr mit einer anhimmelnden Stimme fort, die einen kleinen Einblick darin gewährte, wie sehr ihr Herz für Parn schlug. „Papa, Mama, ich möchte euch Parn vorstellen! Mein zukünftiger Mann und der Vater meines Kindes!“, hauchte sie bezaubert. „Ich habe ihn kennen gelernt, als ich hinausgezogen bin, um die Welt der Menschen zu entdecken.“ Deedos Vater schob unerwartet eine Augenbraue hoch. Dann ist sie bei ihren Erkundigungen aber schnell fündig geworden. Oh, vielen Dank, freute sich Parn. Deedo hatte angefangen zu sprechen. Doch Parn blinzelte aufgeregt, denn irgendwas stimmte mit ihrem Vater nicht! Und auch die Mutter verhielt sich seltsam. Sie hakte sich bei ihrem Mann ein und streckte neugierig den Kopf zu Parn vor und begutachtete ihn prüfend. Dem Ritter kam es so vor, als würde sie an ihm schnuppern. „Er ist ein ganz wunderbarer Mann!“, gelobte die Elfe schwärmerisch. „Das könnt ihr mir glauben!“ Sie lachte niedlich auf und schaute ihren Liebsten verträumt an. Deedo kuschelte sich mit dem Kopf an seinen Arm und ließ die anderen erkennen, wie wohl sie sich bei Parn fühlte. Die Elfen begannen aufgeregt untereinander zu tuscheln. „Aber das ist ja ein Mensch!“, hörte Parn eine abwertend über ihn sagen. „Deedlit will die Ehe mit einem menschlichen Mann eingehen? Wie unvernünftig!“ „Und diesen Menschen zieht sie Estas vor? Jetzt verstehe ich, warum er die letzte Zeit so deprimiert ist!“, bekundete Deedos Freundin Amarylia. „Was heißt denn hier ‚armer Estas’? Mich hätte sie genauso gut haben können!“, erklärte Madoen mit schalkhaften Unterton in der Stimme. Deedo blickte Parn während des ganzen Getuschel weiterhin vollkommen verträumt an. Sie wollte diese unangenehmen Dinge einfach überhören. Parns Blick wurde weich und er strahlte Deedo genauso rührend an, wie sie ihn. Was gaben sie schon auf die dummen Kommentare der anderen? Die waren geradezu überflüssig! Sie hatten keine Ahnung von den tiefen Gefühlen, die Deedo und Parn füreinander hegten. „Ich habe euch ja vorgewarnt, dass sie mit einer Überraschung nach Hause zurückkehren würde!“, erklang plötzlich eine Stimme. Unverzüglich schossen die Blicke aller zu einem Baum hoch. Estas lehnte locker mit dem Rücken gegen den Stamm, aufrecht stehend auf einem der Äste. Er winkelte sein rechtes Bein an und drückte den Fuß gegen den Stamm. Anschließend schlug er die Arme übereinander und schloss herablassend seine Augen, während er den Kopf nach unten neigte. So stand dieser Angeber da. Oh Gott, Parn konnte ihn nicht ausstehen. Seine Brust schnürte sich vor aufsteigender Wut zusammen. Aus seinen Händen wurden verkrampfte Fäuste. Parns Blick verweilte grimmig auf Estas und er spürte wie seine Lippe in wiederkehrenden Abständen zuckte. Es wurde schlimmer, als Estas ihn herabwürdigend aus den Augenwinkeln ansah. Estas machte sich einen Spaß daraus, Parn zu reizen. Wenn er vor Deedos Eltern ausflippen würde, wäre das sein Gnadenstoß. Deedo blickte abwechselnd zu den beiden hin. Sie seufzte hoffnungslos. Sie konnte nur dafür beten, dass die zwei nicht aufeinander losgingen. Das hätte noch gefehlt. Deedo bangte darum, dass sich Parn nicht zu sehr von Estas provozieren ließ. „Estas?!“, riefen ihre Freunde. Dieser hüpfte vom Ast und lehnte sich in gleicher Haltung unten an den Stamm zurück. Nun wollen wir doch mal abwarten, was passiert! Er sah Parn herausfordernd an und lächelte gemein. Die Elfen begannen erneut zu tuscheln. Deedos Vater machte sich so seine Gedanken. Soso! Das ist also derjenige, den sich Deedlit zum Mann wünscht?! Ein großer und kräftiger Bursche ist er ja, das lässt sich nicht abstreiten. Und diese Kleidung, die er trägt, eine Rüstung! Dann ist er offenbar ein Ritter. Also einer von der Sorte Mensch, die es liebt, durch ihre Hände Blut zu vergießen! Aber es muss scheinbar im Sinne der Gerechtigkeit geschehen. Einen Menschen, den es aus purem Vergnügen danach gelüstet, Leben zu nehmen, hätte sie sich wohl kaum ausgesucht! Dann hätte sie sich aber stark verändert…. „Also, du bist Parn, ja?“, begann Deedos Vater. „Estas hat uns schon davon berichtet, dass Deedlit dich mit hierher ins Dorf bringen würde. Aber das mit dem Baby muss er, wie es scheint, vergessen haben!“ Er drehte sich nach Estas um. „Och, ich wollte nur nicht zu viel von der Entrüstung vorwegnehmen!“, begründete der Elf scheinheilig. Ihr Vater blickte Parn wieder an. Der erschrak und seine Augen quollen riesig hervor. Parn schluckte nervös. Er straffte den Körper, der ohnehin schon viel zu steif war. Seine Arme drückte er krampfhaft gegen die Seiten. „Hm, ich weiß ja, dass Menschen im Gegensatz zu uns noch sehr unterentwickelt sind, aber sprechen können sie doch, oder Deedlit?“, wunderte sich ihr Vater spöttisch. Peinlich, peinlich! „Hä, hä…“, lächelte Deedo beschämt. Ihr Vater streckte Parn die Hand zur Begrüßung hin. „So begrüßt man sich doch unter den Menschen, nicht wahr?“ Zitternd hob Parn die Hand. Stell dich nicht so an, bleib locker und sei nicht so verkrampft! Er ist doch sehr nett zu dir! Dann musste er plötzlich würgen. Parn schnellte noch mit der Hand zu seinem Mund, um ihn zu verschließen. Doch er konnte sein Erbrochenes nicht mehr aufhalten und es schlabberte runter auf die Hand von Deedos Vater. „WAAAH!! IIIIEEEHH!!“ kreischten die Elfen wild durcheinander. Sie hielten sich alle geschockt die Hand vors Gesicht und Parn schwankte bis er schließlich rückwärts zu Boden krachte. „Parn!!“, rief Deedo angsterfüllt. Sie packte ihn bei den Schultern, während Parn nach vorn gebeugt zwischen seinen Beinen erbrach. Man hörte ein ständiges Würgen von ihm. „Parn, oje… ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte sie besorgt nach. Parn nickte, übergab sich aber dennoch weiter. „Tut… tut mir…Leid…“, brachte er zwischen dem Würgen heraus. Deedo legte sich mit ihrem Gesicht auf seine Schulter. Ihre Haare schmiegten sich an Parns Hals und sie strich ihm mit der Hand tröstend über den Kopf. „Ist schon gut, du kannst doch nichts dafür.“ Wieder hörten sie die Elfen aufgebracht tuscheln. „Das ist ja unglaublich!“, rief eine bestürzt. „Ja, ungeheuerlich peinlich für ihn!“, fügte Amarylia hinzu. „Wie widerlich! Dass er ihm einfach auf die Hand erbricht!“, sagte Madoen angeekelt. „So was gehört sich nicht! Menschen haben einfach kein Benehmen!“, verhöhnte Parn ein anderer. „Wie Deedlit sich nur aus so was einlassen kann!“, meinte eine voller Unverständnis. „Da hat sie doch was viel Besseres verdient!“ „Und ob!“, stimmte ihr die eine von gerade zu. „Ich wusste ja gar nicht, dass sie sich unter Menschen auf diese Art begrüßen?“, mischte sich Deedos Vater wieder ein. „Ist das die übliche Sitte? Wenn ja, darf ich vielleicht anmerken, dass es sehr unhöflich wirkt, wenn man jemanden gleich seine ganzen Körperflüssigkeiten entgegenbringt!“ Er beachtete Parn und Deedo gar nicht während des Sprechens. Ihr Vater sah zu seiner Hand, die er eifrig schüttelte, um sie vom Erbrochenen zu befreien. Er war sehr beherrscht und versuchte den Eindruck zu vermitteln, als habe ihm das alles nicht viel ausgemacht. „Möglicherweise hat er ja was Falsches gegessen und ihm ist deswegen übel geworden. Vielleicht will er sich ja ein wenig hinlegen?“, fragte sich Deedos Mutter und suchte nach einem Grund für Parns Übelkeit. Parn war ganz blass im Gesicht. Er fühlte sich benommen. Zum Glück war es jetzt vorbei und er musste nicht mehr würgen. Mit der Hand wischte er sich über den Mund und streifte mit dem Handrücken über seine schweißbedeckte Stirn. Dann stützte er sich mit den Händen auf den Boden und versuchte seinen Atem wieder zu beruhigen. Plötzlich brach Estas in höhnisches Gelächter aus. „Ha, ha, ha! Hat er vielleicht eins deiner Pilzgerichte gegessen und du hast die normalen Pilze mal wieder nicht von den giftigen unterscheiden können, Deedlit? Möglicherweise willst du ja insgeheim doch nicht mit diesem Ritter zusammen sein, wenn du ihn schon beinahe umbringst!“, grinste Estas gehässig. „Wie könnt ihr nur?!“, brach es blindwütig aus Deedo heraus. „Nichts ist mir lieber als mit Parn zusammen zu sein! Er ist für mich das Kostbarste auf der Welt!“ Alle fuhren zusammen, als Deedo sich aufrecht hinkniete und sie wutentbrannt anschrie. So hatten sie die Elfe noch nie erlebt. So garstig! „Ich liebe ihn über alles!“, fuhr Deedo leidenschaftlich fort. Parn errötete. Er konnte kaum glauben, wie offenkundig sie darüber sprach. Und das zu ihren Eltern und engsten Freunden. „Wäre ich sonst mit ihm hierher gekommen, um ihn euch vorzustellen? Aber wenn ich es mir im nachhinein überlege, war es vermutlich die falsche Entscheidung, so gemein und unfair, wie ihr Parn behandelt! Ihr solltet euch schämen!“, warf sie jedem von ihnen vor. Die Elfen blickten sich erstaunt und mit offenen Mündern an. „Stellt euch doch nur mal vor, ich wäre in seiner Lage und er würde mich seinen Eltern vorstellen! Würdet ihr mir dasselbe wünschen, dass sie sich genauso fies und unfreundlich verhalten, wie ihr es gerade tut?“, schimpfte Deedo und versuchte ihnen ins Gewissen zu reden. „Nein.“, gab Amarylia reumütig zu. „Niemals.“, stimmte Madoen ihr gleichermaßen schuldbewusst zu. „Bestimmt nicht!“, schloss sich ihnen eine weitere Elfe an. „Mir würde so etwas nie passieren!“, behauptete Estas großkotzig. Er lehnte eingebildet und mit geschlossenen Augen weiterhin an dem Baumstamm. „Weil es mir nie einfallen würde, Gefühle für einen Menschen zu entwickeln!“, verkündete er und wollte Deedo damit zeigen, wie falsch eine Liebe zu einem Menschen ist. Deedo blickte Estas grimmig durch ihre Augenschlitze an. „Grrr, Estas!!“, grollte sie und bleckte die Zähne. Du bist noch so dumm, Estas! Man kann nicht bestimmen, wann man Gefühle für jemanden entwickelt! Es geschieht einfach und dabei ist es egal, ob es sich um Menschen oder Elfen handelt! Sie blickte liebevoll auf Parn nieder, der wiederum schutzbedürftig zu ihr aufsah. „Er ist doch nur unheimlich aufgeregt… und nervös.“, erklärte Deedo voller Mitgefühl für ihn. „Deshalb ist ihm auch schlecht geworden. Das könnt ihr ihm doch nicht vorwerfen! Parn ist so tapfer und ist meinen Vorschlag trotzdem eingegangen, euch hier zu besuchen, obwohl er genau wusste, dass die Elfen meist bloß mit Abneigung auf Menschen reagieren.“ „Wenn er doch weiß, wie sehr wir den Kontakt zu Menschen ablehnen, hätte er doch gar nicht hierher kommen brauchen.“, entgegnete Estas. „Dann wäre uns dieser jämmerliche Anblick erspart geblieben.“, zog er über den armen Ritter her. Deedo bedachte Estas bissigen Kommentar nur mit einem abschätzigen Blick. Das er so was nötig hatte… Parn blickte den Elfen griesgrämig an und verfiel sogleich in böswillige Gedanken. Was willst du eigentlich, du langweiliger Bolzen?! Auf deine provozierenden Äußerungen gebe ich nichts! Kein Wunder, dass Deedo sich nicht für dich entschieden hat. Sieh dich doch mal an! Hier gleicht ein Elf dem anderen! Da musste sie sich ja zwangsläufig nach Abwechslung umschauen… und die hat sie dann nun mal in mir gefunden! Und wenn dir daran was nicht passt, ist es mir auch egal! Du kannst uns niemals auseinander bringen! „Denk doch was du willst, Estas!“, blockte Deedo seine Worte ab. „Ich weiß, dass Parn es nur meinetwegen gemacht hat, weil er mir nicht weh tun wollte!“ Sie sah zu ihren Füßen und errötete. „Daran könnt ihr sehen, wie sehr er mich liebt!“ Die Elfen sahen ausweichend durch die Gegend. Die meisten schauten zum Boden. Irgendwie hatten sie ein schlechtes Gewissen. Nur Estas zog genervt die Augen hoch. Er befand sich doch im Recht. „Aber was mir wirklich wehtut, ist, dass ihr euch gar nicht darüber freut, dass ich ein Baby bekomme…“, sagte sie schmerzerfüllt. Deedo senkte den Kopf und Tränen füllten ihre Augen. „Ihr habt nicht ein einziges Wort dazu gesagt!“ Sie legte ihre Hände eng an ihre Brust, als wollte sie sich selbst Halt geben und sich trösten. Parn blickte mitfühlend zu ihr auf. „Deedo…“, hauchte er. Augenblicke später hatte der Ritter das Gesicht seiner Elfe mit den Händen umfasst. Ihre Stirnen drückten gegeneinander. Parn sah Deedo tief und durchdringend in ihre dunkelgrünen Augen. Mit den Daumen trocknete er ihre Tränen. Ich wusste es, ich wusste es! Mir war gleich klar, dass sie es so aufnehmen würden. Sie wollen nicht, dass ihre Tochter ein Halbelfenkind zur Welt bringt! Das ist doch eine Schande für sie. Ich habe es geahnt! Wie konnten wir nur davon ausgehen, dass sie Verständnis dafür hätten und sich mit uns freuen würden? Parn blickte direkt in ihre feuchten Augen, die ihn widerspiegelten. „Ist schon gut, Deedo.“, sagte er barmherzig. Das Wichtigste ist, dass wir uns auf das Baby freuen! Alles andere ist dabei egal.“ Er neigte den Kopf auf Seite um sie um ihre Zustimmung zu bitten. Deedo nickte lächelnd und brach dann noch mehr in Tränen aus. Sie warf sich schluchzend an Parns Brust. „Ach, Parn…", seufzte sie. Der schloss sie fest in seine Arme und streichelte ihr lindernd den Rücken. Die Elfen und auch Deedos Eltern schienen besonders berührt von diesem Anblick zu sein. Einige von ihnen, darunter auch Deedos Mutter, wischten sich die Tränen fort. Ihre Mutter ergriff als erste das Wort. „Aber Deedlit, Kind, natürlich freuen wir uns darüber, dass du ein Baby erwartest! Jeder Nachwuchs ist in unserem Klan herzlichst willkommen.“, beteuerte sie mit warmen Tonfall. Deedo errötete vor Glück und blickte zu ihr. „Wirklich?! Ist das tatsächlich wahr?“, fragte sie ungläubig. „Selbstverständlich ist es das!“, lächelte ihre Mutter. „Glaubst du etwa, mich würde es nicht glücklich machen, Großmutter zu werden? Dieses Kind wird etwas ganz Besonderes werden!“, sagte sie schon voller Stolz. „Ja, schon allein deswegen, weil seine Ohren nur halb so lang sein werden, wie die von normalen Elfen!“, scherzte ihr Vater bewusst verletzend. Deedos Augen wurden riesig vor Entsetzen. Ihre Mutter verurteilte den Vater mit einem bösen Blick. Er räusperte sich entschuldigend. „Nein, es wird etwas Besonderes sein! Das steht fest!“, erleichterte er sein schlechtes Gewissen. „Schon allein deswegen, weil es das Baby von unserer entzückenden Deedlit sein wird!“, beglaubigte er ihr. Deedo lachte erleichtert und fröhlich auf. All die unschönen Kommentare waren wie weggeblasen. Überglücklich schoss sie auf ihre Eltern zu und fiel diesen um den Hals. Parn hatte sie nun ganz vergessen. Etwas irritiert von Deedos plötzlichem auf und davon, kippte er fast ins Gras. Auf den Unterarmen konnte er sich jedoch noch soeben abfangen. Auch er war froh und beruhigt, dass Deedos Eltern ihre Meinung wegen dem Kind geändert hatten und ein Halbelfenbaby akzeptierten. Das war gewiss nicht leicht für sie. Er hörte Deedos Freunde tuscheln. „Hoffentlich lässt sie uns das Baby auch mal zum Aufpassen hier!“, wünschte sich Amarylia. „Es wird bestimmt total niedlich sein!“, meinte Madoen. „Oh ja! Ich möchte es zu gerne mal spazieren tragen, oder es füttern!“, sagte eine andere begeistert. „Was meint ihr, ob es ein Mädchen oder ein Junge wird?“, fragte einer in die Runde. „Oh, ich bin mal gespannt, welchen Namen sie aussuchen werden!“ Eine weiter hob verkündend den Arm hoch. „Ich werde ihm einen kleinen Plüschbären machen!“ Während die Elfen begeistert darüber diskutierten, wer welchen Part beim Babysitten übernehmen wollte, schaute Estas nur grimmig zu ihnen herüber. So hatte er sich’s aber nicht vorgestellt. Warum waren denn auf einmal alle so hingerissen davon, dass Deedlit ein Baby von diesem Menschen erwartete? Hatten sie vergessen, dass der Vater ein Sterblicher ist? Er würde das reine Blut der Hochelfen verunglimpfen und dieses neue Leben weniger wertvoll machen. „Und zur Hochzeit werdet ihr auch kommen, ja?“, hörte er Deedlit fragen. Ihre Eltern lächelten und antworteten im Einklang. „Aber gewiss!“ „Ich werde es mir doch nicht entgehen lassen, wenn meine kleine Deedlit heiratet!“, sagte ihre Mutter. Parn hatte sich unterdessen wieder aufrecht hingestellt, klopfte seine Kleidung sauber und entfernte nebenbei die großen Falten aus Ärmeln und Hosenbeinen. Deedo drückte ihre Eltern nochmals an sich. „Ich kann euch gar nicht sagen, wie schön es ist, das von euch zu hören!“ Sie schaute durch die Mitte, zwischen den Köpfen ihrer Eltern zu ihren Freunden herüber. „Ihr seid natürlich auch alle herzlich dazu eingeladen!“, rief sie ihnen mit überschwänglicher Freude zu. „Wartet, ich verteil gleich die Einladungskarten!“ Schnell drückte Deedo eine davon ihren Eltern in die Hände. Dann hüpfte sie von einem zum anderen ihrer Freunde. Die brachen in Jubelschreie aus, als sich Deedo zu Estas begab. „Juchhu!“, sangen sie alle. Die Elfen sprangen erregt hoch und klatschten sich abwechselnd in die Hände. Ein paar drückten sogar die vor Aufregung angespannten Fäuste gegen ihre Oberkörper, um ihre große Freude darüber auszudrücken. Madoen ging dabei selbst in eine Siegespose. „Yeah!! Das wird bestimmt ein spitzen Fest“, rief er begeistert. „Ja, und wir lernen dann endlich mal die Welt der Menschen besser kennen!“, freute sich Amarylia auf den kleinen kulturellen Ausflug. Deedo übergab Estas mit einem herzlichen Lächeln die Einladung. Sie nahm dabei seine Hand, legte das Papier hinein und drückte seine Finger zusammen, damit er es nicht verlor. Dann verschwand sie wieder ohne was zu sagen. Estas hob die Hand und starrte die Einladung kurz an. Es war ein schön gestaltetes Papier mit vielen edlen Verzierungen. In der Mitte standen die Namen von Deedo und Parn in einem eleganten Schriftzug. Weiter darunter, in kleinerer Schrift, wann und wo die Trauung vollzogen werden sollte. Estas hörte Madoen zu sich rüber rufen. „Du kommst doch auch mit, nicht wahr, Estas?“ Estas antwortete nicht. Stattdessen zerquetschte er das Papier mit seinen Fingern und bleckte angewidert die Zähne. Mit der freien Hand schob er verärgert sein Cap tiefer ins Gesicht und drehte es auf Seite, als wolle er nichts davon hören. Sie alle sollten mal nicht so tun, als sei Parn der perfekte Schwiegersohn! Er war ein Mensch – ein Bastard! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)