Gelähmt von UsakoChan (Seto x Joey) ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel Drei ----------------------- Kapitel Drei Ich muss sagen, das hat schon einen gemeinen Hang zur Ironie. Der Junge, wegen dem ich vor einigen Wochen noch einen Unfall hatte, den er nicht ohne Folgen überstanden hat, sitzt nun mit mir im Auto. Ab sofort wirst du also bei mir leben. Meinen Ärzten und Bediensteten habe ich bereits alles erklärt. Es wird dir also an nichts fehlen. Immer wieder schaue ich zu dir. Du wirkst nachdenklich. Oder machst du dir Sorgen? Ich weiß es nicht. Dein Blick ist undefinierbar. Aber danach zu fragen, was mit dir los ist, möchte ich auch nicht. Das hieße dann ja, dass es mich interessieren würde. Und das tut es nicht! Ganz und gar nicht! Also schweigen wir weiterhin. Es dauert nicht lang, als wir an meiner Villa ankommen. Sofort steige ich aus, hole selbst deine Sachen und den Rollstuhl aus dem Kofferraum. Doch als ich dich aus dem Auto heben und in den Stuhl setzen will, schlägst du meine Hände weg. „Lass das!“, herrschst du mich an, doch sofort wird deine Stimme wieder ruhiger. „Ich kann das allein...“ Du klingst traurig – nein, hilflos. Ist es so? Kommst du dir hilflos vor? Brauchst du selbst so kleine Dinge wie dich selbst in den Rollstuhl zu setzen, um dir zu beweisen, dass du noch nicht vollkommen auf die Hilfe anderer angewiesen bist? Ich muss zugeben, ich verstehe es nicht. Nicht, weil ich es nicht verstehen will, sondern weil es mir unmöglich ist, mich in deine Situation hinein zu versetzen. Ich kann nur hier stehen und dir zusehen, wie du mühsam versuchst, aus dem Auto in den Rollstuhl zu gelangen. Es dauert etwas, bis du es schließlich geschafft hast, aber dennoch scheinst du ein kleines bisschen stolz auf dich zu sein. „Siehst du? Dafür brauche ich deine Hilfe nicht“, meinst du zu mir, schaust mich jedoch nicht an. Aber ich merke, dass du bei weitem nicht so davon überzeugt bist, wie du es mir gerade klar machen willst. „Nein!“, sagst du schnell, als ich mich hinter den Rollstuhl stelle und dich zur Haustür schieben will. Auch das willst du ohne meine Hilfe machen. „Lass dir etwas Zeit, Wheeler! Du sollst dich noch schonen. Du wirst noch oft genug die Gelegenheit haben, dich um dich selbst zu kümmern...“, sage ich nur und schiebe dich zur Villa. Je näher wir der Tür kommen, desto schwerer wird mir ums Herz. Es wird für uns beide nicht leicht werden. Ich habe nun die Verantwortung für dich. Wehe dir, du stellst irgendwas an, was mich in Schwierigkeiten bringt. Wehe, dir passiert irgendetwas! Sofort kommen meine Bediensteten auf uns zu, als wir das Haus betreten. Jeder von ihnen kennt seine Aufgabe genau. „Dein Zimmer ist im oberen Stockwerk. Da du ja sicher nicht die ganze Zeit da oben verbringen willst, hab ich extra für dich einen Lift dort an der Treppe anbringen lassen. Somit kannst du dich je nach Belieben überall im Haus aufhalten. Doch solltest du mal raus wollen, sag einem meiner Angestellten Bescheid, verstanden? Ich will, dass dich dann jemand beaufsichtigt.“ Ohne zu murren, was mich persönlich sehr überrascht, nickst du nur. „Warum tust du das alles für mich, Kaiba? Überleg doch mal. Schickte man mich in ein Pflegeheim, wärest du mich für immer los...“ „Halt den Mund, Wheeler, und rede nicht so einen Blödsinn! Ich zeig dir jetzt dein Zimmer!“ Ich will auf deine Fragen nicht antworten. Ich kann es nicht - noch nicht! Warum mache ich das für dich? Warum überlasse ich dich nicht einfach deinem Schicksal? Warum? Warum? Warum? Unentwegt stelle ich mir diese eine Frage. – Warum? – Und seit drei scheinbar endlosen Wochen habe ich noch immer keine Antwort darauf gefunden. „Dein Zimmer liegt genau neben meinem. Nachts wird niemand außer uns beiden da sein. Also wenn dann etwas sein sollte... komm zu mir“, sage ich leicht seufzend und betrete dann mit dir dein Zimmer. „Was ist mit Mokuba? Wo ist er?“, höre ich dich fragen. Das ist alles, was dich interessiert? Wo mein kleiner Bruder steckt? „Er ist in einem Internat.“ Und das ist auch gut so. Mokuba hat dich sehr gern und wenn er sehen würde, in was für einem Zustand du dich befindest, würde ihn das nur aufregen. Er soll sich keine Sorgen machen. Deshalb hat er von mir auch nichts von dem Unfall erfahren. Schweigend schaust du dich in dem Zimmer um und lächelst mich schließlich leicht an. „Also ich schätze, besser als in einem Pflegeheim ist es hier allemal!“ Was soll das, Wheeler? Versuchst du gerade witzig zu sein? Ich verstehe nicht, warum du den Abgebrühten zu spielen versuchst, obwohl dir seit der Diagnose zum Heulen zumute ist. Vor mir brauchst du nicht den Starken zu mimen, Köter, nicht in deinem Zustand. „Du wirst wieder laufen lernen, Wheeler, verstanden? Egal, wie lang es dauern wird, du wirst es wieder lernen!“ Verwirrt schaust du mich an. „Und wie soll ich das schaffen, Kaiba? Die Ärzte haben selbst gesagt, dass ich vermutlich nie wieder laufen kann.“ „‚Vermutlich’! Sie haben ‚vermutlich’ gesagt. Verstehst du? Und sei es nur eine zehnprozentige, du hast eine geringe Chance. Anstatt auf ewig Trübsal zu blasen, hast du diese Chance zu ergreifen und alles dir mögliche dafür zu tun, es zu schaffen, verstanden?" Du nickst nur. Ich sehe dir an, dass du keine Hoffnung hast. Du hast dich aufgegeben. Aber meine Ärzte und ich haben schon alles Nötige arrangiert um dir deine Motivation zurückzugeben. „Kaiba... ich danke dir, dass du das alles für mich tust. Aber im Moment will ich einfach nur meine Ruhe haben. Ich will keine Ärzte sehen. Und ich will auch nichts davon hören, dass ich irgendwann wieder laufen kann. ‚Irgendwann’ ist ein so verdammt dehnbarer Begriff. Das kann ewig dauern! Außerdem scheint dir nicht bewusst zu sein, was ich gerade fühle! Ich fühle absolut nichts! Meine Beine sind lahm! Die sind so gut wie tot!! Also erzähl mir nicht, dass ich wieder laufen lerne! Das ist Schwachsinn!“ Noch nie habe ich dich so verzweifelt gesehen. Und noch nie habe ich gesehen, dass du dich selbst aufgibst. Bin ich mir der Schwere deines Leides wirklich nicht bewusst? „Du gibst also auf? In Ordnung. Vergrabe dich hier und versink in deinem Selbstmitleid. Du hast die Wahl, Joey. Kämpfe gegen diese Lage an oder ergib dich ihr. Entscheide selbst. Ich kenne dich schon eine Weile - und wo ist nun der Köter geblieben, der verbissen immer weiter gekämpft hat, der niemals aufgab, auch wenn es oft keinen Sinn mehr zu machen schien? Gibt es ihn wirklich nicht mehr oder hat er den Schwanz eingezogen aus Angst davor zu scheitern? ... Denk darüber nach." Ich drehe mich um und gehe. Dich lasse ich verwirrt zurück. Ich verstehe dich, zumindest soweit, wie ich deine Situation nachvollziehen kann. Doch wenn du jetzt aufgibst, hilft es dir nicht. Du musst kämpfen, Joey Wheeler! Nur wenn du kämpfst kannst du auch wieder gesund werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)